Paul Schulz

Praktikumsbericht – Paul Schulz
Praktikumsbericht
DAAD Rise weltweit
Praktikant:
Praktikumszeitraum:
Projekt:
Betreuer:
Praktikumsstelle:
Paul Schulz
03.08.2015 – 23.10.2015
Perception of Social Interaction
Dr. Kami Koldewyn
Department of Psychology, Bangor University
Praktikumsbericht – Paul Schulz
Allgemeines
Vorbereitung
Nachdem ich die Zusage für das Praktikum inklusive des Stipendiums vom DAAD erhalten
hatte, klärte ich mit meiner Betreuerin die Daten ab. Eine Wohnung für nur 3 Monate zu
finden war allein nicht so leicht. Im Vereinigten Königreich mieten die Studenten ihre
Wohnungen meist nur für die Monate des akademischen Jahres. Dadurch findet man keine
Möglichkeit zur Zwischenmiete in den Semesterferien. Nur für die Zeit der Semesterferien
findet sich leicht eine Wohnung, doch kein Vermieter wollte mir eine feste Zusage bis in die
Semesterzeit hinein machen. Über die DAAD Rise weltweit Facebook-Gruppe trat ich mit
den anderen Praktikanten in Bangor in Kontakt, die ein Haus für uns Vier fanden. Schade war
daran nur, dass ich so mit anderen Deutschen zusammenlebte und zu Hause nicht gezwungen
war, Englisch zu sprechen.
Leben in Bangor und Wales
Bangor ist eine Kleinstadt in Nord-Wales. Während des Semesters sind über 50% der
Einwohner Studenten. Als ich inmitten der Semesterferien ankam, erschien mir Bangor aber
wie eine Geisterstadt. Die Fußgängerzonen waren ausgestorben. Einige Geschäfte hatten
außerhalb des akademischen Jahres gar nicht geöffnet. „Touristisch und kulturell bietet
Bangor allerdings nicht allzu viel […]“ sagt sogar mein Reiseführer1. Und in der Tat: Theater,
Kinos oder Konzerthallen sucht man vergeblich. Die Fertigstellung des Studenten- und
Kulturzentrums „Pontio“ welches all das beherbergen soll war ursprünglich 2012 geplant,
doch ich erlebte sie auch während meines Praktikums 2015 noch nicht. Trotzdem mus man
nicht nur zu Hause sitzen: In den Pubs kann man nicht nur günstig Trinken und Essen,
sondern auch Sportereignisse wie den Rugby World Cup und ab und zu Live-Musik sehen
und abends räumt fast jeder Pub eine Tanzfläche frei und dreht die Musik lauter. Insgesamt
gibt es im Vereinigten Königreich ein aktives Nachtleben, selbst in Bangor. Aber nur bis
Punkt 3 Uhr morgens.
Mit etwas Recherche und Mut allein loszugehen, konnte ich meine Abende in der Woche
ganz gut ausfüllen: Montags Brettspielabend mit dem Mann meiner Betreuerin und seinen
Freunden, Dienstags und Donnerstags Rugby-Training im Nachbardorf Llandigai, Mittwochs
Swing-Jive-Tanzkurs. Wer sich drei Monate langweilt ist selbst schuld. An den Wochenenden
und an sonnigen Wochentagen (die man laut unserer Betreuerin unbedingt nutzen sollte, da
sie selten seien) unternahm ich Ausflüge mit meinen Mitbewohnern, allein oder mit hier
neugefundenen Freunden. Ein paar Beispiele:
-
In die Burgruinen von Caernarfon, Beaumaris und Conwy, drei UNESCOWeltkulturerbestätten in Nord-Wales
Nach Llandudno, wo „Alice im Wunderland“ geschrieben wurde
Auf das Beaumaris Food Festival, inklusive einer Bootstour um “Puffin Island” (auf
der es gar keine Papageientaucher mehr gibt)
Eine Wanderung von Holyhead über den Holyhead Mountain, vorbei am South Stack
Lighthouse nach Bae Trearddur
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-
Eine Wanderung von Bangor, über Menai Bridge und
Llainfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantisiliogogogoch nach Newborough
Besuch des Newborough Beach und der Insel (nur bei Flut) Llanddwyn
4 Tage auf dem Festival No 6 in Portmeirion
Besteigung des Mount Snowdon im Snowdonia Nationalpark
Besuch des Rugby World Cup Spiels Südafrika gegen Samoa in Birmingham
Wanderung um das älteste Kupferabbaugebiet der Welt auf Parys Mountain
Besuch eines walisischen Musikfests in Amlwch
Ein Wochenende in Warrington und Liverpool
Ein Wochenende in Cardiff inklusive Besuch der Doctor Who Experience.
