menschen | Das Porträt Viva Vegan! Können wir uns auch ohne das Töten von Tieren ernähren? Fragen wie diesen geht Bioethiker Erwin Lengauer in seinen Forschungen nach. Der Pinzgauer Philosoph ist überzeugter Vegetarier, organisiert allmonatlich vegane Weinverkostungen in Wien und betreibt eine eigene Website, auf der er europäische Veggie-Restaurants listet. Erwin Lengauer ist seit 35 Jahren Vegetarier. „Aus rein tierethischen Gründen“, wie er sagt. „Als Jugendlicher erlebte ich zufällig eine Schlachtung mit. Das Schwein hat erbärmlich um sein Leben gequietscht.“ Ein einschneidendes Erlebnis, das den Brucker hinsichtlich seiner Ernährung umdenken ließ. „In den 1980er-Jahren galt Vegetarismus als überaus seltsam“, erinnert er sich. „Ich selbst wusste nur, dass Mahatma Gandhi und möglicherweise Franz von Assisi Vegetarier waren. Einige Jahre später entschieden dann sogar meine Eltern, die mir die Begeisterung für Natur- und Vollwerternährung vermittelten, fleischlos zu leben.“ Erwin Lengauer, der von der Geschmacksbreite der italienischen, indischen und asiatischen Veggie-Küche schwärmt, kauft keinerlei tierische Produkte ein; in seinen eigenen vier Wänden ist er Veganer. „Bei Einladungen und Geschäftsessen kommt es aber vor, dass ich Ausnahmen mache und mich vegetarisch ernähre“, erzählt er. Seit 2003 ist der 50-Jährige Assistent an der „Forschungsstelle für Ethik und Wissenschaft“ der Universität Wien, düst für Forschungsaufenthalte regelmäßig an Universitäten in Großbritannien und den USA. Auch im Job nehmen die Themen Vegetarismus und Veganismus eine zentrale Rolle bei ihm ein. Neben ethischen Fragen, die sich auf den Gebieten der Humanmedizin und Humanbiologie ergeben, beschäftigt sich Erwin Lengauer damit, wie mit Tieren umgegangen wird - in Tierversuchen, beim Schächten, in der Intensivtierhaltung. „Mein Forschungsschwerpunkt ist die anglo-amerikanische Bioethik, die sich seit den 1970er-Jahren insbesondere dem Thema widmet, ob wir uns nicht auch ohne das Töten von Tieren ernähren können“, erläutert er. Zudem koordiniert der Brucker das internationale Projekt „Vegstudies“, für das Natur-, Kultur- und Sozialwissenschafter gemeinsam Forschungsfragen erarbeiten. „Eine zentrale Frage ist, welche Gesellschaftsgruppen aus welchen Gründen vegetarisch oder gar vegan werden und dies auch über längere Zeit bleiben“, erklärt Erwin Lengauer. „Bisher haben sämtliche Studien weltweit eindeutig festgestellt, dass junge, westliche Frauen mit guter Bildung und im städtischen Milieu mit bis zu zehn Prozent mit dem Vegetarismus sympathisieren und versuchen, mehr oder weniger konsequent, auch so zu leben.“ Wir freuen uns auf Ihren Besuch Ihr Lirk Team Das Reisebüro. Genau meine Welt. 5760 Saalfelden im EKZ Interspar Tel.: 050 884 296-0, e-mail: [email protected] „unter jüngeren menschen wird ein ,entspannter’ vegetarismus immer beliebter.“ erwin lengauer Seit 2003 ist der 50-Jährige Assistent an der „Forschungsstelle für Ethik und Wissenschaft“ der Universität Wien. Sein Schwerpunkt ist die anglo-amerikanische Bioethik. 12/13 platzhirsch Gibt es gesundheitliche Veränderungen? Wie verändert sich das soziale Umfeld? Welche ethischen Argumente werden für den Vegetarismus bzw. den Veganismus als besonders wichtig erachtet? All dies sind Fragen, denen die Forscher rund um Erwin Lengauer im Rahmen ihrer Studien nachgehen. Die wichtigsten Erkenntnisse: „Es hat sich bestätigt, dass es wichtig ist, Vegetarismus und insbesondere Veganismus step by step in die konkrete Lebenspraxis zu integrieren“, erklärt der Wahl-Wiener. „Sehr viele, die sozusagen über Nacht vegan werden, sind es nach relativ kurzer Zeit nicht mehr.