Positionspapier „Made in Germany“ aktueller Diskussionsstand und ZVEI-Position CPSR Consumer Customs Co Rules of Origin Safety Regul Regulative Proposals August 2015 Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie Positionspapier – „Made in Germany“ Kurzübersicht Artikel 7 der geplanten EU-Produktsicherheitsverordnung sieht vor: 1. Ursprungskennzeichnungspflicht 2. Ursprungregeln gemäß dem Zollkodex 3. Einführung des Markenzeichens „Made in EU“ ZVEI-Position Der ZVEI spricht sich entschieden gegen die Einführung einer Ursprungskennzeichnungspflicht in der EU aus. Der ZVEI spricht sich außerdem gegen die Verknüpfung des Qualitätskennzeichens „Made in“ mit dem Zollkodex aus. Der ZVEI spricht sich außerdem gegen die Einführung des Markenzeichens „Made in Europe“ oder „Made in EU“ aus. Hintergrund Nach mehreren vergeblichen Anläufen über andere Gesetzesvorlagen versucht die EU-Kommission derzeit im Rahmen der Consumer Product Safety Regulation (CPSR) eine Ursprungsmarkierung verpflichtend einzuführen. Bislang ist es den Unternehmen selbst überlassen, ob sie eine Ursprungsmarkierung aufbringen oder nicht. Wird diese jedoch aufgebracht, darf sie laut dem international verpflichtenden Madrider Abkommen über Ursprungsbezeichnungen nicht irreführend sein. 2 Wichtigste Fakten und deren Bedeutung Artikel 7 der CPSR sieht in Absatz 1 vor, dass „die Hersteller und Einführer gewährleisten, dass die Produkte eine Angabe des Ursprungslandes tragen“. Die vielfach von Seiten der Befürworter einer derartigen Regelung aufgestellte Behauptung, es würde nur die Importeure betreffen, ist also falsch. Absatz 2 sieht vor, dass für die Bestimmung des Ursprungslandes „die Regeln über den nicht präferentiellen Ursprung“ aus dem EU-Zollkodex gelten sollen. Dies bedeutet verkürzt, dass die Ware dort ihren Ursprung hat, wo die letzte wesentliche Be- oder Verarbeitung stattfindet. Dadurch wird die bisherige Verbindung zum international vereinbarten Madrider Abkommen in Frage gestellt. Dies stellt die exportierenden Firmen unter den europäischen Herstellern allerdings vor ein rechtliches Problem, da sie für den Export weiterhin das Madrider Abkommen zu beachten haben, für den Verkauf in der EU jedoch der international völlig irrelevante EU-Zollkodex gilt. Als Erleichterung sieht Absatz 3 von Artikel 7 der CPSR vor, dass anstelle eines konkreten EU-Mitgliedstaates auch die Europäische Union als Ursprungsland angegeben werden kann. Die Bezeichnung „Europäische Union“ ist jedoch in vielen Ländern außerhalb der EU – allen voran den USA – als Ursprungsbezeichnung nicht anerkannt, so dass diese angebliche Erleichterung für fast alle in der EU ansässigen Exporteure wertlos ist. Folgen-Abschätzung „Made in Germany“ als aufgebrachte Markierung ist DAS weltweit be- und anerkannte Gütesiegel für deutsche Qualitätsprodukte schlechthin. Es begleitet die seit mehr als 60 Jahren erfolgreiche Wohlstandsoffensive „Deutsches Exportwunder“. Es wird häufig verkannt, dass der Werbeträger „Made in Germany“ sogar dann zum Tragen kommt, wenn keine „Made in Germany“-Markierung aufgebracht ist, da alle Güter aus Deutschland oder unter einem bekannten deutschen Unternehmenslogo als „Made in Germany“ erkannt werden. Würde eine verpflichtende Kennzeichnung mit „Made in …“ vorgeschrieben, würden sich hohe europäische und ausländische Zulieferungen in ein Negativkriterium verwandeln – ein großer Verlust für deutsche Exportunternehmen. 3 Die Abstimmung des Europäischen Parlaments vom 15. April 2014 ergab eine überraschend große Mehrheit von mehr als 400 Parlamentariern, die für die verpflichtende „Made in“-Markierung votierten. Somit verbleibt der EU-Ministerrat als letzte noch nicht genommene Hürde dieses Projekts der EU-Kommission. Obwohl derzeit mit einer Ablehnung gerechnet wird, muss die Entwicklung genau im Auge behalten werden, da insbesondere auf Wunsch der Mode-/Luxusindustrie Italiens der EU-Ministerrat das Thema wieder auf die Tagesordnung genommen hat. Schon beim letzten Anlauf vor einem Jahrzehnt war die italienische Ratspräsidentschaft