Ausländische Käufer - Avedon Capital Partners

4
Private Equity / M&A Know-how für den Mittelstand
Weitere Informationen zum
Thema finden Sie unter:
www.unternehmeredition.de
August 2015 9,80 Euro
Ausländische
Käufer
Wie sie den deutschen
Mittelstand aufmischen
In Familienhand
Mehr als ein Messer
Im Umbruch
Seite 30
Seite 26
Seite 58
Dinkelacker-Schwabenbräu
schlägt zurück
Victorinox setzt auf
Markenspreizung
Investoren backen sich
eigene Brötchen
Fallstudie
Wachstum mit
Forderungsmanagement
Die Mehrheitsübernahme durch Avedon Capital Partners bot der Tesch Inkasso GmbH
nicht nur eine Antwort auf die Nachfolgefrage, sondern auch die Perspektive für weiteres
Wachstum. Der Alteigentümer ist weiterhin im Beirat aktiv. Von BERND FRANK
G
Finanzkrise verzögert Verkauf
Ab 2008 übertrug Tesch Schritt für
Schritt Führungsaufgaben im operati-
Kurzprofil
Tesch Inkasso GmbH
Gründungsjahr: 1985
Branche: Finanzdienstleistungen
Unternehmenssitz: Wiehl
Umsatz 2014: ca. 30 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl: ca. 330
www.tesch-gruppe.com
82 | Unternehmeredition Private Equity / M&A 2015
Hartes Geschäft: Nicht immer sind Kunden zahlungswillig.
ven Geschäft auf seine Mitgeschäftsführer. Eigentlich wollte er die Firma
verkaufen, was er aber wegen der Finanzkrise von 2008 noch einmal verschob. Im Jahr 2010 begann dann die
Suche nach einem passenden Investor. Dabei kamen sowohl Strategen als
auch Beteiligungsgesellschaften in Frage. Wichtig war Tesch vor allem, dass
das Unternehmen mit seinen mittlerweile 200 Mitarbeitern erhalten blieb
und weiter wachsen konnte. Im März
2012 war es dann soweit: Nach Due
Diligence und intensiven Gesprächen
einigte er sich mit der Beteiligungsgesellschaft Avedon Capital Partners
aus Düsseldorf darauf, dass diese das
Unternehmen zum 30. Juni 2012 mehr-
heitlich übernahm. Er selbst blieb als
Beirat erhalten.
Avedon Capital Partners ist auf kleine und mittlere Unternehmen in vier
Geschäftsbereichen fokussiert – einer
davon ist Business Services, zu dem
auch Tesch Inkasso passte. „Jedes Unternehmen, das wir erwerben, wollen
wir nachhaltig auf einen Wachstumspfad führen“, sagt Hannes Hinteregger, der als Partner von Avedon für
die Tesch-Übernahme verantwortlich
war. Man gehe deshalb tief in die Analyse des Geschäftsmodells und der
Wachstumsperspektiven hinein und
wolle Eigentümer oder bestehendes
Management in die Weiterentwicklung
des Unternehmens einbinden. „Es war
Fotos:© Tesch Inkasso GmbH
enau 30 Jahre ist es her, dass
Siegward Tesch die Tesch Inkasso gründete – mit nur drei Mitarbeitern. Schon damals erkannte der
Unternehmer den steigenden Bedarf
im Bereich Forderungsmanagement. In
den 90er Jahren gewann er durch den
expandierenden Mobilfunk neue Kunden wie T-Mobile, die ihre Forderungen gegenüber säumigen Endkunden
einzutreiben versuchten und dabei
Unterstützung suchten. In der weiteren Unternehmensentwicklung kamen
Mandate im Sektor Energiewirtschaft
und Versicherungen hinzu. Das Unternehmen wuchs, aber Siegward Tesch
wusste auch, dass er es im Zuge seiner
persönlichen Lebensplanung einmal
verkaufen würde. „Da ich in der Familie
keinen Nachfolger hatte, war diese Frage allerdings ungeklärt“, sagt der heute
61-Jährige.
Fallstudie
definitiv nicht der Preis, der die TeschÜbernahme entschieden hat, sondern
die gute Zusammenarbeit mit dem Inhaber“, so Hinteregger. „Er ist uns seit
dem ersten Tag im Beirat ein guter, enger Sparringspartner.“
Umsatz in drei Jahren verdoppelt
Avedon hält knapp 90 Prozent der Gesellschaftsanteile, die restlichen gut
zehn Prozent verteilen sich auf vier
Personen aus dem Management. Gründer Tesch hält keine Anteile mehr. Die
Beteiligungsgesellschaft geht nicht
immer mehrheitlich in Unternehmen,
sondern auch mit Minderheitsbeteiligungen. Bei Tesch sind zwei der
alten Führungskräfte weiter in der
Geschäftsführung tätig: Der heutige
CEO der Gruppe, Thomas Dold, wurde
Anfang 2015 von außen hinzugeholt.
