Bildung und Wissenschaft Panorama Bildungswesen in einem föderalistischen Land In der Schweiz ist das Bildungswesen von der obligatorischen Schule bis zur Tertiärstufe (Hochschulen und höhere Berufsbildung) eine Staatsaufgabe, deren Verantwortung in erster Linie den 26 Kantonen obliegt. Im nachobligatorischen Bereich (allgemeinbildende Schulen, Berufsbildung und Hochschulen) sind Bund und Kantone Partner in der Verantwortung für das öffentliche Bildungswesen. Öffentliche Bildungsausgaben G 15.1 40 35 20% Total 30 in Mrd. Fr.1 25 20 10% 15 Anteil am BIP 10 Öffentliche Bildungsausgaben: 5,6% des BIP 2013 investiert die öffentliche Hand in der Schweiz fast 35,4 Mrd. Fr. für Bildungszwecke, was 5,6% des Bruttoinlandprodukts (BIP) darstellt. Im internationalen Vergleich liegen die Bildungsausgaben der Schweiz 2012 im Verhältnis zum BIP leicht über dem OECD-Durchschnitt. Deutlich über dem Durchschnitt schneidet die Schweiz ab, wenn man die Ausgaben pro lernende Person betrachtet. BILDUNG UND WISSENSCHAFT Anteil an den gesamten öffentlichen Ausgaben2 5 0 0% 1990 1 1 2000 Nominalwerte 2013 1990 2 PANORAMA 2000 2013 exkl. Ausgaben für Sozialversicherung © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Bildungsstufen – Überblick TT 15.1 Schüler, Studierende 2013/14 Lehrkräfte 2013/14 Schulen 2013/14 Öffentliche Ausgaben 2013 Total Total 1 Total 2 in Mio. Fr. Frauen in % Frauen in % davon privat 3 Obligatorische Schule 910 285 49,2 90 935 73,7 9 767 837 17 336,8 Sekundarstufe II 361 737 47,9 28 8421 41,9 788 315 5 848,3 Tertiärstufe 289 699 49,6 32 7495,6 35,3 399 59 7 965,2 4 (Allgemeinbildende Schulen und Berufsbildung) (Höhere Berufsbildung, universitäre Hochschulen, Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen) 1 1 2 3 4 5 6 Zu den öffentlichen Ausgaben für Bildung kommen private hinzu. Die Betriebe finanzieren die Berufsbildung im Jahr 2013 mit 2,8 Mrd. Fr. Obligatorische Schule dauert 11 Jahre Die Primarstufe inkl. obligatorischer Kindergarten oder Eingangsstufe dauert acht Jahre, die Sekundarstufe I in der Regel drei Jahre. Der Schüleranteil an den nicht subventionierten Privatschulen beträgt auf der Primarstufe knapp 4% und auf der Sekundar stufe I 5%. Auf der Primarstufe findet der Unterricht im leistungsdurchmischten Klassenverband statt und wird meist durch generalistisch ausgebildete Lehrpersonen erteilt. Auf der Sekundarstufe I unterrichten vermehrt Fachlehrkräfte leistungsdifferenzierte Klassen. Die Leistungsdifferenzierung findet in allen Kantonen statt, ist aber von Kanton zu Kanton unterschiedlich organisiert. BILDUNG UND WISSENSCHAFT Nur öffentliche Schulen Doppelzählungen sind möglich Subventionierte und nicht subventionierte private Schulen Primarstufe (inkl. Kindergarten, Eingangsstufe), Sekundarstufe I und besonderer Lehrplan Höhere Berufsbildung: nur öffentliche höhere Fachschulen Stichtag 31.12.2014 Öffentliche Bildungsausgaben in div. Ländern 2012 G 15.2 20% 10% 0% CH KOR NOR USA CAN SWE OECD GBR NLD AUT DEU FRA JPN ITA Anteil an den gesamten öffentlichen Ausgaben Anteil am BIP 2 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Vorschulstufe wird Teil der Primarstufe Im Zuge der Harmonisierung der obligatorischen Schule findet eine Ausdehnung der Schulpflicht statt. Bislang war der Besuch der Vorschulstufe fakultativ. In den meisten Kantonen ist der Besuch der zweijährigen Vorschulstufe – sei es in Form des Kindergartens oder einer anderen Eingangsstufe – jetzt obligatorisch. Die Vorschulstufe wird damit Teil der Primarstufe. Im Schuljahr 2013/14 besuchen insgesamt 162 154 Kinder den Kindergarten oder waren im ersten oder zweiten Jahr der Eingangsstufe eingeschult. Aufgrund der steigenden Anzahl Geburten sowie der Ausdehnung der Schulpflicht könnte dieser Bestand in den nächsten Jahren weiter steigen. 