Beeinflusst Saunieren den Blutalkoholspiegel?

BASIS__
DIE BESONDERE FRAGE
Beeinflusst Saunieren
den Blutalkoholspiegel?
Hintergrund
Harald Schütz ist Professor für Forensische Toxikologie. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2007
war er in unterschiedlichen Funktionen am Institut
für Rechtsmedizin der Justus-Liebig- Universität
Gießen tätig.
Im Gerichtsalltag treten regelmäßig erhebliche Diskrepanzen zwischen den
häufig zu niedrig angegebenen Trinkmengen und den tatsächlich im Blut
festgestellten hohen Promillewerten auf. Regelmäßig müssen Gutachter daher zu Fragen Stellung nehmen, ob beispielsweise schwere körperliche Tätigkeiten wie mehrstündiges Holzhacken oder Kraftsport, der Besuch einer
Sauna, heißes oder kaltes Duschen, das Einatmen von Alkoholdämpfen, das
Einreiben mit alkoholhaltigen Lösungen, die Gärung von Obst im Magendarmtrakt oder tief greifende psychische Erlebnisse (z. B. Schreck, Freude
oder Trauer) den Blutalkoholspiegel beeinflussen können. Meist geht es darum, einen polizeilich festgestellten hohen Promillewert auf eine andere Entstehungsursache als auf den Konsum erheblicher Alkoholmengen zurückzuführen.
Nein. Verschiedene, häufig vor Gericht angeführte Schutzbehauptungen wurden wissenschaftlich eingehend überprüft.
Hinsichtlich der Einflussfaktoren Arbeit, Sport, Sauna, Dusche und Psyche galt es auf der einen Seite zu überprüfen, ob
sich durch Schwitzen oder andere Flüssigkeitsverluste relevante Veränderungen des Körperwassers (und damit des Widmark‘schen Verteilungsfaktors r) ergeben.
Andererseits, ob durch eine gesteigerte Stoffwechseltätigkeit
und emotionale Erregung auch der Alkoholabbau beschleunigt wird. Zahlreiche Untersuchungen ergaben jedoch für diese Hypothesen keine Anhaltspunkte.
Gärungsprozesse, Dämpfe und Einreibungen
Die Entstehung nennenswerter Mengen von Alkohol durch
Gärung (z. B. von Erdbeeren im Magen oder Darm), die zu einer messbaren und vor allem forensisch relevanten Blutalkoholkonzentration führen würden, ist ebenfalls auszuschließen.
50
Selbst beim Einatmen von Ethanol-Dämpfen, deren Konzentration das 20- bis 50-Fache der zugelassenen maximalen Arbeitsplatzkonzentration betrug, konnte lediglich eine maximale Blutalkoholkonzentration von 0,055 Promille gemessen
werden.
Mögliche Ursachen
Warum es dennoch zu der Diskrepanz zwischen angegebener
Trinkmenge und Promillewert im Blut kommt, kann verschiedene Gründe haben. Zum einen ist das Schamgefühl (z. B. bei
Alkoholproblemen) zu nennen, aus dem heraus die Trinkmenge nach unten korrigiert wird. Weitere Gründe können sein,
dass kein verlässliches Erinnerungsvermögen hinsichtlich der
tatsächlich konsumierten Alkoholmenge (häufig beim „Rundentrinken“ oder „Nachschenken“ von Alkohol) vorhanden ist
oder ein „Restalkohol“ von früheren Trinkereignissen die
Blutalkoholkonzentration hat höher ausfallen lassen.
> DAS PTA MAGAZIN - - - Ausgabe 09-2015 <
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