- TaxID Steuerberatungsgesellschaft mbH

Aufsätze | Steuerrecht
Dipl.-Kfm. Christoph Kromer, StB, Katharina Henschel, RAin/StBin, und
Dipl-Ök. Sascha Simshäuser, LL.M., StB
Umsetzung einer effektiven Tax Compliance
Organisation – Teil I: Erfüllung von
Steuererklärungspflichten
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des kürzlich veröffentlichten BEPSAktionsplans der OECD auf Initiative der G20-Regierungschefs stellt sich
eine effektive Tax Compliance Organisation aus Sicht der Finanzverwaltungen wesentlicher Staaten als unverzichtbarer Bestandteil der Corporate Governance Organisation und des konzernweiten Risikomanagements dar. Aufbauend auf den von den Autoren im Betriebs-Berater (BB
2013, 791 ff.) und im Compliance Berater (CB 2013, 156 ff., sowie 204ff.)
veröffentlichten einleitenden Aufsätzen zum Thema Tax Compliance
befasst sich die vorliegende Veröffentlichung entsprechend dem von
den Autoren in den vorgenannten Aufsätzen vorgestellten grundlegenden Schema für ein Tax Compliance-System mit dem Aufbau einer
effektiven Tax Compliance Organisation für den Teilbereich „Erfüllung
von Steuererklärungspflichten für diverse länderweise unterschiedliche
Steuern und Abgaben“.
I.
Einleitung
Die Einrichtung effektiver Strukturen zur Gewährleistung der Erfüllung steuerlicher Pflichten aller Konzerneinheiten ist in vielfacher Hinsicht von hoher Bedeutung.1 So kann die Nichteinreichung, die verspätete Einreichung, die unvollständige Einreichung sowie die Einreichung
fehlerhafter Steuererklärungen oder Steueranmeldungen neben finanziellen Risiken auch strafrechtliche und unternehmerische Risiken für
das Unternehmen als auch für dessen Organe und Mitarbeiter mit sich
bringen. Zu diesen Risiken gehören zunehmend auch Reputationsrisiken aufgrund negativer Berichterstattung sowie in einer steigenden
Zahl von Ländern der Ausschluss von der Teilnahme an öffentlichen
Ausschreibungen (z. B. Russland oder Indien).2 Die Finanz- und Zollbehörden – auch in Deutschland – prüfen bei steuerstrafrechtlichen Ermittlungen vermehrt das Vorliegen eines Organisationsverschuldens,
um so neben der Bemessung der materiellen Steuerverkürzung wegen
unzutreffender Berechnung von angemeldeten Steuerbemessungsgrundlagen oder Steuerbeträgen auch bei verspäteter oder unvollständiger Einreichung von Steuererklärungen und Steueranmeldungen
zwischen den strafrechtlich relevanten Abgrenzungen der leichtfertigen
Steuerverkürzung und der vorsätzlichen Steuerhinterziehung zu unterscheiden. Damit treten vermehrt persönliche Risiken, die nicht durch
eine D&O-Versicherung versicherbar sind, bei Verstößen gegen Steuererklärungspflichten in den Vordergrund.
Entsprechend muss ein wesentliches Ziel der Schaffung einer funktionierenden Tax Compliance-Organisation die Einhaltung der Steuergesetze in allen Staaten der individuellen unternehmerischen Betätigung zum Schutz für die gesicherte Unternehmensfortführung und
für die Organe des Unternehmens sein.3
Betriebs-Berater | BB 48.2013 | 25.11.2013
Der nachfolgende Aufsatz soll den Verantwortlichen in der Unternehmensleitung, der Steuerfunktion und für die Compliance einen systematischen Einblick in die Compliance-Steuerung für den Teilbereich
„Erfüllung von Steuererklärungspflichten“ geben sowie Beispiele für
Best Practice Instrumente zum Aufbau einer effektiven Tax Compliance
Organisation für diesen Teilbereich vorstellen. Der Aufsatz bildet den
ersten Teil einer Reihe von Veröffentlichungen mit Fokus auf unterschiedliche Teilbereiche compliance-relevanter Prozesse zur praktischen
Umsetzung und Evaluierung von Tax Compliance Systemen. Da der
Teilbereich „Erfüllung von Steuererklärungspflichten“, der in der Unternehmenspraxis auch häufig mit „Veranlagung“ bezeichnet wird, für
sämtliche Unternehmen und nicht nur Unternehmensgruppen einen
wesentlichen steuerlichen Kernprozess darstellt, bildet dieser Teilbereich
den Startpunkt der praxisorientierten Auseinandersetzung. Praxishinweise zur effektiven Tax Compliance Organisation in anderen relevanten
Bereichen, z. B. zur steuerlichen Überwachung von Verrechnungspreisen oder zum Tax Risk Management, folgen in weiteren Aufsätzen.
II.
Ausgangsfragen und Meilensteine
Kernfrage jeder Beurteilung eines effektiven Compliance-Systems bzw. von
dessen Teilbereichen: Stellt unser Steuerungs- und Überwachungsprozess
sicher, dass der Vorwurf eines Organisationsverschuldens weitest möglich
ausgeschlossen ist?
Als Antwort auf diese Kernfrage reicht ein einfaches „Ja“ naturgemäß
nicht aus. Der gesamte Organisations- und Überwachungsprozess für
alle compliance-relevanten Sachverhalte muss auf jeder Unternehmensstufe bekannt, nachvollziehbar und dokumentiert sein. Dabei
gilt grundsätzlich, dass das Compliance-System auf das Unternehmen
und weitergehend auf den Konzern zugeschnitten sein muss. Hierbei
ergeben sich Unterschiede wegen Größe, Branche, Internationalität,
Rechtsform, Organisationsstruktur und Grad der Konzernierung.4
Wesentliche Teilaspekte sind dabei Vollständigkeit, Gewährleistung
von Prozesssicherheit, ausreichende Personalausstattung und fachliche Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter auf jeder Prozessstufe
einschließlich entsprechender Schulung, Kontrolle, Dokumentation
und Transparenz.