44% der 4-jährigen Kinder nehmen ein öffentliches oder privates Bildungsangebot wahr; von den 5-Jährigen sind es über 97%. Die Kinder auf dieser Stufe werden von gesamthaft 17 792 Lehrkräften betreut, wovon 95% Frauen sind. 2013/14 gibt es 450 350 Primarschülerinnen und ‑schüler, die nicht mehr den Kindergarten oder die ersten beiden Jahre der Eingangsstufe besuchen. Nach einem Rückgang wird dieser Bestand in den kommenden Jahren voraussichtlich wieder steigen. 48 345 Lehrkräfte (82% davon weiblich) teilen sich 29 155 Vollzeitstellen. Anzahl Schüler in der Sekundarstufe II 250 G 15.3 Szenarien In 1000. Stand Sept. 2015 225 200 175 80 Berufsbildung1 Gymnasiale Maturitätsschulen2 60 40 Übergangsausbildungen3 20 Fachmittel-, Fachmaturitätsschulen2 0 1980 1 2 3 1985 1990 1995 2000 2005 Mit der Anlehre Ohne die Zusatzausbildung für Erwachsene 10. Schuljahr, andere allgemeinbildende Schulen, Vorlehre 2010 2014 2024 Szenario: «Referenz» Selektion auf Sekundarstufe I Im Schuljahr 2013/14 werden 263 709 Schülerinnen und Schüler auf der Sekundarstufe I gezählt. Ihre Zahl dürfte bis 2016 weiter abnehmen, bevor sie wieder deutlich steigt. Knapp 30% der Schulkinder im vorletzten obligatorischen Schuljahr besuchen den Unterricht in Programmen mit Grundansprüchen – ein Anteil, BILDUNG UND WISSENSCHAFT 3 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 der sich seit 1990 nicht wesentlich verändert hat. 64% nehmen an Programmen mit erweiterten Ansprüchen und 2% an Programmen ohne Niveauunterscheidung teil. Die 36 522 Lehrpersonen besetzen zusammen 20 940 Vollzeitstellen. Fast die Hälfte der Lehrpersonen sind Männer. Auffallend unter dem Lehrpersonal der obligatorischen Schule ist der proportional grosse Anteil an über 50-Jährigen. Eintritte in die berufliche Grundbildung 2013/14 Wirtschaft und Verwaltung Handel Baugewerbe, Hoch- und Tiefbau Maschinenbau und Metallverarbeitung Krankenpflege Sonderschulung und integrative Förderung Nicht alle Schülerinnen und Schüler können dem regulären Lernprogramm (mit Grund- oder erweiterten Ansprüchen) folgen. Sie werden zusätzlich gefördert, sei dies integrativ in einer Regelklasse, in einer Sonderklasse (Kleinklasse) oder einer Sonderschule. 2013/14 folgen in der gesamten Schweiz 34 072 Schulkinder einem besonderen Lehrplan. Das Konzept der integrativen Förderung gewinnt an Boden. Neben den regulären Lehrpersonen übernehmen solche mit heilpädagogischer Ausbildung spezielle Förderaufgaben in den Regelklassen. Elektrizität und Energie Frauen Kraftfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge Männer Gastgewerbe und Catering Übrige 0 5 000 10 000 15 000 17 894 Lehrpersonen, auf 9832 Vollzeitstellen verteilt, bilden den Lehrkörper der beruflichen Grundbildung. Der Männeranteil beträgt 60%. Die berufliche Grundbildung (inklusive