Chemie Branchenbericht – Corporate Sector Report Die Bank an Ihrer Seite Dieser Bericht wurde im November 2015 abgeschlossen. Chemie 04 Management Summary 04 SWOT Chemie 05 Die Branche im Überblick 05 Konjunkturelle Entwicklung 05 Branchenentwicklung uneinheitlich 06 Profil der Branche 06 Welt: Die Produktion chemischer Erzeugnisse ist regional konzentriert 07 Deutschland: Chemie ist eine der Kernbranchen des Verarbeitenden Gewerbes 07 Nachfrage 07 Welt: Zuwächse vornehmlich in Asien und in den USA 08 Deutschland: exportstark, aber auf Europa fixiert 10 Abnehmerbranchen: Diversifizierung vermindert das Konjunkturrisiko 11 Angebot 11 Produktion weltweit: Zuwachsraten verringern und Produktionsschwerpunkte verlagern sich 12 Wettbewerbsintensität in Deutschland: Kundenbeziehungen gewinnen stark an Bedeutung 12 Kosten 12 Zulieferbranchen: Chemieindustrie an erster Stelle 13 Ertragslage 13 Kurzfristig steigende Renditen durch sinkende Materialkosten 14 Insolvenzrisiko gesunken 14 Langfristige Trends 14 Vermehrte Nachfrage nach höherwertigen Chemikalien 14 Europäische Chemieunternehmen passen Geschäftsmodelle an sich verändernde Rahmenbedingungen an 15 Ausbau der Innovationskraft der europäischen Spezialchemiehersteller 15 Herausforderungen und Chancen der Chemieindustrie durch zunehmende Digitalisierung 16 Erfolgs- und Risikofaktoren 16 Erfolgsfaktoren 17 Risikofaktoren 19 Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen 21 Glossar 4 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Management Summary Die Wachstumszentren der Chemieindustrie verschieben sich von den Industriestaaten in Regionen mit starker wirtschaftlicher Entwicklung (Schwellenländer, besonders China) oder niedrigen Rohstoff- und Energiekosten (Golfregion, USA). Dabei generieren eine mit industriellem Wachstum einhergehende Zunahme des Wohlstandes und der technologische Fortschritt zusätzliche Nachfrage nach höherwertigen Chemieprodukten. Im Vordergrund der Produktentwicklung stehen nachhaltige Lösungen und die Abdeckung globaler Trends wie Ernährung, Mobilität, Umwelt und Energieeffizienz. In Europa werden Kapazitäten der Grundstoffchemie wegen Kostennachteilen bei Energie und Rohstoffen gegenüber anderen Regionen abgebaut, die Spezialchemie gewinnt hier auch durch stabiles Wachstum an Bedeutung. Deutsche Anbieter von Spezialchemikalien (insbesondere Industriechemikalien) werden ihre Innovationskraft unter Einbeziehung externen Know-hows weiter ausbauen müssen. Sie profitieren dabei vom hohen Niveau heimischer Forschungseinrichtungen, von kompetenten industriellen Partnern sowie von anspruchsvollen Kunden, u.a. aus der Kunststoffverarbeitung, der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau. Die zunehmende Digitalisierung birgt Herausforderungen und Chancen für die Chemieindustrie. In den prozessgetriebenen Sparten stehen dabei die Vernetzung von Prozessschritten und Produktionsstandorten im Vordergrund. Die Einbeziehung von Kundendaten in den Digitalisierungsprozess setzt einen ausreichenden Schutz von Datenhaltung und Datenübertragung voraus, den gegenwärtig viele Chemieanbieter noch nicht ausreichend gewährleistet sehen. SWOT Chemie Stärken / Strengths Schwächen / Weaknesses Grundstoffchemie: Grundstoffchemie: • Synergien und Produktivitätsvorteile bei in Verbundstrukturen • Höhere Rohstoff- und Energiekosten in Deutschland im Ver- eingebetteten Anlagen gleich zur außereuropäischen Konkurrenz • Kapitalintensive Produktionsanlagen, energieintensive Ferti- Spezialchemie: • Hohe Innovationskraft auch aus Nutzung der Forschungslandschaft und dem Wissen industrieller Partner • Produktgestaltung aus dem Wechselspiel zwischen Eigenentwicklungen und Kundenanforderungen • Breiter potenzieller Abnehmerkreis, da Einsatz von Chemikalien in nahezu allen Produkten bzw. Produktionsprozessen erfolgt gung • Weitgehende Abhängigkeit der europäischen Chemieunternehmen vom Rohstoff Öl Spezialchemie: • Innovationsprozesse komplex und langwierig, daher hoher (Human)-Kapitalbedarf • Marktmacht der Rohstofflieferanten Chancen / Opportunities Risiken / Threats Grundstoffchemie: Grundstoffchemie: • Erhöhung der Produktionseffizienz • Zunehmende Kapazitäten im Nahen Osten und den USA bei • Verwendung alternativer Ressourcen wie Erdgas oder nachwachsende Rohstoffe Spezialchemie: • Intensivierung der Zusammenarbeit mit Kunden in der Produktentwicklung • Steigende Produktnachfrage in Schwellenländer • Entwicklung umweltfreundlicher Chemikalien und Verfahren • Einsatz innovativer Technologien bei Produkten und Prozessen Vorteilen in der Rohstoffversorgung Spezialchemie: • Abnehmerbranchen verlagern Produktion in asiatische Wachstumsmärkte • Ausbau der Wertschöpfungskette der Grundstoffchemiehersteller hin zu Spezialchemikalien (vor allem in den Wachstumszentren China, USA, Golfregion) • Ineffiziente Forschung und Entwicklung (z.B. Nano- und Biotechnologie) Stärken und Schwächen beziehen sich auf die aktuelle Situation, während Chancen und Risiken sich auf erwartete Entwicklungen beziehen. 5 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Die Branche im Überblick Konjunkturelle Entwicklung Branchenentwicklung uneinheitlich Chance: Kräftige wirtschaftliche Erholung in der Europäischen Union Risiko: Aufwertung des Euros und starker Anstieg des Erdölpreises Das globale Wirtschaftswachstum dürfte 2016 mit 3,2% wieder etwas höher ausfallen als 2015 (2,9%). Trotz der Abkühlung der wirtschaftlichen Entwicklung in China sowie der Erholung in Europa Weltwirtschaft 2016 wieder mit höherer Zuwachsrate finden die Zuwächse hauptsächlich in den Schwellenländern bzw. außerhalb Europas statt. Für Deutschland ist mit moderaten Zuwachsraten zu rechnen (2015: 1,8%; 2016: 1,5%). Als Frühzykliker sollte die Chemische Industrie eigentlich von der Eintrübung der Konjunktur negativ betroffen sein, wobei hierbei auch Lagereffekte eine große Rolle spielen. Allerdings ist bereits seit einigen Jahren in gewissem Maße eine Entkopplung der Entwicklung der Wirtschaft einerseits und der Chemieindustrie in Deutschland andererseits zu beobachten. Dies zeigt der Rückgang in der Chemieproduktion seit 2013, während das Verarbeitende Gewerbe seitdem einen Zuwachs von 4% erzielte. Hintergrund ist Entwicklung in Grundstoffchemie und Spezialchemie unterschiedlich der strukturell bedingte Abbau von Kapazitäten im Bereich der Grundstoffchemie, die aufgrund ihres großen Gewichts die Zuwachsraten bei den industrienahen Spezialchemikalien überkompensiert hat. Deutschland: starke Impul se bleiben aus Produktion und Auftragseingang (Volumen), gleitende 6-Monatsveränderung, Veränderung ggü. Vorjahr in % 50 Reale Auftragseingänge (Jan.-Sep. 2015 ggü. Vorjahr in %: Insgesamt -0,8% Grundstoffchemie -1,5% Spezialchemie +0,5% 40 30 20 10 0 Produktion: Insgesamt Grundstoffchemie Spezialchemie -10 -20 -30 -40 2005 2006 2007 200 8 2009 2010 2011 2012 20 13 2014 -1,0% -1,8% +1,0% 2015 Produktion Grundstoffchemikalien Auftragseingang Grundstoffchemikalien Produktion Spezialchemikalien Auftragseingang Spezialchemikalien Quellen: Destatis, Feri 2015 Vor diesem Hintergrund wird es zunehmend schwierig, allein aus dem konjunkturellen Umfeld eine Prognose abzuleiten. Zumindest deuten die momentanen Einschätzungen der Unternehmen in Bezug auf aktuelle Lage und zukünftige Entwicklung keine negative Entwicklung an. Gestützt wird dies durch eine Kapazitätsauslastung der Branche, die im dritten Quartal 2015 mit 84,7% über dem langjährigen Durchschnitt von 83,4% lag. Der niedrige Erdölpreis sowie die Abwertung des Euros sollten die Branchenkonjunktur vor allem im Auslandsgeschäft beleben, für 2016 wird daher mit einem moderaten Plus für die Produktion gerechnet. 2016: moderates Plus bei Chemieproduktion erwartet 6 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Geschäftsklima in Deutschland: kau m Unterschied e bei Grunds toff- und Spezialchemikalien Saldo, in Prozent, saisonbereinigt 80 60 40 20 Branche im ruhigen Fahrwasser 0 -20 -40 -60 -80 2004 2005 20 06 2007 200 8 2009 2010 2011 2012 Grundstoffchemikalien 2013 2014 201 5 Spezialchemikalien Quellen: Destatis, Feri 2015 Profil der Branche Welt: Die Produktion chemischer Erzeugnisse ist regional konzentriert Die Chemiebranche ist weitgehend globalisiert und lässt sich grob in Grundstoff- und Spezialchemikalien unterteilen. Aufgrund der spezifischen Produktionsprozesse, der langen Wertschöpfungskette, den daraus resultierenden zahlreichen brancheninternen Zulieferbeziehungen sowie die in einigen Subbranchen mit regionalen Umsatzschwerpunkten Sparten auftretenden hohen Transportkosten fällt die Bedeutung der jeweiligen Subbranchen in den Regionen unterschiedlich aus. Während Chemiefasern überwiegend in China (70%) produziert werden, liegt der Umsatzschwerpunkt bei Kosmetika, Reinigungs- und Waschmitteln in den USA (32%). In der EU ist der Anteil der speziellen chemischen Anwendungen und Produkte, die in der Gruppe der Große Verschiebungen bei den Weltmarktanteilen der jeweiligen Herstellerländer sonstigen Chemikalien zusammengefasst werden, mit 17% relativ hoch. Ausgelöst durch den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas (und anderer Schwellenländer) haben sich in den letzten 10 Jahren die Weltmarktanteile drastisch verschoben. In der Chemie-Branche steigerte China seinen Umsatzanteil von 10% im Jahr 2004 auf über 37% im Jahr 2014. Im gleichen Zeitraum schrumpften die Anteile der Aufbau von Produktionskapazitäten in Asien und Golfregion EU (2004: 32%; 2014: 18%), der USA (22%; 17%) und Deutschlands (9%; 6%). Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, besonders im Bereich Grundstoffchemie wird der laufende Kapazitätsaufbau in Asien und in der Golfregion zu weiteren Anteilsverlusten der EU führen. Globale Umsatzstruktur: Bedeutung Chinas u nd Asiens nimmt zu Umsatzanteile der in der jeweiligen Region ansäs sigen Unternehmen in % Spezialchemikalien 2014 China bedeutendster Chemiestandort mit Umsatzanteil von 37% Spezialchemikalien 2004 Grundstoffchemikalien 2014 Grundstoffchemikalien 2004 0% USA 10% EU ex Deutschland Quellen: nationale Statistische Ämter, Feri 2015 20% 30% Deutschland 40% 50% 60% 70% Asiatische Schwellenländer ex China 80% China 90% 100% Übrige Welt 7 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Deutschland: Chemie ist eine der Kernbranchen des Verarbeitenden Gewerbes Die Chemische Industrie in Deutschland erzielt 2015 voraussichtlich einen Umsatz von 137 Mrd. Euro. Der Anteil an der Bruttowertschöpfung (Umsatz minus Vorleistungen) des Verarbeitenden Ge- Chemische Industrie bedeutende kapitalintensive Branche werbes lag 2014 bei 7,5%. In den Unternehmen der Branche arbeiten 325 Tausend Personen, das sind 5,3% der im Verarbeitenden Gewerbe beschäftigten Personen. Die Unternehmensstruktur in den einzelnen Sparten ist heterogen. Eine der konzentriertesten Bereiche ist die Grundstoffchemie. Hier erwirtschafteten die Betriebe ab 50 Mio. Euro Umsatz, die 10% Branchenstruktur sehr heterogen … der gesamten Unternehmen in der Sparte ausmachen, über 90% der Umsätze (Verarbeitendes Gewerbe: 2%; 78%). Die Spezialchemie ist hingegen wesentlich stärker von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt. So haben im Bereich Agrochemie (Herstellung von Schädlingsbekämpfungs-, Pflanzenschutz- und Desinfektionsmitteln) die Unternehmen in der Umsatzklasse größer … mit vielen spezialisierten mittelständischen Unternehmen bei den Herstellern von Spezialchemikalien als 50 Mio. Euro Umsatz einen Anteil an der Unternehmenszahl der Branche von knapp 3%, bei einem Anteil am Gesamtumsatz von lediglich 42%. Auch in Bezug auf die internationale Ausrichtung der Unternehmen bestehen zwischen den Subbranchen erhebliche Unterschiede. Während die Sparten Kosmetika, Wasch- und Pflegemittel sowie Lacke und Farben mit einem Auslandsumsatzanteil von jeweils etwa 40% stärker auf das Inland fokus- Außenhandelsorientierung der Subbranchen unterschiedlich ausgeprägt siert sind, fällt die Außenhandelsorientierung in der Sparte Chemische Grundstoffe mit 64% und bei Sonstige chemische Erzeugnisse mit 60% deutlich höher aus. Deutschland Welt Produktion ggü. Produktion ggü. Umsatz Vorjahr Umsatz Vorjahr Anteil Veränderung Anteil Veränderung Mrd. Euro in % in % Mrd. Euro in % in % 2015* 2015* 2015* 2016* 2015* 2015* 2015* 2016* Chemie gesamt 136 100 -0,5 1,2 3.698 100,0 4,1 4,0 Grundstoffchemie 91 67 -1,1 0,5 2.388 64,6 4,0 4,0 Grundstoffchemie 88 65 -1,1 0,5 2.222 60,1 4,1 4,0 2 2 -1,6 0,9 166 4,5 3,3 2,7 45 33 0,7 2,7 1.309 35,4 4,3 4,1 2 2 1,0 1,7 127 3,4 3,3 3,1 Lacke und Farben 10 7 -1,4 1,7 236 6,4 3,0 2,8 Kosmetika, Waschund Pflegemittel 13 9 -2,9 1,5 346 9,3 2,7 2,8 Sonstige chemische Erzeugnisse 20 15 4,1 4,1 601 16,2 5,9 5,6 Chemiefasern Spezialchemie Agrochemie Deutschland weist Schwerpunkte in den Bereichen Grundstoffchemie und Sonstigen chemischen Erzeugnissen auf Quellen: Destatis, nationale Statistiken, Feri 2015, * Commerzbank Prognosen Nachfrage Welt: Zuwächse vornehmlich in Asien und in den USA Chance: steigende Nachfrage nach Spezialchemikalien in den Schwellenländern Risiko: Kapazitätsausweitungen in der asiatischen Grundstoffchemie setzen deutsche Standorte unter Druck Die Nachfrage nach Chemikalien wird zum einen in Form einer quantitativen Komponente durch die konjunkturelle Situation bestimmt. Zum anderen treibt der technische Fortschritt sowie die Diversifizierung der industriellen Wirtschaftsstruktur eines Landes in vielen einzelnen Branchen die Nachfrage nach neuen chemischen Produkten und Anwendungen in einer qualitativ-strukturellen Form (s. Trends). Insofern ist die Entwicklung der weltweiten Industrieproduktion, die 2015 voraussichtlich etwa um 3% zulegen wird, ein wichtiger Indikator für die Entwicklung in der Chemieindustrie. Trotz der geringeren Wachstumsrate in China sowie der Rezessionen in Russland und Brasilien findet ein Groß- Strukturelle Nachfrage nach Chemikalien vom Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft abhängig 8 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT teil der realen Umsatzzuwächse aufgrund des wirtschaftlichen Aufholprozesses nach wie vor in den Wachstum findet hauptsächlich in den Schwellenländern statt Schwellenländern statt. Eine Ausnahme stellen die Vereinigten Staaten dar, deren chemische Industrie vor dem Hintergrund der niedrigeren Gas- und Erdölpreise im Vergleich mit Europa oder Japan kräftig expandiert. Marktwachstum in China verläuft langsamer, ist aber ungebrochen Inländischer Markt (Umsatz - Exporte + Importe) in Mrd. Euro, reale Veränderungsraten Marktgröße Inlandsnachfrage 2014 in Mrd. Euro Brasilien Grundstoffchemikalien Brasilien Spezialchemikalien China Grundstoffchemikalien 892,9 China Spezialchemikalien 417,3 Europäische Union Grundstoffchemikalien 349,6 Europäische Union Spezialchemikalien 166,4 Indien Grundstoffchemikalien 61,8 Indien Spezialchemikalien 26,9 Japan Grundstoffchemikalien 90,8 Japan Spezialchemikalien USA Grundstoffchemikalien 298,2 USA Spezialchemikalien 166,9 2015* 2016* 2017* Veränderung ggü. Vorjahr in % 52,0 27,3 28,0 Quelle: Destatis, nationale Statistiken, Feri 2015, * Commerzbank Prognosen Umsatzentwicklung oft durch Preiseffekte dominiert Die höheren Zuwächse in den Schwellenländern werden ungeachtet von konjunkturellen Schwächephasen voraussichtlich in den nächsten Jahren anhalten. Da aufgrund der hohen Volatilität der Rohstoffpreise die Preiseffekte oftmals die Umsatzentwicklung dominieren, kann der Vergleich der durchschnittlichen nominalen Zuwachsraten nur eine Indikation in Bezug auf die unterschiedliche Marktdynamik geben (durchschnittlicher Anstieg p.a. 2015–2025: Westeuropa: 2%; Nordamerika: 5%; Südamerika: 3%; Asien: 8%). Deutschland: exportstark, aber auf Europa fixiert Nach dem Kriseneinbruch 2008/2009 entwickelten sich die Auftragseingänge der Grundstoff- und Spezialchemikalien aus dem In- und Ausland weitgehend ähnlich. Seit Beginn des Jahres 2013 differenzierte sich das Orderverhalten allerdings vermehrt aus. Dabei unterscheidet sich das Nachfrageverhalten aus dem EU-Ausland und dem Rest der Welt insgesamt betrachtet nur wenig, trotz der unterGeschäftsverbindungen in die Schwellenländer werden immer wichtiger schiedlichen Situation, in denen sich die jeweiligen Länder befinden. Die (europäischen) Industrieländer auf der einen Seite, charakterisiert durch gesättigte Märkte und rezessive Tendenzen, die erst seit 2014 überwunden sind. Dem gegenüber stehen die Schwellenländer, die sich strukturell weiterhin in einer Aufschwungphase befinden. Offensichtlich profitiert der Produktionsstandort Deutschland davon nur unterdurchschnittlich. 9 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Auftragseingäng e Deutschland: Grund stoffchemikal ien m it l eichtem Plus Wer tindex, Grundstoffc hemie und Spezialchemie , gleitender 3-Monatsdurchschnitt, Index 2010 = 100 130 120 Höhere Nachfrage nach Spezialchemikalien 110 100 90 80 70 60 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Grunds to ffchemikalien Inland Grundstoffchemikalien Ausland Spezialchemikalien Inland Spezialchemikalien Ausland Quellen: Destatis 2015, Feri Hintergrund ist die Exportstruktur deutscher Unternehmen. Die chemische Industrie ist sehr exportorientiert, allerdings wird der Hauptteil der Erzeugnisse in das europäische Ausland ausgeführt. So blieb der Anteil der Ausfuhren in die Länder der EU zwischen 2009 und 2014 mit 61,0% (2009) und 61,8% (2014) weitgehend konstant, während gleichzeitig der gesamte Exportwert von 75 Mrd. Euro auf 107 Mrd. Euro anstieg. Für die Unternehmen ist daher vor allem die Nachfrage in Europa wichtig, wobei innerhalb der EU die osteuropäischen Märkte relativ an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus Bedeutung Osteuropas als Abnehmer nimmt zu sollte die wirtschaftliche Belebung in Europa für den Produktionsstandort Deutschland aufgrund seiner Stärke bei den industrienahen Chemikalien vorteilhaft sein. Der Anteil der USA als wichtigster außereuropäischer Handelspartner sank im betrachteten Zeitraum von 6,2% auf 5,5%, wobei nach einem deutlichen Rückgang 2014 die Exporte 2015 (Januar bis August) mit +14% wieder stark zulegten. Generell wird die starke Abwertung des Euros das Auslandsgeschäft mit den USA bzw. Nicht-EU-Staaten beleben. Chemieindustrie in Deutsch land: EU mit Abstand größter Exportm arkt Außenhandel nach Regionen, Anteile in % Ande re Länder 100 Brasi lien China 80 Ja pa n 60 Außenhandel Deutschlands auf die EU ausgerichtet; Exporte in die asiatische Schwellenländer wenig ausgeprägt 100 80 60 Asien (ohne C, J) 40 40 USA 20 Schweiz 0 EU-27 (ohne D) Import 200 9: 50.6 Mrd. Euro Quelle: Feri, Destatis 2015 Impo rt 2014: 74.6 Mrd. Euro 20 0 Export 2 009: 75.2 Mrd. Euro Export 2014: 107.2 Mrd. Euro 10 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Die relativ geringe Bedeutung