Schon vor dem Start des Praktikums verbrachte ich einige Tage in London und Brighton.
Nach dem Ende des Praktikums reiste ich noch 10 Tage durch Irland, unter anderem durch
Dublin, Kilkenny, Cork, Kerry und Galway.
Wen es in den nächsten Jahren auch nach Bangor verschlägt, kann mich gern kontaktieren
und hoffentlich nützliche Tipps und Empfehlungen bekommen.
Fachliches
Arbeitsumfeld und Atmosphäre
Wir Praktikanten wurden in einem Anbau an das Brigantia Building, in dem der Großteil der
Mitarbeiter der School of Psychology sitzt, untergebracht. Zu fünft teilten wir uns zwei Büros.
In den ersten Wochen bekamen wir noch alle einen Mac auf unseren Schreibtisch, einen
Account fürs Intranet, eine Uni-Bangor-Email-Adresse und eine Staff-Karte, die uns Zugang
zum Gebäude und das Nutzen der Drucker ermöglichte. Am Anfang gab es auch noch eine
Sicherheitseinweisung. Alle Mitarbeiter begegneten uns ausnahmslos freundlich und hilfreich,
man hatte nie das Gefühl „nur ein Praktikant“ zu sein. Wir konnten nicht nur am inoffiziellen
„Lunch Club“ zur Mittagszeit sondern auch an den Kolloquien und SNAC (Social
Neuroscience and Cognition) Meetings teilnehmen. Außerdem gab es einmal pro Woche den
Journal Club, in dem wir abwechselnd interessante Paper vorstellten und diskutierten. Unsere
Arbeitszeit konnten wir selbstständig einteilen und auch (zum Beispiel bei schlechtem Wetter)
von zu Hause arbeiten. Mit unserer Supervisorin Kami konnten wir so oft wie nötig Treffen
vereinbaren oder einfach in ihrem Büro vorbeikommen.
Projekt und Aufgaben
Ich bekam das Projekt „Perception of Social Interaction“. Es gibt bereits viele Studien darüber
wie aus einer First-Person-Perspektive Interaktion wahrgenommen wird, also Interaktion mit
uns selbst als einen der Agenten. Seltener wurde untersucht wie wir Interaktion in der ThirdPerson-Perspektive wahrnehmen und verarbeiten, also Interaktionen zwischen zwei von uns
unabhängigen Agenten. Die generelle Frage ist: Wie verarbeiten wir visuelle Informationen
um herauszufinden ob zwei andere Personen miteinander streiten oder flirten? Ob sie nur
Smalltalk machen oder etwas planen? Ob sie zusammen oder gegeneinander arbeiten? Der
Ansatz ist dabei ein neurowissenschaftlicher, es sollen also die in der Verarbeitung aktiven
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Gehirnregionen gefunden werden. Ich arbeitete mit Jon Walbrin, einem Doktoranten meiner
Betreuerin zusammen, der schon in seiner Masterarbeit die Rolle des parietalen superioren
temporalen sulcus (pSTS) bei der Verarbeitung sozialer Stimuli erforscht hatte.