Anlehre) ist mit 230 622 Lernenden anteilsmässig der wichtigste nachobligatorische Bildungsweg in der Schweiz. Über zwei Drittel der Jugendlichen entscheiden sich nach der obligatorischen Schulzeit für einen solchen. Zwischen 1990 und 2005 – in einer Zeit grösserer konjunktureller Schwankungen – hat die berufliche Grundbildung gegenüber der allgemeinen schulischen Bildung etwas an Bedeutung verloren. Seither ist ihr Anteil stabil. Nach den Szenarien für die kommenden Jahre dürfte dieses Verhältnis weiterhin gleich Nachobligatorische Ausbildung: Die berufliche Grundbildung ist am bedeutendsten Die Sekundarstufe II, die auf die obligatorische Schule folgt, gliedert sich in der Schweiz in zwei Hauptstränge: in die berufliche Grundbildung und in die allgemeinbildende Ausbildung an gymnasialen Maturitätsschulen oder Fachmittelschulen. Insgesamt 361 737 Personen besuchen 2013/14 eine solche Ausbildung. Sie werden von 28 842 Lehrkräften unterrichtet, die sich auf 17 063 Vollzeitstellen verteilen. Die Männer sind auf dieser Stufe mit 58% in der Mehrheit. BILDUNG UND WISSENSCHAFT G 15.4 4 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 bleiben. Über 90% der Jugendlichen erreichen einen Abschluss der Sekundarstufe II. (FH) und 8% an einer Pädagogischen Hochschule (PH) eingeschrieben. Dieser Anstieg ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: immer häufigere Übertritte an Hochschulen nach der Sekundarstufe II aufgrund des Aufbaus der Fachhochschulen und der Pädagogischen Hochschulen, eine zunehmende Internationalisierung der Schweizer Hochschulen mit einem steigenden Anteil ausländischer Studierender und schliesslich die Entwicklung der FHMaster-Studiengänge. Die Expansion des Hochschulbereichs zeigt sich auch beim Hochschulpersonal: Dieses nahm (in Vollzeitäquivalenten gerechnet) seit 2007 von 42 702 auf 56 124 zu. Auch die Internationalisierung des Hochschulbereichs ist beim Personal zu erkennen: Der Anteil des ausländischen Personals am gesamten Hochschulpersonal erhöhte sich im selben Zeitraum von 28% auf 37%. Wachsende Zahl der Maturitäten Die Jugendlichen in einer beruflichen Grundbildung streben immer häufiger auch die Berufsmaturität an. 2014 erzielen 14,8% (14 177) der Jugendlichen einen solchen Abschluss. Zählt man die Quote der gymnasialen Maturitäten von 20,2% (18 439) und die der Fachmaturitäten von 2,5% (2343) dazu, so erfüllt mehr als ein Drittel der Jugendlichen die Voraussetzungen für einen Hochschulbesuch. Höhere Berufsbildung: Eidgenössisch anerkannte Abschlüsse nehmen zu Im Jahr 2014 wurden im Bereich der Höheren Berufsbildung 27 073 Abschlüsse erfasst. Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die eidgenössisch reglementierten Abschlüsse einen immer höheren Anteil ausmachen. Das ist unter anderem auf die Tertiarisierung der Bildungsgänge im Gesundheitsbereich zurückzuführen. Gleichzeitig führte dies zu einer Zunahme des Frauenanteils, insbesondere bei den Absolvierenden von Höheren Fachschulen. Hochschultypen: Unterschiedliche Kostenstruktur Im Jahr 2014 beliefen sich die Gesamtkosten der UH der Schweiz auf 7,784 Mrd. Fr. Dieser Betrag verteilt sich folgendermassen auf die vier Leistungsbereiche: 32% auf die Lehre in der Grundausbildung und der vertieften Ausbildung, 57% auf die Forschung und Entwicklung, 8% auf