TODUNDWIEDERAUFERSTEHUNG WELT MIR DER MEINER ELTERN IN 1 UND DANN KOMMT IHM DIESES WORT IN DEN KOPF. GANZ KLAR UND GENAU: HYPERINFLATION TOD UND WIEDERAUFERSTEHUNG DER WELT MEINER ELTERN IN MIR von Nis-Momme Stockmann Dramatikerpreis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft im BDI 2014 Mann Kaschinsky Bodo Schäfer / Vater / Banker Mann mit Turban / Banker Ehefrau Die junge Frau Kind / Banker Banker Tauben / Ein Chor durchschnittlich informierter EU-Bürger FRANK WIEGARD KLAUS COFALKA-ADAMI ANDRÉ WAGNER SEBASTIAN REISS AMÉLIE BELOHRADSKY a. G. FLORENTINE KRAFFT JOHANNES SCHUMACHER MAXIMILIAN GRÜNEWALD Regie Bühne Kostüme Musik Licht Dramaturgie SIMONE BLATTNER ALAIN RAPPAPORT DANIELA SELIG CHRISTOPHER BRANDT CHRISTOPH PÖSCHKO MICHAEL GMAJ PREMIERE 21.5.15 KLEINES HAUS Aufführungsdauer 2 ½ Stunden, eine Pause JOHANNES SCHUMACHER Chorführer, MAXIMILIAN GRÜNEWALD, BENEDIKT ARNOLD, JOHANNA BERNUTZ, JACQUELINE GRIESSER, ANDREAS HIRSCH, SAMUEL KUHNLE, PIA LAMPERT, THOMAS LÄMMLE, TALIA MASINO, GABRIEL MEIER, EVALOTTE PIETSCH, IRENA POZAR, STEPHANIE SCHUMANN, MARKUS SCHMIDT, ANNA YOFFE Regieassistenz CORNELIUS EDLEFSEN Bühnenbildassistenz JOHANNES FRIED, MANUEL KOLIP Kostümassistenz STEFANIE GAISSERT Soufflage HANS PETER SCHENCK Inspizienz JULIKA VAN DEN BUSCH Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühne HENDRIK BRÜGGEMANN, EDGAR LUGMAIER Leiter der Beleuchtung STEFAN WOINKE Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton TILL MEILER, DIETER SCHMIDT Leiter der Requisite WOLFGANG FEGER Requisite CLEMENS WIDMANN Werkstättenleiter GUIDO SCHNEITZ Konstrukteur EDUARD MOSER Malsaalvorstand GIUSEPPE VIVA Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS ZABAN Schreinerei ROUVEN BITSCH Schlosserei MARIO WEIMAR Polster- und Dekoabteilung UTE WIENBERG Kostümdirektorin CHRISTINE HALLER Gewandmeister/in Herren PETRA ANNETTE SCHREIBER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER, ANNETTE GROPP Waffenmeister MICHAEL PAOLONE, HARALD HEUSINGER Schuhmacherei THOMAS MAHLER, VALENTIN KAUFMANN, BARBARA KISTNER Modisterei DIANA FERRARA, JEANETTE HARDY Chefmaskenbildner RAIMUND OSTERTAG Maske HATAY YALCIN, LILLA SLOMKA Wir machen darauf aufmerksam, dass Ton- und/oder Bildaufnahmen unserer Aufführungen durch jede Art elektronischer Geräte strikt untersagt sind. WACHSTUM EXISTIERT NICHT! 2 Frank Wiegard 3 EIN GRAUER FLECK, DER EIN MANN IST ZUM INHALT Die traumwandlerische Reise des „Mannes“ beginnt mit dem Ausstieg aus seinem alten Leben. Er will sich von einer ökonomisierten Welt losreißen, die sein Leben bestimmte und im Wesentlichen aus Zahlen, Geld, Renditen, Leverage, Fonds und Aktienkursen bestand. Er möchte von einem Leben Abschied nehmen, das ihn zu einer Person modellierte, die er als ein Produkt des Willens Anderer erkennt. Die Banken und die Wirtschaft haben ihn seelisch zerstört. Er möchte neu beginnen, wieder von vorne anfangen, bei sich, diesem Menschen, an dem sein ganzes Leben lang „rumgepuzzelt“ wurde, so dass er gar nicht mehr weiß, was er ist „außer dem, was man sich so erzählt“ wie er sein sollte. Um dieses Vorhaben der Neugestaltung seines Lebens in die Tat umzusetzen, entschließt er sich, mit seinem alten Leben abzurechnen, es zu liquidieren. Dies möchte er auf privater und ideologischer Ebene vollziehen. Der Mann möchte eine Hyperinflation auslösen und die Bank zu Fall bringen, für 4 die er über 20 Jahre seines Lebens gearbeitet hat. Hierbei sollen ihm die 4,5 Millionen Euro helfen, die der Mann in seinem „ehemals 2000 Euro teuren Samsonite-Koffer“ mit sich herumträgt. Der Mann beginnt seinen neuen Lebensabschnitt in der trostlos anmutenden Inheidenerstr. 71, Frankfurt. Er bezieht eine Wohnung in der 20. Etage, fern von allen Wirtschaftsturbulenzen, die ihn sein Leben über begleitet haben. Der schrullige Vermieter Kaschinsky weiht den Mann in die häuslichen Gebote ein, bei denen die Verscheuchung der Tauben eine zentrale Rolle spielt. Die Tauben kreisen ständig um Kaschinskys Eigentum und „scheißen alles voll, obwohl deren Brut abgetötet ist“. Diese erscheinen dem Vermieter wie eine unkontrollierbare Plage, die sich nun auch allmählich in das Leben des Mannes einschleicht. Den Tauben wird auf diesem Wege eine Stimme verliehen, die Traum und Wirklichkeit ineinander fließen lässt. Dem neurotischen Vermieter mit einem Faible für historische Artillerie stehen sprechende Tauben gegenüber, die systemkonformen Maschinen gleichen. Sie sind auch Vertreter besorgter EU-Bürger in einer globalisierten Welt, in der ihnen immer wieder in Erinnerung gerufen wird, noch mehr zu arbeiten, noch mehr zu leisten. Für den Mann sind es Stimmen seines alten Ichs, die ihn unweigerlich mit seinem alten Leben konfrontieren. Die Versuchung und Verführung einer Rückkehr in das alte System wird durch Bodo Schäfer personifiziert, der den Mann daran zu erinnern versucht, was Geld bedeutet, wofür es eigentlich steht, und zwar für Sicherheit, Freiheit und Wohlstand. Das kapitalistische System bietet jedem die Möglichkeit, sich all das zu erarbeiten, eine Dreieinigkeit, nach der sich jeder sehnt. Auf dem Weg sich von seinem früheren Leben zu trennen, holen den Mann sowohl alte Weggefährten als auch existentielle Fragen ein. Er begegnet seiner ehemaligen Frau, die er gewissenlos verlassen hat, um etwas mit dem Geld anzufangen, „das wirklich etwas ändert“. Während der Mann ihr gemeinsames Haus verkauft und den Entschluss gefasst hat, sich auf den Weg nach einer neuen Identität und der Auslösung einer Hyperinflation zu machen, ließ er seine Frau allein zurück. Sie lebt auf ihrer „ungedeckten Karte im Hotel“. Niedergeschlagen aber entschlossen fordert sie das Geld ein, welches ihr zusteht. Der Protagonist lässt sich nicht von seinem Weg abbringen und versucht ihr zu verdeutlichen, dass er für eine größere Sache kämpft: für eine bessere und gerechtere Welt. Schlussendlich drückt er seiner Frau 500.000 Euro in die Hand und geht unbeirrt und einsam seinen Weg weiter. Vergangenheit und Zukunft, Traum und Wirklichkeit, Raum, Zeit, Perspektiven und Erzählebenen wechseln sich ständig ab und vermengen sich immer wieder miteinander. Wenn der Mann auf den Mann mit Turban trifft, kommt es zu einem rätselhaften Höhepunkt. Der Mann mit Turban gleicht einem Mephisto mit eigenartigem Akzent, der dem Mann verschiedene neue Wege aufzeigt, um sie im nächsten Moment wieder verschwinden zu lassen. Er gibt vor, sich einzig für das Jackett des Mannes zu interessieren, was ihn aber nicht daran hindert, sich über Geld, Moral und den Kapitalismus auszulassen. Er schlägt ihm einen Tausch vor: Der Mann gibt dem Mann mit Turban das Jackett und im Gegenzug soll der Mann die ersehnte Hyperinflation