der Absatzmärkte außerhalb der EU hat ihre Ursache in der spezifischen Beschaffenheit der Güter, bei der für die große Gruppe der chemischen Grundstoffe aufgrund der relativ hohen Transportkosten eine Ausfuhr über weite Entfernungen nur bedingt lohnend ist. Damit verbunden ist im Bereich der Grundstoffchemie eine – bis zu einem gewissen Grad vorhandene – Selbstversorgung einiger Länder oder sie werden aus geographisch näher liegenden Quellen wie aus Vermehrt Produktionsstätten deutscher Unternehmen im außereuropäischen Ausland den Anlagen der Golfregion versorgt. Darüber hinaus verfügen etliche Unternehmen bereits über Produktionsstätten im Ausland und bedienen direkt die lokalen Märkte. Die Bedeutung des nichteuropäischen Auslands für die Unternehmen ist somit höher als der in der Graphik abgebildete Exportanteil. Globales Absatzpotenzial von Spezialchemikalien nimmt zu Unabhängig von der Art, wie die Märkte bedient werden, gilt es für europäische Chemieunternehmen, den Geschäftsanteil in den Wachstumsmärkten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zu erhöhen. Gerade bei Spezialchemikalien wächst das Absatzpotenzial, während es aufgrund des harten Wettbewerbs bei den Grundstoffchemikalien begrenzt bleibt. Abnehmerbranchen: Diversifizierung vermindert das Konjunkturrisiko Trends in Abnehmerbranchen sind Treiber von Innovationen Chemische Erzeugnisse finden in zahlreichen Produkten und Prozessen Anwendung, daher kann das Verarbeitende Gewerbe als relevante Abnehmer aufgefasst werden. Trends wie der Leichtbau in der Automobilindustrie oder die Energieeffizienz von elektrischen Geräten beleben die Nachfrage und sind Innovationstreiber (s. Trends). Als Ausdruck der hohen Spezialisierung innerhalb der Wertschöpfungskette entfällt in der Chemischen Industrie ein Großteil der Nachfrage zunächst auf die eigene Branche. Daher ist der tatsächliche Verwendungsanteil der Abnehmerindustrien – und damit ihr Einfluss auf die Nachfrage nach chemischen Produkten – deutlich höher als in der Graphik ausgewiesen. Generell sind Entwicklungsstand und Ausprägung der Industriestruktur in den jeweiligen Ländern entscheidend für die Bedeutung einzelner Abnehmerbranchen und damit für die einzelnen Sparten. Dabei unterscheiden sich die Länder bzw. Regionen von ihrer Position im Konjunkturverlauf. Darüber hinaus Abnehmer in verschiedenen Branchen reduzieren Konjunkturrisiko unterliegen Branchen wie der Maschinenbau und die Elektroindustrie starken Konjunkturzyklen, während die Konsumgüter- und Pharmabranche wenig zyklisch sind. Unternehmen, die unterschiedliche Wirtschaftsbereiche und Regionen beliefern, können daher konjunkturell bedingte Absatzschwankungen besser abfedern. Chemieindu strie aufgru nd langer Wertschöpfungskette größte Abnehm erbranche Abnehmerbranchen in Deutschland, Anteile an Gesamt 2015 Bis auf den Bereich Gummi- und Kunststoffwaren sind Abnehmer außerhalb der Chemieindustrie sehr differenziert Sonstige Bereiche 17% Bauwirtschaft 2% Maschinenbau 1% Fahrzeugbau 2% Landwirtschaft 2% Gummi- und Kunststoffwaren 13% Pharmazie 2% Quellen: Destatis 2015, Commerzbank Schätzung Chemie 61% 11 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Angebot Produktion weltweit: Zuwachsraten verringern und Produktionsschwerpunkte verlagern sich Chance: Stärkung der Wettbewerbsposition in der Spezialchemie durch Intensivierung der Produktentwicklung mit Kunden Risiko: Verlust des Entwicklungsvorsprungs Die Zuwachsraten in der Welt-Chemieproduktion 2015 verringern sich gegenüber dem Vorjahr. Negativ wirken sich die konjunkturelle Eintrübung in China und die Rezession in Brasilien aus, die die positiven Produktionsentwicklungen z.B. in den USA und Russland überkompensieren. Langfristig Zuwachsraten bei Chemieproduktion verringern sich bleibt global der generelle Aufwärtstrend in der Chemie bestehen. Ursache sind die vorhandenen strukturellen Treiber (s. Trends) sowie die Innovationen in Bezug auf neue Produkte und Prozessen innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes. Der Schwerpunkt der Produktion wird sich weiter verlagern, weg von den Ländern der Triade (EU, Japan und USA) hin zu den Schwellenländern. Ursache ist der fortschreitende wirtschaftliche Aufbaubzw. Aufholprozess der Schwellenländer, der zu Nachfragesteigerungen und Kapazitätsaufbau führt. So hat sich in China in den letzten 5 Jahren die Chemische Industrie deutlich besser als das Verarbei- Aufbau neuer Kapazitäten vor allem in Asien und der Golfregion wegen Nähe zu den Kunden bzw. Rohstoffen tende Gewerbe entwickelt. Auch westliche Unternehmen haben hier durch Direktinvestitionen Kapazitäten aufgebaut. Vor allem bei den chemischen Grundstoffen, aber auch bei den weniger aufwendigen chemischen Erzeugnissen ist der Versorgungsgrad durch heimische Produkte sehr hoch, während bei Spezialchemikalien die Nachfrage noch teilweise durch Importe gedeckt wird. Dieser Prozess wird sich in Zukunft fortsetzen, besonders in anderen (asiatischen) Schwellenländern. Dies ist Ausdruck des In China Versorgungsgrad mit chemischen Grundstoffen sehr hoch, Spezialchemikalien werden noch teilweise importiert Trends, die Produkte einerseits vermehrt nahe stark wachsender Absatzmärkte bzw. lokal beim Kunden herzustellen. Dadurch kann die Zusammenarbeit mit den Abnehmern intensiviert bzw. gezielter auf Kundenwünsche eingegangen werden. Andererseits werden Produktionsanlagen in Regionen aufgebaut, in denen eine kostengünstige Rohstoffversorgung gegeben ist wie in den Ländern der Golfregion. Produktion: d er Aufstieg Chinas Chemische Erzeugnisse, Index 2002 = 10 0 ohne Emerging Markets 50 0 175 40 0 Durchschnittlicher Produktionszuwachs Chinas zwischen 2004 bis 2014: 13,2% 150 30 0 Die entsprechenden Werte für die Welt betrugen 3,9%, für Deutschland 0,3% 125 20 0 100 10 0 0 75 2002 2004 2006 Brasilien 2 008 2010 2012 China Quellen: Destatis, Feri, Nationale Statistiken 2015 2014 Deutschland 2002 2004 Japan 2006 2008 USA 2010 2012 2014 Welt 12 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Wettbewerbsintensität in Deutschland: Kundenbeziehungen gewinnen stark an Bedeutung Internationale Arbeitsteilung entlang der Wertschöpfungskette Die bisherigen Handelsbeziehungen Deutschlands mit den osteuropäischen Ländern sowie den (asiatischen) Schwellenländer sind vom Absatz komplexer Produkte geprägt. Diese Ausrichtung beginnt sich allmählich zu ändern. Durch den technologischen Aufholprozess nimmt das Know-how in Ausdifferenzierung der Wirtschaft in den Schwellenländern führt zu qualitativ besseren Produkten der heimischen Anbieter … Bezug auf die Entwicklung und Herstellung chemischer Produkte in Osteuropa und in den Schwellenländern zu, während bei den Grundstoffchemikalien der Wettbewerb dagegen allein über den Preis erfolgt. In den Schwellenländern treten die Exporte aus Deutschland somit in einen verstärkten Wettbewerb mit den dort hergestellten Produkten. Darüber hinaus werden die Exporte der Hersteller von … wodurch die Wettbewerbsintensität für deutsche Hersteller steigt. Spezialchemikalien aus diesen Ländern zunehmen. Im Ergebnis wird die Wettbewerbsintensität für die deutschen Produzenten auch im Heimatmarkt zunehmen. Vor diesem Hintergrund gewinnen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung als zentrales Mittel zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit noch mehr an Bedeutung, wobei die Nähe zum Kunden – gerade auch im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Produkte – immer wichtiger wird (s. Trends). Kosten Zulieferbranchen: Chemieindustrie an erster Stelle Chance: Anhaltend niedriger Erdölpreis verbessert Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA Risiko: Im Ländervergleich überproportionale Energiekostenerhöhungen Hohe Abhängigkeit von Zulieferungen aus der Branche Durch eine hohe Spezialisierung auf einzelne Prozessschritte ist die Wertschöpfungskette bei chemischen Produkten stark unterteilt. Dies spiegelt sich in dem hohen Anteil der Vorleistungen aus der eigenen Branche und hat zur Folge, dass die hohe Bedeutung der Zulieferungen aus der Mineralölverarbeitung für die organische Grundstoffchemie in der Darstellung marginalisiert wird. Zudem ist die anorganische Chemie (s. Glossar) in Deutschland ein bedeutender Wirtschaftszweig. Wichtige Vorleistungen stellen die unternehmensbezogenen Dienstleistungen dar, hierzu gehören technische, physikalische und chemische Untersuchungen (u.a. Laborleistungen, und ausgelagerte F&E). Chemische Industrie wichtigster Zulieferer Vorleistungen nach Branchen in Deutschland, Anteile an Gesamt, 2015 Erdöl und -gas so wie Strom-, Gas und Erze, Steine, Erden Wasserversorgung 3% und -entso rgung 4% Sonstige Bereiche 10% Einzelhandels und Großhandelsleistungen 4% Ko kerei- und Mineralölerzeugnisse 6% Chemische Erzeugnisse 60% Unternehmensbezogene Dienstleistungen 13% Quelle: Destatis 2015, Commerzbank Schätzung In der organischen Chemie in Abhängigkeit von Verarbeitungsstufe hohe Bedeutung des Erdölpreises Da für die heimische Chemieindustrie Erdöl bzw. das daraus gewonnene Naphta Ausgangsbasis der organischen Chemie ist, wird der Materialkostenanteil erheblich durch den Rohölpreis beeinflusst. Die Bedeutung des Erdöls als Kostenfaktor nimmt mit den einzelnen Verarbeitungsstufen bzw. im Zuge der Wertschöpfung innerhalb der Chemiebranche sukzessive ab. Der Erdölpreis wird angesichts der wirtschaftlichen Abkühlung und des