Best Practice für Compliance und Sicherheit www.comply-online.de 1. JAHRGANG OKTOBER 2015 SEITEN 1- 84 ISSN 2364-7604 FACHMAGAZIN FÜR COMPLIANCE-VERANTWORTLICHE ESSENTIALS > RISIKEN „Wir machen uns die Hände schon nicht schmutzig“ Mehr Sicherheit für Kritische Infrastrukturen Die EU-DatenschutzGrundverordnung > INNOVATION Sneakpreview ISO 37001 Anti-bribery management systems MITTELSTAND © bobaa22 · miakievy/istock.com > FORTBILDUNG Mitarbeiterschulung zur Korruptionsprävention GLOBAL > RUSSLAND > CHINA > THAILAND PERSPEKTIVEN Ein Compliance-System ohne Grenzen SERVICE GUIDE Übersicht CM-Software I N KO O P E R AT I O N M I T: Nein zur Korruption Global China Chinas „Fuchsjagd auf Tiger und Fliegen“ Aktuelle Anti-Korruptions-Kampagnen in der Volksrepublik China und rechtliche Reformen für mehr Compliance Compliance und eine bestmögliche Bekämpfung von Korruption sind erklärtes Ziel der Anti-Korruptions-Kampagne des Parteichefs und Staatspräsidenten der Volksrepublik China (VRC) Xi Jinping. „Operation Fuchsjagd“ nennt die chinesische Führung ihre seit 2014 erheblich verstärkte Anti-Korruptions-Kampagne, mit der die parteiinterne Disziplinkommission in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und Staatsanwaltschaften Korruption streng verfolgt und versucht, so einen Gewinn an Rechtsstaatlichkeit und eine Verbesserung des Investitionsklimas in China zu erreichen. Dies hat auch für ausländische Unternehmen mit wirtschaftlichen Aktivitäten in China Konsequenzen. Dieser Beitrag gibt Anregungen von Praktikern, was daraus für verantwortliche Unternehmensrepräsentanten folgt. Korruptionsbekämpfung in China – ein neues Phänomen? Kampagnen gegen Bestechlichkeit und Korruption sind in China kein neues Phänomen. Auch wenn die Intensität der aktuellen Kampagne gegen Bestechlichkeit unter Parteichef Xi Jinping seit 2012 es so erscheinen lässt, als sei diese Art der Verfolgung von Korruption neu, haben auch seine Amtsvorgänger Hu Jintao und Jiang Zemin jeweils zu Beginn ihrer Amtszeit Anti-Korruptions-Kampagnen initiiert. Noch weiter zurück gehen die strafrechtlichen Bestimmungen, die Korruption unter Strafe stellen. Diese sind im Strafgesetzbuch der Volksrepublik China enthalten, dessen Neufassung auf das Jahr 1997 datiert. Die einschlägigen Vorschriften sind verstreut in verschiedenen Gesetzen und Verwaltungsrichtlinien. Verschärfungen wurden teils erst kürzlich im Juli 2015 beschlossen. Trotz dieser Kampagnen gegen Bestechlichkeit liegt China auf dem Korruptionswahrnehmungsindex („Corruption Perception Index“) von Transparency International auf den hinteren Rängen und hat sich im Jahr 2014 in der Einstufung erheblich verschlechtert. Während Deutschland beispielsweise am oberen Ende auf Platz 12 liegt, steht China in 2014 zusammen mit Algerien und Surinam auf Rang 100 von 175 Ländern und ist damit um 20 Ränge von Platz 80 in 2013 gefallen. Dies konnte auch die Anti-Korruptions-Kampagne des neuen Staatspräsidenten nicht verhindern. Die Anti-Korruptions-Kampagne von Xi Jinping Die Anti-Korruptions-Kampagne von Xi Jinping ist der rigorosen Verfolgung von Korruption in der öffentlichen Hand, aber auch in der Privatwirtschaft, gewidmet. Sie wird geleitet von Wang Qishan, dem Vorsitzenden der Disziplinkommission, der in der Verfolgung rigoros durchgreift. 