1 Vgl. den BEPS-Aktionsplan der OECD, Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting, 19.7.2013, abrufbar unter www.oecd.org/ctp/BEPSActionPlan.pdf (Abruf: 12.11.2013).
2 Kromer/Pumpler/Henschel, in: Wecker/Ohl (Hrsg.), Compliance in der Unternehmenspraxis, 3. Aufl. 2013,
S. 243.
3 Zu Sanktionen und Risiken bei Tax Compliance-Verstößen a. a. O., S. 243–250; Kromer/Pumpler/Henschel,
BB 2013, 794–797.
4 Kindl/Petsche, in: Althuber (Hrsg.) Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht, 2013, S. 168.
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Steuerrecht | Aufsätze
Kromer/Henschel/Simshäuser · Umsetzung einer effektiven Tax Compliance Organisation – Teil I: Erfüllung von Steuererklärungspflichten
Abbildung 1: Steuererklärungsprozesse bei deutschen Unternehmen
Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen aus Sicht eines ordnungsgemäßen Compliance-Systems, muss beispielsweise der Verantwortliche für Tax Compliance in einem internationalen Konzern für den in
dieser Abhandlung interessierenden Teilbereich eines Tax Compliance-Systems für Steuererklärungspflichten ohne langwierige Recherche in der Lage sein, die Frage zu beantworten: Wie stellen wir sicher,
dass eine Umsatzsteuerjahres-Erklärung oder Voranmeldung bei einer
chinesischen Tochtergesellschaft jederzeit pünktlich und inhaltlich zutreffend angemeldet und Zahllasten entsprechend angewiesen werden? Dazu gehört auch die Beantwortung der Frage: Muss ich Erfüllungsgehilfen im Ausland, z. B. externe Steuerberater überwachen?5
Wenn ja, in welchem Umfang oder kann ich mich der Überwachungsverantwortung durch Delegation vollständig entledigen?
Die Meilensteine für die Umsetzung von Teilbereichen eines Tax Compliance-Systems müssenden allgemeinen Standards entsprechen. DieErrichtung eines effektiven Tax Compliance Systems für den Teilbereich „(Weltweite) Erfüllung von Steuererklärungspflichten“umfasst folgende Meilensteine,dieindenfolgenden Abschnitten näher beschriebenwerden:
1. Aufnahme aller steuerlichen (Erklärungs-)Pflichten für alle Konzerneinheiten
2. Abgleich Soll-Zustand mit Ist-Zustand und Bestimmung individueller Anpassungen
3. Abfassung und Aktualisierung von Richtlinien
4. Laufende Überwachung durch Einsatz von Prozessmanagement
5. Festlegung von Revisionsprozessen.
III. Aufnahme aller steuerlichen (Erklärungs-)
Pflichten für alle Konzerneinheiten
Meilenstein 1: Vollständiges Pflichtenbuch für jede Konzerneinheit erstellen
und Vorkehrungen für laufende Aktualisierung bei Ergänzung, Untergang
bzw. Abgang von Konzerneinheiten sowie bei Zugang zusätzlicher oder geänderter Steuererklärungs- und Einreichungspflichten tragen.
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Eine effektive Tax Compliance Organisation setzt zunächst eine IstAufnahme sämtlicher Erklärungs- und Einreichungspflichten sowie
jeweils vorhandener Bearbeitungs- und Überwachungs-Prozesse für
alle Konzerneinheiten in allen Ländern voraus. Diese „Ist-Aufnahme“
mit entsprechender Zuordnung der Aufgabenstellungen zu konkreten
Konzerneinheiten und Verantwortlichkeiten ist unvermeidlich.
Die vorstehende Abbildung 1 enthält beispielhaft und ohne Anspruch
auf Vollständigkeit eine Aufstellung der von in Deutschland ansässigen Unternehmen in der Regel zu erfüllenden Steuererklärungs- oder
Steueranmeldungspflichten:
Abbildung 1 stellt lediglich einen Einstieg und Ausschnitt zur Prozessaufnahme dar. Die Abbildung zeigt aber auch bereits, dass eine
Prozessaufnahme und insbesondere ein laufendes Prozessmanagement unter Einsatz von Tabellenprogrammen wie MS Excel in keiner
Weise ausreichend ist und nur für einen ersten Einstieg eingeschränkt
hilfreich sein mag. So sind die Einzelaufgaben (z. B. Steuererklärungen) pro Gesellschaft und Land mit Zuständigkeit (Sachbearbeiter
und Verantwortlicher) sowie Fristen aufzunehmen und laufend fortzuführen. Hierzu sind zwingend und unvermeidlich professionelle
Programme, z. B. DATEV für Deutschland und Österreich6 oder U2
Universal Units für weltweiten Einsatz,7 einzusetzen.
Ähnlich den Berufspflichten für Steuerberater müssen selbstverständlich auch die Verantwortlichen für die Steuerveranlagung in den Unternehmen konzernweit die Fristenkontrolle in organisatorisch einwandfreier Qualität steuern und überwachen. Dabei geht es aus Sicht
der Vermeidung eines Organisationsverschuldens, um Transparenz,
Vollständigkeit, Unabhängigkeit von Einzelpersonen (auch externen
Beratern), Vermeidung von Verspätungs- oder Säumniszuschlägen so5 Vgl. Fragenkatalog der österreichischen Finanzverwaltung zum Horizontal Monitoring Kromer/Pumpler/
Henschel, CB 2013, 162 (mit Verweisen).
6 Die Funktion Fristenkontrolle ist ein Bestandteil der Komponente Post, Fristen und Bescheide in DATEV
Eigenorganisation classic pro und DATEV Eigenorganisation comfort pro. Weitere Erläuterungen abrufbar
unter www.datev.de/portal/ShowPage.do?pid=dpi&nid=126587 (Abruf: 12.11.2013).
7 Die Funktion Fristenkontrolle und Compliance-Überwachung unter Steuerung und Überwachung konzerneigener Mitarbeiter und externer Berater erfolgt im Modul TCM –Tax Compliance Monitor, abrufbar
unter www.universal-units.com/de/products/tax-compliance (Abruf: 12.11.2013).