erhalten. Kurz vor der Übergabe verschwindet der Mann mit Turban, von Kaschinsky wie eine Taube verjagt. Der Mann beschreibt sich selbst als einen grauen Fleck. Dieser schreitet durch seine graue Geschichte, sein Leben, das er selbst in die Hand nehmen, selber schreiben möchte. Wirklich etwas zu tun, zu ändern, vermag er aber nicht. So wie er seiner Frau den Rücken kehrte, rechnet er mit seinem senilen Vater ab. Ein Hoffnungsschimmer bietet die Begegnung mit der skurrilen jungen Frau aus der 13. Etage. So wie alle Protagonisten weiß auch sie über seinen Hintergrund als Banker Bescheid. Sie hingegen bleibt ihm ein Rätsel, das ihn magisch anzieht. Die junge Frau hat Schulden bei Kaschinsky, dem sie sie in „Naturalien“ abbezahlt. In der sich zwischen dem Mann und ihr anbahnenden Liebesgeschichte offenbaren sie sich gegenseitig ihre Geheimnisse: Der Mann erzählt ihr von seinem geplanten Bankenbetrug und sie zeigt ihm ihren Sprengstoff. Die finanzielle Not und Abhängigkeit der jungen Frau 5 bringen den Mann dazu, aus missverstandenem Vertrauen selbstlos etwas zu tun. Er will Kaschinsky damit konfrontieren und der jungen Frau eine Hilfe erweisen. Der Vermieter führt ihn in einen tiefen Stollen in der er dem Mann eine Zehnzentner-Bombe, einen Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg, zeigt, den er als Synonym für seine und die Existenz des grauen Mannes sieht. Als der Mann wieder an die Oberfläche kommt, entdeckt er, dass sein Geld entwendet wurde. Die junge Frau hat sich dazu entschieden, damit ein neues Leben zu beginnen. Allein gelassen, bleibt der Mann sitzen, nur mit einem Koffer voller Plastiksprengstoff aus dem Keller der jungen Frau und Stielhandgranaten aus Kaschinskys Sammlung, unter ihm im Stollen die tödliche Bombe. Als letzter Rettungsanker bleibt ihm nur noch der Mann mit Turban, der ihm im Tausch für das Jackett eine Hyperinflation versprochen hat. So machen sie ihren Handel. Während sich der Mann mit Turban in dem Jackett „wie ein Rockstar“ fühlt, wird der Mann mit einer Hyperinflation in naher oder ferner Zukunft vertröstet. So mysteriös wie der Mann mit Turban kam verschwindet er auch wieder. Eigentlich wollte „der graue Fleck, der ein Mann“ ist zum „Kern der Sache“ vordringen, den maßlosen Finanzkapitalismus bekämpfen und sein Ich neu definieren – und nun findet er sich dort vor, wo sein großes Bestreben begann: wieder allein, ohne sich wirklich verändert zu haben, auf dem Platz vor der Inheidenerstr. 71 – ohne Geld, ohne Job, am Ende – oder am Anfang. ICH ESSE KEINEN BISSEN OHNE DASS JEMAND ANDERES IRGENDWO IHN WENIGER ISST 6 Klaus Cofalka-Adami, Frank Wiegard 7 8 Florentine Krafft, Frank Wiegard, Sprechchor junger Karlsruherinnen und Karlsruher 9 KEINE KOMPROMISSE DREI FRAGEN AN DEN AUTOR Nis-Momme Stockmann, Jahrgang 81, studierte Szenisches Schreiben in Berlin. 2009 gewann er mit seinem Debüt Der Mann der die Welt aß den Haupt- und Publikumspreis des Heidelberger Stückemarktes, es wurde in der Regie von Dominique Schnizer uraufgeführt. 2010 wurde er in der Kritikerumfrage von Theater heute zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt. Seine nächsten Arbeiten, Das blaue blaue Meer und Kein Schiff wird kommen folgten im kurzen Abstand in Frankfurt und Stuttgart. Was war der entscheidende Impuls für Ihr Stück Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir – ein Zufall, eine Idee, eine Wut, ein Auftrag? Nis-Momme Stockmann: Ich habe mit der Arbeit an Tod und Wiederauferstehung in meiner Zeit als Hausautor in Frankfurt begonnen. Die Nähe der Europäischen Zentralbank zum Schauspiel und die offenkundig zutage tretende und deswegen 10 kaum noch skandaltaugliche Perversion der Stadt- und Gesellschaftsstruktur in Frankfurt haben mich zu dem Stück gebracht, das eigentlich, und ich scheue den Begriff nicht, ein Sittenbild, bzw. eine Auseinandersetzung mit den inneren, psychosozialen Aspekten des – und auch dieser Begriff ist mir nicht zu blöd – Kapitalismus ist. Auch: Wohin hat uns das ganze bürgerliche Gemeine am Theater mit unserer Kapitalismuskritik denn geführt? In die krasseste Form des Kapitalismus aller Zeiten. Welchen Gebrauchswert hat Kritik, welchen Gebrauchswert hat unser Diskurs über den Kapitalismus, welchen Gebrauchswert hat die Scham – wenn auch sie uns nur weiter hinein transportiert? Oder vielleicht: Ist die Art, wie wir die Affekte des Kapitalismus in den Medien verhandeln, sogar nur eine Form der Ablasshandlung? Es liegt auf der Hand, dass sich das Schauspiel Frankfurt für den Stoff nicht interessiert hat. Ich habe daran weitergeschrieben. Die ganze Schmierigkeit des Diskurses über Moral, das ganze sublime Einverständnis mit dem neoliberalen Konzept, das ganze Aufrichtigkeitsgeheuchele, die ekelhaften Formen der kapitalistischen Normatitivität und sein Ausdruck in unserem Miteinander – das alles sind Dinge, die mich in meiner Arbeit beschäftigen. In Tod und Wiederauferstehung habe ich mich dem im ganzen Umfang widmen, keine Kompromisse machen wollen. Die Politiker sagen Politik. Die Künstler sagen Kunst. Die Bauern sagen Landwirtschaft. Aber was meinen Sie? Sie meinen Kapital (und seine Akkumulation). Entweder tatsächliches oder symbolisches Kapital. Das ist nicht skandaltauglich, weil jeder in seinem Herzen eine Kammer dafür öffnen muss. Und was ist Kapital heute? Irgendein abstrakter Prosperitätsgedanke? Nein: Das ist der Mehrwert des Ichs. Bei dem Kapitalistischen Projekt geht es direkt um uns. Darum ist es auch so verwoben und so schwer entwirrbar. Unser Interesse daran, den Kapitalismus als etwas Externes zu begreifen, ist ein Entlastungsinteresse, ein Interesse, das uns von Verantwortung und Scham befreit, letztlich ein moralisches Komfortinteresse. Deswegen sträuben wir uns auch so: Zwischen „normal“ und „pervers“ liegt heute nur ein Begriff, nur ein Hauch, ein Millimeter. Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir ist ein Mammutwerk, sowohl im Vergleich zu Ihren früheren Stücken als auch zu den Texten anderer Autoren Ihrer Generation. Woher haben Sie den Mut für ein solch maßloses, beinahe unspielbares Stück genommen? NMS: Ich weiß nicht ob man es Mut nennen kann. Das ist mir eine Spur zu heroisch. Ich habe mir herausgenommen, mich weder von innerer noch äußerer Zensur in der Form des Stoffes beschränken zu lassen. Auch wenn viele Leute den Gedanken einer Zensur heute lächerlich finden: Vor allem die selbstverordnete erste Variante ist heute eine der praktikabelsten Methoden des medialen Streamlinings (und damit einer der großen inneren Hebel des Kapitalismus). Wann sind Sie das letzte Mal an Ihrem Beruf verzweifelt? NMS: Von früh bis spät. Ich glaube fest daran, dass das in der Natur der Sache liegt. Wer professionell ist, ist kalt und berechnend. Die simple Frage: Worum geht’s dir denn? Was ist dein Anliegen: Willst du in dich reinhorchen, willst du dich selbst verwirklichen, willst du glücklich werden, bewundert werden, willst du die Hand aufhalten oder über einen roten Teppich laufen? Oder geht’s dir um Kunst? Weil, die frisst dich auf. Wo sehen wir denn die Seele? Wir sehen sie im Außen. Da kann man sie sehen. Die Künstler tragen ihre Seele außen: Bei ihren Iphones und bei ihren Macbooks und ihren Häusern auf Madeira, nicht in ihrem gleichzeitigen gefälligen Gerede von der Notwendigkeit einer Anprangerung hier, eines Angriffs dort, ihrem Gemeine über dieses oder jenes, ihrer Ichschöpfung, die ja auch nur ne Art von Bereicherung ist. Das ist doch albern, die äußere Seele muss mit der inneren in Einklang gebracht werden. Wir Europäer haben ein Problem mit der Metaphysik. Sie ist der echten Erkenntnis im Weg: Seht uns doch mal an – hier im Außen, da kann man erkennen was wir sind. Und da können wir uns noch so oft die Geschichte unseres höheren inneren Wesens erzählen. Wir sind die dickbäuchigen Betrüger. Die Räuber. Die Narzissten. André Wagner, Maximilian Grünewald, Sprechor junger Karlsruherinnen und Karlsruher 11 12 XX 13 EINE ZUMUTUNG ZUM STÜCK VON JUDITH GERSTENBERG ZUR URAUFFÜHRUNG AM SCHAUSPIEL HANNOVER Die Welt der Eltern ist groß. Es gab die Angst, nicht Herr über das Thema zu werden. Das Material vermehrte sich, wuchs; die elektronischen Notizbücher mit einer unüberschaubaren Zahl an Links schwollen an, die vielen Zettel und Verweise, ausgelegt auf dem Boden, bereit, zu einem Teppich verwoben zu werden, nahmen viele, zu viele Quadratmeter ein. Verzweiflungsschübe, Kampfansagen, Selbstüberlistungsversuche. Erschrecken vor den Lebensirrtümern, den politischen Illusionen. Leiden an der eigenen Verlogenheit. Vergossenes Herzblut. Eine Odyssee. So beschreibt Nis-Momme Stockmann die Arbeit an seinem Stück Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir. Für sie hatte er sich zurückgezogen aus einem Betrieb, der ihn bereits adoptiert hatte als Hoffnungsträger und außerordentliche Begabung – die er ist, zweifellos. In Interviews wehrte er sich gegen die dumme Kultur der Verortung, des Verstehens und 14 der Nutzbarmachung, ließ verlauten, die ersten Stücke, für die er geliebt wurde, interessierten ihn nicht mehr. Stattdessen: Der Gedanke dürfe in keine verständliche Dramaturgie gezwängt werden, sondern müsse entfesselt, diskursiv kreisend und uneindeutig sein. Die Kritik hat ihm dafür nachsichtig, etwas altväterlich auf die Schulter geklopft und sich bedauernd verabschiedet, hoffend, dass der Junge bald zurückfindet. Jetzt liegt das Stück vor. Es ist maßlos. Eine Zumutung, die gewollt ist, eine Zumutung als Antwort auf die Zumutung der Welt. Weit mehr als zweihundert Seiten stark. Ein Stück über Demut, Lust, Dressur und Macht, vor allem aber über Angst und Geld. Auch über die Scham und die Wut auf die Scham. Ein Sittenbild. Das Drama unserer Verfasstheit. Eine Kakofonie, die sich zwischen poetischer Parabel, Wutgesang, Musikrevue, Dialogszene und Kommentar ihren Ausdruck sucht. Eine energiegeladene, lustvoll-verzweifelte Kampfansage gegen die resignative Depression. Eine Expedition zu den Grundfragen unseres gegenwärtigen Lebens. Vor drei Jahren hatte Stockmann den Text begonnen, zu der Zeit, als er als Hausautor am Schauspiel Frankfurt engagiert war, jenem Haus, das geduckt im Schatten der phallisch aufragenden Bankengebäude steht, von denen aus – wie mittlerweile das allgemeine Unbehagen glaubt – das Gesetz der Welt diktiert und der Politik das Primat der Gestaltungsmacht aus der Hand genommen wird. Abends kehrte er zurück in die Theaterwohnung in der Inheidenerstraße 71, einem Hochhauskomplex mit einer Vielzahl von Mietern, die dank eines Wohnberechtigungsscheines dort leben, und in dem Stockmann per Aushang angewiesen wurde, wie er den Duschvorhang zu benutzen habe und, überhaupt, nach welchem Regelwerk das Gemeinleben zu funktionieren habe. Sich in Opposition zu stellen zu dieser Welt, in die ihn die Eltern hineingeboren haben, die Absage an sie, muss Ausgangspunkt dieses Stückes gewesen sein; die Entdeckung, dass diese Welt im gleichen Moment hinter einem wieder aufersteht, wo man sie gerade beerdigt hat, der Endpunkt. Dieses Leben zu leben ist eine Aufgabe, zumal, wenn die Verdrängungskraft nachlässt und die Nerven empfindlich sind. Stockmann stellt sich ihr mit großer Empathie – auch für das Scheitern. Und mit einem fast tröstlichen Blick durch die Poesie, die er bereit ist im Alltäglichen zu finden. Wahrscheinlich ein Überlebenstrick. Ungemein schöne Bilder, die er in Klänge verwandelt, die zum Gesang werden, zu Chören anschwellen. Wie schön das tönt. Endlose Seiten voller Chöre durchschnittlich gut informierter EU-Bürger, ein erschöpfendes Meinungswirrwarr, unerträgliches Gerede. Es ist so etwas wie Verwunderung und Dankbarkeit, die einen befällt, über solche Hingabe an das Grau der Wirklichkeit. In diese Inheidener Straße 71 nun, von der aus man auf die Finanzstadt hinabsehen kann und in der – wie der Autor erst nachträglich erfuhr, nachdem er selbst dort schon durch sein Schreiben eine ganze Artillerie und Plastiksprengstoff eingelagert hatte – Andreas Baader ein Waffenlager unterhielt, in diese Inheidener Straße 71 lässt Stockmann einen Mann einziehen, der sonst Räume mit Trittschalldämmung und Zedernholzparkett gewöhnt war; einen Banker, der in der Mitte seines Lebens alle Gewissheiten verloren, sein 4,5 Millionen teures Haus verkauft und die Frau verlassen hat. In seinem Koffer das ganze Vermögen, zu Bargeld gemacht. Es ist seine Waffe, für deren Anwendung er den richtigen Zeitpunkt sucht. Er fühlt den "Mut zum Pathetischen", den er sich immer gewünscht hat. Ein Einzelgänger, ein Aussteiger, der in den Mandelkern der Welt, in das System kapitalistischer Ertragslogik dringen und es verändern will. Jenes System, an dem wir leiden, über das wir klagen und dabei vergessen, dass es so erfolgreich ist, weil es sich mit dem Begehren der Allgemeinheit und des Einzelnen verbunden hat; das System, das die Globalisierung als Evolutionsprozess der sozialen Marktwirtschaft verspricht; das System, in dem ökonomische Probleme moralische Probleme geworden sind. Das Vorhaben dieses Bankers ist tatsächlich spektakulär, der Weg dorthin der Emanzipationsprozess von politischen und philosophischen Illusionen – dieser Prozess ist, so bitter er ist, auch sehr komisch, weil er sich in der genauen Beobachtung und Kenntnis der konvulsivischen Innenwelt eines leidenden, 15 auch wehleidigen, hochfahrenden, verwirrten, spottenden, hoffenden, empörten, selbstgerechten