Es war ein über wältigendes Erlebnis

Nr. 50 Freitag, 26. Juni 2015
www.frutiglaender.ch Seite 5
ArWo stellt «K-Lumet»
im Coop her
frutigen Im Coop arbeiten diese
Woche Leute von der ArWo Frutigland
(ehemals Gschützti Wärchstatt). Sie
produzieren dort Anzündhilfen – ein Projekt, das bei vielen Kunden auf Interesse
stösst.
ursula Hari
1994 erfindet ein Werkstattleiter des Cen­
tre Les Perce-Neige, Kanton Neuenburg,
die «K-Lumet»-Anzündhilfe und lässt die
kleinen, wachsgetränkten Holzbündel pa­
tentieren. Ab 2001 werden diese bereits
in der ganzen Schweiz hergestellt. Es
kann ein Vertrag mit einem Grossvertei­
ler abgeschlossen werden. Und im 2005
erhält das «K-Lumet» das Gütesiegel der
Beratungsstelle für Unfallverhütung. Die
Anzündhilfe wird auch im Ausland pro­
duziert; es wurden Partnerschaften mit
deutschen, belgischen, polnischen und
französischen I­nstitutionen geschlossen.
20 Jahre nach der Erfindung bietet
­«K-Lumet» zirka 2000 Arbeitsstellen in
250 Schweizer S
­ ozialinstitutionen. ArWo
(Arbeiten und Wohnen) Frutigland hat 17
Partnerinstitutionen, welche «K-Lumet»
herstellen. In Frutigen werden die An­
zündhilfen verpackt, verkauft und zum
Teil auch verschickt.
Diverse Arbeitsschritte mit Restmaterial
ter der ArWo derzeit Anzündhilfen her.
Hansueli Zumkehr berichtet, dass er fünf
Tage in der Woche arbeitet. Er ist bereits
seit 13 Jahren in der ArWo und erledigt
verschiedene Aufgaben. Am Coop-Stand
stellt er die zugeschnittenen Hölzchen zu
einem Bündelchen zusammen. Dieses
muss dicht gefüllt werden, damit es
kompakt ist und später nicht auseinan­
derfällt. In der Mitte steckt der Docht,
und das Ganze wird von einem Karton­
ring zusammengehalten.
Die fertigen Bündel werden in Wachs
getaucht, berichtet Hansueli; er hat diese
Arbeit auch schon gemacht. Zuletzt wer­
den immer 16 Stück in eine Schachtel
verpackt, bevor sie verkauft oder ver­
schickt werden.
Nicola Rösti sitzt an der Schneidma­
schine. Er stutzt die feinen Hölzchen zu­
recht, die von Hansueli zu Bündeln ver­
arbeitet werden. Die «K-Lumet» werden Dana erblickt das Licht der Welt – die Mutter durfte trotz Kaiserschnitt assistieren. aus einheimischem Restholz, Kartonrin­
gen aus WC-Rölleli, Docht und Wachs
aus Kerzenresten hergestellt.
WC-Rölleli und Kerzenreste können in der ArWo­
Geschäftsstelle, Parallelstrasse 60, abgegeben
werden. Dort werden die «K-Lumets» ebenfalls
verkauft. Der Stand der ArWo ist noch bis Ende
Woche im Coop Frutigen: Freitag, 9 Uhr bis 18
Uhr; Samstag, 9 Uhr bis 16 Uhr.
Weitere Informationen finden Sie in unserer Web-
BILD zvg
«Es war ein über­
wältigendes Erlebnis»
Auch im Coop Frutigen stellen Mitarbei­ Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch.
frutigen Eine spezielle Form der Entbindung erlebte eine werdende Mutter
im Spital: Die junge Frau war aktiv am
Kaiserschnitt ihrer Tochter beteiligt.
Eine besondere Erfahrung – nicht nur für
die frischgebackenen Eltern, sondern
für das gesamte Operationsteam.
Friedlich schlummert Dana im Arm
ihres Vaters im Familienzimmer des Spi­
tals Frutigen. Mitte Juni hat die Kleine
per Kaiserschnitt das Licht der Welt er­
blickt. Mutter und Kind sind wohlauf. Die
Familie kommt aus Blankenburg und
hat sich auf Empfehlung von Freundin­
nen, die bereits hier geboren haben, und
nach dem Besuch des regelmässig statt­
findenden Informationabends dazu ent­
schlossen, das Spital Frutigen als Ge­
burtsort zu wählen.
