Anton Cechov: "Die Hochzeit" – "Das Jubiläum"

Anton Cechov: "Die Hochzeit" – "Das Jubiläum"
Zwei Einakter, verschweißt zu einem Zweiakter über das Leben in der Provinz
Worum es geht: "Geld regiert die Welt" – wie schon der Römer Publilius Syrus
wusste. Und das spürt man nicht nur an der Wallstreet, sondern selbst hier, in dem
begrenzten Kreis einer russischen, weniger wohlhabenden, aber dafür um so
lebenslustigeren und trinkfreudigeren Hochzeitsgesellschaft. Mehr Schein als Sein,
das ist das Motto der Brautmutter, Nastasja Timofeevna (Ella Kolk), und trotzdem
läuft nichts wie es soll. Den Bräutigam, Dimitrij Aplombov (Lukas Helbig), scheint
die Mitgift mehr zu interessieren als seine reizende, aufgedrehte Dašenka (Aline
Haufe); und der Brautvater, Evdokim Zigalov (Luisa Felbach), scheint das Fest nur
mit seiner Anwesenheit zu beehren, weil es was zu trinken gibt und er ein wenig mit
dem Feuer spielen kann; ein Casanova auf Abruf. Letzteres gilt auch für den
Internetcafebetreiber und "Medienexperten" Jatj (Jonti Rasper), einen ehemaligen
Verehrer der Braut, der nun völlig hin und weg zu sein scheint von der hochtourig
durchgeknallten Provinzdiva Anna Martynova (Katharina Münter). Die Griechin
Aphrodita Hermenova Dumbakis (Sarah Furtmann) bemerkt dies alles nicht,
immerhin kann sie kaum ein Wort Russisch, was aber keinen stört, selbst als sie eine
Rede halten soll. Rettung darf sich Nastasja Timofeevna nur von der Versicherungsvertreterin Swetlana (Celina Kühnpast) erhoffen, die zwecks Aufpolierung der
Hochzeitsgesellschaft eine leibhaftige Generaldirektorin einzuladen versprochen hat:
Olga Igorovna (Kimberley Reif). Aber dass diese, eigens für den Besuch der
Hochzeit engagiert, sich auch noch benimmt wie ein Schwein... - ob sie wirklich gar
solch einen hohen Rang hat?
Und "Geld regiert die Welt", das gilt natürlich erst recht in einer russischen
Provinzbank. Und im zweiten Akt entpuppt sich Olga Igorovna als männerhassende
Buchhalterin, die an ihrem Schreibtisch knechtet für die tatsächliche Generaldirektorin, Tatjana Alekseevna Šipučina (Leona Bergmann). Auch noch einen
Vortrag schreiben: Und als wäre das nicht schon allein Grund zum feiern, die Bank,
in der sie angestellt ist, feiert Jubiläum! Welch freudige Aussichten für einen
schönen und bedeutsamen Tag, dessen gutem Gelingen nichts im Wege stehen kann,
mal abgesehen von Tatjanas unerklärlichem Kopfschmerz und Olgas noch unerklärlicheren nervösen Zuckungen. Beruhigen wird die beiden dann wahrscheinlich
auch nicht die Ankunft des nervtötend gut gelaunten Ehemannes Andrej Andreevič
Šipučin (Alexander Burgmanns), der an seiner Gattin fortan wie eine Fliege an der
Klappe klebt und sie mit ebenso ausführlichen wie überflüssigen Urlaubsberichten
zum Verzweifeln bringt. Und als fehlte nicht nur noch der berühmte Tropfen, der das
Fass zum Überlaufen bringt, kommt nun auch noch die unerbittliche Bittstellerin
Nastasja Fedorovna Merčutkina (Cinja Naeder) hinzu, die mit ihrem Flehen um Geld
und Mitleid fortan alle Anwesenden mit eigentlich doch bewundernswerter Pentrenaz
... aber es soll nicht zu viel verraten werden: Auf jeden Fall ist auch hier das Chaos
vorprogrammiert.
(Cinja Naeder)