Betriebs-Berater | BB 48.2013 | 25.11.2013
Aufsätze | Steuerrecht
Kromer/Henschel/Simshäuser · Umsetzung einer effektiven Tax Compliance Organisation – Teil I: Erfüllung von Steuererklärungspflichten
wie Bearbeitung und Kontrolle durch ausreichend qualifizierte und
geschulte Mitarbeiter oder Berater.
Die vorstehende Abbildung veranschaulicht, welche Vielfalt an Prozessen je Gesellschaft abzuarbeiten ist. In Ländern mit besonders vielen Steuerarten, z. B. Frankreich, oder mit besonders vielen Steueranmeldungen, z. B. Brasilien, sind bereits bei nur wenigen Gesellschaften
schnell um Hundert Einzelaufgaben (sog. „Tasks“ im englischen
Sprachgebrauch) im Jahr zu bearbeiten und zu überwachen.8 So kann
eine einfache deutsche Gesellschaft unter Berücksichtigung üblicher
monatlicher Umsatzsteuer- und Lohnsteueranmeldungen im Regelfall
bereits mehr als 30 Compliance-relevante Steuererklärungssachverhalte im Jahr verwirklichen. Entsprechend ist bei Betrachtung der
vorstehenden Abbildung zu berücksichtigen, dass die Anforderungen
pro Gesellschaft erfüllt werden müssen und sich je nach Jurisdiktion
nochmal gegenüber der auf Deutschland bezogenen Darstellung unterscheiden, so dass jeweils spezifische Anforderungen zu berücksichtigen und zu überwachen sind.
In großen internationalen Konzernen kommen dabei in der Summe
durchaus Einzelaufgaben je nach Anzahl steuerpflichtiger Konzerneinheiten und Ländermix vom unteren bis zum oberen fünfstelligen
Bereich zusammen, die durch zahlreiche Verantwortliche aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, Ländern und Fachabteilungen
zu betreuen und intern zu verantworten sind.
IV. Abgleich Soll-Zustand mit Ist-Zustand und
Bestimmung individueller Anpassungen
Meilenstein 2: Sicherstellung, dass alle Steuererklärungen und Einreichungspflichten zeitgerecht, formell und materiell zutreffend erfüllt werden.
Nachdem alle Steuererklärungspflichten mit zugehörigen Fristen aufgenommen wurden, ist abzugleichen, ob die Ist-Bearbeitung und IstÜberwachung den Corporate Governance-Grundsätzen des Konzerns
und den gesetzlich gegebenen bzw. von den relevanten Finanzverwaltungen verlangten Organisationsgrundsätzen entspricht. Hierbei geht
es um die Festlegung von Sollprozessen und um die Analyse, ob die
Ist-Prozesse den Soll-Prozessen entsprechen bzw. ob und an welchen
Stellen Anpassungsbedarf besteht.
Dabei sind die Aufgabenstellungen länderweise einzeln zu analysieren
und abzugleichen. So sind beispielsweise je Gesellschaft für den Einzelprozess „Erstellung der Umsatzsteuererklärung“ im Wesentlichen
folgende Prüfschritte beim Abgleich von Ist- und Sollprozessen vorzunehmen:9
– Fristenkontrollsystem vorhanden und korrekt eingesetzt?
– Richtlinie Umsatzsteueranmeldung – und -erklärung mit Umsatzsteuerverprobungsvorlage und Prozessbeschreibung vorhanden sowie den relevanten Mitarbeitern auf allen Prozessstufen bekannt?10
– Prozessüberwachung auf übergeordneter Ebene, z. B. regionale Ebene oder Konzernebene?
– Ordnungsgemäße Erfassung und Aufbereitung von Geschäftsvorfällen im operativen Bereich (z. B. Handel, Vertrieb)
– Fachliche Qualifikation und laufende Schulung der Buchhaltung
für die Erfassung und Kontrolle der umsatzsteuerlichen Erfassung von Geschäftsvorfällen im Finanzbuchhaltungssystem
– Kontrolle, Verprobung und Zusammenstellung der vorhandenen
Informationen und Systemauswertungen durch umsatzsteuerlich
Betriebs-Berater | BB 48.2013 | 25.11.2013
qualifizierte Mitarbeiter, die sich in notwendigem Umfang nachweislich fortbilden
– Sicherstellung von Vorsteuerberichtigungen (soweit anwendbar)
– Abnahme der zutreffenden Einstellung und Verprobung des
ERP-Systems (Finanzbuchhaltungssystem und Nebenbücher)
bzw. von Subsystemen und eingesetzten Steuererklärungsprogrammen je Land bzw. Konzerneinheit
– Vier-Augen-Prinzip durch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter
auf allen Stufen mit Dokumentation
– Nachweis ausreichender personeller Ressourcen (z. B. durch
Hochrechnung angemessener Bearbeitungszeiten vs. tatsächlich
vorhandener Mitarbeiterressource) und Maßnahmenplan bei
Personalausfällen bzw. Ermittlung von Personalbedarf
– Stichproben durch regelmäßigen Revisionsprozess
– Vollständigkeit der Informationen:
– Vollständige Erfassung aller Geschäftsvorfälle mit Umsatzsteuerrelevanz in den Unternehmenssystemen?
– Vorlage aller Voranmeldungen und der Sondervorauszahlung
– Vorhandensein und Richtigkeit aller verpflichtenden Zusatzdokumentationen: Gelangensbestätigungen, Prüfung von USt-IDNummern sowie qualifizierte Sammelbestätigungen, Zusammenfassende Meldungen, Einfuhrdokumente etc.
– Transparenz der Prozessablaufschritte
– Nachvollziehbarkeit durch Dritte
– Dokumentation und Aufbewahrung
– Aufbewahrung der elektronischen Datensätze oder Kopien der
eingereichten Steuererklärungen in revisions- und veränderungssicherer Form?
– Aufbewahrung aller vorsteuerrelevanten Rechnungen, Dokumente etc. in revisionssicherer und von den relevanten Finanzverwaltungen anerkannter Qualität?