“ Erwin Lengauers direkter Vorgesetzter war bis vor Kurzem der Philosoph und Bioethiker Prof. Peter Kampits, Begründer der österreichischen Bioethikforschung und derzeit stellvertretender Vorsitzender der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt. „Für eine an internationaler Wissenschaft und Forschung interessierte Person kann es wohl keinen Entdecken Sie jetzt die große Urlaubsvielfalt und reservieren Sie sich gleich Ihren Platz an der Wintersonne! Egal ob Badeurlaub, Entdeckerreise oder Individualurlaub – Ihre Reiseprofis in Saalfelden und Zell am See sind immer für Sie da. Wir kennen viele Urlaubsziele persönlich und halten die besten Geheimtipps für Sie bereit.Testen Sie uns und genießen Sie die Vorfreude auf Ihre nächste Reise umso länger! Wir beraten Sie gerne und freuen uns auf Ihren Besuch! menschen | Das Porträt spannenderen Platz als an einer Universität geben“, sagt der Pinzgauer über seine Profession, fügt aber hinzu: „Der Nachteil: Ist man kein Wissenschafter im relativ gut bezahlten Beamtenstatus, sitzt man halt auf einer eher schlecht bezahlten, unsicheren Teilzeit-Forschungsstelle und muss gut und gerne 50 bis 60 Stunden in der Woche am Schreibtisch verbringen.“ Alles veggie! Neben seiner akademischen Tätigkeit veranstaltet der Philosoph im Café-Restaurant „Landia“ in Wien seit 2000 (fast) jeden ersten Freitag im Monat Verkostungen von veganen Bioweinen. In die Gläser kommen bei diesen Treffen ausschließlich Weine, bei denen sichergestellt ist, dass keine tierischen Bestandteile mit dem kostbaren Rebensaft in Berührung kamen. Was nämlich viele Weintrinker nicht wissen: Bei der sogenannten „Weinschönung“ kommen zum Teil auch organische Mittel aus Hühnerei-, Kuhmilch- oder Fischprotein (Hausenblase) zum Einsatz. Wenn also Erwin Lengauer für seine Verkostungen Weine auswählt, so achtet er strikt darauf, dass diese maximal mit mineralischen Klärungsmitteln geschönt wurden. Noch lieber ist ihm, wenn Winzer bei ihren Weinen gänzlich ohne Schönungsmittel auskommen und durch einfühlsame Vorgehensweise dennoch glockenklare Tröpfchen zusammenbringen. Erwin Lengauers Interesse für Weine wurde nicht zuletzt durch Bruder Herbert entfacht, 1999 einer der ersten Weinakademiker Österreichs. Auch ein Studienaufenthalt in Australien trug dazu bei. Erwin Lengauer forschte an den beeindruckenden Universitäten Sidney, Adelaide und Melbourne und entdeckte in den Weinanbaugebieten des „Roten Kontinents“ wie dem Barossa Valley seine Liebe zu schweren, australischen Rotweinen. „Retour aus ,Down under’ habe ich mich geärgert, dass es leider auch unter den Vegetariern und Veganern fast sektiererische Genussfeinde gibt. Da ermutigten mich Freunde, nun doch offiziell einen vegetarischveganen Bio-Weinklub zu machen.