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Kritik an Selbstzahler-Sprechstunden von Ärzten | Manuskript
Kritik an Selbstzahler-Sprechstunden von Ärzten
Bericht: Maja Helmer, Sina Hecht, Julia Opitz
So erlebte es Stephanie Franke vor wenigen Wochen: Als sie im Fitness-Studio trainiert,
macht ihre Schulter Beschwerden. Weil die Schmerzen in den folgenden Tagen immer
schlimmer werden und sie kaum noch schlafen kann, sucht sie einen Orthopäden auf. Doch
die Arzthelferin bietet ihr als Kassenpatientin erst in sechs Wochen einen Termin an – trotz
der akuten Schmerzen. Einen Soforttermin gibt es nur gegen Bezahlung in der sogenannten
Selbstzahlersprechstunde. Die Praxis verlangt 48 Euro.
Stephanie Franke, Patientin
Ich hatte starke Schmerzen. Ich habe tatsächlich in dem Moment keine Alternative
gesehen, mir jetzt noch einen anderen Orthopäden zu suchen oder einen anderen Arzt zu
suchen. Ich wollte, dass sich das jemand anguckt und ich wusste nicht, was ich anderes
machen soll.
Erst später kommen ihr Zweifel, ob die Praxis überhaupt Geld für den Soforttermin
verlangen durfte. Sie will mit dem Orthopäden darüber sprechen, doch der lässt ihr nun
ausrichten, dass die Praxis die Behandlung "kulanterweise" über die Kasse abrechnen wolle das Arzt-Patienten-Verhältnis damit aber beendet sei.
Stephanie Franke
Ich habe mich rausgeschmissen gefühlt in dem Moment. Und ich war tatsächlich total
perplex, damit hatte ich nicht gerechnet.
Die Praxis will sich nicht zu dem Fall äußern. Das Verkaufen von Terminen scheint dort aber
üblich zu sein. Wir drehen mit versteckter Kamera und geben uns als Kassenpatientin mit
akuten Knieschmerzen aus. Auch uns bietet die Arzthelferin entweder einen Termin in 6
Wochen an oder eben die Selbstzahlersprechstunde.
Gedächtnisprotokoll
Arzthelferin: Da hätte ich am Mittwoch noch was frei. Da kommen Sie dann als NotfallPatientin zu uns und müssen das dann aber privat bezahlen.
Reporterin: Ich bin also an dem Tag ein Notfallpatient, der in die Selbstzahlersprechstunde
geht??!!
Arzthelferin: Richtig. Das wäre unser Angebot, damit sich der Arzt schneller Ihr Knie
angucken kann.
Wir legen den Fall der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung vor. Dort sieht man in
"Expresszuschlägen" für Akutpatienten einen klaren Verstoß gegen die ärztliche
Berufsordnung – der mit einem Disziplinarverfahren geahndet werden kann.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Kritik an Selbstzahler-Sprechstunden von Ärzten | Manuskript
Horst Bartels, KV Nordrhein
Beim Akutpatienten hat der Vertragsarzt eine Behandlungspflicht. Er darf dem Patienten
keinen Privattermin als Alternative anbieten. Das wäre ein unzulässiges Abdrängen in die
Privatbehandlung. Er muss ihn als GKV Patienten behandeln.
Viele Praxen bieten inzwischen Selbstzahler- oder Komfortsprechstunden für
Kassenpatienten an, weil sich damit zusätzlich Geld verdienen lässt. Verboten ist das nicht –
solange eine ärztliche Leistung und nicht das Zustandekommen eines zeitnahen Termins
verkauft wird.
Doch bei Christiane Lange von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen melden sich
immer wieder Patienten, die genau das erleben.
Zitat aus IgeL-Ärger-Forum
"Hautkrebsscreening nur wenn ich 50 Euro zahle, ansonsten auf Kassenleistung erst einen
Termin in 4 Monaten."
Christiane Lange Verbraucherzentrale NRW
Wenn aber der Trend dahin geht, dass diese Komfortsprechstunden immer weiter
ausgeführt, ausgeweitet werden dann habe ich als Patient nicht mehr die Möglichkeit
tatsächlich diese Leistung zeitnah zu bekommen. Es kann nicht sein, dass ich mir als
gesetzlich Krankenversicherter einen Termin oder auch Leistung erkaufen muss.
Testanrufe im Büro. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigungen käme das nur selten
vor. Wir wollen das überprüfen und versuchen zeitnahe Termine in 50 Arztpraxen zu
vereinbaren.
Eine Praxis teilt ihre Patienten schon per Bandansage in "Selbstzahler" und
"Kassenpatienten" ein:
Original-Bandansage:
"Gesetzlich Versicherte drücken bitte die 1, Privatpatienten Selbstzahler und BG’s drücken
die 2."
Wir geben uns als Kassenpatientin mit akuten Beschwerden aus, die wir schnellstmöglich
abklären lassen wollen. Doch der nächste Termin für gesetzlich Versicherte ist erst in 14
Tagen.
Gedächtnisprotokoll:
Reporterin: Bieten Sie auch diese Selbstzahlersprechstunden an?
Arzthelferin: Ja, da hätte ich direkt am Montag was frei.
Reporterin: Und was kostet das?
Arzthelferin: 29 Euro 99, glaube ich
Reporterin: Das ist aber eine ganz normale Kontrolluntersuchung?
Arzthelferin: Ja, ne ganz normale 10 Minuten Kontrolluntersuchung.
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verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Kritik an Selbstzahler-Sprechstunden von Ärzten | Manuskript
Bei einem Orthopäden sind alle Kassentermine bis Herbst ausgebucht. Wer schneller dran
kommen will, muss 100 Euro mitbringen.
Gedächtnisprotokoll
Arzthelferin: Die werden dann verrechnet, je nachdem, was gemacht wird.
Reporterin: Also 100 Euro muss ich in Vorkasse gehen schon mal – einfach nur, dass ich
dran komme?!
Arzthelferin: Genau, ich könnte Ihnen dann einen Termin Mitte/Ende Juni anbieten.
Ergebnis unserer Stichprobe: 15 der 50 angerufenen Praxen bieten bei akuten Problemen
Expresstermine gegen Bezahlung an - drei davon weisen uns sogar direkt darauf hin.
Wie es scheint sind Selbstzahlersprechstunden ein einträgliches Geschäft. Manche Ärzte
empfehlen in Internetforen sogar, Kassensprechstunden aufs vorgeschriebene Minimum von
20 Stunden zu reduzieren, um mehr Zeit für Selbstzahler zu haben.
Foren-Zitat
Wenn die Termine voll sind (...) dann sind sie eben voll und dann gibt‘s außer in einem
wirklichen Notfall (!!) nix mehr außer in der Selbstzahlersprechstunde. Sie glauben nicht, wie
gut das funktioniert. Grippewelle ist toll für die Selbstzahlersprechstunde.
Auch das Bundesministerium für Gesundheit kritisiert mittlerweile, dass
Zitat: "einige Ärzte ... ihrem Versorgungsauftrag nicht in angemessener Weise
nachkommen",
Das neue Versorgungsstärkungsgesetz soll nun helfen: Die kassenärztlichen Vereinigungen
bekämen mehr Befugnisse um zu überwachen,
Zitat: "..., ob Vertragsärzte [ihren] ...Versorgungsauftrag tatsächlich erfüllen".
Stephanie Franke ist inzwischen vom Hausarzt behandelt worden. Sie fragt sich, ob mehr
Kontrolle, Ärzte künftig davon abhält Kassenpatienten zu benachteiligen – solange es
lukrativer ist, Selbstzahler zu behandeln.
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verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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