– Nachvollziehbare Aufbewahrung von Unterlagen für VorsteuerBerichtigungen und der durchgeführten Anpassungen11
– Aufbewahrung gesichert unter Einhaltung von Aufbewahrungsfristen?
– Einfache Auffindbarkeit von Erklärungen und Dokumentationen?
– Unabhängigkeit von Einzelpersonen und Dritten?
– Aufbewahrung bei Systemwechseln grundsätzlich gesichert?
– Datenzugriff bzw. analoge Zugriffsmöglichkeiten durch Finanzverwaltungen über den Aufbewahrungszeitraum gesichert?
Dies sieht auf den ersten Blick sehr umfassend aus. Jedoch ist dem
entgegen zu halten, dass die Finanzverwaltungen zahlreicher Staaten
die vorgenannten Aufgaben als grundsätzliche Soll-Vorgaben eines
Compliance-Systems zur Widerlegung eines Organisationsverschuldens voraussetzen.
Entsprechend ist der Soll-Ist-Abgleich für jedes Land und jede Steuererklärungspflicht vorzunehmen. Dabei sind auch mitarbeiter-individuelle Vorgehensweisen auf Landesebene zu analysieren und sich daraus ergebende Risiken zu ermitteln. Soweit der jeweilige Ist-Prozess
8 Vgl. Kromer/Pumpler/Henschel, BB 2013, 800.
9 Vgl. Kromer/Pumpler/Henschel, CB 2013, 210.
10 Die Richtlinie und die Umsatzsteuerverprobungsvorlagen umfassen dabei nicht nur das Land der Konzernzentrale bzw. der Ansässigkeit der Konzernsteuerabteilung, sondern müssen konzernweit in allen
Ländern, in denen Umsatzsteuern oder Sales Taxes von materieller Bedeutung sind, anzuwendende Vorgaben und Prüfschema enthalten, welche auch von externen Beratern nachweislich zu befolgen sind.
Die Erstellung von Umsatzsteuerverprobungsvorlagen und landesspezifische Einstellungen des ERP-Systems für ausländische Gesellschaften oder Standorte können (oder müssen) ggf. durch externe Berater
qualitätsgesichert werden.
11 Vgl. § 15a UStG in Deutschland bzw. § 12 Abs. 10 u. 11 UStG in Österreich.
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Abweichungen von Soll-Vorgaben aufweist, sind Anpassungsmöglichkeiten der Ist-Prozesse zu ermitteln. Die Aufnahme der Ist-Prozesse
sollte durch die lokalen Verantwortlichen bzw. Sachbearbeiter bevorzugt durch Erfassung in einem professionellen Tax ComplianceManagementsystem12 mit Fristenkontrolle und Dokumentenmanagement erfolgen. Der Abgleich mit den Soll-Prozessen und ggf. erforderliche Anpassungen von Richtlinien, Prozessen und IT-Systemen
sollten durch sachkundige Mitarbeiter aus den Funktionsbereichen
Steuern, Revision oder Compliance bzw. je nach Land auch mit qualifizierter externer Beraterunterstützung zur Qualitätssicherung und
Dokumentation erfolgen.
Selbstverständlich kann die Soll-Analyse neben einer Verringerung
von Risiken auch Potenzial für effizientere Vorgehensweisen, z. B.
durch sachgerechtere Automatisierung, aber auch Steueroptimierungen bieten. Gerade bei Unternehmensgruppen wie Banken, Versicherungen, Wohnungsbaugesellschaften, Krankenhäusern etc., bei denen
Vorsteuern nur sehr eingeschränkt abzugsfähig sind, können durch
den Einsatz qualifizierter Softwarelösungen, Vorsteuern durch kostenstellenorientierte professionelle Systemlösungen materiell optimiert und deutlich verbessert dokumentiert werden gegenüber
selbsterstellten Excel-basierten überschlägigen Schätzungsgrundlagen.13
Die Umsetzung bzw. Vervollständigung eines Tax Compliance-Systems erfordert neben Entscheidungen zur Vornahme von Prozessanpassungen im Regelfall auch eine Begutachtung vorhandener oder anzuschaffender IT-Lösungen zum konzernweiten Management und zur
laufenden Überwachung der Erfüllung von Steuererklärungspflichten.
Hieraus können sich bereits zwangsläufig Prozessanpassungen aufgrund tooltechnisch vorgegebener Standardprozesse im Sinne einer
mitarbeiter-unabhängigen Vereinheitlichung von compliance-relevanten Abläufen ergeben. Der Einsatz zeitgemäßer Softwarelösungen erscheint angesichts der Transparenzanforderungen und aus Effizienzsicht zur Erfüllung von Compliance-Anforderungen unausweichlich.
Zusammenfassend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Nichterfüllung bzw. unzureichende Erfüllung von Compliance-Anforderungen für einzelne Konzerneinheiten durch den Soll-Ist-Abgleich sachverhaltsbezogen zu identifizieren und zu bewerten ist. Um dem Ziel
einer vollständigen Erfüllung gesetzlicher Anforderungen gerecht zu
werden, sind die individuellen Anpassungsmaßnahmen zu bestimmen und ebenfalls zu bewerten sowie deren Umsetzung einzuleiten.
Den Verantwortlichen auf Ebene der Fachabteilungen (z. B. Steuern,
EDV, Rechnungswesen, Vertrieb, Rechtsabteilung, Compliance) sowie
den Organen auf Einzelgesellschafts- als auch auf Konzernebene müssen Rechtsfolgen bei Einschränkungen der Tax Compliance-Erfüllung
in materieller und persönlicher Hinsicht bekannt und bewusst sein.
Ist dies der Fall, müssen auch Entscheidungen für Einschränkungen
von Compliance-Anforderungen, z. B. verspätete Abgabe von Steuererklärungen ohne unmittelbare materielle Auswirkung wegen Personalmangel, transparent abgewogen und begründet werden.
V.
Abfassung und Aktualisierung von
Richtlinien
Meilenstein 3: Beschreibung und Dokumentation der Prozesse und Kontrollen mittels Richtlinien als Grundvoraussetzung einer konsistenten, dauerhaften und personenunabhängigen Umsetzung.