Dienstleistungen und über 3% auf die Weiterbildung. Bei den FH liegen die Kosten bei 2,545 Mrd. Fr., wobei 65% für die Lehre in der Grundausbildung, 24% für die angewandte Forschung und Entwicklung, 7% für die Weiterbildung und 4% für die Dienstleistungen verwendet werden. Die PH kosteten 643,8 Mio. Fr. Die Lehre in der Grundausbildung hat 66% dieser Kosten verursacht, die Forschung und die Weiterbildung je 12% und die Dienstleistungen fast 10%. Expansion des Hochschulbereichs Seit 2000 hat sich die Zahl der Studierenden an den schweizerischen Hochschulen mehr als verdoppelt und erreicht 2014 den Stand von 233 617 Studierenden. Davon sind 62% an einer Universitären Hochschule (UH), 30% an einer Fachhochschule BILDUNG UND WISSENSCHAFT 5 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Vom Bachelor zum Master Mittlerweile haben sich die zweistufigen Bologna-Studiengänge etabliert, und fast alle Studierenden sind in entsprechenden Studiengängen eingeschrieben. An den UH ist das Äquivalent zum Lizenziat bzw. zum Diplom der Masterabschluss. Der Übertritt vom Bachelor zum Master ist an den UH mittlerweile die Regel. So beginnen 85% der Studierenden in den zwei Jahren nach ihrem Bachelorabschluss mit einem Masterstudium. Bei den FH stellt der Bachelorabschluss schon eine Berufsqualifikation in sich dar. Daher fällt hier die Übertrittsquote zum Master wesentlich geringer aus als bei den UH, denn nur 16% beginnen in den zwei Jahren nach dem Bachelorabschluss mit einem Masterstudium. Eintritte1 in Hochschulen (Universität und FH) 2014 G 15.5 Geisteswissenschaften Künste Sozial- und Erziehungswissenschaften Recht Wirtschaftswissenschaft Exakte und Naturwissenschaften Medizin und Pharmazie Soziale Herkunft der Studierenden 43% der Studierenden kommen aus einem Elternhaus, in welchem mindestens ein Elternteil einen Hochschulabschluss erworben hat. Während an den Universitären Hochschulen 52% der Studierenden mindestens ein Elternteil mit Hochschulabschluss haben, ist der Anteil an den Fachhochschulen (32%) und an den Pädagogischen Hochschulen (29%) deutlich geringer. Die Eltern der FH- und PH-Studierenden verfügen dagegen häufiger über berufsbildende Abschlüsse als die Eltern der UH-Studierenden. Die Unterschiede in der Verteilung der elterlichen Bildungsabschlüsse werden bereits vor dem Eintritt in die Hochschule deutlich sichtbar. Sie finden sich bei Bildungsentscheidungen auf dem Weg zum Erwerb der gymnasialen, Fach- oder Berufsmaturität, welche den Zugang zu den Hochschultypen vorbestimmen. BILDUNG UND WISSENSCHAFT Gesundheitsweisen Frauen Bauwesen Männer Techn. Wissensch., Agrar- u. Forstwirtsch. Interdisziplinär und andere 0 1 6 2000 4000 6000 8000 Auf Stufen Lizentiat/Diplom und Bachelor PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Abschlussquoten G 15.6 Sekundarstufe II Maturitätsquote 80% 25% Berufsbildung Tertiärstufe Gymnasiale Maturität Männer 18% Frauen 16% 70% 20% 60% 14% Männer Frauen 50% 10% 40% Allgemeinbildung Frauen 6% Fachmaturität 4% Berufsmaturität 0% 1995 2000 2005 2012 Fachhochschulen1 2% 0% 1990 1 Frauen 5% Männer 10% 8% 10% 20% Frauen 12% 15% 30% Universitäre Hochschulen Männer 0% 1998 2002 2006 2010 2014 2000 Höchster Bildungsabschluss der Eltern1 nach Hochschultyp und Ausbildungsform 2013 Total Universitäre Hochschulen 7 5 