Medienmitteilung Verwaltungsgerichtsbeschwerde Schindler

IHS_MM_28.12.2015
Medienmitteilung des Innerschweizer Heimatschutz IHS
Sektion Luzern
Der Innerschweizer Heimatschutz wird sich weiterhin für den Erhalt des Schindler
Pavillons einsetzen.
Das Personalrestaurant der Schindler Aufzüge AG in Ebikon, das sogenannte
„Wohlfahrtsgebäude“ oder der sogenannte „Pavillon“, soll für einen Neubau eines
Besucherempfangszentrums weichen.
Gegen den Abbruch dieses im kantonalen Bauinventar als schützenswert eingetragenen
Objekts wehrte sich der Innerschweizer Heimatschutz (IHS) mit einer Einsprache an den
Gemeinderat der Gemeinde Ebikon. Nun hat sich der Gemeinderat gegen die Einsprache
und für den Abbruch entschieden.
Nach der Meinung des IHS verstösst die Genehmigung des Abbruchs durch den
Gemeinderat unter anderem gegen bestehendes kantonales und kommunales Baurecht.
Zudem ist der IHS der Ansicht, dass der Erhalt des Pavillons die geplanten Neubauten nicht
verhindert, sondern beides, bei richtiger Planung, möglich ist und die Situation sogar
bereichert: Erhalt einer schützenswerten Baute und das Erstellen eines zeitgemässen
Neubaus eines Besucherzentrums.
Deshalb hat der IHS beschlossen den Entscheid des Gemeinderats Ebikons mittels
Beschwerde an das Kantonsgericht weiter zu ziehen.
Der Schindler Pavillon gilt zu Recht als schützenswert
Der IHS ist der Überzeugung, dass hier durch die Gemeinde Ebikon bestehendes Recht
falsch angewendet wird: Der Schindler Pavillon wurde am 1. Oktober 2012 gemeinsam mit
dem Schindler-Bürogebäude als schützenwertes Bauobjekt in das kantonale Bauinventar
eingetragen:
Zusammen mit dem Bürogebäude (GVL-Nr. 452) handelt es sich bei diesem um ein
ausgezeichnetes Beispiel der Nachkriegsmoderne in der Schweiz und um das bedeutendste
Industriedenkmal aus jener Zeit im Kanton Luzern, das im Gegensatz zum Bürogebäude
jedoch in der Tradition der 1950er-Jahre feinteiliger und verspielter ist.
Schützenswerte Objekte sind von erheblichem, wissenschaftlichem, künstlerischem,
historischem oder heimatkundlichem Interesse: Ein schützenswerter Bau ist ein wertvoller
Bau von architektonischer oder historischer Bedeutung, dessen ungeschmälertes
Weiterbestehen unter Einschluss der wesentlichen Einzelheiten wichtig ist. An Renovationen,
Veränderungen oder Ergänzungen sind hohe Qualitätsanforderungen zu stellen und sie
bedürfen besonderes sorgfältiger Abklärungen unter Einbezug fachlicher Beratung.
Die Baubewilligungsbehörde, in diesem Falle der Gemeinderat Ebikon, ist von Gesetzes
wegen verpflichtet, das BILU (Bauinventar des Kantons Luzern) bei inventarisierten Bauten
zwingend zu berücksichtigen und der gesetzlich geschützten Bausubstanz Rechnung zu
tragen. Dies erfordert grundsätzlich, den Schindler Pavillon ungeschmälert zu erhalten, d.h.
auf keinen Fall abzureissen. Dem wird mit dem Entscheid der Baubewilligungsbehörde in
keiner Weise Genüge getan.
Der Gemeinderat Ebikon als Baubewilligungsbehörde stützt sich bei seinem Entscheid auch
auf eine von ihm bereits im Jahre 2004 erteilte Abbruchbewilligung. Diese
Abbruchbewilligung wurde aber durch die Bauherrschaft nicht wahrgenommen und erlosch
daher nach zwei Jahren. Zudem berücksichtigt der Gemeinderat Ebikon nicht, dass sich die
Rechtslage in der Zwischenzeit geändert hat und das geltende Recht einen Abbruch
beziehungsweise dessen Bewilligung nicht mehr erlaubt. Diese Nichtanwendung heutigen
Rechts ist nicht akzeptabel.
Weiter hat es die Baubewilligungsbehörde bei der vorliegenden Baueingabe, welche den
Abriss eines schützenswerten Bauobjekts beinhaltet, unterlassen, zahlreiche fehlende,
für die Beurteilung aber erforderliche Belege und Nachweise bei der Bauherrschaft
nachzufordern:
- Es wurde nicht ausreichend belegt, dass versucht wurde, den geplanten Neubau so
zu erstellen, dass die bestehende schützenswerte Baute erhalten bleiben könnte.
- Es wurde nicht genügend nachgewiesen, dass versucht wurde, den Neubau an leicht
anderer Stelle zu erstellen.
- Es wurde nicht nachgewiesen, dass beim Neubau versucht wurde, das Bestehende
zu integrieren.
- Es wurde kein höheres öffentliches Interesse nachgewiesen, welches das bestehende
hohe Interesse am Erhalt des Gebäudes aufwiegt.
- Es wurde nicht nachgewiesen, dass der bestehende Bau in einem derart schlechten
Zustand wäre, dass er nicht mehr zu halten wäre.