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Zur Sicherstellung einer effektiven Tax Compliance im Bereich
„Steuererklärungen und Veranlagung“ können im Einzelfall eine
Vielzahl organisatorischer Maßnahmen aus Gründen individueller
Unterschiede erforderlich sein. Letztlich ergeben sich aber im Ergebnis aufgrund der Einheitlichkeit der Vorgaben, z. B. Steuererklärungsvordrucke oder Taxonomie der E-Bilanz, standardisierbare
Umsetzungslösungen. Hierbei geht es häufig um die Fragestellung,
welche Anpassungen an Standards erforderlich sind und welche bisweilen mitarbeiterspezifisch entwickelten Arbeitsweisen dabei an die
Standards angepasst werden müssen. Solche Anpassungsprozesse erfordern zwangsläufig die Öffnung von „Wissensinseln“ zum Zweck
der Transparenz und der Vermeidung unternehmensgefährdender
Risiken.
Wesentliche „theoretische“ Grundlagen zur Sicherstellung einer konzernweiten Tax Compliance-Erfüllung sind eine auf allen betroffenen
Ebenen und Unternehmensbereichen bekanntgegebene Steuerstrategie als erweiternder Bestandteil der Geschäftsordnung sowie ein „Organisationshandbuch Steuern“, welches Aussagen zu allen steuerlich
relevanten Prozessen, den dafür eingesetzten Instrumenten und geltenden Richtlinien sowie Vorgaben zum Einsatz von Steuersoftware
und zur Verifizierung von ERP-Systemen, zur Beraterauswahl und
zum Einkauf, zur Messung der fachlichen Qualifikation von Mitarbeitern sowie zur fachlichen Weiterbildung und zum steuerlichen Berichtswesen enthalten sollte.14
Besonders relevant für den Bereich „Steuererklärungen und Veranlagung“ sind Richtlinien, welche den Mitarbeitern detaillierte Regelungen für den organisatorischen Ablauf der internen Prozesse angefangen von der Datenerfassung bis zum Versand an die Finanzverwaltung vorgeben. Dabei ist nach den einzelnen Steuerarten
und damit verbundenen Veranlagungsprozessen zu differenzieren.
Eine Tax Compliance-Richtlinie für den Bereich Steuererklärungen
und Veranlagung15 sollte Regelungen zu folgenden Punkten enthalten:
– Erfassung von Steuererklärungspflichten, Einreichungspflichten
und deren Aktualisierung
– Detaillierte Beschreibung der Arbeitsabläufe unter Beifügung von
Datenerfassungs- und Ermittlungsvorlagen – soweit erforderlich –
je Einzelprozess und sowie von Ablaufplänen
– Abgrenzung der (Teil-)Aufgaben bezogen auf Abteilungen und Untergliederungen des Unternehmens/Konzerns (Steuerabteilung, Rechnungswesen, Personalabteilung, externe Berater etc.)
– Fristenorganisation inklusive Zuständigkeitsregelung
– Festlegung von Prozessverantwortlichkeiten
– Festlegung von Zuständigkeiten für die Feststellung steuererheblicher Tatbestände und die Erfüllung der relevanten gesetzlichen Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten
– Festgelegte Zuständigkeiten für die Erstellung von Steuererklärungen einschließlich der Erfassung und Prüfung von Besteuerungsgrundlagen sowie Zeichnungsbefugnis der Steuererklärung
– Festgelegte Zuständigkeiten für die Prüfung von Steuerbescheiden
und die Entscheidung über einzulegende Rechtsbehelfe; Regelung,
12 Weiterführende Hinweise in Fn. 6 u. 7.
13 In der Praxis hat sich dabei nach Rückfrage insbesondere bei Banken und Versicherungen die Steuersoftware „VERA“ als SAP Add-on Software in vielen Fällen im In- und Ausland bewährt, abrufbar unter
www.vorsteueroptimierung.de/ (Abruf: 12.11.2013).
14 Vgl. ausführlicher Kromer/Pumpler/Henschel, CB 2013, 204 ff.
15 Muster einer Tax Compliance-Richtlinie s. Anhang 1 in: Streck/Mack/Schwedhelm, Tax Compliance, 2010,
S. 509 ff.
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Kromer/Henschel/Simshäuser · Umsetzung einer effektiven Tax Compliance Organisation – Teil I: Erfüllung von Steuererklärungspflichten
– Besonderheiten bei Erledigung von steuerlichen Aufgaben durch
andere Konzerngesellschaften (z. B. Konzernsteuerabteilung oder
Shared Service Center für Steuern)
Derartige Richtlinien können in unterschiedlicher Weise abgefasst
werden. Neben einer Darstellung in Textform bietet sich kumulativ
eine graphische Darstellung als Prozessablauf an. Im Folgenden wird
exemplarisch zunächst ein graphischer Ablaufplan für den Soll-Prozess „Erstellung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung“ dargestellt. Anschließend erfolgt beispielhaft für den Soll-Prozess „Erstellung der
Körperschaftsteuererklärung“ eine Beschreibung der zu erfüllenden
Aufgaben in tabellarischer Form.
Exemplarisch können im Rahmen einer Richtlinie die einzelnen Aufgaben zur Fertigstellung und Zeichnung einer Umsatzsteuererklärung
bei externem Beratereinsatz anhand eines Ablaufplans wie in Abbildung 2 näher beschrieben werden.
Grundsätzlich sind daneben auch die Vorprozesse zur Ermittlung der
Umsatzsteuer-Voranmeldungen und darin einfließender Daten als eigenständige Prozessabläufe darzustellen und zu erläutern.