Fachhochschulen Pädagogische Hochschulen 8 27 23 7 9 6 0% 1 2005 2010 2014 Inklusive den Pädagogischen Hochschulen 15 11 40% Sek.stufe II: Berufsbildung 52 8 35 Keine nachoblig. Ausbildung 43 12 33 20% G 15.7 18 19 60% Sek.stufe II: Allgemeinbildung 32 29 80% Höhere Berufsbildung 100% Hochschule, Fachhochschule Bildungsabschluss mindestens eines Elternteils, in % der Studierenden BILDUNG UND WISSENSCHAFT 7 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Übergang vom Studium ins Berufsleben Die Studie der Hochschulabsolventen aus dem Jahr 2013 zeigt für Personen, die 2012 einen Hochschulabschluss erworben haben, eine Erwerbslosenquote (Definition gemäss dem Internationalen Arbeitsamt ILO) von 3,7%. Diese Quote liegt unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 4,4%. Mit zunehmender Verweildauer auf dem Arbeitsmarkt sinkt die Erwerbslosigkeit von Hochschulabsolventen noch weiter ab. So weist der Absolventenjahrgang 2008 im Jahr 2013, fünf Jahre nach dem Hochschulabschluss, eine Erwerbslosenquote von lediglich 1,8% auf. zu 1980 mit nur knapp 4 Jahren. Damit verbunden ist ein Rückgang des Anteils der Personen ohne Abschluss auf der Sekundarstufe II. 2013 verfügen 9% der Bevölkerung zwischen 25 und 34 Jahren über keinen nachobligatorischen Abschluss. Die Quote der Personen mit einem Hochschulabschluss ist von 12% (2000) auf 33% (2014) gestiegen. Dieser Anstieg hatte folgende Ursachen: den steigenden Anteil an Personen eines Altersjahrgangs mit abgeschlossenem Hochschulstudium, die Verschiebung von Ausbildungen der Sekundarstufe II auf die Tertiärstufe und die Einwanderung gut ausgebildeter Personen. Geschlechterunterschiede: Die Frauen haben aufgeholt Von der Bildungsexpansion der letzten Jahrzehnte haben vor allem die Frauen profitiert. Die geschlechtsspezifischen Bildungsunterschiede haben sich laufend verringert. Heute beginnen praktisch gleich viele Frauen wie Männer eine nachobligatorische Ausbildung und schliessen sie auch ab. Weiterhin sind aber Männer länger in Ausbildung als Frauen, und auch ihre Eintrittsquote in die Tertiärstufe ist für den Bereich der höheren Berufsbildung höher. Deutliche geschlechterspezifische Unterschiede bestehen nach wie vor bei der Wahl der Fachrichtung, und dies sowohl in der Berufsbildung als auch an den Hochschulen. Gut dotierter Forschungsplatz Schweiz Bei den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F+E) in Prozenten des BIP gehört die Schweiz 2012 neben Korea, Israel, Finnland, Schweden, Japan, Deutschland und Dänemark mit 2,96% zur Spitzengruppe unter den OECD-Ländern. Die gesamten Aufwendungen für F+E sind in der Schweiz von 8,3 Mrd. Fr. im Jahr 1989 auf 18,5 Mrd. Fr. im Jahr 2012 gestiegen. Dominierende Rolle der Privatwirtschaft in der F+E Die Privatwirtschaft finanziert auch 2012 mit 61% den grössten Teil der für F+E in der Schweiz insgesamt aufgewendeten 18,5 Mrd. Fr. Auf der Durchführungsseite ist die Privatwirtschaft mit nahezu 13 Mrd. Fr. der aktivste Sektor im Bereich der F+E (69%). Die Unternehmen der Branchen «Pharma», «Maschinen» sowie «Forschung und Entwicklung» sind die eigentlichen Hauptakteure der industriellen F+E mit 56% der gesamten eingesetzten Guter Ausbildungsstand In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Bildungsstand der Bevölkerung stark verbessert. Die