gestiegenen Weltmarktangebots in den nächsten Jahren auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau verbleiben (Commerzbank Prognose WTI: 2015: 56 $/Fass; 13 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 2016: 62 $/Fass), wobei durch den ebenfalls gesunkenen Euro-Kurs im Verhältnis zum US-Dollar die Preissenkung für die Unternehmen in Deutschland nicht ganz so hoch ausfällt. Preisüberwälzungen sind entlang der Wertschöpfungskette bei entsprechender Marktmacht (z.B. bei kundenindividualisierten Produkten), geringer Substituierbarkeit der bezogenen Produkte sowie Kapazitätsengpässen einfacher möglich. Darüber hinaus sind Zeitpunkt und Umfang der Weitergabe Bei Bestehen von Marktmacht ist Spielraum für Preisüberwälzungen hoch von Kosten auch abhängig von in bestehenden Lieferanten- und Kundenverträgen getroffenen Vereinbarungen. Entsprechendes gilt auch bei den Forderungen nach Preisnachlässen im Zuge von gesunkenen Kosten. Die Anzeichen deuten darauf hin, dass die niedrigeren Rohstoffkosten im Bereich Erdöl im ersten Halbjahr 2015 verspätet bzw. nur teilweise an die Unternehmen am Ende der Wertschöpfungskette weiter gegeben wurden. Mit etwa 5% Energiekostenanteil ist die Chemiebranche mehr als doppelt so energieintensiv wie das Verarbeitende Gewerbe gesamt. Elektrischer Strom ist in diesem Zusammenhang der Energieträ- Elektrischer Strom bedeutendster Energieträger ger mit der höchsten Bedeutung. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Kosten im Zusammenhang mit der Energiewende (Bedarf an neuen Stromtrassen, Förderung der Erneuerbaren Energien etc.) ist auch in Zukunft mit steigenden Preisen bzw. Kosten zu rechnen. Der Personalkostendruck nimmt durch den steigenden Fachkräftemangel langfristig zu. Besonders kleine und mittlere Unternehmen, Steigende Personalausgaben in Verbindung mit F&E gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen die für hochqualifizierte Fachkräfte weniger attraktiv sind, werden überproportional betroffen sein. Deutsche Chemiebranche: Überdurchschnittlich hohe Energiekosten Anteil der einzelnen Kostenarten an den Gesamtkosten in Prozent, 2013 Sektor Material- Energie- Handelsware und Personal- Sozialkosten Sonstige verbrauch verbrauch Lohnarbeiten kosten insgesamt Kosten Verarbeitendes Gewerbe 44,5 2,2 15,1 15,2 3,3 19,8 Chemie gesamt 37,9 4,8 21,4 11,4 2,7 21,8 Chemische Grundstoffe 36,5 6,1 21,5 10,4 2,5 23,0 Schädlingsbekämpfungsmittel 45,8 2,1 5,0 16,9 4,3 25,9 Anstrichmittel, Farben 44,0 1,4 12,8 17,8 3,7 20,3 Seifen, Wasch- u. Körperpflegemittel 42,7 1,2 13,6 13,8 3,2 25,5 Sonst. chemische Erzeugnisse 36,4 2,2 31,8 11,3 2,7 15,6 Chemiefasern 52,4 8,9 4,2 14,3 3,2 16,9 Quelle: Destatis 2015 Ertragslage Kurzfristig steigende Renditen durch sinkende Materialkosten Chance: Entwicklung und Konzentration auf Spezialitäten und konsumnahe (Vor-)Produkte Risiko: Steigende Kosten durch Verschärfung von gesetzlichen Auflagen im Bereich Umweltschutz und Energie Nach Überwindung der Wirtschaftskrise hat sich die Ertragslage in der Branche in Deutschland deutlich verbessert. Nach Angaben von Creditreform betrug 2009 die Gesamtkapitalrentabilität in der Gesamtkapitalrentabilität 20102014 bei rund 8% Chemischen Industrie 6,6%, damit schnitt die Branche besser ab als das Verarbeitende Gewerbe (5,5%). Der Unterschied blieb auch in den folgenden Jahren bestehen, die Rentabilität in der Chemie lag bei über 8% gegenüber einem Wert von über 7% im Verarbeitenden Gewerbe. Der EBIT verhielt sich entsprechend mit Werten von über 5% für die Chemie und über 4% im Verarbeitenden Gewerbe. Über dem Durchschnitt lagen die Hersteller von Fein- und Spezialchemikalien, die Produzenten für Grundstoffchemikalien darunter. Erstere profitierten von dem höheren Grad der Produktspezialisierung bzw. Marktmacht gegenüber den Abnehmern. Für 2015 wirkt sich der gesunkene Erdölpreis auf die Erträge positiv aus. Hierdurch sinkt der Kostendruck auf der Materialseite, wobei der Umfang der Weitergabe der Vorteile entlang der Wertschöpfungskette von laufenden Lieferverträgen sowie der Zunehmender Wettbewerbsdruck aufgrund des steigenden Angebots aus dem Mittleren Osten Euro-Abwertung und sinkender Erdölpreis wirken sich ertragssteigernd aus 14 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Machtverhältnissen abhängt. Die Abwertung des Euros steigert Exporterlöse von außerhalb den EuroZone. Des Weiteren können sich durch den Abschluss von TTIP zukünftig die Einfuhrpreise von Inputfaktoren verringern. Zusätzliche Kosten können z.B. in Form höherer EEG-Umlagen infolge des novellierten EEG (s. Pol. u. gesetzl. Rahmenbed.) auf die Unternehmen zukommen. Darüber hinaus werden die Margen infolge des zunehmenden Wettbewerbs mit Anbietern aus dem Nahen Osten und aus Asien stärker unter Druck geraten. Insolvenzrisiko gesunken Mit einer Insolvenzquote von rund 1% liegt die Chemieindustrie in Deutschland im Mittel des VerInsolvenzrisiko der Branche ähnlich wie das Verarbeitende Gewerbe arbeitenden Gewerbes der letzten 10 Jahre. Bei den Subsegmenten fallen die relativ hohen Insolvenzquoten bei den Herstellern von Kunststoffen in Primärform (1,75%) sowie im Bereich Herstellung von Seifen, Wasch-/Reinigungs-/Körperpflegemitteln und von Duftstoffen (1,16%) auf. Unterdurchschnittliche Insolvenzquoten hingegen weisen die Produzenten von organischen Grundstoffen sowie die gro- Kaum Veränderungen beim Insolvenzrisiko 2015 und 2016 zu erwarten ße Gruppe der Hersteller von sonstigen Chemikalien (0,76%) auf. Seit 2011 hat sich die Quote in der Chemieindustrie kontinuierlich verringert. Zuletzt sank sie von 0,8% im Jahr 2013 auf 0,7% im Jahr 2014. Sie schnitt dabei leicht besser ab als die Industrie insgesamt, deren Quote von 1,0% auf 0,8% sank. Für 2015 und 2016 sind keine wesentlichen Veränderungen der Insolvenzquote zu erwarten. Langfristige Trends Vermehrte Nachfrage nach höherwertigen Chemikalien Wohlstandszunahme und technologischer Fortschritt führen zu überdurchschnittlichem Wachstum … Ein mit industriellem Wachstum einhergehender Wohlstandsgewinn und der technologische Fortschritt generieren zusätzliche Nachfrage nach höherwertigen Chemieprodukten. Im Vordergrund der Produktentwicklung steht die Überführung globaler Trends (Ernährung, Mobilität, Umwelt, Energieeffizienz) in nachhaltige Lösungen u.a. im Agrar-, Verkehrs- und Bausektor. So ist in den Schwellenländern Asiens ein zunehmender Fleischkonsum zu verzeichnen. Der mit steigender Fleischproduktion einhergehende zusätzliche Futterbedarf wird – bei begrenzter Anbaufläche – wesentlich durch den Einsatz von Agrarchemikalien erreicht. Fortschritte im Pflanzenschutz, bei Düngemitteln sowie durch verbesserte Anbauverfahren (Saatgut) führen zu steigenden Ernteerträgen. Im Verkehrssektor fördern … Agrar- und Spezialchemikalien sind dafür die maßgebenden Treiber Chemieunternehmen nachhaltige Produkte durch die Entwicklung von Leichtbaumaterialien, Elektromobilität und elektrochemischen Speichern. Zudem erweitern Materialien mit verbesserten Funktionseigenschaften das Anwendungsspektrum im Automobilbau. Zu nennen sind hier eine verstärkte Nachfrage nach hochwertigen Speziallacken und eine fortschreitende Substitution von Metall und Glas durch Hochleistungskunst- und Verbundwerkstoffe. Für die Bauindustrie werden spezielle Kunststoffe für Türen, Fenster und den Innenausbau entwickelt. Auf chemischen Prozessen aufbauende Materialien werden zur Wärmedämmung oder Isolierung in Neu- und Bestandsbauten eingesetzt. Europäische Chemieunternehmen passen Geschäftsmodelle an sich verändernde Rahmenbedingungen an Meist reife Absatzmärkte in Europa Die europäische Chemieindustrie ist gekennzeichnet durch reife heimische Absatzmärkte und – trotz zuletzt gesunkener Ölpreise – weiter vergleichsweise hohe Rohstoff- und Energiekosten. Maßgebliche Absatzmärkte wie die Bau-, Metall-, Kunststoff- und Agrarindustrie expandieren in Europa deutlich geringer als global. Die europäische Papierindustrie schrumpft, die Textil- und Elektronikindustrie ist zum großen Teil nach Asien abgewandert. Die gegenwärtig zu verzeichnenden Wachs- Chemieproduktion in der Golfregion und in den USA begünstigt durch niedrige Rohstoff- und Energiekosten tumsraten in der europäischen Automobilproduktion dürften in den kommenden Jahren abflachen. Die Chemieherstellung in der Golfregion und in den USA wird begünstigt durch vergleichsweise niedrige Rohstoff- und Energiekosten, die den Ausbau der Petrochemie und auf längere Sicht auch die Vorwärtsintegration in fein- und spezialchemische Erzeugnisse fördern. Dagegen wurden die Kapazitäten der europäischen Petrochemie in den letzten Jahren spürbar abgebaut. Konsolidierungen bei den europäischen (Poly-)Ethylen-Produktionsanlagen und ein Rückgang der Naphthaherstellung, dem auf Rohöl basierenden wesentlichen Grundstoff der europäischen Petrochemie, sind letztlich Reaktionen | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 15 auf den Ausbau der Produktionsanlagen im außereuropäischen Ausland. Die Kapazitätsausweitungen außerhalb Europas schränken auch die Exportmöglichkeiten der europäischen Hersteller ein und bedrohen durch steigende Importe zunehmend auch die heimischen Absatzmärkte. Die deutschen Chemiehersteller reagieren und nutzen verstärkt bessere Standortbedingungen im Ausland bzw. produzieren dort, wo die Kunden angesiedelt sind. Seit 2012 wird mehr im Ausland als im Inland