In den ersten Wochen musste ich mich vor allem in das Thema der Perception of Social
Interaction einlesen. Anfangs wurden mit einige Paper von meiner Betreuerin empfohlen,
dann recherchierte ich selbstständig nach interessierender wissenschaftlicher Forschung.
Jon hatte für seine Experimente moving shapes als Stimuli eingesetzt. Das bedeutet das
bewegte geometrische Figuren in kurzen Filmsequenzen den Eindruck erwecken, als ob sie
soziale Agenten sind, die miteinander interagieren um ein Ziel zu erreichen, zum Beispiel
einen Hebel umlegen oder einen Ball durch ein Tor zu spielen. Jon hatte in seinen ersten
Experimenten kompetitive und kooperative Stimuli eingesetzt, stand jedoch vor dem Problem
dass beide Manipulationen sich nicht nur in der Art der Interaktion, sondern auch darin ob das
Ziel erreicht wurde, oder nicht, systematisch unterschieden. Daraus ergab sich die
Hauptaufgabe meines Praktikums. Ich erlernte das Animieren mit dem Programm Adobe
Flash CS5. Dann erstellte ich neue Filmsequenzen bei denen das Ziel trotz kompetitiver
Interaktion erreicht wurde und solche bei denen das Ziel trotz kooperativer Interaktion nicht
erreicht wurde. Zusätzlich erstellte ich die zugehörigen Kontroll-Stimuli, bei denen sich die
Agenten gleichviel bewegen, aber nicht interagieren. Schließlich erstellte ich auch noch die
nötigen Stimuli für die Catch-Trials. Das sind die Versuchsdurchgänge, mit denen getestet
wird, ob die Probanden noch aufmerksam zuschauen, während sie im MRT-Scanner liegen.
Wir haben das durch einen kurzen Farbwechsel einer der bewegten Figuren realisiert, der vom
Probanden bemerkt werden muss.
In meinen letzten Wochen half ich noch beim Messen der ersten Probanden.
Nebenbei wurde mir die Möglichkeit offen gelassen auch an einem eigenen
Forschungsinteresse zu arbeiten. So erarbeite ich den Theorieteil eines Papers zu der Frage ob
der pSTS wirklich speziell auf soziale Interaktion reagiert oder auch auf andere Interaktionen.
Außerdem begann mit der Erstellung eigener Stimuli. Leider wurde ich damit nicht fertig.
Jedoch kann ich an diesem Projekt zu Hause weiterarbeiten und vielleicht später in
Zusammenarbeit mit Jon und meiner Betreuerin fertigstellen.
Ergebnisse
Ausschnitte aus meinen Animierten Filmsequenzen sind im Anhang, unter „Bilder“ zu sehen.
Ich kann außerdem allein weiter an Stimuli für mein eigenes Projekt arbeiten und es später
fertigstellen.
Fazit
Insgesamt hat sich das Praktikum auf jeden Fall gelohnt. Das noch junge Forschungsfeld der
Perception of Social Interaction kennenzulernen war sehr interessant. Gern würde ich mich
auch später wieder damit beschäftige. Das Animieren mit Adobe Flash ist auch eine nützliche
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Fertigkeit, die ich vielfältig einsetzen kann. Und schließlich sind die geknüpften Kontakte viel
wert. Nocheinmal würde ich dieses Praktikum allerdings nicht über 12 Wochen machen, oder
später beginnen. Denn da erst im neuen akademischen Jahr genug Probanden da waren,
konnte ich kaum Probanden messen. Und ohne die Datenerhebung viel es oft schwer die
Arbeitszeit mit Aufgaben auszufüllen.
Anhänge
Bilder
Beispiele der animierten Sequenzen (nicht im originalen Maßstab und Seitenverhältnis):
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Bilder aus Wales:
(South Stack Lighthouse auf Holy Island)
(Conwy Castle)
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(Snowdonia National Park, Blick vom Fuß des Crip Goch Richtung Llanberis)
(Blick von Newborough auf der Insel Anglesey über die Meerenge Menai Strait)