Jugendlichen investieren heute rund 6 Jahre in die postobligatorische Bildung im Vergleich BILDUNG UND WISSENSCHAFT 8 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 privatwirtschaftlichen F+E-Mittel. In der Regel handelt es sich dabei um grössere Unternehmen. Am meisten gibt die Pharmabranche aus: 3,7 Mrd. Fr. Dieser Betrag stellt 21% der Gesamtausgaben für die F+E in der Schweiz im Jahr 2012 dar. In der F+E der Privatwirtschaft arbeiten 2012 in der Schweiz gut 47 750 Personen (Vollzeitäquivalente). Das sind fast doppelt so viele Vollzeitäquivalente wie im Hochschulsektor (26 945). Der Bund führt wenig eigene F+E durch, spielt jedoch eine wichtige Rolle bei der Finanzierung von F+E (2012: 5,4 Mrd. Fr.); der grösste Teil davon ist für den Hochschulsektor bestimmt. F+E: Ausgaben pro Einwohner, in $1 2012 CH SWE USA FIN AUT DEU JPN OECD FRA EU-28 GBR ITA Forschungsengagement von Privatunternehmen im Ausland Schweizer Unternehmen haben 2012 in ihren ausländischen Filialen mehr Mittel für F+E eingesetzt als in ihren inländischen Betrieben: 15 Mrd. gegenüber 13 Mrd. Fr.; 1992 entsprachen diese Werte 7,1 Mrd. respektive 6,4 Mrd. Fr. Der Einsatz von F+E multinationaler Unternehmen der Schweiz im Ausland ist motiviert durch die Suche nach neuen Märkten und dem Willen, Kosten zu reduzieren und gut qualifiziertes Personal anzuwerben. 1 443,1 1 390,9 1 252,0 1 248,1 1 189,5 882,9 845,9 670,7 613,9 432,2 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 Finanzierung G 15.9 25,4 69,3 Personal2 0% 20% 12,7 28,1 63,3 Privatwirtschaft 9 1,1 60,8 Durchführung1 1 2 1800 In Kaufkraftparitäten F+E: Finanzierung, Durchführung und Personal 2012 Viele Patente Patente sind ein wichtiges Mass für den Output des Wissenschafts- und Technologiesystems. Die Zahl der Patentanmeldungen in einem Land ist weniger aussagekräftig als die der Patentfamilien; eine Patentfamilie umfasst alle Patente, die bei verschiedenen Ländern (d. h. Patentämtern) zum Schutze einer und derselben Erfindung angemeldet worden sind. Die Schweizer Patente sind 2013 bei den drei wichtigsten Patentämtern, dem BILDUNG UND WISSENSCHAFT 1 677,6 1 460,1 0 1 G 15.8 35,7 40% 60% Hochschulen 80% Staat 100% Andere Total 18 510 Mio. Franken Total 75 476 Vollzeitäquivalente PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Europäischen Patentamt (EPA), dem japanischen Patentamt (JPO) und dem US Patent & Trademark Office (USPTO), mit einem Anteil von 2,4% aller aus der OECD stammenden Patentfamilien gut vertreten. Im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl ist die Schweiz mit rund 149 triadischen Patentfamilien pro Million Einwohner das aktivste Land der OECD nach Japan. Die für Forschung und Innovation eingesetzten Mittel bringen somit exzellente Resultate für die Schweiz hervor. Triadische Patentfamilien1, im internationalen Vergleich 2013 G 15.10 Aufteilung Pro Mio. Einwohner 2,4% Schweiz 9,2% Japan 31,6% USA 28,0% EU-25 Andere OECD-Länder Technologische Zahlungsbilanz Die technologische Zahlungsbilanz der Schweiz blieb seit 1985 bis 1999 trotz Fluktuationen immer positiv. Das Land exportierte bis zu diesem Zeitpunkt mehr technologische Kenntnisse und Dienstleistungen (Patente, Lizenzverträge, Markennamen, Knowhow sowie technische Hilfsleistungen), als es importierte. Zwischen 2002 und 2008 war der starke Anstieg der Ausgaben bzw. Importe dann verantwortlich für einen negativen Saldo. Seit 2009 steigen die Exporte wieder. 