58 Ziel der Kampagne war zunächst die Bekämpfung der Korruption durch die Verfolgung bestechlicher Amtsträger der öffentlichen Hand ungeachtet von Rang und Namen. Darunter fallen in der Nomenklatur Pekings „Tiger“, allerhöchste Parteibonzen, die als „politische Tiger“ ihre Macht infolge Korruption missbraucht oder als „wirtschaft liche Tiger“ mit Managementfunktionen in Staatskonzernen korrupt gehandelt haben, ebenso wie die sog. „Fliegen“, kleine KP-Beamte, die ihre Macht missbraucht und Bestechungsgelder eingefordert haben, weshalb die Kampagne auch als die „Xi-Wang Jagd auf Tiger und Fliegen“ bezeichnet wird. Seither sind zahlreiche hochrangige chinesische Politiker und eine Vielzahl korrupter Kleinbeamter verfolgt, verhört und für schuldig befunden, drastische Strafen verhängt und Vermögen eingezogen worden, meist unter größter medialer Aufmerksamkeit, wie beispielsweise Zhou Yongkang, ehemals Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros und Schlüsselfigur der chinesischen Ölindustrie. Starken Medienfokus setzen Xi Jinping und Wang Qishan zur Abschreckung ein – wie auch die bewusste Offenlegung von Korruptionsfällen, die seit 2012 in einer extra dafür geschaffenen Datenbank gespeichert werden. Einzelheiten der jeweiligen Tat, die Firma des Unternehmens, die Höhe der Bestechungsgelder und die Sanktionen werden festgehalten. Dritte können dies zur Überprüfung von Vertragspartnern nutzen und einen Auszug für bestimmte Personen bzw. Unternehmen bei der Staatsanwaltschaft anfordern. Dabei fällt auf, dass die Anti-Korruptions-Kampagne von der Bevölkerung begrüßt wird bis hin zur Aufdeckung Verdächtiger durch die chinesische Netizen-Community, die sich zum Ziel gesetzt hat, Fehlverhalten von Staatsträgern öffentlich zu machen. Daraus entwickelte sich der Begriff der sog. www.comply-online.de comply. 2/2015 China „Menschenfleisch-Suchmaschine“, der das Phänomen der Enttarnung korrupter Staatsbediensteter durch digitale Medien in Blogs etc. und durch Einstellen von Bildern (zum Beispiel von Amtsträgern, die teure Uhren tragen) auf der Website der Disziplinkommission umschreibt. Durch die Preisgabe verdächtiger Verhaltensweisen im Netz werden so Ermittlungen ausgelöst. Verschärfungen der Anti-KorruptionsGesetzgebung in 2015 Dabei will Staatspräsident Xi Jinping es aber nicht belassen, sondern hat in 2015 Phase 2 der AntiKorruptions-Kampagne eingeläutet. Ziele der Anti-Korruptions-Kampagne 2015 in China Fortsetzung der verstärkten Kontrolle von hochrangigen Beamten, Æ Festnahme von ins Ausland geflüchteten korrupten Staatsbeamten, Æ strenge Überwachung von Entscheidungsträgern und Inspektionen in Staatsunternehmen, Æ Erweiterung der Haftung von politischen Funktionsträgern für Korruptionsfälle in ihrem Verantwortungsbereich, Æ Beseitigung von Bürokratie zur Verhinderung von Machtmissbrauch, Æ schärfere Sanktionierung von Korruption im Bereich Infrastrukturprojekte und bei öffentlichen Landverkäufen, Æ verstärkte internationale Zusammenarbeit sowie Æ verstärkte Verfolgung von Korruption auch in der Privatwirtschaft im geschäft lichen Verkehr. Dr. Christine Heeg, LL.M. Die Autorin ist Partnerin der Rechtsanwaltskanzlei KPMG Law und Leiterin der Praxisgruppe Commercial Law. Sie ist spezialisiert auf rechtliche Fragen rund um den internationalen Handel mit einem besonderen Länderfokus auf China. Sie ist Mitglied der Praxisgruppe Compliance. © Yali Shi/fotolia.com Æ Hinzu kommen Reformpläne für eine Verschärfung des Sanktionssystems. Die Bestimmungen zu Korruption sind in China zerstreut im Strafgesetzbuch, im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, in Verwaltungsrichtlinien und insbesondere den „Vorläufigen Regelungen zum Verbot der Bestechung im geschäftlichen Verkehr“. Teils bestehen regionale Unterschiede. Die Infografi k skizziert diese Vorschriften in Auszügen und die geplante Verschärfung der jeweiligen Sanktionen sowie flankierende zivilrechtliche und gesellschaftsrechtliche