“ Zu seinen Lieblingen bei den weißen Rebsorten zählen Riesling, Grüner Veltliner, Sauvignon Blanc und der bei uns seltene Chenin Blanc. Bei den roten sind Pinot Noir und die österreichischen Nationalsorten Zweigelt, Blaufränkisch und Sankt Laurent führend. Im Urlaub liebt Erwin Lengauer es, Veggie-Restaurants im gehobenen Segment zu besuchen - in diesem Jahr fast zehn Lokale in Sizilien! Damit andere ihm folgen können, listet er die empfehlenswertesten europäischen Spitzenrestaurants auf einer Homepage auf. Ihm ist wichtig, dass insbesondere Veganismus nicht als „sektiererisches Fanatikertum mit Esoterik und extremer Rohkost verknüpft, oder die vegetarische Ernährungsform als asketische Selbstkasteiung moralinsauer gepredigt wird.“ Unter jüngeren Menschen werde glücklicherweise ein „entspannter“ Vegetarismus immer beliebter. Vom Tischler zum Philosophen! Mit seiner koreanischen Lebensgefährtin Min und den beiden Hauskaninchen „Gorilla“ und „Koko“, für die der Kühlschrank immer ein paar Karotten bereithält, wohnt Erwin Lengauer in Wien nahe dem Prater. Sein „kleines, bescheidenes Elternhaus aus Holz“ steht neben dem Kinderdorf St. Anton in Bruck. Dort ist er - zusammen mit zwei älteren Brüdern und einer jüngeren Schwester - glücklich groß geworden. In der zum Kinderdorf gehörenden Franziskanerkirche war er begeisterter Ministrant, wollte - nach der Tischlerlehre im Möbel-Einrichtungshaus Deisenberger in Schüttdorf und der Abendmatura - kurzzeitig sogar Theologie studieren und 14/15 platzhirsch Nachgefragt 10 Fragen an Erwin Lengauer: 1. Woran denken Sie, wenn Sie an etwas Schönes denken? Eindeutig immer an meine geistige zweite Heimat, an Venedig. 2. Was verletzt Sie? Takt- und Respektlosigkeit. 3. Ihre liebste Freizeitbeschäftigung? Mit meiner Freundin fremdsprachige DVDs (mit Untertiteln) an der Beamerleinwand ansehen. 4. Wer imponiert Ihnen? Alle, die noch immer für eine bessere Welt kämpfen. 5. Eine Anekdote aus Studientagen? In den Ferien war ich Bademeister und durfte viele wohlgeformte, weibliche Rücken mit Sonnencreme vor den „gefährlichen ultravioletten“ Strahlen schützen. 6. Welche Musik hören Sie gerne? Ich höre neben Barock und Klassik zeitweise Rockmusik aus den 1960er- bis 1980er-Jahren. 7. Sie treffen Gott: Ihre erste Frage an ihn? Warum er, wenn er doch allmächtig ist, diese Leiden auf Erden zulässt. 8. Was mögen Sie an sich besonders, was gar nicht? Ich versuche die Welt von der positiven Seite zu sehen. Was ich nicht an mir mag ist, dass ich mir so selten Zeit für mein Tennis- und Lauftraining nehme. 9. Wenn Sie ein Tier wären: Welches wären Sie? Ein Kaninchen in einer veganen Welt. 10. Ihr Tick? Bestimmte Entscheidungen x-Mal neu durchzudenken, bevor ich etwas ändere. Philosoph Erwin Lengauer, geboren in Taxenbach, aufgewachsen in Bruck, versucht, die Welt stets von der positiven Seite zu sehen. Seine Devise: „Increasing happiness and pleasure“. Franziskanerpriester werden! Dann ist Erwin Lengauer aber doch lieber in die für ihn damals noch anonyme Großstadt „geflüchtet“, um dort 1997 sein Philosophie- und Wissenschaftstheorie-Studium mit Auszeichnung abzuschließen. Kehrt er zeitweilig in den Pinzgau zurück, genießt der Philosoph das Spazierengehen am Zeller See, der ihm von seiner Zeit bei der Wasserrettung und den Umrundungen fürs Marathon-Training bestens bekannt ist. Etwas vermisst der passionierte Pfeifenraucher in seinem Heimatbezirk allerdings: ein Veggie-Bistro! „Vielleicht eröffnet irgendwann eines, dann organisiere ich eine große Pinzgau-Biowein-Verkostung, fest versprochen!“, lacht Erwin Lengauer. ■ Text: Silke Burgsteiner | Fotos: platzhirsch
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