Alternativ zum Ablaufplan als Beschreibungsgrundlage dient die
nachfolgende Gliederungsübersicht ohne Anspruch auf Vollständigkeit im Einzelfall als Richtliniengrundlage für den Einzelprozess „Erstellung der Körperschaftsteuererklärung“:
Abbildung 2: Beispiel-Ablaufplan für einen individuellen Sollprozess zur UmsatzsteuerErklärung bei Beratereinbindung
–
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wer über Steuerzahlungen entscheidet; Regelung zur Abstimmung
zwischen den Entscheidungsträgern im Hinblick auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen
Lohnsteuer/Sozialabgaben: Regelung zur Abstimmung zwischen
Steuer- und Personalabteilung
Regelungen und Vorgaben zur Fortbildung von Mitarbeitern
Regelungen zur Auswahl geeigneter Mitarbeiter/Anforderungsprofile
Regelungen und Anleitungen zum Einsatz unterstützender IT-Lösungen zum Prozessmanagement und zur laufend gesicherten
Überwachung
Regelungen zu Daten- und Systemanforderungen (z. B. für SAP-Auswertungen)
Regelungen zur zentralen Speicherung von Unterlagen
Regelungen zur Überwachung der Prozesse im Hinblick auf Gesetzesänderungen/sonstige Neuerungen
Regelungen zum Informationstransfer und zur Aufbereitung von
Unterlagen bei erklärungsrelevanten Umwandlungsvorgängen
Regelungen zum Informationsaustausch zwischen Abteilungen
(Kommunikationswege)
Vertretungsregelungen
Regelungen zur Auswahl von externen Dienstleistern/Beratern
– Zuständigkeiten für die Beauftragung
– Definition des Mandats und der Datenübermittlung
– Kommunikation und Berichtspflichten
– Qualitätssicherung
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1.
Aufgabenstellung: Körperschaftsteuererklärung Einzelgesellschaft und ggf. Besonderheiten bei
Organgesellschaften bzw. Besonderheiten bei Organträgern
2.
Festlegung fristgerechte (oder begründet verzögerte) Abgabe der Steuererklärung durch Prozessverantwortlichen (z. B. Abteilungsleiter oder Leiter Veranlagungsteam)
3.
Festlegung des Sachbearbeiters und seiner Vertreter
4.
Aufnahme Steuererklärung und Sachbearbeiter in Fristenkontrollsystem
5.
Anforderung von Informationen und Unterlagen aus den Fachabteilungen
6.
Zentrale Speicherung der erhaltenen Unterlagen und Informationen
7.
Übernahme von Informationen bzw. Abgleich von Informationen im Organkreis
8.
Erstellung der Steuerbilanz (soweit Abweichungen vorliegen und für Zwecke der E-Bilanz)
9.
Zentrale systemgestützte Erstellung der Steuererklärungen (ggf. Rückfragen an Fachabteilungen)
10.
Festlegung der zuständigen Person für den Review (2. Sachbearbeiter bzw. Vorgesetzter)
11.
Review der Steuererklärungen und der E-Bilanz (Dokumentation des Reviewprozesses, Nachweis
der Einhaltung von 4-Augen Prinzip)
12.
Einarbeitung von Änderungen durch den Sachbearbeiter (nach vorheriger Besprechung)
13.
Überprüfung der eingearbeiteten Änderungen durch den Reviewer
14.
Festlegung des Zeichnungsberechtigten
15.
Freizeichnung der Steuererklärungen durch den/die Zeichungsberechtigten
16.
Archivierung und Dokumentation eingereichter Datensätze und aller Unterlagen/Berechnungen
Die Richtlinie zur „Erstellung einer Körperschaftsteuererklärung –
Deutschland“ setzt sich ebenfalls aus einer Vielzahl von einzelnen
Prozessschritten mit unterschiedlicher Tiefe zusammen. Dabei muss
die Bestimmung des Sachbearbeiters in Abhängigkeit von der Fristsetzung neben der fachlichen Qualifikation auch die Verfügbarkeit, z. B.
Urlaubs- oder Schulungszeiten sowie Einbindung in Projekte, berücksichtigen. Zudem sollte ein Vertreter benannt werden, um unerwartete Verzögerungen, z. B. im Krankheits- oder Ausscheidensfall des Bearbeiters, zu vermeiden.
Der zuständige Sachbearbeiter muss näher zu beschreibende Informationen und Auswertungen anfordern, die für die Erstellung der Steuererklärung benötigt werden. So müssen z. B. Gutachten für die Rück-
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stellungsbewertung beschafft, Informationen aus Fachabteilungen
eingeholt und sonstige steuerlich relevante Tatbestände, z. B. zu nichtabziehbaren Betriebsausgaben oder steuerlich abweichend zu beurteilenden Bilanzpositionen aufgedeckt werden. Diese Anforderungen
sollten im Vorfeld der Erstellung und soweit wie möglich standardisiert in die Richtlinie als Vorlage integriert werden, damit die eigentliche Erstellung der Steuererklärung ohne zeitkritische Verzögerungen
ablaufen kann. Die erhaltenen Unterlagen und Informationen sollten
vom Sachbearbeiter in einem zentralen Verzeichnis auf einem allen
relevanten Kollegen zugänglichen Laufwerk gespeichert werden, damit der Vertreter bei Eintritt des Vertretungsfalls verzögerungsfrei Zugang zu allen Unterlagen und Informationen erlangen kann. Dies
kann in IT-technischer Hinsicht über verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten und in unterschiedlicher Qualität realisiert werden. Sinnvoll ist eine Anbindung an ein Steuererklärungsprogramm oder an
ein zentrales konzernweites Tax Compliance-Managementsystem.
Der Sachbearbeiter hat die erhaltenen Informationen vor Erstellung
der Steuererklärung zu prüfen und gegebenenfalls fehlende Unterlagen und Informationen nachzufordern. Etwaige Verzögerungen sollten dokumentiert werden. Denn der Nachweis, dass eine Verzögerung
aus den dokumentierten Gründen nicht zu verhindern war, obwohl
eine die Fristwahrung sicherstellende Organisationsstruktur vorhanden ist, kann u. U. bei einer Fristverlängerung oder verspäteten Abgabe von schuldbefreiender oder schuldverringernder Bedeutung sein.
Daneben sollten aus Gründen der laufenden Überwachung der Prozesseffizienz Rückfragen dokumentiert werden, damit der Bearbeitungsverlauf klar dargelegt werden kann und Ineffizienzen, z. B. dadurch, dass eine Fachabteilung stets verzögert die Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellt, identifiziert werden können.