Haftungsnormen in einem Kurzüberblick (siehe Abbildung 1). Die aktuellen Tendenzen zu einer Verschärfung des Sanktionssystems und weite Ermessensspielräume bei der Verhängung von empfindlichen Bußgeldern und Konfiszierung von Vermögen zum Zwecke der Gewinnabschöpfung deuten darauf hin, dass Prävention in Zukunft für chinesische und ausländische Unternehmen eine größere Bedeutung zukommen wird. Dies gilt insbesondere, als in China eine Überprüfung der Verhängung solcher Sanktionen durch unabhängige Gerichte in geordneten Verfahren nicht möglich ist. Global comply. 2/2015 www.comply-online.de 59 Global Korruptionstyp China Norm San Tatbestand ÆÆ ÆÆ Art. 385 f. Strafgesetzbuch VRC ÆÆ A ktive Einforderung von Bestechungsgeldern oder Annahme von Bestechungsgeldern durch einen Amtsträger oder staatlichen Bediensteten (passiv) ÆÆ ÆÆ Kumulation der Werte aus mehreren Einzelfällen ÆÆ Bestechung der öffentlichen Hand Art. 387 Strafgesetzbuch VRC ÆÆ A nnahme von Bestechungsgeldern oder aktive Einforderung von Bestechungsgeldern durch eine staatliche Institution oder ein Staatsunternehmen (passiv) Art. 391 Strafgesetzbuch VRC ÆÆ A ktive Bestechung einer staatlichen Institution oder eines Staatsunternehmens durch eine natürliche Person oder ein Unternehmen durch verbotswidrige Discounts oder dergleichen Art. 393 Strafgesetzbuch VRC ÆÆ Aktive Bestechung eines Staatsbeamten durch ein Unternehmen Art. 392 Strafgesetzbuch VRC ÆÆ Fungieren als Vermittler in der Bestechung eines Staatsbeamten Art. 163 Strafgesetzbuch VRC ÆÆ Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit (passiv) eines Angestellten eines Unternehmens Bestechung im geschäftlichen Verkehr – Privatwirtschaft ÆÆ S trafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen und Institutionen für das Verhalten ihrer Organe und Angestellten Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb Art. 8 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb VRC ÆÆ B estechung mit Barmitteln oder Vermögensgegenständen oder anderen Mitteln (nach Verwaltungspraxis auch versteckte Kickbacks, Reisen, Entertainment oder mittelbare Vorteile wie Einstellung von Familienmitgliedern etc.) zum Zwecke des Kaufs oder Verkaufs von Produkten in einer Art und Weise, die den freien Wettbewerb beschränkt Gesellschaftsrechtliche Regelungen Art 147 ff. Gesellschaftsrecht VRC ÆÆ Z ivilrechtliche Haftung des Managements gegenüber der Gesellschaft oder deren Gesellschaftern für Schäden aus Compliance-Verstößen oder wegen Verletzung ihrer Pflichten Art. 43 Zivilgesetzbuch VRC ÆÆ Zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für das Verhalten ihrer Organe und Angestellten Art. 63 Zivilgesetzbuch VRC ÆÆ Zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für das Handeln von Bevollmächtigten Richtlinie über den Empfang und die Überreichung von Geschenken in öffentlichen Funktionen im Umgang mit Ausländern von 1993 ÆÆ 200 RMB als erlaubter Wert Erwartung der Verwaltung ÆÆ Einrichtung eines Compliance Management Systems für mögliche Enthaftung Abbildung 1: Überblick Compliance-Vorschriften, Sanktionen und geplante Verschärfungen in China 60 ÆÆ ÆÆ ÆÆ ÆÆ Art. 30 f. Strafgesetzbuch VRC Verwaltungspraxis ÆÆ ÆÆ W ertmindestschwelle 10.000 RMB bei Begehung durch eine natürliche Person und 200.000 RMB bei Begehung durch ein Unternehmen oder eine Institution Allgemeine Regelungen Zivilrechtliche Regelungen ÆÆ ÆÆ ÆÆ Bestechung eines Angestellten eines Unternehmens (aktiv) Art. 164 Strafgesetzbuch VRC ÆÆ www.comply-online.de comply. 