und auch hin und wieder kitschigen Bewusstseins abbildet, das auf einen Sinnzusammenhang hofft, auf ein alles entschuldigendes Gegenüber, einen Verantwortlichen, der nicht zu finden ist. Es begegnet nur immer sich selbst. Der ursprüngliche Plan des Mannes verflüchtigt sich denn auch im Laufe des Stückes, durch seinen Irrlauf in jenem Spiegelkabinett, das sich durch die permanente Reflexion aller seiner Schritte, Wahrnehmungen und Gedanken aufbaut. Permanent fühlt er sich beobachtet, sieht sich selbst, findet sich in Bildern wieder, für die es immer schon Fertigrahmen gibt. Sein Weg durch das Stück, seine permanente Fluchtbewegung ins Freie, ist eine erschöpfende Kraftanstrengung, begleitet von Panikattacken und Brechreiz. Stockmanns Qualität liegt gerade darin, dass er das Offensichtliche zum Thema macht, das keiner mehr hinterfragt. Wer oder was erklärt dem Mann sein unentwegtes Oszillieren zwischen Wirklichkeit und Traum, seine Paranoiaschübe? Was, wenn etwas mit der Welt nicht in Ordnung ist? Achselzucken. Rat zur Therapie. Da bleibt nur, zu speien, alles, was gefressen wurde, die ganze Welt wieder auszuspeien. Und siehe da: Das Rote, der Auswurf eines blutigen Magengeschwürs, ist plötzlich die einzige Farbe in diesem Grau der Welt. Ein Zeichen der Hoffnung. Ein Beginn. Judith Gerstenberg ist Leitende Dramaturgin am Schauspiel Hannover. SIE HABEN GELD BENUTZT WIE VERTRAUEN, UND VERTRAUEN GEDACHT WIE GELD. 16 Klaus Cofalka-Adami, Sebastian Reiß, Sprechchor junger Karlsruherinnen und Karlsruher 17 NICHTS IST WICHTIGER ALS DIE ÄUSSERE ERSCHEINUNG! ZUR INSZENIERUNG Nis-Momme Stockmanns Stück ist in seiner Originalfassung mit Addendum 320 Seiten lang, ein Mammutwerk also, welches verschiedene Genres und Textstile vermischt und alle Mittel nutzt, eine Zustandsbeschreibung unserer vom Finanzkapitalismus zersetzten Welt zu liefern. Die Uraufführung des Schauspiel Hannover 2012, die fünf Stunden dauerte, zeigte gerade einmal einen Drittel des Stoffes und nutzte dafür virtuos die verschiedensten Theatermittel um dem Text und seiner Vielfalt an Genres gerecht zu werden. Das STAATSTHEATER KARLSRUHE zeigt nun in der Inszenierung von Simone Blattner eine noch kürzere Fassung, die sich vor allem mit dem Plot um den grauen Mann, den ausgestiegenen Banker, beschäftigt. Stockmanns Textkonvolut stellt eine Herausforderung dar, denn so disparat, so verwoben es geschrieben ist, so stark widersetzt es sich üblichen Inszenierungsmethoden. Im Kern ist es eine gut geschriebene Komödie über Geld, die auf unterhaltsame Weise, weil so präzise beobachtet, Fragen an unsere Gesellschaft und unseren Umgang mit Geld oder Wert(en) stellt. Diese 18 Fragen haben die Regisseurin Simone Blattner interessiert, und so war es naheliegend, sie für die Karlsruher Fassung zuzuspitzen. Die Orientierungslosigkeit des grauen Mannes, der mit all seinen Facetten in jedem von uns steckt, stellte sie ins Zentrum des Abends. Stockmanns Text funktioniert nicht mit den Mitteln einer herkömmlichen Dramaturgie. Er ist überbordend, fantasievoll und erschlägt mit seiner Textmasse und der Wucht seiner Sprache. Dieser Text wird aber von eigenartigen Figuren gesprochen, die dem Mann, einem Stationendrama gleich, nach und nach begegnen. Eine dieser Figuren, die unvermittelt auftaucht, Bodo Schäfer, wurde in der Karlsruher Fassung als Antagonist zu dem grauen Mann herausgearbeitet. Bodo Schäfer ist keine erfundene Figur, sondern ein tatsächlich existierender umtriebiger Geschäftsmann, der sich selbst als „Money-Coach“ bezeichnet. Er gibt Kurse und Vorträge und erklärt seinem Publikum, genauso wie im Stück, wieso man Geld lieben sollte, und wieso wir unser proble- matisches Verhältnis zu unserem Vermögen verändern müssen, um wirklich erfolgreich und reich zu werden. Dieser Bodo Schäfer steht also für das absolut idealisierte System des Kapitalismus: Werde reich und du wirst glücklich. Häufe um jeden Preis Geld an, Wachstum ist dein Heilsbringer. Die Karlsruher Fassung setzt nun Bodo Schäfer gegen den grauen Mann und fokussiert das Geschehen auf den Widerstreit der beiden konträren Ansichten des gleichen Systems. Während der graue Mann, im Laufe seiner Sinnsuche, das Publikum davon überzeugen möchte, dass Wachstum nicht existiert und das Publikum auffordert, die richtigen Fragen zu stellen, verkauft uns die Figur Bodo Schäfer den Kapitalismus als bestes System aller Zeiten. Im Stück spricht der Vermieter Kaschinsky immer wieder von Tauben, die seinen Wohnblock in Beschlag genommen haben. Diese Erzählung über die Tauben ist immer wieder mit Texten des Chors der durchschnittlich informierten EU-Bürger verschnitten. Das legt nahe, diesen Chor auch die Tauben spielen zu lassen und somit die Tauben, die Kaschinsky vernichten will, die arbeitende, zu ernährende Gesellschaft, über ihren Zustand und den Zustand des Wirtschaftssytems sprechen zu lassen. Die Tauben, die von einem Laienchor von jungen Karlsruherinnen und Karlsruhern gespielt und von zwei Schauspielern geführt werden, sprechen das aus, was weder der graue Mann noch Bodo Schäfer aussprechen können. Sie funktionieren in dem System, dass sie am Leben erhält, somit kann Bodo Schäfer sich unter sie mischen, einen grauen Mann hören sie aber nicht, sondern arbeiten, agieren einfach weiter, ohne sich von ihm ablenken zu lassen. Eine weitere Fokussierung nahm Simone Blattner in Bezug auf den Erzähltext vor. Da die Figuren beschrei- ben, was sie tun, werden keine Requisiten verwendet. So bleibt alles Idee in dieser Inszenierung; eine erzählerische Behauptung. Das einzige übrig gebliebene Requisit sind Geldscheine, doch die sind auch nur eine Idee und die wohl größte gesellschaftliche Behauptung schlechthin: ein bisschen Papier mit einem behaupteten aufgedruckten Wert, die man gegen tatsächliche, nützliche Dinge eintauschen kann. Es gibt also nichts auf dieser Bühne, dieser Welt des grauen Mannes, außer erfundene "Objekte". Alles was übrig bleibt ist der Vorgang des Tausches und des Handels. Der Bühnenbildner Alain Rappaport gestaltete für Karlsruhe ein abstraktes, symbolisches Bühnenbild. Zu Beginn sehen wir einfach nur einen Betonblock der aus zahlreichen Steinen besteht und die Architektur des Bühnenraums nachahmt. Es könnte der Wohnblock der Inheidener Strasse sein, in den der graue Mann zieht. Der Chor trägt dann nach und nach die einzelnen Steine ab und schält langsam aus dem Block einen Schneemann heraus. Die Tauben sprechen in ihren Texten von Arbeit und von Ausbeutung. Und davon, dass wir irgendwo etwas wegnehmen müssen, um selbst mehr zu haben. Genau dieser Aussage folgt der Abbau der Steine, der Block wird abgetragen, damit auf der Bühne ein Bühnenbild für die späteren Szenen entsteht – neue Räume, ein Mehr an Spielmöglichkeiten. Nebenbei wird der Kern frei gelegt, den der Mann so lange sucht: ein Schneemann. Dieser Kern ist hier aber nur ein verspieltes Symbol für die Kälte des Finanzkapitalismus, oder die Kälte dieser Gesellschaft, dieses Systems, das uns übrig geblieben ist. Ein deformierter riesiger Schneemann mit dem der graue Mann zum Schluss des Stücks alleine zurück bleibt. 