die entscheidende Kraft, die eine Zwangs-„Made in“Markierung in Europa durchdrücken wollte. Dabei gibt es gute Gründe, die Wirtschaft nicht mit neuen Markierungsvorschriften zu belasten. Die Einfuhrbestimmungen zahlreicher Länder umfassen bereits jetzt verpflichtende Ursprungsangaben. Ursprungsnachweise und Lieferanten- erklärungen gibt es noch im Rahmen von Freihandelsabkommen. Eine weitere Divergenz besteht zum präferenziellen Warenverkehr der einen zollbegünstigten Warenimport regelt und vom Zoll überwacht wird. Viele dieser Vorschriften sind nicht kompatibel mit den Bestrebungen einer geplanten europäischen Zwangs„Made in“-Markierung. Umso unsinniger erscheint es, dass die EU-Kommission plant, die „Made in“Markierung bei der Neufassung der Produktsicherheitsverordnung verpflichtend vorzuschreiben und an (unpassende) Zollbestimmungen zu knüpfen. Der ZVEI fordert deshalb den Verzicht auf die Änderung bewährter Markierungsvorgaben durch verpflichtende Ursprungsmarkierung. Weitere negative Folgen Bürokratie: Derzeit droht neben der an sich schon unnötigen Verpflichtung zur Ursprungsmarkierung parallel auch eine Verschärfung der zugehörigen Regeln. Damit wird ein bürokratisches Paket geschnürt, dessen Nutzen für die Sicherheit des Verbrauchers nicht nachvollziehbar ist. Rechtsunsicherheit statt Produktsicherheit: Aufgrund der fehlenden Harmonisierung der europäischen mit den weltweit gültigen Ursprungsregeln werden die in der EU ansässigen Exporteure in ein rechtliches Dilemma mit ungewissem Ausgang manövriert. Erleichterung ohne Wert: Solange es der Europäischen Union nicht gelingt, ihren eigenen Namen als akzeptierten Ursprungsbegriff weltweit durchzusetzen, sind derartige angebliche 4 Vereinfachungen nur innerhalb der EU zu gebrauchen und haben für globalisierte Firmen keinen praktischen Wert. Weitere Sachargumente Für den Verbraucher kommt es in erster Linie auf die Qualität und Sicherheit eines Produktes an. Mit dem Begriff „Made in Germany“ verbindet er genau dies. Bei den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen spielen diese Aspekte dagegen keinerlei Rolle mehr. Es verwundert deshalb nicht, dass sich selbst Verbraucherschutzverbände von den vorgeschlagenen Änderungen distanzieren. In der heutigen arbeitsteiligen Wirtschaft ist es oft nicht leicht, den Ursprungsort einer Ware ohne hohen betriebsinternen bürokratischen Aufwand genau zu definieren. Die Firmen wollen deshalb weiterhin die Möglichkeit haben, im Zweifelsfall auf eine Ursprungsmarkierung zu verzichten um nicht gegen Rechtsnormen zu verstoßen. Ursprungsregeln sind nicht weltweit harmonisiert, so dass die Firmen je nach Empfängerland andere Ursprungsmarkierungen aufbringen müssten. So gestattet die Schweiz etwa 50 Prozent „Fremdursprung“, die EU plant nach unseren Informationen hingegen 45 Prozent. Es entstünde der Anachronismus, dass ein und dasselbe Produkt mehrere verschiedene „Made in …“-Kennzeichnungen führen müsste. Hintergrunddetails Die Ursprungsregeln im Zollkodex sind in erster Linie zur zollamtlichen Überwachung von Antidumpingmaßnahmen gedacht und haben absolut nichts mit Qualität oder Sicherheit eines Produkts zu tun. Somit steht ein enormer bürokratischer Aufwand für die Firmen einer für den Verbraucher nahezu wertlosen Information gegenüber. Dies wird auch von den deutschen Verbraucherschutzverbänden so gesehen. Besonders kritisch ist die Abkehr vom international anerkannten Madrider Abkommen als Grundlage der Ursprungsmarkierung und die Bezugnahme auf eine nur in der EU gültige Regelung im EU Zollkodex. Daraus würde sich ergeben, dass man ein Produkt für das Inverkehrbringen innerhalb der EU nach den Regeln des Zollkodex (zur Zeit: „letzte wesentliche Be- oder Verarbeitung“) und für den Export weiterhin entsprechend dem Madrider Abkommen („nicht irreführend“) markieren müsste. 