Whisper | Lesetipps der BuchMarkt-Redaktion sowie Vergessene Autoren. Bereits in den 1970er Jahren mit vielbeachteten Arno Holz-Veröffentlichungen oder 1984 und 2000 mit der Wiederentdeckung von und einem neuen Blick auf Albert Vigoleis Thelen, dem Großmeister unter den Picaristen und heimlichen Hausgott der „horen“. Nicht zuletzt den Ambitionen und Obzessionen der „horen“-Redakteure und -Mitstreiter verdanken wir entsprechende Beiträge auch über Gregor von Rezzori, Max Aub, Edith Södergran und Alban Nicolai Herbst oder die über vier Jahrzehnte in loser Folge erscheinenden Auswahlbände zur Kriminalliteratur sowie den Band zur Geschichte des Kabaretts in Deutschland. In diese Reihe gehört auch der soeben erschienene 259. „horen“Band „Sonne, Mond und Sterne – Von Literatur und Musik“. Der wurde am 20. November im Künstlerhaus Hannover gemeinsam mit dem Kulturbüro der niedersächsischen Landeshauptstadt anlässlich des 60-jährigen „horen“Jubiläums vorgestellt. Last but not least und drittes Aktionsfeld der „horen“: die sogenannten „Offenen Bände“ mit Autorenprofilen, Essays, Interviews und ausgewählten Rezensionen zu besonderen Büchern als literaturbegeisternder Rundumschlag für die jeweilige Saison. Auch und vor allem diese offenen Bände mit Lyrik und Prosa bekannter und noch unbekannter Autoren sowie Texten über Literatur und Kunst zeugen von einem unerschütterlichen Engagement, das – so schrieb Michael Krüger – „von unserer Gesellschaft kaum als Arbeit, aber sicher nicht als eine unbedingt notwendige angesehen wird“. Herausgegeben werden „die horen“, die seit 2012 im Göttinger Wallstein Verlag erscheinen und dort auch ihren zeitgemäßen Relaunch erhielten, seit 2012 von Dr. Jürgen Krätzer (Leipzig); dem Redaktions-Beirat gehören an Christoph Hein, Katja Lange-Müller und Johann P. Tammen, Herausgeber der „horen“ von 1994 bis 2012. Übrigens: Zum erwähnten Relaunch gehört, dass die in den „horen“ schon immer präsente Bildende Kunst nunmehr auch in einem extra Farbteil zur Anschauung gelangt. Jürgen Christen Cornelia Camen Droemer Knaur-Produktmanagerin Andrea Bauer hat mir ihr Lieblingsbuch aus dem nächsten Frühjahrsprogramm ans Herz gelegt. Albertos verlorener Geburtstag von Diana Rosie könnte auch meins werden: eine zu Herzen gehende Geschichte über einen 7-Jährigen und seinen Großvater, dessen Kindheit teils in Rückblenden Ulrich Faure Schöne literarische Fundstücke: Gabriel Astruc mit Meine Skandale (Berenberg), Julian Maclaren-Ross mit seinem seinerzeit (im englischsprachigen Raum) zurecht berühmten Roman Von Liebe und Hunger (Arco) und natürlich das unschlagbare Team Ilf/Petrow mit Kolokolamsk in der Anderen Bibliothek. Eine Barbara Meixner Die Meisen von Uusimaa singen nicht mehr (S. Fischer) von Franz Friedrich kam mir ziemlich eigenartig vor. Umso verblüffender war die Wirkung: Die Reise in eine unbekannte, so ganz andere Welt hat den Effekt, dass man darüber nachzudenken beginnt, ob man eigentlich so leben will wie man lebt. An einem Jörn Meyer Tatsächlich beweist Joachim Meyerhoff mit Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke (KiWi), dem dritten Teil seiner Alle Toten fliegen hoch-Reihe, erneut, dass der ausgezeichnete Schauspieler auch ein hervorragender Erzähler ist. Gerade seine liebe- und humorvolle, dabei nie spöttische Beschreibung des Friederike von Diest Andreas Eschbach entwirft in Aquamarin (Arena) eine komplexe und durchaus verstörende Welt, wie sie in der Zukunft aussehen könnte, gepaart mit phantastischen Elementen. Allerdings wartet man förmlich jede Seite auf ein „richtiges“ Abenteuer. David Hair punktet weiterhin mit seiner Brücke der GezeitenSusanna Wengeler Aus zwei Kochbüchern habe ich in den vergangenen