28,9% 0 1 Siehe Glossar 40,1 100 150 Mittelwert der OECD-Länder Technologische Zahlungsbilanz der Schweiz 18 16 G 15.11 In Mrd. Franken Ausgaben (Importe) 14 12 10 8 Einnahmen (Exporte) 6 4 2 0 1985 BILDUNG UND WISSENSCHAFT 10 1990 1995 2000 PANORAMA 2005 2010 2013 © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Glossar Bildungssystem Berufsleben oder auf den Übertritt in höhere Schulen. Der Unterricht Grafik G 15.12 gibt einen Überblick über das Bildungswesen der Schweiz. auf der Sekundarstufe I erfolgt leistungsdifferenziert in geteilten oder Sie zeigt die hauptsächlichen Ausbildungsgänge und die ungefähre Dauer kooperativen Modellen mit Grund- und erweiterten Ansprüchen sowie in der Ausbildungen. Der Gruppierung liegt die ISCED (International Stan- integrativen Modellen ohne Selektion aufgrund der Schulleistungen. Für dard Classification of Education) der UNESCO zugrunde. die Typen mit Grundansprüchen gibt es keine speziellen Aufnahmekritierien, während Lernende in Schulen mit erweiterten Ansprüchen deren Forschung und Entwicklung (F&E) Selektionskriterien erfüllen. Forschung und experimentelle Entwicklung (F+E) ist systematische, Sekundarstufe II schöpferische, wissenschaftliche Arbeit mit dem Zweck der Erweiterung des Kenntnisstandes, einschliesslich Erkenntnisse über den Menschen, Die allgemein- und berufsbildenden Ausbildungen der Sekundarstufe II die Kultur und die Gesellschaft, sowie deren Verwendung mit dem Ziel, schliessen sich an die obligatorische Schule an. Sie können − als beruf- neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden. liche Grundbildung − den direkten Eintritt ins Berufsleben eröffnen oder aber − wie die allgemeinbildenden Schulen − primär vorbereitend auf ISCED die Tertiärstufe ausgerichtet sein. Die Berufsmaturität ermöglicht sowohl International Standard Classification of Education. Von der UNESCO de- den Berufseinstieg wie auch den Zugang zu den Hochschulen. finiertes, international verwendetes Klassifikationsschema des Bildungs- Technologische Zahlungsbilanz (TZB) wesens. Die TZB misst die Geschäftstätigkeiten im Zusammenhang mit den Obligatorische Schule internationalen Technologietransfers. Sie erfasst die bezahlten oder Die obligatorische Schule gliedert sich in acht Jahre Primarstufe (inklu- erhaltenen Gegenleistungen für den Erwerb oder die Verwendung von sive zwei Jahre Kindergarten bzw. Eingangsstufe) und drei Jahre Sekun- Patenten, Lizenzen, Warenzeichen, Modellen und Konstruktionen, von darstufe I, dauert also insgesamt elf Jahre. Der Schuleintritt erfolgt frü- Know-how und technischen Dienstleistungen (einschliesslich technischer hestens ab erfülltem 4. Lebensjahr. Hilfe) sowie im Ausland realisierte industrielle Forschung und Entwick- Die Sekundarstufe I folgt auf die Primarstufe und dient dem Erwerb lung. einer grundlegenden Allgemeinbildung sowie der Vorbereitung auf das BILDUNG UND WISSENSCHAFT 11 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Tertiärstufe Die Tertiärstufe besteht einerseits aus der Höheren Berufsbildung, deren Ausbildungsgänge zu Eidgenössischen Fachausweisen und Diplomen führen. Voraussetzung dafür ist der Abschluss eines Diploms