investiert. Dabei waren China und die USA zuletzt in gleichem Maße Ziel von Auslandsinvestitionen wie das restliche Europa. In den USA sind mittlerweile mehr als 130 Tochtergesellschaften deutscher Chemieunternehmen aktiv. In Asien verfolgen große deutsche Chemieunternehmen das Ziel, bis zu drei Viertel der Produkte, die dort verkauft werden sollen, vor Ort herzustellen. Verstärkt wird dieser Trend auch von mittelständischen Chemieanbietern genutzt. Dabei stellen die Auslandsinvestitionen überwiegend Kapazitätserweiterungen dar, während im Inland mehr in Ersatzbeschaffungen und Rationalisierungen investiert wird. In heimischen Fertigungsstätten wird es wichtig, die Produktions- Auch mittelständische deutsche Chemiehersteller investieren vermehrt im außereuropäischen Ausland prozesse so anzupassen, dass die Abhängigkeit von einzelnen Rohstoffen gemindert und ein flexibler Rohstoffeinsatz ermöglicht wird. Ausbau der Innovationskraft der europäischen Spezialchemiehersteller Mit dem Rückgang der Bedeutung der Grundstoffchemie in Europa richten sich europäische Chemieunternehmen zunehmend auf Geschäftsfelder der Spezialchemie aus. Für deren Anbieter ist eine in verbesserte Prozesse und neue Produkte mündende Innovationskraft die maßgebliche Voraussetzung des Unternehmenserfolgs. Die Innovationskraft eines Chemieunternehmens misst sich quantitativ im Wesentlichen an der Höhe der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen sowie an der Anzahl der Patentanmeldungen. Wichtig sind zudem die Rahmenbedingungen des Investitionsstandortes, die sich besonders in der Innovationskraft misst sich quantitativ an F&E-Aufwendungen und Patentanmeldungen Komplexität der Zulassungs- und Genehmigungsverfahren sowie durch Forschungsqualität (Anzahl wissenschaftlicher Publikationen) auszeichnen. In nahezu allen genannten Bereichen verlieren europäische Chemienationen besonders gegenüber China an Bedeutung. China hat seine Anteile an den globalen Forschungsausgaben und Patentanmeldungen in der Chemieindustrie spürbar zu Lasten der meisten traditionellen Industrienationen, einschließlich Deutschland, ausgebaut. Während in China pro Jahr 150.000 Chemiepatente angemeldet werden, sind es in Deutschland – dem unverändert mit Abstand forschungsintensivsten Standort in Europa – lediglich 11.000 p.a. Bei den Zulassungs- und Genehmigungsverfahren führt das in der EU implementierte REACH (s. Pol. u. gesetzl. Rahmenbed.) gegenwärtig zu spürbaren Kosten- und Managementbelastungen insbesondere bei kleineren und REACH belastet gegenwärtig besonders kleinere europäische Anbieter mittelständischen Chemieunternehmen. Nach Abschluss des Registrierungsverfahrens (2018) dürfte REACH aber auch ein Kriterium nachhaltiger Chemieprodukte darstellen und ggfs. zu Wettbewerbsvorteilen für in Europa hergestellte Chemikalien führen. Der effektive Einsatz der Forschungsausgaben im Unternehmen beinhaltet den Aufbau eines möglichst weitreichenden F&E-Netzwerkes unter Einschaltung externer, ggf. internationaler Kooperationspartner wie Hochschulen, Industrie und – nicht zuletzt – auch die eigenen Kunden. Wichtig ist eine positive Innovationskultur, die mit Risikobereitschaft und ausreichenden Freiräumen Innovationen er- Erfolgsversprechend sind Forschungskooperationen und eine positive interne Innovationskultur möglicht. In der Produktentwicklung dokumentiert sich die Innovationskraft an einem hohen Anteil kürzlich entwickelter Produkte am Umsatz. Im Rahmen der Erforschung verbesserter Prozesse werden gegenwärtig Mikroreaktoren (s. Glossar) eingesetzt. Diese optimieren die Umsetzung von Chemikalien in gewünschte Substanzen und führen zu einer verbesserten Produktausbeute. Die deutsche Chemieindustrie profitiert von einem hohen Niveau heimischer Forschungseinrichtungen und anspruchsvollen, innovationsorientierten Abnehmerbranchen wie Kunststoffverarbeitung, Automobilindustrie oder Maschinenbau. Herausforderungen und Chancen der Chemieindustrie durch zunehmende Digitalisierung Die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten steht im Fokus der gegenwärtigen Diskussion. Vernetzt werden sollen Rohstoffbeschaffung, Produktentwicklung, Fertigung, Logistik und Kundendaten. Dieser unter dem Begriff Industrie 4.0 zusammengefasste Trend hat auch große Bedeutung für die Digitalisierung wichtig für die Prozessindustrie Chemie 16 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Chemieindustrie. Als sogenannte Prozessindustrie steht hierbei die Verarbeitung von Rohstoffen mit technischen Verfahren im Vordergrund. Eine weitere Besonderheit der Chemieindustrie ist die Herstellung auf großen, oft individuell verknüpften Anlagen mit langer Lebensdauer. In der Spezialchemie besteht ein überdurchschnittlicher Innovationsgrad, der zu kurzen Produktlebenszyklen führt und eine hohe Flexibilität in der Produktion erfordert. Große Chemieunternehmen fokussieren zunehmend auf Herausforderungen des digitalen Wandels Große Chemieunternehmen spannen den Digitalisierungsrahmen weit und sehen Anwendungsmöglichkeiten zwischen einer vollständigen Digitalisierung der Unternehmensgruppe und dem Streben nach Marktführerschaft für digitale Geschäftsmodelle in der eigenen Branche. Sie investieren bereits in die digitale Prozessautomatisierung und Vernetzung von Standorten. Angestrebt werden effizientere, schnellere Arbeitsabläufe und die Verbindung überregionaler Produktionsstätten. Ein weiterer Schritt ist der Einsatz vernetzter modularer Anlagen, mit denen auf spezifische Kundenanforderungen bzw. den damit verbundenen häufigen Produktwechseln und kleineren Chargengrößen flexibel reagiert werden kann. Im lokalen Verbund (z.B. Chemieparks) werden Anlagen und Gebäude über moderne Gebäudeleittechnik vernetzt; damit können außergewöhnliche Verbrauchsschwankungen bei Rohstoffen und Energie unmittelbar erkannt, defekte oder ineffizient arbeitende Anlageteile identifiziert und erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen zeitnah veranlasst werden. Die kleinen und mittelständischen Chemieunternehmen sehen die Chancen einer zügigen Digitali- Fehlende Standards und Sicherheitsbedenken führen zu defensiver Haltung der mittelständischen Chemieunternehmen sierung zurzeit verhaltener, denn wichtige Voraussetzung einer weitergehenden Vernetzung ist die noch nicht bewerkstelligte Standardisierung von Schnittstellen zwischen den einzelnen Wertschöpfungseinheiten. Zudem erfordern die Einbeziehung des Internets und eine Ausdehnung der Digitalisierung auf die Kundenwelt einen ausreichenden Schutz der Datenhaltung und -übertragung vor Industriespionage und Manipulation. Wegen der damit verbundenen Sicherheitsrisiken tendieren klein- und mittelständische Anbieter gegenwärtig dazu, die Entwicklung von Standards und Normen abzuwarten, auf denen die Unternehmen dann ihre individuellen Lösungen aufbauen wollen. Sie betrachten den digitalen Wandel eher als zukünftiges Potenzial, das es gilt, kontinuierlich zu entwickeln. Revolutionäre Fortschritte, die in neue Geschäftsmodelle münden, sind eher in Ausnahmefällen zu erwarten. Im Fokus steht noch die Optimierung der Produktionseffizienz, deren Umsetzung maßgebend von einhergehenden Ergebnisverbesserungen abhängig ist. Erfolgs- und Risikofaktoren Erfolgsfaktoren Erfolgsfaktoren der Hersteller von Grundstoffchemikalien sind … Größenvorteile nutzen und Kostenführerschaft erlangen • … der Besitz von großen, effizienten Produktionsanlagen, um durch Größenvorteile/economies of scale die erforderliche Kostenführerschaft zu erreichen. Strategische Allianzen im Nahen Osten ermöglichen europäischen Anbietern den Zugang zu günstigen Rohstoffen. Zudem liegen diese Anlagen näher an den asiatischen Wachstumsmärkten. Neue Anlagen mit führender Prozesstechnologie haben in der Regel Kostenvorteile. Angestrebt werden letztlich hohe Marktanteile bzw. eine starke Marktposition, um Preisführer in der Zielregion zu werden. Hohe Finanz- und Investitionskraft • … angesichts der Kapitalintensität des Geschäftes eine hohe Finanzkraft zur Durchführung notwendiger (Ersatz-)Investitionen. Daneben sind Finanzpolster erforderlich, um konjunkturelle Schwankungen schadlos zu überstehen. Zum richtigen Zeitpunkt investieren • … Investitionstiming. Der Investitionszeitpunkt trägt wesentlich zum Erfolg eines Investitionsprojektes bei. Neue Kapazitäten sollten in einer Aufschwungphase an den Markt gebracht werden. Damit wird das Investitionsrisiko reduziert; aus hohen Auslastungen resultierende Überschüsse können zur Verringerung der Finanzierungskosten genutzt werden. • ... der Zugang zu Wachstumsmärkten. Relevant ist industrielles Wachstum, an dem die maßgebli- In industrielle Wachstumsmärkte expandieren chen Abnehmerbranchen von Primärchemikalien – die Spezialchemie und die Kunststoffverarbeitung – wesentlich partizipieren. 