Wochen Rezepte ausprobiert: Aus Krautkopf (Hölker) von Susann Probst und Yannic Schon den KartoffelSellerie-Kuchen (!) und aus Jamies Superfood für jeden Tag (Dorling Kindersley) die Kürbis-Lasagne. Beide Bücher sind wirklich für den Alltag geeignet, Christian von Zittwitz Meine Frau hat sich von Denis Schecks Begeisterung für die Lebenserinnerungen des Malerbruders von Ludwig Emil Grimm (Die Andere Bibliothek) anstecken lassen: „ideales (Männer)Weihnachtsgeschenk“. Ihren Kundinnen verkauft sie gern Glorreiche Zeiten von Kate Atkinson (Droemer) und Der Glasgarten von Christa aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Bezaubernd auch Bregje Hofstedes Debüt Der Himmel über Paris (C.H. Beck), in dem eine Austauschstudentin das Leben eines Professors ins Wanken bringt – und umgekehrt. Mein Geschenktipp zu Weihnachten: Nopi. Das Kochbuch von Yotam Ottolenghi und Ramael Scully mit Anleihen aus der orientalischen und asiatischen Küche (Dorling Kindersley). Keine Alltagsküche, aber raffiniert und köstlich. verdienstvolle Wiederentdeckung präsentiert auch der neugegründete homunculus-Verlag (s. BuchMarkt 11/2015) mit Carl Einsteins Schlimmer Botschaft. Tolle Geschichten schreibt Lucia Berlin: Was ich sonst noch verpasst habe (Arche). Laura Starinks Meine Mutter aus Mikultschütz (weissbooks.w) geht an die Nieren. Wirklich eine Kulturgeschichte (wie es im Untertitel heißt) präsentiert Werner Schäfke mit seinem Kunsthaus Lempertz bei DuMont. einzigen Tag auf einer der größten Baustellen der Welt, dem Gotthard-Tunnel für Züge, der im nächsten Jahr eröffnet werden soll, hat Zora del Buono ihre Erzählung Gotthard (C.H.Beck) angesiedelt. Eine raffiniert aufgebaute Novelle in schöner Ausstattung. Und was Horst Hummel in seinen Essays Wein und Sinn (Schweikert-Bonn) über den schwäbischen Wein schreibt, ist gemein, aber leider wahr – und unterhaltsam. Zusammenlebens mit den verschrobenen Großeltern ist tolle Unterhaltung. Große Unterhaltung liefert auch Neal Stephenson mit seinem Endzeit-Szenario Amalthea (Manhattan) über das Auseinanderbrechen des Mondes, die Zerstörung der Erde und den Aufbruch in unendliche Weiten. Stephenson zielt dabei nicht auf schnelle Special Effects, sondern widmet sich seiner Thematik auf politischer, technischer und menschlicher Ebene intensiv. Reihe (Blanvalet). In Band vier Die Waffen der Wahrheit verzahnen sich die Handlungsstränge immer mehr, und noch ist kein Ende der Ereignisse in Sicht. Endgame 2, Die Hoffnung (James Frey, Oetinger) ist, genau wie Teil eins, nichts für schwache Gemüter. Der Kampf um den Sieg geht unerbittlich und blutig weiter und verliert dabei nichts von seiner Spannung. Liest sich schnell und locker: David Safier Mieses Karma hoch 2 (Kindler). überraschen mit neuen Ideen, und die Ergebnisse sind sehr, sehr lecker. Dazu beschäftigt mich eine kluge Frau: Astrid Lindgren. Ob die Biografie von Jens Andersen bei DVA, ihre Tagebücher bei Ullstein oder ihr Briefwechsel mit Sara Schwardt bei Oetinger: Immer wieder tauchen da Sätze auf, die in diesen Tagen ihre Bedeutung ganz neu entfalten. Man kann dieser Autorin wirklich stundenlang zuhören, die Bände immer wieder zur Hand nehmen. Hein (FVA), „beide schöne Frauenbücher“. Mir hat sie – wegen der Übersetzung von Rainer Moritz – Pierre Bosts Bankrott (Dörlemann) und Ulrich Woelks „intelligenten“ Kriminalroman Pfingstopfer (dtv) empfohlen; ich ihr für den Laden „alle“ (!) Ross-Thomas-Krimis aus dem Alexander Verlag. Gerade genieße ich die Neuausgabe von Dornbusch, vorher hatte ich (bei Polar) mit In der Sackgasse von Gene Kerrigan einen Autorenbruder des genialen Adrian McKinty (Suhrkamp) entdeckt. 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