19 EIN MANN, SEIN VATER UND DIE KRISE GESPRÄCH MIT DEM VOLKSWIRTSCHAFTSPROFESSOR WOLFGANG WIEGARD Schauspieler Frank Wiegard, der die Hauptrolle spielt, sprach mit seinem Vater Wolfgang Wiegard, der zehn Jahre lang einer der fünf Wirtschaftsweisen war über das Stück, die Finanzkrise und ihre Hintergründe. Frank Wiegard: Im Stück spiele ich einen Mann, der ganz allein eine Bank zu Fall bringen will. Geht sowas überhaupt? Wolfgang Wiegard: Diese Möglichkeit besteht durchaus. Es gibt eine ganze Reihe von Präzedenzfällen: In Frankreich oder in Hong Kong gab es einzelne Trader, die mit so hohen Summen spekuliert und sich verspekuliert haben, dass milliardenhohe Verluste eingefahren worden sind. Das konnte bis jetzt in den meisten Fällen aufgefangen werden. Zur Not, wenn es sich um eine systemrelevante Bank handelt, wird auch der Staat eingreifen. In der Regel haben Banken aber immanente Sicherheitssysteme für die Trader, so dass gewisse Risikopositionen nicht eingegangen werden können oder bestimmte Summen nicht 20 überschritten werden dürfen. Diese sind allerdings zum Teil vor und in der Finanzkrise bewusst umgangen worden. FW: Es heißt, der Banker hat eine Summe von 4,5 Millionen Euro zur Verfügung, bar, mit der er die Bank zu Fall bringen will. WW: Das ist eine lächerliche Summe, damit kann man keine Bank zu Fall bringen. Dazu sind hohe Milliarden-Beträge erforderlich. Mittlerweile gibt es aber strenge Regularien, dass Händler nicht so viel Geld in die Hand nehmen dürfen, so viele offene Positionen eingehen dürfen, dass eine Bank in ernsthafte Schwierigkeiten geraten könnte. Aber kein Überwachungssystem ist wirklich perfekt. FW: Wird immer der Steuerzahler zur Kasse gebeten, wenn eine Bank solche untragbaren Verluste macht? WW: Nein, in den USA oder Deutschland sind durchaus einige Banken pleitegegangen. Es gehört zum Wesen einer Amélie Belohradsky, Frank Wiegard 21 Marktwirtschaft, dass, wer sich verzockt, auch vom Markt verschwinden muss. Es wird dann schwierig, wenn sehr große, mit anderen stark verflochtene Institute betroffen sind – und große Banken sind immer verflochten. Wenn eine pleitegehen würde – bei der Commerzbank hat man das ja beispielsweise lange befürchtet – zieht das eine Kettenreaktion nach sich. Und um das zu verhindern, ist dann der Staat, und damit letztlich der Steuerzahler, eingesprungen. FW: Wie stark werden systemrelevante Banken mittlerweile reguliert? WW: Das ist ja eine der Lehren aus der Finanzkrise: Man schreibt den Banken jetzt u. a. eine höhere Eigenkapitalquote vor. Das Problem war, dass die Banken, auch die Deutsche Bank, eine ganz geringe hatten. Sie hatten sich überwiegend fremdfinanziert, indem sie Anleihen ausgegeben haben. Ein Teil des Eigen- und Fremdkapitals wurde dann als Kredite an Unternehmen oder auch private Haushalte ausgereicht. Wenn diese Verluste gemacht haben, musste die Bank sie abdecken und dafür ihr Eigenkapital einsetzen, den Verlustpuffer. Das ist z. B. in den Vereinigten Staaten passiert, als die Immobilienkredite ausgefallen sind. Wenn dann der Puffer zu gering ist, steht man vor der Frage, ob man die Bank pleitegehen lässt oder ob man sie rettet. FW: Du warst 10 Jahre lang im Sachverständigenrat für Wirtschaft und hast u. a. die Bundesregierung in finanzpolitischen Fragen beraten, auch zur Zeit der Finanzkrise … WW: Ja. Vor allem 2008, als Lehman Brothers Pleite gegangen ist, und auch in den Jahren danach. 22 FW: Wie reagiert man auf so etwas? Gab es Vorahnungen, oder war das wirklich für alle eine große Überraschung? WW: Eine Überraschung war, dass die amerikanische Regierung Lehman Brothers nicht gerettet hat. Dass die Immobilienmärkte in Spanien, Großbritannien, Irland und den USA überhitzt waren und zusammenbrechen könnten, dass die Kreditvergabe viel zu leichtsinnig war, das hatten wir auf dem Radar. So haben wir wiederholt in unseren Gutachten auf eine mögliche Immobilienpreisblase hingewiesen. Man musste sich ja nur anschauen, wie die Preise explodiert sind. Was man nicht vorhersehen konnte, war die Pleite von Lehman Brothers. Und die war der Brandbeschleuniger, der die Banken- und Finanzkrise über die ganze Welt verteilt hat. Die Banken konnten die Verluste aus den Krediten nicht auffangen. Es war ihnen auch ziemlich egal, denn die großen wussten, dass sie gar nicht Pleite gehen können, weil der Steuerzahler sie retten muss. Sie verdienten gut an dieser lockeren Kreditvergabe. Wenn alles gut ginge, führen sie große Gewinne ein, sollte es schlecht ausgehen, verlören sie nur das Wenige an Eigenkapital, für den anderen Teil würde der Steuerzahler einspringen. Das führte zu einer exzessiven Risikobereitschaft der Banken. Daraus hat man gelernt und unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um das Bankensystem krisenfester zu machen und vor allem: zukünftig den Steuerzahler nicht mehr in Haftung für Verluste der Banken zu nehmen. Deshalb wird eine Bankenund Finanzkrise in dieser Form so wohl nicht mehr auftreten. Aber natürlich können irgendwann andere Krisen auftreten. Leider weiß man oft erst hinterher, was schiefgelaufen ist. Aber generell ist man heute besser gerüstet, um Krisen zu vermeiden oder zu bekämpfen. FW: Wie agiert man im Sachverständigenrat in solchen Krisensituationen? WW: Der war damals nicht direkt eingebunden in das Regierungshandeln, indirekt aber schon. Angela Merkel ist eine kluge Frau, ich hatte öfters mit ihr zu tun; sie ist eine sehr klare und strukturierte Denkerin, aber sie ist Physikerin, keine Ökonomin. Deshalb hat sie sich von Ökonomen beraten lassen. Und da haben frühere Mitarbeiter oder Mitglieder des Sachverständigenrats eine wichtige Rolle gespielt. Merkels wichtigster Berater war Jens Weidmann als Abteilungsleiter für Wirtschafts- und Finanzpolitik, der während meiner Zeit Generalsekretär des Sachverständigenrates war. Auch Axel Weber hat als damaliger Präsident der Deutschen Bundesbank eine wichtige Rolle gespielt. Die beiden haben dann wiederum mit uns gesprochen. Außerdem haben wir natürlich in unseren Jahresgutachten Vorschläge unterbreitet, wie man die unmittelbaren Auswirkungen der Krise durch finanzpolitische Maßnahmen abmildern und durch eine bessere Regulierung der Finanzmärkte zukünftige Krisen vermeiden kann. Ein Teil unserer Vorschläge wurde