Sämtliche dieser Nachweise hat weder der Gemeinderat Ebikon verlangt noch die
Bauherrschaft erbracht. Es war der IHS, der die Bauherrschaft in der Einspracheverhandlung
darauf aufmerksam machte, dass ein Gutachten zum Zustand des Gebäudes fehlte, und von
ihr ein solches einforderte: Das im Anschluss erstellte Gutachten ist zum Schluss
gekommen, dass das Gebäude in einem erstaunlich guten Zustand ist.
Die Bauherrschaft führt an, dass ein Bestehenlassen der schützenswerten Baute ihr
Bauvorhaben verunmögliche. Da dies in der jahrelangen, von der Gemeinde mitbegleiteten
Planung aber leider gar nie überprüft wurde, ist dies lediglich eine Behauptung, die der IHS
in Anbetracht der vorhandenen grossen Baufläche schlicht bezweifelt. Der IHS ist überzeugt,
dass im Falle des Schindler Pavillons beides gleichzeitig möglich sein wird: der Erhalt einer
schützenswerten, lokalhistorisch sowie für die Industriegeschichte des Kantons Luzern
wichtigen Baute einerseits und der Neubau eines modernen Besucherzentrums
andererseits. Die Tatsache, dass die Gemeinde wie auch die Bauherrschaft während ihrer
mehrjährigen Planung nicht bemerkten, dass baurechtliche Vorschriften dem von ihnen
geplanten Bauvorhaben entgegenstehen, darf nun nicht dazu führen, bestehendes Recht zu
brechen.
Die Baubewilligungsbehörde der Gemeinde Ebikon gewichtet die privaten Interessen der
Bauherrschaft und gewisse öffentliche Interessen und Ängste der Gemeinde Ebikon höher
als das durch das kantonale Recht geschützte öffentliche Interesse des Denkmal- und
Heimatschutzes. Der IHS ist der Ansicht, dass diese Interessenabwägung durch den
Gemeinderat Ebikon unrichtig und nicht verhältnismässig erfolgt ist. Die Grösse, Finanzkraft
und Wichtigkeit eines Baugesuchstellers für eine Gemeinde ist kein Kriterium für die
Anwendung geltenden Rechts. Im Vergleich zu anderen Fällen, in denen die Gesetze strikte
eingehalten und umgesetzt werden, führt dies zu Rechtsungleichheit und wäre somit
verfassungswidrig.
Gegenüber dem bestehenden Bürogebäude (GVL-Nr. 452) zeigt die Firma Schindler
vorbildliches Verhalten. Das Bürogebäude wurde nicht nur zwischen 1996 und 2000
umfassend saniert und restauriert, es wird auch laufend unterhalten und von angefügten
Auf- und Anbauten befreit, damit es möglichst wieder dem Originalzustand entspricht.
Weshalb jedoch das mit dem selben Status „schützenswert“ versehene Pavillon
vernachlässigt wird, ist für den IHS nicht nachvollziehbar.
Dass der Pavillon auch nach bald 60 Jahren ohne Sanierung und werterhaltenden
Massnahmen laut Gutachten nicht nur in einem erstaunlich guten Zustand ist, sondern auch
in einem gebrauchstauglichen Zustand, zeugt von hoher Bauqualität.
Da bei der seinerzeitigen Entwicklung des Schindler Pavillons und des zugehörigen
Bürogebäudes die Firma Schindler ein qualifiziertes Verfahren, nämliche einen
architektonischen Wettbewerb, anwendete, konnte ein bis heute noch bedeutendes
schützenswertes Objekt geschaffen werden. Der IHS vertritt die Meinung, dass auch jetzt bei
der geplanten Erneuerung und Erweiterung des Schindler Areals mit einem qualifizierten
Vergleichsverfahren eine für die Fabrik tolle Gesamtanlage entstehen und insbesondere mit
dem Einbezug der historisch bedeutenden Bauten wie des Schindler Pavillons eine
weitreichende kulturelle Ausstrahlung erzeugt werden kann. Eine geschickte
Nutzungsanpassung und der Bezug zum geplanten Park würde das angedachte neue Herz
der Anlage mit Bestimmtheit sehr gewinnbringend bereichern.
Es gibt genügend Beispiele auch in der Region Luzern, welche eindeutig belegen, dass der
sensible Umgang mit historischen Gebäuden und dem gekoppelten Wettbewerb für eine
Weiterentwicklung einen Mehrwert darstellt. Die Monosuisse, vormals Viscosuisse, in
Emmenbrücke zeigt beispielhaft, wie sich Ihr Fabrikgelände sukzessive der Zeit anpassen
kann und dass genau der Umgang mit den historischen Bauten den Charme ausmacht. Auch
das schützenswerte Verwaltungsgebäude der ehemaligen Ofenfabrik in Sursee stand
privaten Investoren im Weg. Der IHS setzte sich für den Erhalt ein; der Umgang mit
historischen Zeitzeugen und moderner Stadtentwicklung ermittelt aus Wettbewerben wurde
hier mit dem Wakkerpreis des Schweizerischen Heimatschutzes gewürdigt.
Indem der Gemeinderat Ebikon ein inventarisiertes Objekt wie den Schindler Pavillon ohne
triftigen Grund zum Abriss frei gibt, wird der diesem zukommende Schutz als inventarisierter
Bau gänzlich missachtet. Um unseres kulturellen Erbes und der Einhaltung des bestehenden
Rechtes wegen will der IHS in seiner Rolle als gesellschaftlich vorgesehenes Korrektiv nun
sicherstellen, dass das Schindler Pavillon geschützt und erhalten bleibt.
IHS Innerschweizer Heimatschutz
Luzern, 28.12.2015
Info(at)innerschweizer-heimatschutz.ch