Die vorbereitete Steuererklärung ist neben den zuzuordnenden Informationen und Unterlagen an den Reviewer zu übergeben. Dieser überprüft die Steuererklärung auf rechtliche und rechnerische Richtigkeit
und dokumentiert eventuell erforderliche Anpassungen, damit der
Sachbearbeiter im Anschluss entsprechend die erforderlichen Änderungen in die Steuererklärung einarbeiten kann. Sowohl für die Erstellung
der Steuererklärungen als auch für deren Durchsicht hat sich der Einsatz
von Checklisten und standardisierten Ordnern in der Praxis zur Prüfung der formellen und materiellen Richtigkeit bewährt. Die Übergabe
der Steuererklärung an den Zeichnungsberechtigten sollte erkennen lassen, dass die Steuererklärung sowohl vom Sachbearbeiter als auch dem
Verantwortlichen für die Durchsicht abgenommen worden ist.
Wurde ein externer Berater mit der Erstellung der Steuererklärungen
beauftragt, ist zu beachten, dass dies das vertretene Unternehmen
und dessen Organe gegenüber den Behörden keiner unmittelbaren
Verantwortung enthebt. Auch in diesem Fall sollte das Unternehmen
nachweisen können, dass der Berater so organisiert ist, dass Organisationsverschulden ausscheidet. Ist es dem vertretenen Unternehmen
und der Konzernsteuerabteilung nicht möglich, vom Berater erstellte
Erklärungen auf formelle und materielle Richtigkeit zu prüfen, so
muss der Berater in geeigneter Weise nachweisen, dass die Erstellung
der Steuererklärung im Einklang mit geltenden Steuergesetzen und
Compliance-Regelungen erfolgt ist. Ein solcher Nachweis kann z. B.
durch interne Reviewnachweise einschließlich der Übersendung von
Checklisten mit Prüfschritten erbracht werden. Daneben bietet sich
für das Fristenkontrollmanagement und die langfristige Dokumentation und Datenaufbewahrung die Einbeziehung externer Berater auf
mandanteneigenen Tax Compliance-Systemen an.
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Im Fristenkotrollprogramm ist die fristgerechte Abgabe zu dokumentieren. Bei elektronischer Abgabe sind die Übermittlungsprotokolle
als elektronische Bestätigung mit abzulegen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Richtlinien sicherlich hilfreich und aus Organisationssicht unvermeidlich sein dürften. Als alleinige Maßnahme sind Richtlinien aber nicht ausreichend. Neben
dem Vorhandensein von Richtlinien kommt es auf die konkrete Ausgestaltung und Überwachung der Erstellungsprozesse sowie deren Inhalte und Fristenwahrung zur Entkräftung von Anschuldigungen
zum Vorliegen eines Organisationsverschuldens an.
VI. Laufende Überwachung durch Einsatz von
Prozessmanagement
Meilenstein 4: Zentrale Steuerung, Dokumentation und Überwachung von
dezentralen Einzelprozessen durch Einsatz zeitgemäßer Softwarelösungen.
In internationalen und verzweigten Unternehmensgruppen bestehen
Steuererklärungspflichten in mannigfaltiger Hinsicht an unterschiedlichen Stellen, z. B. in unterschiedlichen Fachabteilungen für Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Ertragsteuern sowie in unterschiedlichen Ländern oder ausgelagert bei diversen externen Beratern. Entsprechend
liegen dezentralisierte Aufgabenstellungen vor, die aber letztlich aus
Compliance-Sicht zentral auf Konzernebene durch den Vorstand und
den Bereichsleiter Konzernsteuern sowie ggf. für die Arbeitnehmerbesteuerung durch den Personalleiter zu verantworten sind.
Dieses Auseinanderfallen von laufender zentraler Organisationsverantwortung und dezentraler Erstellungsverantwortung kann in mehrstufigen Unternehmensgruppen über informelle oder stichtagsbezogene Berichte nicht ausreichend gesteuert werden. Die aus Sicht der
Autoren einzig zielführende Möglichkeit, einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Prozess aufzusetzen, ist die Implementierung zeitgemäßer Softwareanwendungen. Durch derartige Anwendungen ist ein systematischer Nachweis der laufenden Einhaltung von
Compliance-Anforderungen möglich. Dabei kommt es insbesondere
zur Überbrückung von Länder- oder Teilkonzerngrenzen und zur Integration externer Berater auf datenbankgestützte Web-Lösungen an,
die alle Konzerneinheiten zu jeder Zeit erreichen und nutzen können.
Durch den Einsatz moderner Softwareanwendungen zum Tax Compliance Management können Prozesse, die dezentral und intransparent organisiert sind und damit den gegenwärtigen Compliance-Anforderungen nicht entsprechen, auf eine zentrale Plattform gebracht
werden, auf der die verschiedenen Sachbearbeitungs- und Verantwortungsstufen miteinander Informationen ohne Zusatzaufwand austauschen und übermitteln können. Dabei werden Arbeitsprozesse und
Kontrollen elektronisch gesteuert und überwacht und z. B. mit Erinnerungsfunktionen an verschiedene Hierarchieebenen verknüpft. Das
Unternehmen bzw. der Konzern wird durch die Nutzung der Tools
und die zentrale Erfassung von unternehmensbezogenen internen Informationen von Einzelpersonen sowie individuellen Arbeitsweisen
unabhängig.16
Zudem bieten derartige Anwendungen den Vorteil, dass Informationen, die für mehrere Prozesse oder Auswertungen relevant sind, nur
16 Beispielhaft sei die u. a. mit DATEV, SAP und HFM verknüpfbare Steuersoftware U2 Universal Units zum
weltweiten Management von Steuerprozessen genannt, abrufbar unter universalunits.com/de/ (Abruf:
12.11.2013).