umgesetzt, ein Teil nicht. FW: Der Protagonist des Stücks Tod und Wiederauferstehung der Welt meiner Eltern in mir sehnt sich nach einer Hyperinflation, da er glaubt, dadurch könne ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden. Er hofft auch, dass nach so einer Entwicklung die Finanzmärkte stärker kontrolliert werden. Wie kann man eine solche Hyperinflation auslösen? WW: Eine Hyperinflation kann eigentlich nur die Zentralbank initiieren. Eine einzelne Bank selbst kann auch Geld schöpfen, aber nie so viel, dass sie damit eine Inflation auslöst. Das kann in Europa nur noch die Europäische Zentralbank, die muss dann sehr viel Geld drucken und dieses in Umlauf bringen. Im Moment versucht das die EZB, denn die Inflationsrate im Euroraum liegt aktuell im negativen Bereich, die Preise sind nicht gestiegen, sondern gefallen. FW: Liegt das daran, dass der Ölpreis gesunken ist? WW: Ja, das liegt wesentlich an den gesunkenen Energiepreisen. Bei negativen Inflationsraten droht eine Deflationsgefahr; und die will die Europäische Zentralbank bekämpfen, unter anderem mit einem gigantischen Anleihenaufkaufprogramm. Bis September 2016 will die EZB jeden Monat 60 Milliarden Euro aufwenden, um Anleihen aufzukaufen. Dadurch bringt sie einerseits mehr Geld in Umlauf, zum anderen wertet der Euro ab und andere Währungen, etwa der US-Dollar, werten dementsprechend auf. So werden Importe teurer und es kommt zu einer importierten Inflation. Das beobachten wir derzeit. Der Euro hat abgewertet, und die Inflationsrate zieht leicht an. Aber von einer Hyperinflation sind wir Lichtjahre entfernt. Eine solche gab es in Deutschland in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise mit einer Inflationsrate von mehr als 1000 Prozent im Monat. Aber: mit 4,5 Millionen Euro kann man keine Bank zu Fall bringen und erst recht keine Hyperinflation erzeugen, nicht einmal ein „Inflatiönchen“. Florentine Krafft, Frank Wiegard, Sprechchor junger Karlsruherinnen und Karlsruher 23 24 25 SPEKTAKULÄRE BÖRSENCRASHS 1637 – 2008 Börsenturbulenzen gibt es so lange wie die Börse selbst. Am „Schwarzen Freitag”, dem 25. Oktober 1929, ereignete sich der wohl spektakulärste Börsencrash aller Zeiten. Doch wie in den Jahrzehnten danach, sind auch schon in den Jahrhunderten davor viele Spekulationsblasen – zum Leidwesen zahlreicher Aktionäre – geplatzt. 1637: Spekulationsobjekt Tulpenzwiebel Bereits im 17. Jahrhundert erschütterte ein Crash die Welt des Handels: In den Niederlanden brach 1637 der Markt für Tulpenzwiebeln zusammen. Tausende hatten ihr Vermögen in Tulpenzwiebeln investiert, nachdem die Preise für die damals seltenen asiatischen Importpflanzen in astronomische Höhen geschnellt waren. Vom Grafen bis zum Knecht spekulierten die Menschen mit den Knollen. Preise und Wert der Zwiebeln standen bald in keinem reellen Verhältnis mehr zueinander. 26 1636 war eine Zwiebel beispielsweise einen „neuen Wagen, samt Geschirr und zweier grauer Pferde” wert. Für seltene Exemplare wurden nach heutiger Rechnung bis zu 50.000 Euro gezahlt. Immer mehr Spekulanten waren in der Hoffnung auf schnelle Gewinne auf den fahrenden Zug aufgesprungen. Doch dann stiegen die ersten wieder aus, um sich ihre Gewinne zu sichern. Eine Verkaufspanik entstand, die Spekulationsblase platzte wie ein Luftballon. Die „Tulipomanie” der Niederländer war schlagartig beendet. Die Tulpenzwiebel-Spekulation war eine Krise des Warenhandels. 1720: Spekulationsobjekt Gold Den ersten richtigen Wertpapiercrash gab es zu Beginn des 18. Jahrhunderts. 1720 platzten in London und Paris zwei riesige Spekulationsblasen. In England hatten Anleger Aktien der „South Sei Company” gekauft. Die Firma hatte Gold in Nord- amerika schürfen wollen. Die Aktie stieg innerhalb kurzer Zeit von 120 Pfund auf über 1000 Pfund. Als sich die Goldhoffnungen in Luft auflösten, fiel der Kurs ins Bodenlose. Zur gleichen Zeit erlebte die Pariser Börse einen ähnlichen Schock. Die „Banque Royale” hatte Papiergeld ausgegeben, um die französische Staatsverschuldung zu senken. Das Papiergeld sollte seine Deckung durch Erträge aus dem Goldhandel in Amerika erhalten. Geld hatte damals in der Regel nur den Wert seines Edelmetallgehaltes. Papiergeld war somit nichts anderes als ein Tausch. Und den ließ die „Banque Royale” platzen, weil ihre Rechnung nicht aufging: Als Spekulanten ihr Papiergeld in Gold umtauschen wollten, brach die Bank zusammen. 1929: Der „Schwarze Freitag” Am 24. Oktober begannen an der Wall Street in New York die Kurse zu sinken. Tags darauf brachen die Kurse stärker ein. Daher beschlossen die meisten Aktionäre, ihre Aktien in der Folgewoche zu verkaufen. Viele mussten es sogar, denn sie hatten Aktien auf Kredit gekauft. Die Banken verlangten neue Sicherheiten oder kündigten nach dem Kurseinbruch die Kredite. Am Dienstag, den 29. Oktober 1929, wechselten 16,5 Millionen Aktien an der Wall Street den Besitzer. Die Ticker waren mit der Kursanzeige mehrere Stunden im Rückstand. Ob in den Hotelhallen oder in Drugstores – überall, wo die Kurse angezeigt wurden, verfolgten Anleger fassungslos, wie ihr Wertpapiervermögen schmolz. Viele Menschen waren ruiniert, Banken brachen zusammen. Die Kurse erholten sich zwar kurzfristig im darauf folgenden Winter, sanken dann aber weiter, ehe sie im März 1933 ihren Tiefststand erreichten. Im Schnitt hatten die Aktien zu diesem Zeitpunkt 75 Prozent ihres Wertes von 1929 verloren. 1931: Bankenkrise in Deutschland Der Börsencrash von New York wirkte sich auch auf Europa und Lateinamerika aus. Amerikaner zogen ihre kurzfristigen Geldanlagen aus Europa und Lateinamerika ab. Im Mai 1931 brach die „Österreichische Kreditanstalt” zusammen. Sie hatte ausländische Gelder in langfristige Industriebeteiligungen investiert. Als amerikanische und französische Termingelder (Gelder, die bis zu einem bestimmten Termin auf ein Konto festgelegt werden) gekündigt wurden, war die Bank zahlungsunfähig. Eine Bankenkrise erschütterte Deutschland und Österreich. Die Reichsbank griff nicht ein, um die Währung nicht aufzuweichen. Die Sparer stürmten die Banken, es gab „Bankfeiertage”: Die Banken blieben zeitweilig geschlossen. Viele kreditfinanzierte Betriebe mussten schließen, die Arbeiter wurden entlassen. Die Weltwirtschaftskrise lähmte die Industrienationen, würgte den Welthandel ab und bereitete totalitären politischen Bewegungen den Boden. 