auf der Sekundarstufe II sowie praktische Berufserfahrung. Andererseits sind die Hochschulen ein fester Bestandteil der Tertiärstufe. Zu ihnen gehören die kantonalen Universitäten und die Eidgenössischen Technischen Hochschulen, die Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen. Seit den 2000er-Jahren sind die Studien gemäss der Bologna-Deklaration zweistufig (Bachelor und Master) und nach dem Kreditsystem (ECTS) aufgebaut. Voraussetzung für die Zulassung zu den Hochschulen ist in der Regel ein Maturitätszeugnis (gymnasiale Matur, Berufsmatur, Fachmatur). Triadische Patentfamilien Von triadischen Patentfamilien spricht man, wenn zum Schutz derselben Erfindung Patente bei den drei wichtigsten Patentämtern angemeldet sind: beim Europäischen Patentamt (EPA), beim japanischen Patentamt (JPO) sowie beim US Patent & Trademark Office (USPTO). BILDUNG UND WISSENSCHAFT 12 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016 Das Bildungssystem der Schweiz (vereinfacht) G 15.12 Le système d’enseignement suisse (simplifié) Doktorat / Doctorat 7 Nachdiplome / Diplômes postgrades 6 5 Tertiärstufe Degré tertiaire 4 1 7 7 7 6 6 6 Bachelor 6 3 2 Eidg. Diplom / Diplôme féd. Master 7 Universitäre Hochschulen Hautes écoles universitaires Pädagog. HS / HE pédag. Passerelle Fachhochschulen Hautes écoles spécialisées Diplom Diplôm Eidg. Fachausweis / Brevet féd. Höh. Fachschulen Ecoles supérieures Eidg. Prüfungen Examens féd. 2 Höhere Berufsbildung Formation professionnelle supérieure2 Weiterbildung / Formation continue 8 8 Berufliche Zusatzausbildung Formation prof. complémentaire 4 4 Sekundarstufe II Degré secondaire II 34 Fachmaturität Maturité spéciale 4 Berufsmaturität 1 Maturité professionnelle 1 3 34 34 35 2 Gymnasiale Maturität Maturité gymnasiale Fachmittelschule Ecoles de culture gén. Berufliche Grundbildung (Lehre) Formation professionnelle initiale (apprentissage) 1 Sekundarstufe I Degré secondaire I Übergangsausbildungen Sek. I – Sek. II Formations transitoires sec. I – sec. II 11 35 3 Gymnasiale Vorbildung Enseignement de caractère prégymnasial 10 2 9 Schulen mit Grund- und erweiterten Ansprüchen, sowie ohne Selektion Types d’enseignement à exigences élémentaires ou élevées et sans sélection 8 7 6 Primarstufe, 3. – 8. Jahr Degré primaire, années 3 – 8 5 Primarstufe Degré primaire 4 1 3 2 1 020 Kindergarten, Eingangsstufe 1. – 2. Jahr Ecole enfantine, cycle élémentaire années 1 – 2 Jahr / Année 123 1 2 ISCED-Klassifikationsschema 2011 der UNESCO, siehe Glossar Schéma de classification CITE 2011 défini par l’UNESCO, voir glossaire Direkter Zugang Accès direct Zusatzqualifikation oder Berufspraxis erforderlich Qualification supplémentaire ou pratique professionnelle requises Parallel zur drei- oder vierjährigen beruflichen Grundbildung oder ein Jahr im Anschluss an die Lehre Parallèlement aux trois ou quatre ans de la formation professionnelle initiale ou une année après l’apprentissage Zu den eidgenössischen Prüfungen gehören die eidg. Berufsprüfungen (BF) und die eidg. höheren Fachprüfungen (HFP). Font partie des examens fédéraux les examens prof. fédéraux les examens prof. fédéraux et les examens prof. féd supérieurs. BILDUNG UND WISSENSCHAFT 13 PANORAMA © Bundesamt für Statistik, Februar 2016
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