Artikel Hakimi 03.07.2015

Er ist überall einsetzbar
FRUTIGEN Millionen Menschen sind auf der Flucht.
Viele müssen sich in der fremde eine neue Existenz
aufbauen. Eine Arbeit zu haben, hilft diesen Menschen
bei der Integration. Deshalb ist Mohammad Hamed Ha­
kimi froh, in Frutigen eine Stelle gefunden zu haben.
SANDRA BUOL
Mohammad Hamed Hakimi hat in Af­
ghanistan, wo er herkommt, schon in
vielen Bereichen gearbeitet, aber noch
nie mit Holz, denn Holz ist im südasiati­
schen Land sehr teuer. Seit gut einem
Monat aber ist Holz ein wichtiger Teil
von Hakimis Leben. Bei der Allenbach
Holzbau und Solartechnik AG in Fruti­
gen hat er eine - vorläufig befristete Anstellung gefunden. «Seit ich dort ar­
beiten kann, schlafe ich sehr gut und
habe keinen Stress mehr», freut er sich.
Das war nicht immer so. Hakirni ist
seit über drei Jahren in der Schweiz. In
dieser Zeit hat er ein sechsmonatiges
Praktikum in einem Restaurant ge­
macht, war ansonsten aber von der So­
zialhilfe abhängig. «Dabei wollte ich
immer arbeiten», sagt der vierfache
Vater, der mit seiner Familie in Frutigen
Mohammad Hamed Hakimi arbeitet zum ersten Mal in seinem Leben mit Holz und freut sich, in Frutigen eine Erwerbschance
lebt und dessen Kinder dort auch die
erhalten zu haben.
BILD
SANDRA BUOL
Schule besuchen.
Kein Lehrling, aber auch noch kein
müssen Flüchtlinge vor dem Ausnützen
aufgehoben und er gälte als normaler
schmerzen.»
Hilfsarbeiter
geschützt werden. Andererseits wird
Hilfsarbeiter. Denn: «Die Einsatzmög­
Schweizern hilft ihm aber auch. die Spra­
Der
enge
Kontakt mit
Obwohl Asylsuchende, vorläufig Aufge­
kaum ein Arbeitgeber bereit sein, einem
lichkeiten sind nicht eingeschränkt. Wir
che schneller und besser zu lernen.
nommene und anerkannte Flüchtlinge
ungelernten,. oft branchenfernen Flücht­
können Hamed für alles brauchen», so
Trotzdem: Alles versteht er noch nicht.
arbeiten dürfen, findet die Mehrheit von
ling von Anfang an den Mindestlohn zu
Allenbach. Es brauche halt einfach seine
«Manchmal lachen alle, dann lache ich
ihnen keine Stelle und bleibt dauerhaft
zahlen. Allenbach muss'.e die Mindest­
Zeit zum Erklären.
einfach mit», erzählt er vergnügt.
von der Sozialhilfe abhängig. Dafür gibt
lohnunterschreitung zuerst vom Berufs­
Win-win für alle
es viele Gründe: mangelnde Sprach­
verband der Holzbauer absegnen lassen,
Im Zweifelsfall mitlachen
kenntnisse, keineAusbildung und Vorur­
bevor auch das Amt für Migration und
Eine Umfrage des «Frutigländers» zeigte,
Für Hakimi ist klar. dass er gerne beiAl­
teile, aber auch administrative Hürden
das beco Berner Wirtschaft die Zustim­
dass es noch immer viele Vorurteile ge­
lenbachs bleiben möchte. Er ist sehr er­
für die Arbeitgeber. Mit diesen wurde
mung erteilten. «Zusätzlich zur Bewilli­
genüber Flüchtlingen gibt. Viele sind der
leichtert, dass er nicht mehr aufs Amt
auch Marc Allenbach, Geschäftsführer
gung habe ich ein mehrseitiges Doku­
Meinung, diese hätten eine lasche Ar­
muss, und ihn freut, dass er im Dorf
ment mit Vorgaben erhalten, an die ich
beitsmoral und würden Aufgaben unzu­
auch mal gegrüsst wird, wenn er einen
mich als Arbeitgeber unter Androhung
verlässig erledigen. MarcAllenbach hatte
Arbeitskollegen sieht.