1987: Sorgen um den Welthandel Vergleichsweise glimpflich verliefen die Börsencrashs gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Am 18. Oktober 1987 hatte der damalige US-Finanzminister James Baker die Finanzmärkte beunruhigt, indem er die Deutsche Bundesbank in deutlichen Worten zu einer Zinssenkung auffordert hatte. Professionelle Anleger verstanden dass als Zeichen, dass die USA wirtschaftlich nicht mehr in dem Umfang mit der Bundesrepublik zusammenarbeiten wolle, wie sie es bis dahin getan hatte. Der US-Haushalt ächzte zu dieser Zeit unter der Schuldenpolitik Ronald Reagans, die Handelsbilanz hatte ein Rekorddefizit erreicht. Das amerikanische Börsenbarometer schlechthin, der Dow27 Jones-Index, fiel am 19. Oktober 1987 von 2246 auf 1738 Punkte: ein Minus von fast 23 Prozent. Die Kursstürze verliefen wie eine Kettenreaktion: Automatische Verkäufe wurden per Computer getätigt, da Kurslimits unterschritten wurden. Realwirtschaftlich hatte der Börsenkrach von 1987 kaum Folgen, doch viele Kleinanleger verloren Teile ihres Vermögens. 1997: Die Asien-Krise Ernsthaftere Folgen hatte der Crash von 1997: die Asien-Krise. Ausgangspunkt waren Währungskrisen in Südostasien. Einige Schwellenstaaten hatten ihre Währungen künstlich hoch gehalten. Am 2. Juli 1997 wertete Thailand schließlich seine Währung, den Baht, ab. Es folgten Indonesien, Malaysia und die Philippinen. Am 23. Oktober 1997 brach schließlich Hongkongs Börsenindex Hang-Seng ein. Bis Monatsende betrugen die Verluste rund 40 Prozent. Am 28. Oktober gab der Deutsche Aktienindex (DAX) 312 Punkte ab. Das entsprach ungefähr 8 Prozent. Tags zuvor hatte der Dow Jones 7,2 Prozent verloren. Die Kurse erholten sich bald, aber Südostasien steckte tief in einer Krise. Konsum, Bautätigkeit und Kreditfinanzierung sanken drastisch. Die freigegebenen Währungen, also die Währungen, die nicht mehr an den US-Dollar gekoppelt waren, brachen ein – das Vermögen der Südostasiaten schrumpfte bedenklich zusammen. Medien- und Technologiebranche investiert. Diese New Economy Unternehmen versprachen Innovationen und scheinbar grenzenloses Wachstum. Oft wurde investiert, obwohl jegliches Hintergrundwissen über das jeweilige Unternehmen fehlte. Startschuss für die Mobilisierung der Kleinanleger in Deutschland war die Einführung der Telekom-Aktie im November 1996, für die im Vorfeld intensiv geworben worden war. Es entstand ein regelrechtes Börsenfieber, das die Kurse in die Höhe trieb. Im Neuen Markt Segment konnten wachstumsstarke Firmen an die Börse gehen, ohne belegen zu müssen, dass sie in den Jahren zuvor Gewinne gemacht hatten. Die Folge war, dass viele sich nach dem erfolgreichen Börsengang übernahmen und ihre Prognosen nach unten korrigieren mussten. Hinzu kamen Ermittlungen wegen Bilanzfälschungen und Insiderhandels gegen verschiedene New Economy Unternehmen. Als ein Ende des Booms abzusehen war, zogen große Investoren sich zurück. Das ließ die Kurse sinken und führte zu Panikverkäufen bei den Kleinaktionären. Die Kurse stürzten ab. Im Oktober 2002 war der Index des Neuen Marktes (Nemax) auf seinem Tiefststand; die Aktionäre hatten seit März 2000 mehr als 200 Milliarden Euro verloren. Im Juni 2003 wurde der Handel am Neuen Markt Segment der Börse geschlossen. Der Nemax 50 wurde durch den Theda als neuen Index für Technologiewerte ersetzt. 2000: Die Dotcom-Blase Im März 2000 begann der rapide Fall der Werte auf dem Neuen Markt. Seit 1997 hatte dieser Börsensektor ein beispielloses Wachstum verzeichnet. Besonders Kleinaktionäre hatten in die vielen Start-upUnternehmen aus der Telekommunikations-, 28 2007/2008: Die Hypothekenkrise Im Frühjahr 2007 kam es in den USA zu einer Immobilienkrise, die eine weltweite Bankenkrise nach sich zog. Seit 2001 hatte der niedrige Leitzins dazu geführt, dass immer mehr US-Bürger mit niedrigem Einkommen einen Kredit aufnahmen, um sich ihr Eigenheim zu finanzieren. Gelockt wurden sie dabei von Angeboten einiger Hypothekenfinanzierer, die auch Personen mit niedriger Bonität Kredite gewährten. Der Nachteil dieser sogenannten Subprime Loans (zweitklassige Kredite) waren die variablen Zinssätze. Um das Ausfallrisiko weiterzugeben, ließen die Banken die Kredite in durch Hypotheken abgesicherte Wertpapiere umwandeln. Diese Wertpapier-Pakete wurden von den zuständigen Rating-Agenturen als sicher eingestuft und weltweit an Kreditinstitute verkauft. Ab Mitte 2004 wurde der US-Leitzins schrittweise wieder angehoben. Viele der Subprime Kreditnehmer konnten die stetig steigenden Raten ihrer Hypothekenkredite nicht mehr bezahlen und mussten ihre Häuser verkaufen. Die Häuserpreise stürzten ab, wodurch die Wertpapier-Pakete abgestuft wurden und an Wert verloren. Das führte zu einer starken Verunsicherung und wachsendem Misstrauen im gesamten Finanzsektor. Den Banken wurde es zu riskant, sich untereinander Geld zu leihen. Als Folge kam es weltweit zu immensen Verlusten und Insolvenzen bei Finanzunternehmen, zum Beispiel von „Lehman Brothers”. An den Börsen gab es Kurseinbrüche und die Wachstumsprognosen für 2009 mussten nach unten korrigiert werden. Um eine Rezession zu verhindern, beschlossen die Politiker, Staatshilfen zu gewähren. Im Oktober 2008 wurde in Deutschland ein Bankenrettungspaket im Wert von 480 Milliarden Euro verabschiedet. ES BRAUCHT NOCH EIN MUSICAL EIN GROSSES MUSICAL – WELT – UND DANN BIST DU BEFREIT 29 30 Frank Wiegard, André Wagner, Sprechchor junger Karlsruherinnen und Karlsruher 31 SIMONE BLATTNER Regie ALAIN RAPPAPORT Bühne Simone Blattner, geboren in Basel, studierte Regie an der Otto-FalckenbergSchule in München. Seit 1998 arbeitet sie als freie Regisseurin, u. a. am Staatsschauspiel München, Schauspiel Frankfurt, Staatsschauspiel Dresden, am Berliner Ensemble und Thalia Theater Hamburg. Sie inszenierte u. a. die Uraufführungen mehrerer Stücke von Martin Heckmanns, darunter Schieß doch, Kaufhaus! am TIF Dresden und Kränk am Schauspiel Frankfurt. Beide Inszenierungen wurden zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen und erhielten jeweils den Publikumspreis. In Karlsruhe inszenierte sie zur Eröffnung des STUDIOS 2011 Der große Marsch von Wolfram Lotz und Lessings Minna von Barnhelm als Doppelabend. Zuletzt inszenierte sie am Theater Neumarkt in Zürich Ein Teil der Gans im Haus der Lüge. Weiterhin sind ihre Arbeiten Dantons Tod und Kabale und Liebe im Programm des STAATSTHEATERS zu sehen. Alain Rappaport wurde 1964 in Zürich geboren. Dort studierte und diplomierte er in Architektur und Bildender Kunst. Anschließend arbeitete er als Architekt im Studio dpd9 in New York und als Bühnenbildassistent am Schauspielhaus Zürich. Seit 1995 ist Alain Rappaport als freischaffender Bühnenbildner, Architekt und Künstler tätig und realisierte und konzipierte Bühnenbilder u. a. am Burgtheater Wien, Schauspiel Frankfurt, Schauspiel Köln, Theater Basel, Theater Neumarkt, Schauspielhaus Zürich und an der Staatsoper Unter den Linden. Er arbeitete mit den Regisseuren Christoph Frick, Ruedi Häusermann, Robert Lehniger, Christiane Pohle und Bernd Mottl zusammen. Seit 2011 ist er Dozent für Szenographie im Studiengang Ausstellen & Vermitteln an der Zürcher Hochschule der Künste. Für das STAATSTEHATER erarbeite bereits die Bühnenbilder für Dantons Tod und Kabale und Liebe. 