17 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Erfolgsfaktoren der Hersteller von Spezialchemikalien sind … • … ein effizientes Innovationsmanagement. Neben der Bereitschaft, Mittel in Forschung und Entwicklung zu investieren, gilt es, eine adäquate Innovationskultur in einem Unternehmen zu gestal- Implementierung einer effizienten Innovationskultur ten und nachhaltig zu fördern. Externes Wissen von Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Industrie ist aktiv in den Innovationsprozess einzubeziehen. Kürzer werdende Produktlebenszyklen erfordern eine hohe Innovationsgeschwindigkeit. Für die Entwicklung neuer Materialien oder Verbundwerkstoffe ist in der Kunststoffverarbeitung interdisziplinäres Vorgehen von großer Bedeutung. • … die kundennahe Entwicklung von Produkten und Lösungen. Die Kunden sind möglichst früh in die Produktentwicklung einzubinden. Der Wettbewerb wird weitgehend ausgeschlossen, es kön- Produktentwicklung mit dem Kunden nen angemessene Margen realisiert werden. Das Angebot umfangreicher Serviceleistungen erhöht die Wertschöpfung und festigt die Kundenverbindung. • ... technologisches Know-how, um die oft hohen Anforderungen der Kunden an die Produkte umsetzen zu können. Neben der Produktzusammensetzung und der Reinheit der Produkte geht es hierbei vorrangig um Prozess-, Anlagen- und Verfahrenstechnik (z.B. Mikroreaktoren, Nanotechno- Neueste Technologie- und Prozesstechnik anwenden und beherrschen logie, Weiße Biotechnologie, s. Glossar). Flexible Produktionsprozesse bzw. -anlagen erlauben Anpassungen an sich laufend verändernde Produktanforderungen. Technologisch anspruchsvolle Produkte gehen in der Regel mit einer hohen Wertschöpfung einher und ermöglichen auskömmliche Margen. Ein Entwicklungsvorsprung gegenüber Wettbewerbern ist durch Patente abzusichern. • … Digitalisierung der Wertschöpfungskette zur Vernetzung von Rohstoffbeschaffung, Produktentwicklung, Fertigung, Logistik und Kundendaten. Trotz bestehender Hürden wie Standardisie- Aktive Begleitung des digitalen Wandels rung von Schnittstellen und Sicherheitsbedenken gilt es, den Digitalisierungsprozess aktiv zu begleiten, um Nachteile gegenüber Wettbewerbern hinsichtlich Produktionseffizienz und Verwertung von Marktdaten zu vermeiden. • … die Diversifikation in Industriemärkte und Regionen. Mit der Diversifizierung werden Konzentrationen im Produktsegment vermieden und konjunkturelle Risiken abgemildert. Dabei ist eine alleinige Abhängigkeit von stark zyklischen Abnehmerbranchen zu vermeiden. Die Expansion in Belieferung verschiedener Kundenbranchen und Länder ausländische Märkte ist zunehmend durch eigene Produktions- und Vertriebsstandorte zu untermauern, um den spezifischen Produktanforderungen dieser Märkte gerecht zu werden. • … die Sicherstellung einer kostengünstigen Rohstoffversorgung. Effektive langfristige Maßnahmen sind die Rückwärtsintegration oder die Nutzung alternativer Rohstoffe. Der Einsatzanteil alternativer Rohstoffe liegt in der Chemieindustrie bei ca. 10%. In der Kunststoffindustrie werden Durch Rückwärtsintegration einen günstigen Rohstoffbezug sichern nachwachsende Rohstoffe (Mais, Zucker, Raps, Holz) u. a. zur Herstellung von Biokunststoffen eingesetzt. • … angesichts der Produktvielfalt eine Optimierung des Produktportfolios. Dieses Kriterium betrifft in erster Linie stark diversifizierte Spezialchemiehersteller, deren Portfolio nicht selten bis zu Das Produktportfolio laufend an aktuelle Trends anpassen 10.000 Produkte umfasst. Das Produktportfolio ist an den globalen Wachstumstrends auszurichten. Erzeugnisse mit – auf längere Sicht – unterproportionalem bzw. negativem Ergebnisbeitrag sind frühzeitig auszusteuern. Risikofaktoren Allgemeine Risikofaktoren sind … • … Konjunkturabschwünge. Bedeutende Abnehmer der Chemieindustrie sind stark zyklische Branchen wie Automobil, Bau und Technologie. Weniger oder kaum von konjunkturellen Schwan- Abnehmerbranchen mit unterschiedlichen Zyklen kungen betroffen sind konsumnahe Abnehmer, wie die Nahrungsmittel- oder die Kosmetikindustrie. Die Agrochemie hat eine eigene Zyklik, neben den Einkommen der Landwirte spielen auch die Wetterverhältnisse und saisonale Aspekte eine maßgebende Rolle. • … geopolitische Krisen. Krisen in den Ölstaaten des Nahen und Mittleren Ostens oder andere geopolitische Spannungen können zu Beeinträchtigungen im Betriebsablauf oder zu steigenden Krisen in Regionen, in denen Rohstoffe gefördert werden 18 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT bzw. volatilen Rohstoffpreisen (Öl, Gas) führen. Krisenherde mit möglichen wesentlichen Einflüssen auf Rohstoffpreise sind gegenwärtig Irak, Syrien, Nigeria und Ukraine. Einschränkungen im freien Handel • … Protektionismus – z. B. in Form von Zöllen und Subventionen. Die Welthandelsorganisation schätzt den Ausfall des globalen Handels durch protektionistische Maßnahmen jedes Jahr auf mehrere 100 Mrd. US-Dollar. Im Rahmen von TTIP sollen Einfuhrzölle und Handelshemnisse zwischen der EU und den USA abgebaut werden. Energieintensive Produktion beeinträchtigt durch Belastungen aus Emissionsrechtehandel • … umweltpolitische Maßnahmen wie die Einführung eines Emissionsrechtehandels (s. Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen). Belastet werden hier besonders Produzenten mit alten Anlagen, modernisierte oder sparsame Hersteller können überschüssige Zertifikate über die Börse verkaufen. Nach Neudefinition des Minderungszieles für Treibhausgase in 2014 rechnet die EU mit einem Zertifikatspreis von mindestens 40 Euro. Der Verband der chemischen Industrie sieht auf dieser Grundlage erhebliche Mehrkosten für die deutsche Chemieindustrie. Betroffen sind vornehmlich große energieintensive Anlagen der Grundstoffchemie (Cracker) sowie eigene Energieerzeugungsanlagen. Marktzutritt in Asien oft gekoppelt an Know how-Transfer • … Know how-Transfer. Der Marktzutritt in Asien ist oft gekoppelt an die Bereitschaft der westlichen Anbieter, Know how in Technologie und Anwendung an asiatische Geschäftspartner weiterzugeben. Asiatische Chemieunternehmen werden zudem durch Erwerb westlicher Anbieter den Zugang zu Technologien suchen. Branchenspezifische Risiken sind … • … staatliche Regulierungen. Die Chemiebranche ist eine der am stärksten regulierten Industrien. Die Vorschriften betreffen vornehmlich klima- und umweltpolitische Aspekte. REACH (s. Pol. u. gesetzl. Rahmenbed.): Negativ betroffen sind vornehmlich kleinere und mit- REACH führt zu Kostenbelastungen und möglicherweise zum Wegfall von Vorprodukten … telgroße Spezialchemiehersteller, die auf vielzählige, in geringen Mengen hergestellte sowie niedrige Margen erwirtschaftende Produkte fokussiert sind. Sie leiden unter den hohen Registrierungskosten und können eine meist kostspielige Substitution ausgefallener Rohstoffe nur schwerlich tragen. Chemische Vorprodukte können nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn der Lieferant wegen hoher Registrierungskosten deren Produktion einstellt oder wenn sie wegen ihrer Schädlichkeit verboten wurden. Die Belastungen beschränken sich auf in Europa produ- ... auf längere Sicht auch positive Wirkung durch nachhaltige Produkte zierte oder nach Europa importierte Chemikalien und stellen somit einen Wettbewerbsnachteil für die europäischen Chemieanbieter dar. Nach früheren Schätzungen der EU wird die Registrierung aller relevanten Stoffe EU-weit bis 2018 Kosten in Höhe von 15 Mrd. Euro verursachen. Auf längere Sicht sehen wir in REACH allerdings auch positive Aspekte, da REACH als Prädikat für relativ saubere, nachhaltige Produkte stehen wird. Zusätzliche Kosten durch Kennzeichnungsverordnung Nach dem von der UN entwickelten „Globally Harmonised System“ (s. Pol. u. gesetzl. Rahmenbed.) müssen Unternehmen gefährliche Chemikalien nach einheitlichen Kriterien auf ihre Gefährlichkeit hin einstufen, kennzeichnen und verpacken. • … die Produktion explosiver und giftiger Stoffe. Technisches oder menschliches Versagen, Produktion explosiver und giftiger Stoffe mit hohen Risiken extreme Wetterereignisse oder kriminelle Handlungen sind eine Bedrohung für Chemieunternehmen, die gefährliche Stoffe produzieren oder verarbeiten. Explosionen, Brände, giftige Gaswolken können Personen gefährden, Umweltschäden verursachen und damit hohe Kosten auslösen. | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen CLP (Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures) Ergänzendes System zu REACH für die Einstufung von Chemikalien wurde 2008 in der EU eingeführt. Für Stoffe ist die Kennzeichnung seit dem 1.12.2010 verbindlich, für Zubereitungen, die jetzt unter GHS (s. nächste Seite) als Gemische bezeichnet werden, gilt dies seit dem 1.06.2015. EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) Das Gesetz zu den Ausnahmeregeln für energieintensive Unternehmen im Rahmen des novellierten EEG ist zum 1. August 2014 in Kraft getreten. Im Anhang des Gesetzes sind in der Liste 1 die 68 besonders energieintensiven Branchen aufgeführt, die wegen einer hohen Stromkostenintensität (Anteil Stromkosten an Bruttowertschöpfung) Begünstigungen in Anspruch nehmen dürfen. Hierzu gehören alle Subbranchen der Produzenten von Grundstoffchemikalien sowie die Hersteller von Chemiefasern. Nach dem neuen EEG ist für die erste Gigawattstunde von allen Unternehmen die volle EEG-Umlage zu zahlen. Für einen höheren Stromverbrauch brauchen Unternehmen von Branchen dieser Liste, die eine Stromkostenintensität von mindestens 16% (ab 2016: 17%) nachweisen, nur 15% der EEG-Umlage zu zahlen. Eine Kappungsgrenze ist bei 4% der Bruttowertschöpfung festgelegt bzw. bei 0,5% ab einer Stromintensität von 20%. In einer zweiten Liste sind alle Branchen mit einer Handelsintensität (Quotient aus Summe EU-Ex- und -Importe mit Drittländern zu EUUmsatz plus EU-Importe) von über 4% genannt. Diese Liste enthält die restlichen Subbranchen der Chemischen Industrie. Auch Unternehmen dieser Branchen dürfen die EEG-Ausnahmeregeln in Anspruch nehmen, soweit sie eine Stromkostenintensität