2/2015 ÆÆ ÆÆ ÆÆ n China Sanktion Global Verschärfung ÆÆ F reiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren bis lebenslänglich ab einem Schwellenwert von 100.000 RMB, in besonders schweren Fällen Todesstrafe und Einziehung von Vermögen ÆÆ F reiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren und Einziehung von Vermögen bei Schwellenwerten von 50.000 bis 100.000 RMB, in besonders schweren Fällen lebenslange Freiheitsstrafe und Einziehung von Vermögen ÆÆ F reiheitsstrafe zwischen 1 und 7 Jahren bei Schwellenwerten zwischen 5.000 und 50.000 RMB, in schweren Fällen zwischen 7 und 10 Jahren; Strafminderung oder Strafverschonung bei Reue und Schwellenwerten zwischen 5.000 und 10.000 RMB Keine feste Anzahl für erschwerte Tatbestände, sondern Schwellenwert (nach Kumulation) unbestimmt (relatively large amount – huge amount – especially huge amount) ÆÆ F reiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Internierung bei Schwellenwerten unter 5.000 RMB, bei Geringfügigkeit Verwaltungssanktionen ÆÆ Bußgeld für das Unternehmen bzw. die Institution; Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Internierung der Verantwortlichen Sog. „Provisionen“ oder „Bearbeitungsgebühren‘‘ können als Bestechung eingestuft werden ÆÆ Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Internierung ÆÆ Bußgeld für Unternehmen oder Institution ÆÆ Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Internierung der Verantwortlichen ÆÆ Verschärfung bei Erlangung persönlicher Vorteile ÆÆ Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Internierung Strafminderung nur bei Selbstanzeige und Offenlegung von Umständen, die weitere schwere Fälle aufzuklären helfen Keine Strafverschonung bei Selbstanzeige mehr ÆÆ F reiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Internierung, in schweren Fällen Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren und Einziehung von Vermögen ÆÆ F reiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Internierung, in schweren Fällen Freiheitsstrafe von 3 bis 10 Jahren und Bußgeld ÆÆ B ußgeld für das Unternehmen, persönliche Strafbarkeit des Managements für kriminelles Handeln des Unternehmens durch seine Mitarbeiter (piercing the corporate veil) ÆÆ S chadensersatz, Gewinnabschöpfung, Rechtsverfolgungskosten, strafrechtliche Verantwortlichkeit nach den einschlägigen Vorschriften, Einziehung von Vermögen, Bußgeld in Höhe von 10.000 bis 200.000 RMB Bußgeld und Gewinnabschöpfung auch bei Staatsunternehmen ÆÆ S chadensersatz, Verbot der Übernahme von Geschäftsführertätigkeiten in der Zukunft comply. 2/2015 www.comply-online.de 61 Global China • 4.5. com • 9 Pe • 10 I > Anp vers Konsequenzen für ausländische Unternehmen Die Vehemenz der Anti-Korruptions-Kampagne, die Verschärfung des Sanktionssystems und die empfi ndlichen Bußgelder und absatzgefährdenden Ermittlungen gegen ausländische Unternehmen mit Medienfokus – insbesondere in der Automobil- und der Pharmaindustrie – zeigen, dass Compliance und Korruptionsvermeidung bei wirtschaft lichen Aktivitäten in China eines effektiven Compliance Managements bedürfen. Ausländische Unternehmen mit Wirtschaft saktivitäten in China müssen daraus für ihre Tochtergesellschaften, Joint Ventures und Mitarbeiter vor Ort Konsequenzen ziehen. Dabei sind sie noch mehr als lokale Unternehmen in der Beherrschung des Dilemmas aus kulturell geübten Verhaltensweisen (chinesisches Networking – guanxi, Anreizsysteme für Mitarbeiter, erhebliche Bürokratie und Machtausübung durch Amtsträger in verschiedensten Positionen) und „neuen“ Anforderungen einer strikten Korruptionsvermeidung gefordert, da die Erkennung von Risiken guter Kenntnisse chinesischer Traditionen und Umgangsformen bedarf. • 5.3.5 Management responsibilities • 5.3.6 Employee