32 DANIELA SELIG Kostüme CHRISTOPHER BRANDT Musik Daniela Selig wurde 1972 in München geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Kostümbild an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg und Bühnenbild an der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Seit 2001 arbeitet sie als freie Bühnen- und Kostümbildnerin u. a. am Hamburger Schauspielhaus, an den Münchner Kammerspielen, am Schauspielhaus Zürich, am Theater Basel und am Deutschen Theater Berlin. Außerdem war sie als Kostümbildnerin an verschiedenen Filmproduktionen u. a. 3 Grad kälter, ausgezeichnet 2006 mit dem silbernen Leoparden in Locarno. Am Theater arbeitet sie regelmäßig mit den Regisseuren Tom Kühnel / Jürgen Kuttner, Peter Kastenmüller, Sandra Strunz und Schorsch Kamerun. Seit 2009 entstanden Produktionen in Zusammenarbeit mit Falk Richter an der Schaubühne Berlin. 2013 hat sie ein Café in Berlin eröffnet. Christopher Brandt studierte Schulmusik, Gitarre und Komposition in Frankfurt, Würzburg und Darmstaft, sowie Germanistik und Philosophie in Frankfurt. Zusammenarbeiten verbanden ihn u. a. mit dem Ensemble Modern, dem Klangforum Wien, der Tokyo Sinfonietta, den Bochumer Sinfonikern und den Wiener Philharmonikern. Er wirkte bei Ur- und Erstaufführungen u. a. von Olga Neuwirth, Wolfgang Rihm, Frank Zappa mit, u. a. bei den Berliner Festwochen, den Wiener Festwochen und dem New Yorker Lincoln Center Festival. Er arbeitete als Musikalischer Leiter, Komponist und Bühnenmusiker u. a. am Staatstheater Kassel, Hamburger Thalia Theater und am Schauspiel Frankfurt. Seit 2008 ist Christopher Brandt Professor für Gitarre und Methodik an der Frankfurter Musikhochschule. Er zeichnete verantwortlich für die Musik in Dantons Tod und Kabale und Liebe. 33 AMÉLIE BELOHRADSKY a. G. Ehefrau wurde 1979 in München geboren, Mutter Französin, Vater Deutscher, als fünftes Mädchen einer siebenköpfigen Familie. Sie studierte Schauspiel in Paris an den "Cours Perimony" und an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Ihr erstes Engagement führte sie ans Staatsschauspiel Dresden. Seit 2014 lebt sie in Strasbourg und ist Sprecherin für ARTE Dokumentarfilme. FLORENTINE KRAFFT Die junge Frau Aufgewachsen in Hamburg, studierte Florentine Krafft Schauspiel an der Zürcher Hochschule der Künste und erhielt hier 2012 für besondere Leistungen den Oprecht-Preis. Seit 2013 ist sie in Karlsruhe engagiert und zu sehen in Rio Reiser, Ein Sommernachtstraum, Richtfest, Schatten (Eurydike sagt), Die Räuber und demnächst in Drei Schwestern. KLAUS COFALKA-ADAMI Kaschinsky Der Vater zweier erwachsener Kinder änderte sein Leben radikal, als er nach mehreren Berufsjahren als Bankkaufmann begann, Theater zu spielen. Seit 1980 arbeitet Klaus Cofalka-Adami als Schauspieler und spielte u. a. an den Bühnen in Mannheim, Tübingen, Dortmund und Heidelberg. Seit 2011 ist er festes Ensemblemitglied in Karlsruhe. Aktuell spielt er in Fremdraumpflege, Rio Reiser, Richtfest und Drei Schwestern. MAXIMILIAN GRÜNEWALD Banker, Sprechchor Geboren in Coburg, studierte Maximilian Grünewald bis 2013 Schauspiel in Leipzig. Zuletzt war er Mitglied des Schauspielstudios am Maxim Gorki Theater in Berlin. Seit dieser Spielzeit ist er fest am STAATSTHEATER KARLSRUHE, zu sehen u. a. in Das Glasperlenspiel, Kabale und Liebe, Drei Schwestern und als Franz Moor in Die Räuber. SEBASTIAN REISS Mann mit Turban Sebastian Reiß wurde 1974 in Hannover geboren. Nach der Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock ging er 2002 ans Schauspielhaus Graz. Nach zehn Jahren und fünfzig Rollen gastierte er als freier Schauspieler in Graz, Rostock und in Karlsruhe. Ab der Spielzeit 2015/16 ist er fest im Karlsruher Ensemble, er spielt bereits in Dantons Tod den Robespierre. JOHANNES SCHUMACHER Kind, Banker, Sprechchor Geboren 1991 in Peine, aufgewachsen in Bremen, studierte er Schauspiel in Bern und Hannover. In der Hauptrolle des Jakob stellte er sich dem Karlsruher Publikum in Maienschlager vor. Seit 2014 ist er festes Ensemblemitglied. Zu sehen ist er u. a. in Ein Sommernachtstraum, Die Räuber, Die Banalität der Liebe und demnächst in Spamalot. 34 ANDRÉ WAGNER Bodo Schäfer, Banker André Wagner, geboren 1963, studierte an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Es folgten Engagements in Tübingen, Graz und Münster, bevor er 2002 in das Schauspielensemble des STAATSTHEATERS engagiert wurde. Aktuell ist er u. a. in Maienschlager, Kabale und Liebe, Richtfest, Das Glasperlenspiel und als Martin Heidegger in Die Banalität der Liebe zu sehen. FRANK WIEGARD Mann Nach seinem Studium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin debutierte er am Staatstheater Kassel, war am Schauspiel Frankfurt und dem Maxim Gorki Theater engagiert. Zur Zeit spielt er den Danton in Dantons Tod und ist in Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner, Kabale und Liebe, Das Glasperlenspiel, Drei Schwestern und Gift zu sehen. Im Sprechchor: Benedikt Arnold, Johanna Bernutz, Jacqueline Griesser, Andreas Hirsch, Samuel Kuhnle, Pia Lampert, Thomas Lämmle, Talia Masino, Gabriel Meier, Evalotte Pietsch, Irena Pozar, Markus Schmidt, Stephanie Schumann, Anna Yoffe DEIN LEBEN, DIE KRISE DEINES LEBENS IST EIN SCHEISS NEUNZIGERJAHREFILMPLOT. 35 BILDNACHWEISE IMPRESSUM UMSCHLAG Felix Grünschloß SZENENFOTOS Felix Grünschloß HERAUSGEBER STAATSTHEATER KARLSRUHE TEXTNACHWEISE GENERALINTENDANT Peter Spuhler Gerstenberg, Judith: Expedition zu den Grundfragen, in: Theaterheute, Jahrbuch 2012, Berlin 2012. Behrendt, Barbara: Vorspiel: Der Autor Nis-Momme Stockmann, theaterheute. de, 12.05.2013 Nicht gekennzeichnete Texte sind Originalbeiträge für dieses Heft von Benedikt Arnold (Zum Inhalt) und Michael Gmaj (Zur Inszenierung, Interview) VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier SCHAUSPIELDIREKTOR Jan Linders LEITENDE DRAMATURGIN SCHAUSPIEL Brigitte Angela Ostermann REDAKTION Michael Gmaj KONZEPT DOUBLE STANDARDS BERLIN www.doublestandards.net BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE 14/15 Programmheft Nr. 253 www.staatstheater.karlsruhe.de GESTALTUNG Kristina Schwarz DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe GOTT, MACH, DASS GLUCK OHNE WACHSTUM MOGLICH IST. 36 Frank Wiegard WIR MÖCHTEN LIEBER BLEIBEN IM IRRTUM, IHN VIELLEICHT ETWAS ABANDERN ODER UMETIKETTIEREN, UND DANN WEITERZUMACHEN, SOLANGE ES IRGENDWIE GEHT GUT.
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