steuerbilanzielle auswirkungen eines rangrücktritts sowie

BRIEFING
STEUERBILANZIELLE AUSWIRKUNGEN
EINES RANGRÜCKTRITTS SOWIE
PRAXISHINWEISE HIERZU
AUGUST 2015
URTEIL DES BUNDESFINANZHOFS VOM
15. APRIL 2015
(AZ I R 44/14)
Vor kurzem hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. April 2015
(AZ I R 44/14) erneut mit den steuerbilanziellen Auswirkungen eines Rangrücktritts
beschäftigt. Er hatte dabei folgenden Sachverhalt zu beurteilen:
Eine GmbH erhielt von ihrer Muttergesellschaft im Zuge einer Konzernumstrukturierung Darlehen i.H.v. rund EUR 10 Mio. Für diese Darlehen vereinbarten die
Parteien einen Rangrücktritt, nach dem die Muttergesellschaft mit ihren Ansprüchen
aus den Darlehen im Rang hinter die Forderungen sämtlicher anderer Gläubiger in
der Weise zurücktrat, dass sie Tilgung und Verzinsung nur aus einem künftigen
Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangen konnte. In
ihrer Steuerbilanz passivierte die GmbH die Darlehensverbindlichkeiten. Das
Finanzamt widersprach dieser Passivierung unter Berufung auf § 5 Abs. 2a EStG, der
der Passivierung einer Verbindlichkeit, die nur zu erfüllen ist, soweit künftig
Einnahmen oder Gewinne anfallen, untersagt. In Höhe des ausgebuchten
Darlehensbetrages ging das Finanzamt von einem steuerpflichtigen Ertrag aus.
Anders als das von der GmbH zunächst angerufene Finanzgericht schloss sich der
BFH im Grundsatz der Auffassung des Finanzamtes an. Er bestätigt insoweit seine
bisherige Rechtsprechung (Urteil vom 30. November 2011 – I R 100/10), wonach
eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Bilanzgewinnen oder einem etwaigen
Liquidationsüberschuss – nicht aber dem sog. sonstigen freien Vermögen – zu
erfüllen ist, mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung nicht als Verbindlichkeit ausgewiesen werden kann. Das Finanzgericht hatte noch argumentiert, dass
der Begriff des Bilanzgewinns auch das sog. sonstige freie Vermögen umfasse, da
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die Kapitalrücklage zugunsten des Bilanzgewinns aufgelöst werden könne. Daher sei
auch ohne ausdrückliche Nennung des sonstigen freien Vermögens in der
Rangrücktrittserklärung von einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung des Schuldners und damit einer zu bilanzierenden Verbindlichkeit auszugehen. Der BFH
vermochte dieser Sichtweise aufgrund der Vermögenssituation der GmbH,
deren Verluste die Kapitalrücklage weit überstiegen, im konkreten Fall allerdings
nicht zu folgen.
„DIE FORMULIERUNG DES
RANGRÜCKTRITTS SOLLTE
WEITERHIN EINEN PASSUS
ENTHALTEN, WONACH DIE
TILGUNG AUCH AUS DEM
SONSTIGEN FREIEN VERMÖGEN ZU ERFOLGEN
HAT.“
Ob die Argumentation des Finanzgerichts in anderen Fallkonstellationen durchgreift, bleibt abzuwarten. Ein ähnlich gelagerter Sachverhalt ist schon beim BFH
anhängig (I R 25/15), so dass zu erwarten ist, dass der BFH bald die Gelegenheit
ergreifen wird, seine Sichtweise weiter zu konkretisieren. Für die Praxis erscheint es
aber in jedem Fall empfehlenswert, weiterhin darauf zu achten, dass die Formulierung des Rangrücktritts einen Passus enthält, wonach die Tilgung auch aus dem
sonstigen freien Vermögen zu erfolgen hat.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der BFH in dem Urteil zugunsten der
Steuerpflichtigen eine Abkehr von seiner früheren Rechtsansicht vollzieht, wonach
Darlehen, für die das steuerliche Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG gilt, nicht
die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zukomme. Als Folge dieser Auffassung
wurde – wie im vorliegenden Fall auch – der durch die Ausbuchung der Verbindlichkeit ausgelöste Ertrag regelmäßig in voller Höhe der Besteuerung unterworfen.
Nun hat der BFH aber entschieden, dass auch der Ausbuchung eines Darlehens in
Folge des Passivierungsverbots des § 5 Abs. 2a EStG die Funktion von zusätzlichem
Eigenkapital zukommen und damit eine Einlage darstellen könne, sofern der Rangrücktritt auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Letzteres beurteilt sich danach, ob
ein Nichtgesellschafter den Rangrücktritt unter den gleichen Umständen ebenfalls
eingeräumt hätte. Die Annahme einer Einlage führt dann letztlich dazu, dass der
durch die Ausbuchung ausgelöste Ertrag durch die Einlage kompensiert wird,
wodurch sich insgesamt ein steuerneutraler Vorgang ergibt.
Allerdings beschränkt der BFH die Steuerneutralität – im Einklang mit seiner
ständigen Rechtsprechung zu einem im Gesellschaftsverhältnis veranlassten
Darlehensverzicht – auf den werthaltigen Teil des betreffenden Darlehens. Bezüglich
des nicht werthaltigen Teils soll die Ausbuchung weiterhin zu einem steuerpflichtigen
Ertrag führen. In der Praxis birgt diese Einschränkung das Risiko von Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung über die Werthaltigkeit im Zeitpunkt des
Rangrücktritts. Deshalb ist anzuraten, eine geeignete Dokumentation über die
Werthaltigkeit der jeweiligen Darlehensforderung zu erstellen. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn ein Rangrücktritt erklärt werden soll, der unter das steuerliche Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG fällt, beispielsweise weil das Darlehen nur aus
künftigen Gewinnen zu bedienen sein soll.
Steuerbilanzielle Auswirkungen eines Rangrücktritts
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