5 Es besteht auch die Gefahr einer „Verwässerung“ des international anerkannten Qualitätszeichen „Made in Germany“, durch das von vielen Staaten (USA, arabische und lateinamerikanische Staaten) sowieso nicht anerkannte „Made in EU“. Gerade in Zeiten neuer Freihandelsabkommen ist die Schaffung zusätzlicher Handelshemmnisse im internationalen Warenverkehr besonders kritisch zu sehen. In Zeiten der Globalisierung und der weltweiten, integrierten Handelsströme würde für die Hersteller ein erheblicher Mehraufwand entstehen, da sie die Produkte trotz Wegfall aller Zollbarrieren – je nach Bestimmungsland – unterschiedlich kennzeichnen müssten. Dies wiederum erfordert eine Umstellung der jeweiligen Verwaltungs- und IT-Systeme und ist für kleinere Unternehmen – auch auf Grund des oft unbekannten Empfängerlandes – nicht leistbar. Das von der EU-Kommission angeführte Problem der mangelnden Nachverfolgbarkeit oder der Erhöhung der Sicherheitsstandards wird durch eine Ursprungskennzeichnung nicht gelöst: Eine Kennzeichnung (im Sinne von „Made in China“) hilft den Marktüberwachungsbehörden bei der Rückverfolgung konkreter Produkte nicht weiter, da sie viel zu ungenau ist. Zudem reichen die Anforderungen, die in weiteren Artikeln des Verordnungsentwurfes definiert sind (Angaben zu Namen und Kontaktanschrift des Herstellers) zur Rückverfolgbarkeit der Produkte in den meisten Fällen aus. Situation in Italien Italien kennt zwei Arten von „Made in“: „Made in Italy“ und das vor kurzem neu eingeführte „100% Made in Italy“ „Made in Italy“ orientiert sich schon jetzt am EU-Zollkodex. Entgegen der laufenden Rechtsprechung des EUGH (und auch der in Deutschland) werden dabei Prozentregeln (beliebt bei den Industrie- und Handelskammern in Norditalien) oder die letzte wesentliche Verarbeitung (im Gesetzestext) bzw. Zolltarifsprung-Regeln (in Einzelfällen) angewandt. In Deutschland hingegen erfolgt grundsätzlich eine gerichtliche Einzelfallbetrachtung, die sich am Qualitätsverständnis der betroffenen Verbraucher orientiert und insbesondere eine Irreführung über den Ursprung einer Ware verhindern soll. Die Gültigkeit von Prozentregeln und Zolltarifsprung-Regeln wird hingegen im Einklang mit der gegenwärtigen Rechtsprechung des EUGH ausdrücklich verneint. Hieraus ergibt sich, dass bei einer Umsetzung der Vorschläge der EU-Kommission die Rechtsprechung in Italien unverändert bleiben könnte, die Rechtsprechung in Deutschland hingegen in erheblichem Maße umgekrempelt werden müsste. 6 Auch die Behauptung, dass die deutsche Sichtweise lascher wäre, als die anderer EU-Staaten muss zurückgewiesen werden. So verlangen deutsche Gerichte, dass alle für die Qualität des Endprodukts wesentlichen Produktionsschritte in Deutschland erfolgt sein müssen und nicht etwa nur der letzte. Anmerkung: „100 Porzent Made in Italy“ orientiert sich an Planungs-, Design-, Produktions- und Qualitätskontrollschritten-Schritten, die allesamt in Italien stattgefunden haben müssen. Seltsamerweise spielt es dabei keine Rolle, aus welchem Land die Vormaterialien stammen. Insofern könnten Waren, die mit „100 Prozent Made in Italy“ markiert sind, weniger italienische Vormaterialien enthalten, als Waren, die nur die Kennzeichnung „Made in Italy“ tragen. Diesbezüglich ist die italienische Gesetzgebung inkonsequent und zeigt, dass man Gesetze bis ins Detail durchdenken sollte und nicht auf blanken Aktionismus einzelner Branchen (in Italien in erster Linie „Luxus“-, Leder-, Textil- und Schuhindustrie) hereinfallen darf. ZVEI-Position In Übereinstimmung mit den Wünschen der Mitgliedsfirmen bekämpft der ZVEI mit Stellungnahmen und bei europäischen Hearings die von der EU geplante Ursprungsmarkierungspflicht. Der ZVEI fordert deshalb den Verzicht auf die Änderung bewährter Markierungsvorgaben durch verpflichtende Ursprungsmarkierung. ZVEI - Zentralverband Elektrotechnikund Elektronikindustrie e. V. Lyoner Straße 9 60528 Frankfurt am Main Ansprechpartner: Klaus John, ZVEI Telefon: +49 69 6302-320 E-Mail: [email protected] www.zvei.org August 2015 Trotz größtmöglicher Sorgfalt übernimmt der ZVEI keine Haftung für den Inhalt. Alle Rechte, insbesondere die zur Speicherung, Vervielfältigung und Verbreitung sowie zur Übersetzung sind vorbehalten. 7
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