Hakimi zum ersten Mal iiber eineAnstel­
von Strafe zu halten habe», erklärt Al­
jedoch keine Bedenken. Bevor er einen
lung sprachen. Der Kontakt kam nicht
lenbach das Prozedere. Das Ganze sei
Entscheid fällte, hat er alle Mitarbeiter
und Chef von Hakimi, konfrontiert .
Es war Anfang Jahr, alsAllenbach und
Auch Allenbach sieht die Zusammen­
arbeit mit Habmi als Chance für den Be­
über eine offizielle Stelle zustande. Viel­
tatsächlich wenig motivierend für den
gefragt, was sie davon halten. «Die Idee
trieb. «Gerade weil viele unserer Mitar­
mehr wurdeAllenbach von Herrn Hans­
Arbeitgeber. «Ich sehe, dass Missbrauch
ist gut angekommen», erzählt er und fügt
beiter schon so lange dabei sind, gibt es
eine gewisse Betriebsblindheit. Deshalb
ruedi Baschung aus Frutigen, einem Be­
verhindert
ich
hinzu: «Es ist aber so. dass nicht alle un­
kannten Hakimis. auf die Möglichkeit
glaube, dass hier zu viele Köche am
eingeschränkt Freude daran haben, und
tut es allen gut, mal etwas anders zu
aufmerksam gemacht, einem Flüchtling
Werk sind», sagt er.
es gibt auch Reibereien.» Die meisten
sehen und· etwas anderes zu machen»,
werden
muss.
Aber
Arbeit zu geben. «Ich habe vorher nicht
Nun ist Hakimi als Hilfsarbeiter mit
Mitarbeiter seien schon sehr lange dabei,
erklärt er. Die meisten hier würden das
gewusst, dass das möglich ist. habe mich
Sonderstatus angestellt- vorerst bis Ok­
und das mache es für einen Aussenste­
Thema Migration und Flüchtlinge nur
aber auch nie darum gekümmert», sagt
tober. «Sollte es gut laufen- und bis jetzt
henden nicht ganz einfach, aufgenom­
aus dem Fernsehen kennen, deshalb sei
Allenbach. Bereits nach dem ersten Tref­
sieht es gut aus -. sind wir daran inte­
men zu werden- schon gar nicht, wenn
es für die Mitarbeiter gut, direkt damit
fen war für ihn klar: « Das machen wir!»
ressiert, Hamed weiter zu beschäftigen»,
es noch sprachliche Barrieren zu über­
konfrontiert zu werden. «Denn wir dür­
Bis Hakimi dann aber seinen ersten
sagtAllenbach. Der Sonderstatus bedeu­
winden gibt. Und diese gibt es: So erzählt
fen nicht vergessen: Es geht dabei um
Arbeitstag bei den Holzbauern hatte,
tet, dass Hakimi weniger Lohn bekommt
Hakimi, der Hochdeutsch versteht, dass
Schicksale, es stehen Menschen hinter
sind noch einmal mehrere Monate ver­
als ein Hilfarbeiter, aber mehr als ein
die ersten Tage besonders schwierig
den Nachrichten». schliesst Allenbach
gangen. Es galt die verschiedensten Sa­
Lehrling. Sollte er länger bei der Allen­
waren: «Alle sprechen Schweizerdeutsch
und Hakimi nickt . Ob er irgendwann
chen zu regeln. was wiederum eine
bach AG bleiben und seine Erfahrungen
durcheinander und vor lauter Anstren­
nach Afghanistan zurückkann. weiss er
Menge Papierkram bedeutet. Einerseits
vertiefen, würde dieser Sonderstatus
gung, ihnen zu folgen, hatte ich Kopf-
nicht. Wünschen tut er es.