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14.11.2014 Von Manuela Reuß
Langsam zieht bei Mierischs in Elstra etwas Ruhe ein. Die Saison ist
vorbei. Die meisten Kräder sind eingemottet. In der Zweiradbranche
geht es in der kalten Jahreszeit etwas geruhsamer zu. Das gilt auch
fürs Geschäft von Andreas Mierisch. Doch der 46-Jährige legt
keineswegs die Hände in den Schoß. Schließlich will die nächste
Saison vorbereitet sein.
Für Andreas Mierisch bedeutet das auch Lernen. „Ich fahre jedes Jahr
zu Schulungen“, so der Firmenchef. Schließlich sei es ihm wichtig,
auf dem neuesten Stand zu sein. Denn die Technik werde
zunehmend anspruchsvoller. So bringt Yamaha Anfang nächsten
Jahres ein Sportmotorrad der neuesten Generation auf den Markt.
Vorige Woche wurde es erstmals vorgestellt, verrät Annett Mierisch.
Mit diesem innovativen Krad, welches man beispielsweise mittels
Das Motorradhaus Mierisch in Elstra feiert 90. Geburtstag. Über das
Firmenjubiläum des kleinen Familienbetriebes freuen sich (von links)
Andreas Mierisch (46), Liane Mierisch (79), Rolf Mierisch (80) und
Annett Mierisch (46). Foto: Mathias Schumann
Smartphone programmieren kann, werde eine völlig neue Ära
eingeläutet.
An solche technischen Möglichkeiten war vor 90 Jahren noch nicht zu
denken. Als der gelernte Schmied Karl Mierisch am 24. November 1924 seine kleine Reparaturwerkstatt eröffnete, herrschten
andere Zeiten. Noch waren die Folgen des Ersten Weltkrieges zu spüren. Nicht gerade der ideale Zeitpunkt für eine
Firmengründung. Karl wagte es trotzdem. Ohne Meisterbrief. Den brauchte man damals nicht unbedingt, verrät sein Sohn Rolf.
„Man musste aber Mitglied in der Innung sein.“ Trotzdem drückte der Firmengründer später noch die Schulbank. 1940 durfte er
sich Kraftfahrzeughandwerksmeister nennen. Karl Mierisch reparierte alles, was im Ort herumfuhr. Egal ob es zwei oder vier
Räder hatte. Als er die Werkstatt, nebst Lager und Ladengeschäft im Hinterhof seines Hauses an der Pulsnitzer Straße
eingerichtet hatte, spezialisierte er sich auf Zweiräder.
1960 übernahm Sohn Rolf das Geschäft. Awo, Jawa „und das ganze Vogelprogramm von Simson“ – von Spatz bis Schwalbe
setzte die Elstraer Zweiradwerkstatt instand, erzählt der Senior-Chef. Nur verkauft wurde damals nicht. „Das lief nur über den
staatlichen Handel“, erzählt Annett Mierisch. Heute unvorstellbar. Deshalb gehört inzwischen neben der Werkstatt ein großzügiger
Verkaufsraum dazu. Denn „heutzutage muss die Ware bestens präsentiert werden“. Im Betrieb an der Pulsnitzer Straße wäre das
kaum möglich gewesen. Deshalb bauten Mierischs am Stadtring ein neues Motorradhaus. Aber auch weil die Elstraer als offizieller
Yamaha-Händler einen angemessenen Firmensitz brauchten.
Fast auf den Tag genau vor 15 Jahren wurde der Neubau von Rolf Mierischs Schwiegersohn Andreas eröffnet. Er führt seit 1998
den traditionellen Familienbetrieb in dritter Generation. Eigentlich sollte Annetts älterer Bruder die Firma mal übernehmen. Doch
nach dem Studium zog es ihn nach Stuttgart zu Mercedes. Dort arbeitet er als Entwicklungsingenieur. Also sprangen
Schwiegersohn und Tochter in die Bresche und schulten um. Zwar hatten beide vorher mit Technik zu tun, aber eben nicht mit
Zweirädern. Andreas Mierisch ist studierter Luft- und Raumfahrttechniker. „Wenn Kunden das Foto sehen, wo er in einer MIG
sitzt, gibt es immer ein großes Hallo“, erzählt seine Frau schmunzelnd. Inzwischen hat der Wahl-Elstraer aber auch den
Kfz-Meister in der Tasche. Als studierte Mess- und Prüftechnikerin fiel auch Annett Mierisch der Wechsel in die Zweiradbranche
nicht schwer. Inzwischen sind die Juniors längst in allen fachlichen Dingen sattelfest. Bis hin zum Internethandel. Denn neben
Bikes verkaufen sie auch ein großes Sortiment an Zubehör und Bekleidung. Das finden Kunden sowohl oben, in der Galerie des
Motorradhauses als auch im Netz. Nahezu täglich gehen Pakete raus. Bis nach Chile, Madagaskar oder in die USA.
Viel Arbeit für den kleinen Zwei-Mann-Betrieb. Nur gut, dass Senior Rolf ab und zu als „Mädchen für alles“ fungiert, zum Beispiel
auf der Zulassungsstelle. Trotz hohen Arbeitspensums legt Andreas Mierisch aber großen Wert auf umfassende Beratung. „Dafür
nimmt er sich viel Zeit“, weiß seine Frau. Das zahlt sich aus, was die große Zahl treuer Stammkunden zeigt. „Die Kunden
schätzen das Familiäre“, weiß Andreas Mierisch. „Sie wollen genau wissen, wer an ihrer Maschine schraubt.“ Noch ist er das. In
ein paar Jahren steht vielleicht einer seiner zwei Söhne mit in der Werkstatt, um Kunden glücklich zu machen. Das sei eine tolle
Motivation. „Es ist immer wieder schön, die strahlenden Augen der Männer zu sehen, wenn sie ihre großen Spielzeuge abholen,
verrät Annett Mierisch.
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25.09.2015 13:21