«Da unser Spital geschlossen wurde,
haben wir keine Möglichkeit mehr, die
Kinder in unserem Tal zu gebären», sagt
die Mutter von Dana. «Von den Geburten
in Frutigen hatten wir nur Positives ge­
hört, und beim Infoabend bestätigte sich,
was wir uns vorgestellt hatten. Die Atmo­
sphäre war angenehm ruhig, und wir
spürten: Hier gibt es keine Massenabfer­
tigung. Auch die für mich perfekte Heb­
amme habe ich in Frutigen gefunden.»
können: Das Baby war in Steisslage im
Mutterleib, was in diesem Fall einen ge­
planten Kaiserschnitt unumgänglich
machte.
Die zukünftige Mutter wollte die Ge­
burt ihres ersten Kindes trotz dieses Ein­
griffs bewusst miterleben. Wie fast über­
all in den Geburtsabteilungen der
heutigen Zeit, wird auch in Frutigen der
Kaiserschnitt unter Vollnarkose nur im
Notfall angewendet. Die Betäubung mit­
tels einer Spritze in den Rücken, der so­
genannten Spinalanästhesie, und – falls
gewünscht – das Absenken des Sicht­
schutzes, sobald das Kind aus dem
Bauch gezogen wird, erlauben es den
Müttern, die Geburt unmittelbar zu er­
leben.
Bei der Geburt von Dana ist man im
Spital Frutigen aber noch einen Schritt
weitergegangen. Frau I.* durfte beim
Kaiserschnitt ihres Töchterchens assis­
tieren, das heisst, sie durfte die Kleine
unter Mithilfe des Operateurs unmittel­
bar in Empfang nehmen und selbststän­
dig auf ihre Brust legen.
Beteiligten ist solch eine Form des Kai­
serschnitts allerdings nicht durchzufüh­
ren», sagt Chefarzt Dr. N. Müller Strobelt.
Er war es auch, der die werdende
Mutter auf die Möglichkeit dieser beson­
deren Geburtsform aufmerksam machte.
Unterstützt von ihrer Hebamme und
nach reiflichen Überlegungen entschlos­
sen sich die zukünftigen Eltern, den
Schritt zu wagen.
Bereut haben sie es nicht. Es sei ein
überwältigendes Erlebnis gewesen, er­
klärt die Wöchnerin strahlend: «Ich
konnte mein Töchterchen unmittelbar in
Empfang nehmen, es war von der ers­
ten Minute an bei mir wie bei einer spon­
tanen Geburt. Das Gefühl war unbe­
schreiblich, ich war überglücklich.»
Vorteile der Beteiligung
Dass eine Mutter das Kind selbst auf ihre
Brust ziehen kann, gibt ihr ein gewisses
Mass an Selbstbestimmung zurück, was
bei einer Operation sonst so nicht der
Fall ist. Kind und Mutter können sofort
gegenseitig die Wärme spüren, Herz­
Schneiden, bündeln, wickeln: Das ArWo-Team im Coop Frutigen in Aktion. BILD ursula hari
schlag, Geruch und Hautkontakt beruhi­
Sicherheit im Mittelpunkt
gen das Baby. Für das Geburtserlebnis
Die Sicherheit für Mutter und Kind stan­ sei das entscheidend, heisst es von ärzt­
den während des Eingriffs immer an licher Seite. Eine Feststellung, welche
oberster Stelle. Aus diesem Grund wur­ die junge Mutter aus dem Simmental nur
den spezielle Massnahmen ergriffen: bestätigen kann: «Falls ich nochmals in
k andersteg Die bernische Kantons­ bewilligt. Mit dem Geld soll die Ski­ Die Kaiserschnittgeburt bewusst erlebt
Hände und Arme der Mutter wurden diese Geburtssituation komme, werde
regierung hat an die Erneuerung des Na­ sprunganlage des Zentrums erneuert Gegen Ende der Schwangerschaft stellte etwa mit Handschuhen und steriler Klei­ ich immer wieder diese Methode wäh­
tionalen Nordischen Skizentrums in werden. Die Gesamtkosten belaufen sich sich heraus, dass die junge Frau ihr Kind dung geschützt. «Ohne die gute Zusam­ len.»