responsibilities • 7.2.2 Training • 7.3.1 Awareness – General • 7.3.2.3 Compliance culture • 7.4 Communication > Arbeitsvertragliche Regelungen zu Compliance und Korruptionsvermeidung • 5.2 Compliance policy • 6.1 Actions to address compliance risks • 8 Operation > Richtlinie für Geschenke und Bewirtung Anregungen für die Praxis Risikoanalyse zeigt konkreten Handlungsbedarf Zunächst sind die spezifischen Risiken im Hinblick auf Compliance und insbesondere die Vermeidung von Korruption im Rahmen des spezifischen wirtschaft lichen Engagements zu identifi zieren. Hierfür muss eine Risikoanalyse unter Beachtung der Besonderheiten und weiten Straft at- und Haft ungstatbestände des chinesischen Rechts und Spezifi ka der chinesischen Gepflogenheiten in der geschäft lichen Tätigkeit erfolgen. Dies geschieht durch die Durchführung einer Due Diligence und Interviews mit Verantwortlichen und mündet in eine Risikomatrix, aus der sich der Handlungsbedarf für das jeweilige Unternehmen ableiten lässt. Umsetzung präventiver Maßnahmen Sodann sind präventive Maßnahmen zu ergreifen, die die Etablierung eines maßgeschneiderten Compliance Management Systems umfassen. Dazu gehört die Ausarbeitung einer Anti-Korruptions-Richtlinie für das Unternehmen, die in alle Unternehmensebenen kommuniziert und wiederholt vermittelt werden muss. Dies kann durch Rundschreiben, Aushänge und Schulungen geschehen. Dabei muss stets deutlich werden, dass die Unternehmensführung Korruption unter keinen Umständen duldet. Mitarbeiter sollten sensibilisiert werden, welche Verhaltensweisen nach chinesischem Recht als Korruption eingestuft werden. Dies gilt insbesondere für die Gewährung von Vorteilen an Verwandte und Freunde auch im geschäft lichen Verkehr zwischen 62 Abbildung 2: Compliance in China Unternehmen der Privatwirtschaft sowie sämtliche Formen der Bestechung von Bediensteten und Amtsträgern der öffentlichen Hand, da dies der Tradition des chinesischen Netzwerkes (guanxi) entgegenläuft und es insoweit ein in China kulturell angelegtes und verbreitetes Verhalten teils zu vermeiden gilt. Die Abgrenzung zwischen zulässigem Verhalten und sanktionierter Bestechung wird den Mitarbeitern vor Ort aufgrund dieser Tradition ggf. nicht leicht zu vermitteln sein. Eine solche Kultur muss im Unternehmen etabliert, wieder und wieder vermittelt und ihre Einhaltung aktiv vom Management eingefordert werden (tone at the top). Dies gilt es zu dokumentieren. Anpassung der Verträge mit Organen und Mitarbeitern Die Verpfl ichtung zu Compliance kann auch in Verträgen von Organträgern und Arbeitsverträgen der Angestellten festgehalten und für Verstöße Sanktionen vereinbart werden (arbeitsrechtliche Komponente). Dies unterstützt im Fall einer Ermittlung den Nachweis, dass korruptes Verhalten vom Management nicht geduldet wird und dies allen Mitarbeitern bereits aufgrund ihrer vertraglichen Verpfl ichtungen bewusst ist. www.comply-online.de comply. 2/2015 K China • 4.4 Compliance management system and principle of good governance • 5.1 Leadership and commitment • 7.3.2.1 Behaviour – General • 7.3.2.2 Top management’s role in encouraging compliance • 4.5.2 Maintenance of compliance obligations • 9 Performance evaluation • 10 Improvement > Anpassung an sich ändernde und verschärfende rechtliche Anforderungen > Guanxi – Networking ComplianceÜberwachung u. Verbesserung ComplianceKommunikation Compliance-Kultur COMPLIANCE Compliance-Ziele ComplianceOrganisation ComplianceProgramm • 4.2 Understanding the needs and expectations of interested parties • 4.3 Determining the scope of the compliance management system • 4.5.1 Identification