von mindestens 20% nachweisen. Unternehmen, die durch das novellierte EEG keine Begünstigung mehr erhalten (Grenze der Stromkostenintensität im alten EEG 14%), müssen 2015 nur 20% der EEG-Umlage zahlen. Die Anteile steigen auf 40% (2016), 80% (2017) und 100% ab 2018. Das Beihilfeprüfverfahren wegen möglicher Wettbewerbsverzerrungen infolge von Begünstigungen im alten EEG hat die EU-Kommission im November 2014 eingestellt. Einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen Ein standardisierter Rechtsrahmen soll Innovationen fördern und den Verbraucherschutz erhöhen. EU-Emissionshandelsrichtlinie / CO2-Zertifikate Die strikte Vergabe von Emissionszertifikaten (Recht, Treibhausgase auszustoßen) und deren Handel (seit 2005) sollen den Schadstoffausstoß der Unternehmen nachhaltig reduzieren, denn die EU beabsichtigt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40% gegenüber 1990 zu senken. Hierzu legte die EU eine jährlich abnehmende Obergrenze für zulässige Emissionen fest. Da es u.a. infolge der Finanzkrise zu einem Überschuss an Emissionszertifikaten gekommen ist, sind die Preise für die Zertifikate stark gefallen. Der EU-Rat beschloss daher zum Zwecke der Preisstärkung eine vorübergehende Verknappung der Zertifikate (Backloading). Geplant ist es, bis 2016 insgesamt 900 Millionen Zertifikate aus dem Markt zu nehmen und ab 2018 in eine „Marktstabilisierungsreserve“ zu überführen. Gratiszertifikate wird es u.a. für die effizientesten 10 Prozent der Unternehmen einer Branche geben und solche, die der Emissionshandel zur Produktion außerhalb der EU zwingen würde (Carbon Leakage, s. Glossar). Zu Branchen, die laut EU von Carbon Leakage betroffen sind, zählen viele Untersparten der Chemiebranche. Langfristig werden auch andere klimaschädliche Substanzen wie Lachgas und vollhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe in das Emissionshandelssystem integriert. EU-Kosmetikverordnung Sie ersetzt seit dem 11. Juli 2013 nationale Gesetzgebungen. Die neue Richtlinie knüpft an die bisherigen Regelungen an und enthält Vorgaben zur Sicherheit und der Herstellung kosmetischer Mittel (z. B. Sicherheitsbewertung, gute Herstellerpraxis), zur Verwendbarkeit bestimmter Stoffe bei der Herstellung (Verbote bzw. eingeschränkte Verwendbarkeit bestimmter Stoffe) und zur Kennzeichnung kosmetischer Mittel (u. a. Name und Anschrift der verantwortlichen Person, Mindesthaltbarkeitsdatum, Chargennummer, Liste der Bestandteile). 19 20 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT EU-Pflanzenschutzgesetz Gewährleistet die Sicherheit der aus Pflanzen gewonnenen Lebensmittel und die Erfüllung der Gesundheits- und Qualitätsanforderungen von Nutzpflanzen (inkl. Handel). Zudem werden der Vertrieb und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln bzw. Pestiziden geregelt. GHS (Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals) Weltweites System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien, gültig seit dem 20.01.2009. REACH-EU-Richtlinie zur Chemikalienpolitik (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) Sie regelt den Umgang mit Chemikalien in der EU zum Schutze der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Betroffen sind alle in der EU produzierten oder in die EU eingeführten Chemikalien. In der letzten Stufe (bis 31.05.2018) müssen alle chemischen Stoffe oberhalb des Schwellenwertes von 1 Tonne pro Jahr bei der europäischen Chemikalienagentur ECHA (European Chemicals Agency) registriert sein. Für alle chemischen Stoffe sind innerhalb der Lieferkette vom Hersteller oder Importeur über Weiterverarbeiter und Zwischenhändler bis hin zum endgültigen Verkäufer Informationen in Bezug auf eine sichere Verwendung des Stoffes zu gewährleisten. Für die gefährlichsten Stoffe erfolgt die Informationsweitergabe in standardisierter Form über sogenannte Sicherheitsdatenblätter. | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Glossar Fachbegriffe und Abkürzungen Anorganische Chemikalien Stoffe ohne lange Kohlenstoffketten. Sie werden für komplexe Produkte und Prozesse benötigt. Carbon Leakage Der Begriff umschreibt das Risiko, dass ein Unternehmen durch den Emissionshandel zur Produktionsverlagerung außerhalb der EU gezwungen ist. Risikokriterien sind die zusätzlich entstehenden Kohlenstoffkosten (ab mindestens 5% mehr Kosten pro Euro Bruttowertschöpfung) und eine gesteigerte EU-externe Handelsintensität. Diese gilt als Risiko, wenn Drittstaaten-Exporte und Importe mehr als 10% am jährlichen Umsatz (inklusive der Importe) ausmachen. Alternativ wird auch von einem „Carbon Leakage"-Risiko gesprochen, wenn die Summe der direkten und indirekten zusätzlichen Kosten, die durch den Emissionshandel verursacht werden, mindestens 30% an der Wertschöpfung ausmachen. Chemische Grundstoffe Chemische Grundstoffe sind meist in großen Mengen hergestellte Standard-Chemikalien wie Düngemittel und Stickstoffverbindungen, Industriegase, Kunststoffe in Primärform, synthetischer Kautschuk, Chemiefasern. Typische Merkmale sind geringe Produktdifferenzierung und entsprechend niedrige Margen. Die chemisch einfach aufgebauten Substanzen sind üblicherweise Inputfaktoren für andere chemische Erzeugnisse. Sie werden überwiegend in der Spezialchemie und der Kunststoffverarbeitung verwertet. Neben den Herstellern von Massenchemikalien gibt es in geringem Umfang auch Nischenanbieter, die Grundstoffe in geringen Mengen produzieren oder verarbeiten. Der Wettbewerb ist hierbei in der Regel weniger intensiv als bei Massenprodukten, die Margen sind höher. Oberflächenveredelung Kunststoffkomponenten müssen zunehmend Forderung nach Haptik, Funktionalität und Attraktivität erfüllen. Das geplante Design der Kunststoffkomponenten bestimmt dabei die Fertigungstechnik. Zum Einsatz gelangen Veredelungstechniken wie Lackierungen oder spezielle Spritzgussverfahren, z.B. Übertragung von Lackpartikeln auf das Formteil. Organische Chemikalien Sie enthalten zu 90% Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff in wechselnden Mengenverhältnissen und stellen eine wichtige Grundlage für viele andere Naturwissenschaften wie Biologie, Physik und Medizin dar. Der menschliche Körper besteht aus wichtigen organischen Verbindungen wie Eiweiß (Proteinen), Fett und Kohlenhydraten. Preisgleitklausel Vereinbarung zwischen Hersteller und Kunde, die den Verkaufspreis abhängig von der Entwicklung einer Leitgröße zwischen Basis- und Korrekturtag festsetzt (z.B. Preisindex, Marktpreis, Beschaffungskosten der Produktionsfaktoren). Spezialchemikalien Die Hersteller von Spezialchemikalien verarbeiten die (Vor-)Produkte der Grundstoffchemie. Im Vergleich zu chemischen Grundstoffen sind Spezialchemikalien vielfältiger (hohe Produktdifferenzierung), die Anwendungsgebiete zahlreicher und die Produktlebenszyklen kürzer. Spezialchemikalien sind innovationsgetrieben und werden oft in Zusammenarbeit mit dem Kunden entwickelt, womit eine Produktsubstitution erschwert und die Wettbewerbsintensität eingeschränkt wird. Eine große Anzahl verschiedenartiger Spezialchemieprodukte führt zu einer fragmentierten Industriestruktur mit einer Vielzahl von Nischenanbietern. 21 22 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Glossar Technische Innovationen und Trends Grüne Chemie Die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Konzentration auf alternative Herstellungsmethoden in der Chemie steigt. Die Anwendungsbeispiele sind zahlreich: Durch die Synthese mit Wasserstoff aus regenerativer Herstellung kann CO2 stofflich zur Erzeugung von Kohlenstoffbausteinen verwendet werden. Diese können als Treibstoff oder Zwischenprodukt für die Herstellung von Kunststoffen eingesetzt werden. Grüne Kohle (Gco(c)) wird aus pflanzlicher Biomasse über ein Dampfkochverfahren gewonnen. Dabei wird nur Wasser und ein Katalysator hinzugefügt. Im Gegensatz zu klassischer Braun- oder Steinkohle ist sie völlig CO2-neutral und kann in Zukunft helfen, die CO2-Emissionen deutlich zu minimieren. Innovationen in der Klebstoffindustrie Zunehmende Materialvielfalt, speziell bei konstruktiven Verbundwerkstoffen, aber auch in der Verpackungsindustrie, sind wesentliche Innovationstreiber für die Abnehmerbranchen, vor allem für die Automobil-, Luftfahrt- und Transportindustrie. Katalysatoren Eine Produktion von Chemikalien ohne Katalysatoren ist nur selten möglich: Mehr als 80% der Wertschöpfung der Chemischen Industrie beruhen auf katalytischen Verfahren. Mithilfe von Hochdurchsatz- oder High-Throughput-Experimentation (HTE)-Anlagen können parallel Hunderte von Katalysatoren auf ihre Wirksamkeit getestet werden. Gelingt es, einen Katalysator zu finden, der die Produkt-Ausbeute nur um wenige Prozent erhöht, können Tausende Tonnen an Rohstoffen gespart werden. Mikroreaktoren Die inneren Abmessungen von Mikroreaktoren liegen oft unter einem Millimeter. In ihnen können besonders auf Forschungsebene viele chemische Reaktionen schneller, selektiver und sicherer ablaufen als in herkömmlich betriebenen Rohrreaktoren. Das Temperatur- und Druckmanagement lässt sich überschaubar gestalten. Nanotechnologie Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, die sich der Erforschung, Bearbeitung und Produktion von Gegenständen und Strukturen widmet, die kleiner als 100 Nanometer sind. Dadurch entstehen innovative Materialien, die exakt auf einen spezifischen Einsatzbereich zugeschnitten sind. Kunststoffe erhalten dadurch völlig neuartige Eigenschaften. Sie sind beispielsweise kratzfest, können besser Wasser oder Schmutz abweisen, Bakterien abtöten, chemische Reaktionen katalysieren oder verfügen über Leitfähigkeit. Im Bausektor optimieren NanoSchäume die Wärmedämmung und tragen so zu einer erheblichen Energieeinsparung bei. Die Automobilindustrie nutzt Lacke, die mittels Beimischung von Nanopartikeln wasser- und schmutzabweisende Eigenschaften aufweisen. Weiße Biotechnologie Die Umsetzung von Erkenntnissen aus Biologie und Biochemie ermöglicht es, Temperatur und Druck bei der Produktion niedrig zu halten. Dies senkt Energieverbrauch und Kosten gegenüber herkömmlichen chemischen Verfahren. Die Verwendung von Mikroorganismen und Biokatalysatoren in industriellen Produktionsverfahren wird zunehmen. Sie eröffnet neue Synthesewege und bringt innovative Produkte hervor. 