Avedon selbst übernimmt keine operativen Geschäftsführungsaufgaben,
sondern unterstützt bei der strategischen Ausrichtung.
Tesch habe den Umsatz in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt, so
Hinteregger. Dahinter steckt nicht nur
operatives Wachstum, sondern auch
der Zukauf der Inkasso-Firma Transcom Deutschland, die Anfang 2014 erworben wurde. „Im Strommarkt sind
wir heute Marktführer im Inkassogeschäft. Im E-Commerce wächst unser
Geschäft mit dem Wachstum unserer
Kunden“, sagt Dold. Einen Großteil des
Umsatzes mache Tesch mit einigen
Großkunden, deren Forderungen sich
zu etwa 90 Prozent an Privatpersonen richten, also Telefon-, Strom- oder
Onlineshop-Rechnungen. Ein recht
stabiles, wenig konjunktursensibles
Geschäft „Wir haben gutes Wachstum
aus dem Neugeschäft, insbesondere im
Energiemarkt, und rechnen mit einem
Umsatzplus von fünf bis zehn Prozent
in diesem Jahr“, so Dold. „Wir haben
branchenspezialisierte Teams gebildet
und die Schulungen intensiviert, um
noch näher am Kunden zu sein und die
Qualität weiter zu verbessern.“ Weitere Ziele: Die Integration von Tesch und
Transcom zu vollenden und die bereits
geschaffene einheitliche Organisationsstruktur über alle Standorte zum
Vorteil der Kunden zu nutzen.
■
[email protected]
„Es passte einfach“
Interview mit Siegward Tesch, Gründer und Beiratsmitglied,
Tesch Inkasso GmbH
Unternehmeredition: Wie gestaltete sich
der Verkaufsprozess, und wer hat Sie
dabei beraten?
Tesch: Der gesamte Verkaufsprozess bis
zur Übernahme durch Avedon Ende Juni
2012 dauerte etwa zwei Jahre. Ich hatte mit
verschiedenen Kaufinteressenten gesprochen, sowohl anderen Private-EquityGesellschaften als auch Strategen – also
Wettbewerbern, die Marktanteile hinzukaufen wollten. Aber da war zunächst nicht der
passende Kandidat dabei. Im Sommer des
Jahres 2011 kam es dann zu dem Kontakt
und ersten Gesprächen mit Avedon.
der neue Eigentümer Tesch weiterentwickeln kann und will. Avedon machte
auf mich einen sehr guten Eindruck,
sie machten eine intensive Prüfung
und zeigten, dass sie sich in der Sache
auskannten. Während dieser ganzen
Phase bis zum Vertragsabschluss Ende
März 2012 stellte sich heraus, dass
es einfach passte und wir an einem
Strang zogen. Ich wollte in beratender Funktion dem Unternehmen
verbunden bleiben und war von einer
vertrauensvollen Zusammenarbeit mit
Avedon überzeugt.
Was war für Sie ausschlaggebend bei
Ihrer Entscheidung?
Ausschlaggebend war für mich, dass Tesch
als Unternehmen erhalten bleibt. Und dass
Wie hat sich das Ganze bis
heute entwickelt?
Die Zusammenarbeit hat sich wie
avisiert positiv gestaltet. Es gibt
Siegward Tesch
regelmäßige Treffen und Kontrollberichte, als Beirat fühle ich mich stets
gut informiert. Entscheidungsrechte
habe ich im rechtlichen Sinne zwar
nicht, aber gängige Praxis ist, dass wir
wichtige Entscheidungen einstimmig
treffen: Das fängt bei der Jahresplanung an, betrifft das Für und Wider
von Zukäufen und so weiter. Das
Unternehmen ist erfreulicherweise
weiter gewachsen, teils operativ durch
die Gewinnung weiterer Kunden, teils
durch eine Akquisition, die wir vor gut
eineinhalb Jahren machten. Unser Inkassogeschäft ist auf mehreren Säulen
gut aufgestellt: Mobilfunk, Energie und
Versicherungsbeiträge.
Vielen Dank für das Gespräch.
Private Equity / M&A 2015 Unternehmeredition | 83