of compliance obligations • 6.2 Compliance objectives and planning to achieve them > Chinesisches Recht zur Korruption Compliance-Risiken s ke Global • 4.1 Understanding the organization and its context • 4.6 Identification, analysis and evaluation of compliance risks • 7.4 Communication > Seniorität / Authorität der Verantwortlichen • 5.3.1 Organizational roles, responsibilities and authorities – General • 5.3.2 Assigning responsibilities in the organization • 5.3.3 Governing body and top management role and responsibilities • 5.3.4 Compliance function • 5.3.5 Management responsibilities • 5.3.6 Employee responsibilities • 7.1 Resources • 7.2.1 Competence • 7.5 Documented information > Review Anreizsystem für Mitarbeiter > Discounts und Kickbacks im chinesischen Vertrieb Implementierung eines Überwachungssystems Sodann ist ein Überwachungssystem mit effektiven Kontrollmechanismen zu etablieren. Dazu gehören interne Kontrollen ebenso wie Mindeststandards für die Zusammenarbeit mit Vertragspartnern, zum Beispiel durch Abgleich der Korruptionsdatenbank, Verpfl ichtungen zur Einhaltung festgelegter Compliance-Standards oder vorherige oder wiederholte Audits und Überprüfungen von Vertragspartnern. Zudem gilt es auch, das Vertriebssystem und Vergütungsanreize zu überprüfen und beispielsweise versteckte Discounts und Kickbacks zu eliminieren. Option auf Enthaftung Durch entsprechende Maßnahmen können Unternehmen vorbeugen. Es ist bislang aber offen, ob eine Enthaft ung im Fall von Verstößen durch Nachweis solcher Maßnahmen nach chinesischem Recht und insbesondere chinesischer Verfolgungspraxis möglich ist. Diese Schritte ermöglichen aber zumindest den Versuch einer Enthaft ung und tragen dazu bei, dass korruptes Verhalten im Unternehmen bereits im Keim erstickt wird. Grafisch lässt sich dies am Beispiel des Standards ISO 19600 wie folgt darstellen (Standard auf Englisch in blau – Besonderheiten aus der chinesischen Praxis beispielhaft in rot – Abbildung 2 siehe oben). comply. 2/2015 www.comply-online.de 0 FAZIT Im Ergebnis ist zu erwarten, dass die Volksrepublik China die Anti-Korruptions-Kampagne im Hinblick auf private Wirtschaftsunternehmen ausweiten wird. Von besonderer Relevanz ist hier, dass Bestechung im geschäft lichen Verkehr in China sanktioniert ist, sodass auch Anreizsysteme im Vertrieb und Verhaltensweisen des guanxi als strafbarer und Bußgelder auslösender Vorgang bewertet werden können. Dabei geraten ausländische Unternehmen mehr und mehr ins Visier der Ermittler. Durch die mediale Verbreitung solcher Ermittlungen drohen erhebliche Reputationsschäden und Umsatzeinbußen im chinesischen Absatzmarkt sowie empfindliche Bußgelder, Gewinnabschöpfung und zivil- und strafrechtliche Haftung. Die verstärkte internationale Zusammenarbeit kann zu Ermittlungen nach dem US Foreign Corrupt Practices Act und dem UK Bribery Act führen. Da noch offen ist, inwieweit eine Enthaftung nach chinesischem Recht möglich ist, und vor dem Hintergrund, dass die Verfahren intransparent und ohne unabhängige Kontrollinstanz durchgeführt werden, ist es für ausländische Unternehmen in China unerlässlich, die Anforderungen des chinesischen Rechts zu kennen, präventive Maßnahmen zu ergreifen und in alle Unternehmensebenen zu kommunizieren, dass Korruption vom Management nicht geduldet wird. Dies ist bestmöglich zu dokumentieren, damit im Ermittlungsfall eine Entlastung versucht werden kann. Dafür bedarf es eines auf chinesische Besonderheiten zugeschnittenen Compliance Management Systems für Tochtergesellschaften, Joint Ventures und Mitarbeiter in der Volksrepublik China. 63
© Copyright 2024 ExpyDoc