MGT
nicht auf normalem Weg, also in einer menarbeit des gesamten Teams im OP
Kandersteg (NNSK) einen Beitrag von auf rund 7,1 Millionen Franken.
pd Spontangeburt, würde zur Welt bringen und ohne das grosse Engagements aller * Name der Redaktion bekannt
750 000 Franken aus dem Sportfonds
Beitrag aus dem Sportfonds fürs NNSK
Kolumne – unternehmen & unterlassen
Der Gemeindekassier wird die Frankenstärke zu spüren bekommen
Es ist erstaunlich, wie viele gutgemeinte, aber absolut unqualifizierte Ratschläge von Kolumnenschreibern und
anderen Poeten nach der Aufgabe des
Euromindestkurses durch die Nationalbank an die Unternehmerschaft gerichtet wurden, wie sie sich in der aktuell
schwierigen Währungssituation verhalten solle. Man müsse halt das Gespräch
mit den Kunden suchen, müsse zusätzliche Rabatte geben oder müsse innovative Lösungen bringen. Herzlichen
Dank für all die kreativen Tipps! Und übrigens hätte man ja drei Jahre lang vom
Mindestkurs profitiert und Zeit gehabt,
um sich auf die Aufgabe des Mindestkurses vorzubereiten. Im Kurzzeitgedächtnis solcher Schreiberlinge ist wohl
vergessen gegangen, dass die Exportindustrie in den vergangenen drei Jahren
die Reduktion des Eurokurses von gut
Fr. 1.50 auf Fr. 1.20 zu verdauen gehabt
hat. Sie hat sich sehr wohl und sehr erfolgreich auf die veränderten Verhältnisse eingestellt. Einerseits ist die Fertigungstiefe durch Zukauf aus dem
Ausland in vielen Unternehmen reduziert
worden, andererseits ist es vielen Betrieben gelungen, sich durch Automatisierung und Rationalisierung weiterhin
am Markt zu behaupten.
Wenn ich früher nachts durch die Firma
gegangen bin, konnte ich mit den
Schichtarbeitenden das eine oder andere Wort austauschen. Heute arbeitet
kaum noch jemand in der dritten
Schicht. Im Idealfall leuchten mir beim
Firmenrundgang gegen die 20 grüne
Lampen entgegen. Sie sind ein Zeichen
dafür, dass die Maschinen laufen. Fällt
eine Maschine aus oder ist sie mit dem
Auftrag fertig, leuchtet eine rote oder
eine orangene Lampe auf – die Maschinenverantwortlichen werden über ein
SMS informiert. Es ist dann an ihnen zu
entscheiden, ob sie nachts herkommen,
um die Maschine nochmals in Betrieb
zu nehmen, oder ob im Morgengrauen
der Arbeitskollege der Frühschicht diese
Aufgabe übernehmen soll. Speziell
wichtig ist die Alarmierung des Maschinenbedieners übers Wochenende, denn
die wichtigen Maschinen müssen während sieben Tagen möglichst 24 Stunden laufen. Mit dieser Automatisierung
ist ein Stück Menschlichkeit verloren
gegangen. Dafür ist es gelungen, an
Konkurrenzfähigkeit zu gewinnen und
anspruchsvolle Arbeitsplätze in der
Schweiz zu behalten.
Wie Statistiken zeigen, ist der Wertschöpfungsanteil in der Schweiz in den
letzten Jahren teilweise massiv gesenkt
worden, indem im Euroraum oder in
Fernost eingekauft oder produziert wird.
Ob es jedoch positiv ist für die schweizerische Volkswirtschaft, wenn das produzierende Gewerbe schrumpft und Arbeitsplätze auslagert, dafür neue
Arbeitsplätze primär im sozialen Bereich
und in der Verwaltung beim Staat geschaffen werden, darf mindestens in
Frage gestellt werden.
Die durch die SNB über Nacht ausgelöste Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit schweizerischer Produzenten
wird durch die Streichung des Wünschbaren nicht nur betriebsintern, sondern
auch in vielen nachgelagerten Bereichen schmerzliche Anpassungen zur
Folge haben. Zu denken ist nicht nur an
Zulieferer, die wesentlich weniger zubringen können, sondern ebenso an unterstützte Sport-, Kultur- oder sonstige
Vereine, deren Sponsorenbeiträge künftig deutlich weniger locker fliessen dürften. Selbst der Gemeindekassier wird
infolge tieferer Steuereinnahmen zeitverschoben die Frankenstärke zu spüren bekommen! Hansruedi Wandfluh
[email protected]