23 | Branchenbericht | Chemie – BGS 381–387 Commerzbank Research Für die Erstellung dieser Ausarbeitung sind Branchenexperten im Bereich Group Risk Management der Commerzbank AG, Frankfurt am Main, verantwortlich. Die Verfasser dieses Dokuments bestätigen, dass die in diesem Dokument geäußerten Einschätzungen ihre eigenen Einschätzungen genau wiedergeben und kein Zusammenhang zwischen ihrer Dotierung – weder direkt noch indirekt noch teilweise – und den jeweiligen, in diesem Dokument enthaltenen Empfehlungen oder Einschätzungen bestand, besteht oder bestehen wird. Der (bzw. die) in dieser Ausarbeitung genannte(n) Analyst(en) sind nicht bei der FINRA als Research-Analysten registriert/qualifiziert und unterliegen nicht der NASD Rule 2711. Dieses Dokument dient ausschließlich zu Informationszwecken und berücksichtigt nicht die besonderen Umstände des Empfängers. Es stellt keine Anlageberatung dar. Die Inhalte dieses Dokuments sind nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder irgendeiner anderen Handlung beabsichtigt und dienen nicht als Grundlage oder Teil eines Vertrages. Anleger sollten sich unabhängig und professionell beraten lassen und ihre eigenen Schlüsse im Hinblick auf die Eignung der Transaktion einschließlich ihrer wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit und Risiken sowie ihrer Auswirkungen auf rechtliche und regulatorische Aspekte sowie Bonität, Rechnungslegung und steuerliche Aspekte ziehen. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen sind öffentliche Daten und stammen aus Quellen, die von der Commerzbank als zuverlässig und korrekt erachtet werden. Die Commerzbank übernimmt keine Garantie oder Gewährleistung im Hinblick auf Richtigkeit, Genauigkeit, Vollständigkeit oder Eignung für einen bestimmten Zweck. Die Commerzbank hat keine unabhängige Überprüfung oder Due Diligence öffentlich verfügbarer Informationen im Hinblick auf einen unverbundenen Referenzwert oder -index durchgeführt. Alle Meinungsaussagen oder Einschätzungen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers bzw. der Verfasser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hierin zum Ausdruck gebrachten Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinungen der Commerzbank wider. Die Commerzbank ist nicht dazu verpflichtet, dieses Dokument zu aktualisieren, abzuändern oder zu ergänzen oder deren Empfänger auf andere Weise zu informieren, wenn sich ein in diesem Dokument genannter Umstand oder eine darin enthaltene Stellungnahme, Schätzung oder Prognose ändert oder unzutreffend wird. Diese Ausarbeitung kann Handelsideen enthalten, im Rahmen derer die Commerzbank mit Kunden oder anderen Geschäftspartnern in solchen Finanzinstrumenten handeln darf. Die hier genannten Kurse (mit Ausnahme der als historisch gekennzeichneten) sind nur Indikationen und stellen keine festen Notierungen in Bezug auf Volumen oder Kurs dar. 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Die Commerzbank und/oder ihre verbundenen Unternehmen dürfen als Market Maker in den(m) Instrument(en) oder den entsprechenden Derivaten handeln, die in unseren Research-Studien genannt sind. Mitarbeiter der Commerzbank oder ihrer verbundenen Unternehmen dürfen unseren Kunden und Geschäftseinheiten gegenüber mündlich oder schriftlich Kommentare abgeben, die von den in dieser Studie geäußerten Meinungen abweichen. Die Commerzbank darf Investmentbanking-Dienstleistungen für in dieser Studie genannte Emittenten ausführen oder anbieten. Weder die Commerzbank noch ihre Geschäftsleitungsorgane, leitenden Angestellten oder Mitarbeiter übernehmen die Haftung für Schäden, die ggf. aus der Verwendung dieses Dokuments, seines Inhalts oder in sonstiger Weise entstehen. 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Die Commerzbank AG, Filiale London, ist von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und von der Europäischen Zentralbank amtlich zugelassen und unterliegt nur in beschränktem Umfang der Regulierung durch die Financial Conduct Authority und Prudential Regulation Authority. Einzelheiten über den Umfang der Genehmigung und der Regulierung durch die Financial Conduct Authority und Prudential Regulation Authority erhalten Sie auf Anfrage. Diese Ausarbeitung richtet sich ausschließlich an „Eligible Counterparties“ und „Professional Clients“. Sie richtet sich nicht an „Retail Clients“. Ausschließlich „Eligible Counterparties“ und „Professional Clients“ ist es gestattet, die Informationen in dieser Ausarbeitung zu lesen oder sich auf diese zu beziehen. Commerzbank AG, Filiale London bietet nicht Handel, Beratung oder andere Anlagedienstleistungen für „Retail Clients“ an. USA: Die Commerz Markets LLC, („“Commerz Markets“), hat die Verantwortung für die Verteilung dieses Dokuments in den USA unter Einhaltung der gültigen Bestimmungen übernommen. Wertpapiertransaktionen durch US-Bürger müssen über die Commerz Markets, Swaptransaktionen über die Commerzbank AG abgewickelt werden. Nach geltendem US-amerikanischen Recht können Informationen, die Commerz Markets-Kunden betreffen, an andere Unternehmen innerhalb des Commerzbank-Konzerns weitergegeben werden. Sofern dieses Dokument zur Verteilung in den USA freigegeben wurde, ist es ausschließlich nur an "US Institutional Investors" und "Major Institutional Investors" gerichtet, wie in Rule 15a-6 unter dem Securities Exchange Act von 1934 beschrieben. Commerz Markets ist Mitglied der FINRA und SIPC. Die Commerzbank AG ist bei der CFTC vorläufig als Swaphändler registriert. Kanada: Die Inhalte dieses Dokuments sind nicht als Prospekt, Anzeige, öffentliche Emission oder Angebot bzw. 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In Kanada sind die Inhalte dieses Dokuments ausschließlich für Permitted Clients (gemäß National Instrument 31-103) bestimmt, mit denen Commerz Markets LLC im Rahmen der Ausnahmen für internationale Händler Geschäfte treibt. Soweit die Inhalte dieses Dokuments sich auf Wertpapiere eines Emittenten beziehen, der nach den Gesetzen Kanadas oder einer kanadischen Provinz bzw. eines kanadischen Territoriums gegründet wurde, dürfen Geschäfte in solchen Wertpapieren nicht durch Commerz Markets LLC getätigt werden. Keine Wertpapieraufsicht oder ähnliche Aufsichtsbehörde in Kanada hat dieses Material, die Inhalte dieses Dokuments oder die beschriebenen Wertpapiere geprüft oder genehmigt; gegenteilige Behauptungen zu erheben, ist strafbar. Europäischer Wirtschaftsraum: Soweit das vorliegende Dokument durch eine außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes ansässige Rechtsperson erstellt wurde, erfolgte eine Neuausgabe für die Verbreitung im Europäischen Wirtschaftsraum durch die Commerzbank AG, Filiale London. Singapur: Dieses Dokument wird in Singapur von der Commerzbank AG, Filiale Singapur, zur Verfügung gestellt. Es darf dort nur von institutionellen Investoren laut Definition in Section 4A des Securities and Futures Act, Chapter 289, von Singapur („SFA“) gemäß Section 274 des SFA entgegengenommen werden. Hongkong: Dieses Dokument wird in Hongkong von der Commerzbank AG, Filiale Hongkong, zur Verfügung gestellt und darf dort nur von „professionellen Anlegern“ im Sinne von Schedule 1 der Securities and Futures Ordinance (Cap.571) von Hongkong und etwaigen hierin getroffenen Regelungen entgegengenommen werden. Japan: Commerzbank AG, Tokyo Branch ist für die Verteilung von Research verantwortlich. Die Commerzbank AG, Tokyo Branch unterliegt der Aufsicht der japanischen Financial Services Agency (FSA). Australien: Die Commerzbank AG hat keine australische Lizenz für Finanzdienstleistungen. Dieses Dokument wird in Australien an Großkunden unter einer Ausnahmeregelung zur australischen Finanzdienstleistungslizenz von der Commerzbank gemäß Class Order 04/1313 verteilt. Die Commerzbank AG wird durch die BaFin nach deutschem Recht geregelt, das vom australischen Recht abweicht. © Commerzbank 2015. Alle Rechte vorbehalten. Version 9.21 24 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT Commerzbank AG 60261 Frankfurt am Main Group Risk Controlling & Capital Management Bereichsleitung Risk Control & Resources Mgmt.: Oliver Ewald Leitung Industries Research: Dr. Carola Hunger-Siegler Autor: Dr. Olaf Labitzke (069) 136-80414 (069) 136-22447 (069) 136-23919 Group Credit Risk Management Industry Head 1: Guido Vos Sector Head Chemicals: Dirk Kurth Autor: Jürgen Reinisch (069) 136-26491 (0211) 827-6764 (069) 136-86681 E-Mail: [email protected] www.commerzbank.de/branchen VKS04012
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