Stützpunkt für Schweizer Weine Wein-Keller Von Peter Keller er in ausländischen Restaurants die Weinkarten studiert, stellt schnell fest, dass den regionalen Produkten der gebührende Platz eingeräumt wird: In Südtirol werden Südtiroler Weine serviert, in der Provence sind es provenzalische Spezialitäten. In der Schweiz dagegen haben die einheimischen Tropfen einen schweren Stand und sind unter- oder gar nicht vertreten. Vielfach sind die Karten mit mittleren oder schlechten Qualitäten bestückt. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Die Wirtschaft Neumarkt in Zürich macht sich für Schweizer Gewächse besonders stark und ist neuerdings ein Stützpunkt des Mémoire des Vins suisses (MDVS). In dieser Vereinigung sind über 50 Spitzenproduzenten aus allen sechs Anbauregionen des Landes vertreten. Das Restaurant baut das Schweizer Angebot weiter aus und bezieht jedes Jahr Weine von min- W destens 30 MDVS-Winzern. «Ich glaube an die Schweizer Gewächse und will qualitätsbewussten Produzenten eine Plattform bieten», sagt Pächter René Zimmermann zu seiner Motivation. Das Mémoire will mittelfristig in anderen Schweizer Städten ebenfalls eine Zusammenarbeit mit Restaurants eingehen. In Zürich machen die einheimischen, teilweise älteren Gewächse gut die Hälfte des Sortiments aus. Bei den Weissen lohnt es sich, den Räuschling Seehalde 2012 von Hermann Schwarzenbach aus Meilen Schweizer Restaurants sollten sich vermehrt für lokale Gewächse stark machen – so wie das ‹Neumarkt› in Zürich. zu versuchen (56 Franken) oder den genialen Chardonnay Dosso 2009 des Tessiners Christian Zündel (72 Franken). In Sachen Rot ist der La Colombe Noire Réserve 2010 von Raymond Paccot aus Féchy (62 Franken) eine sichere Wahl: ein eleganter, gut strukturierter Pinot noir aus der Waadt. Einen der besten Cabernet Sauvignon/Cabernet Franc produziert die Genfer Domaine des Balisiers. Der 2006er ist jetzt trinkbereit (69 Franken). Es kommen im «Neumarkt» aber auch Winzer zum Zuge, die nicht dem Mémoire angehören, etwa das Weingut Zahner aus dem Zürcher Weinland oder das allseits bekannte Winzer-Ehepaar Daniel und Martha Gantenbein aus der Bündner Herrschaft. Für alle Weine gilt: Die Preise sind fair kalkuliert – ein Anreiz, um einheimisches Schaffen zu geniessen. O Mehr Wein-Infos von unserem Experten Peter Keller finden Sie online auf www.nzz.ch/wein-keller Frage der Woche Wie lange lässt sich ein Rotwein aus dem Bandol lagern? M. W., per E-Mail Die Appellation in der Provence liefert die eindrücklichsten Rotweine aus dieser Gegend. Hauptsorte ist Mourvèdre, die mit Grenache und Cinsaut ergänzt wird. Ein Bandol präsentiert sich kräftig und mit einer beachtlichen Geschmackstiefe. Der Grossteil der Weine wird eher in jüngeren Jahren getrunken. Dem Bandol wird jedoch ein gewisses Lagerpotenzial zugeschrieben. Ich würde Beispiele aus einem guten bis sehr guten Jahr nicht viel länger als zehn Jahre lagern. Die Top-Gewächse der besten Produzenten des Gebiets wie Tempier oder Pibarnon halten darüber hinaus. Vom letztgenannten Gut degustierte ich kürzlich einen gelungenen, noch frischen Wein aus den frühen 2000er Jahren. Fragen an: [email protected] Essenzielles für den Esstisch Supplément Salz und Pfeffer it der Tischdekoration verhält es sich nicht anders als mit dem Gewürz. Natürlich kann man sowohl beim Herrichten der Tafel wie beim Marinieren der Speisen mit der grossen Kelle anrichten, doch besser wird das Mahl dadurch nicht immer. Im Gegenteil: Während einem allzu viele Blumen, Kerzen oder textile Staffage schnell einmal den Blick aufs Wesentliche verstellen, bedarf es auch bei einem guten Stück Fleisch oder einer reifen Aubergine meist nicht mehr als einer Prise Salz und Pfeffer. Von Weitsicht zeugt demnach, das eine mit dem anderen zu verbinden – also nicht nur das Salz mit dem Pfeffer, sondern auch das Unentbehrliche mit dem Schönen. Beispielsweise in Form einer skulpturalen Salz- oder Pfeffermühle aus heimischer Eiche, Kirsch- und Nussbaumholz, wie sie Stefan Merz in seinem Zürcher Atelier gestaltet, mit der Kettensäge bearbei- M tet und über sein Label Tisch17 vertreibt. Die schönen, handgefertigten Einzelstücke brauchen ebenso wenig dekorative Gesellschaft auf dem Esstisch wie die Salz-, Pfeffer- und Gewürzstreuer, die Peter Zumthor für Alessi entworfen hat. Der Bündner Architekt hat sich dazu an die natürlichen Formen von Kristallen, Stalaktiten sowie Stalagmiten gehalten und ungewöhnlich unregelmässige Körper geschaffen. Seine Glasbehälter eignen sich nicht nur gut für körnige Substanzen, sondern verschaffen dem Gewürz auch einen angemessen schnörkellosen Auftritt. Bei so viel Purismus sollte allerdings auf eine Zierde nicht verzichtet werden – ein paar interessante Gäste. David Streiff Corti ● www.tisch17.com; www.alessi.com Links: Salzstreuer «PZ09» von Peter Zumthor. Rechts: Salzmühlen «006» und «009» von Tisch17 (rechts) sowie Gewürzstreuer «PZ07» von Alessi. 31. Mai 2015 | NZZ am Sonntag | 15
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