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Aufsätze | Steuerrecht
Kromer/Henschel/Simshäuser · Umsetzung einer effektiven Tax Compliance Organisation – Teil I: Erfüllung von Steuererklärungspflichten
einmal erfasst werden müssen und für verschiedene steuerliche Anwendungen und Steuerjahre zur Verfügung stehen. Ein weiterer Vorteil besteht in der Möglichkeit, das Steuersoftware-Programm mit
dem ERP-System und dessen Modulen zu verbinden, um dort steuerlich relevante Informationen abzurufen bzw. nach Bearbeitung von
der steuerlichen Seite wieder zur Verfügung zu stellen. Daneben sollten Schnittstellen oder Upload-Funktionen zwischen der Steuermanagementsoftware und lokalen Steuerveranlagungs- oder Steuerbilanzprogrammen wie DATEV pro in Deutschland oder Thomson
Reuters ONESOURCE in den USA und Kanada flexibel möglich sein.
Durch die elektronische Weitergabe der Informationen werden Eingabefehler vermieden und so die Einhaltung von Compliance-Standards
sichergestellt.
Aus Tax Compliance-Sicht sollten im Idealfall moderne Softwareanwendungen für das weltweite Steuermanagement in Abgrenzung zu
lokalen Steuerveranlagungsprogrammen neben der effektiven Überwachung und Steuerung von Steuererklärungspflichten wie das konzernweite Fristenmanagement für alle Steuerarten einschließlich der
Dokumentation von Kontrollen auch die konzernweite Berechnung
von laufenden und latenten Steuern sowie die Steuerplanungen für
externe Berichtszwecke, die laufende Erfassung und Überwachung
von Steuerrisiken einschließlich deren Bewertung nach steuerlichen,
strafrechtlichen und handelsrechtlichen Grundsätzen, sowie die weltweite Erfüllung von Aufbewahrungspflichten nach unterschiedlichen
Gesetzesbestimmungen und die Überwachung von Sperrfristen z. B.
in Umwandlungsfällen übernehmen und überwachen können. Als
weiterer Prozess von Compliance-Relevanz, der einer weltweiten
Steuerung bedarf und Anknüpfungspunkte zu den vorgenannten Aufgaben aufweist, ist die Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation nach konzerneinheitlichen Standards bzw. nach dem MasterfileKonzept zu nennen.
PRAXISBEISPIEL: IT-gestütztes Tax Compliance-Management zur Steuerung
von Steuererklärungspflichten17
Die ABC AG, Deutschland, ist an der ABD GmbH, Deutschland, der ABE GmbH &
Co. KG, Deutschland sowie der ABF LLC, USA beteiligt. Die Steuerabteilung der
ABC AG ist intern zuständig für die Vorbereitung der Steuererklärung der ABC AG
sowie der ABD GmbH, des Weiteren ist die Steuerabteilung der ABC AG zuständig
für die Koordination der externen Berater, die die Steuererklärungen der ABE
GmbH & Co. KG, der Komplementär GmbH und der ABF LLC erstellen.
Es soll eine IT-gestützte Tax Compliance Softwareanwendung eingeführt werden.
Entsprechend sind für jede Gesellschaft zunächst die Stammdaten zu erfassen
bzw. aus dem ERP-System – soweit vorhanden – auszulesen. Im Regelfall sind die
nachstehend aufgeführten Daten aus steuerlicher Sicht von Bedeutung und deshalb zu erfassen. Dabei können neben steuerlichen Kennzeichen auch Namen
und Anschriften von Steuerberatern, Betriebsprüfungsstelle oder Wirtschaftsprüfer
sowie dem zuständigen Inhouse-Betreuer (contact person) hinterlegt werden. Ferner sollten alle Grundverträge (Gesellschaftsvertrag, Geschäftsführungsverträge
etc.) im Stammdatenbereich abgelegt werden (siehe obenstehende Abbildung).
Für im System angelegte Gesellschaften sind alle Steuererklärungspflichten zu erfassen und Verantwortlichkeiten zur Bearbeitung, d. h.
Bearbeiter, Vertreter und Reviewer, zuzuordnen. Auch externen Beratern, die für das System freigeschaltet werden, sind Verantwortlichkeiten und Reviewer (ggf. ebenfalls ein Mitarbeiter des externen Beraters) zuzuordnen. Systemseitig darf eine Bearbeitung durch den Reviewer erst möglich sein, wenn der zuständige Sachbearbeiter seinen
Arbeitsprozess erledigt hat und dieses im System dokumentiert hat.
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Dadurch wird insbesondere die Einhaltung von Qualitätssicherungsmaßnahmen (Vier-Augen-Prinzip) dokumentiert, da zum einen sichergestellt ist, dass der Reviewer nicht gleichzeitig der Ersteller ist und zum anderen der Reviewer erst mit dem Review beginnen kann, wenn der Ersteller den Entwurf der Steuererklärung
zum Review freigegeben hat. Bei der Anlage einer Steuererklärung
kann mittels einer Kommentarfunktion sichergestellt werden, dass
für die Besteuerung der Gesellschaft wichtige Informationen abgefragt werden, bevor die Bearbeitung gestartet werden kann. Ferner
sollten alle relevanten Unterlagen wie Jahresabschlüsse, Berechnungen, Verträge und Dokumente mit der zu bearbeitenden Steuererklärung verknüpft werden können, um so den Austausch aller relevanten Informationen zwischen den agierenden Personen sicher zu
stellen.
Der Kommentar im nachstehend abgebildeten Datensatz (S. 2910
li. Sp. oben) weist den Sachbearbeiter bzw. ggf. den Prozessmanager darauf hin, dass die Körperschaftsteuererklärung der ABC AG
erst erstellt werden kann, wenn die Beteiligungsergebnisse der ABE
GmbH & Co. KG vorliegen und die Abstimmung bezüglich der
steuerlichen Behandlung der ABF LLC mit dem externen Steuerberater in den USA stattgefunden hat.
Die beschafften Informationen sollten in die Softwareanwendung
bzw. im zentralen Dokumentenmanagement hochgeladen werden
können, damit diese sowohl dem Bearbeiter und dem Vertreter als
auch dem Reviewer zugänglich sind. Des Weiteren sollte hier eine
Version der erstellten Steuererklärung des Bearbeiters abgelegt werden, damit spätere Änderungen durch den Reviewer nachvollzogen
17 Für das Praxisbeispiel wird die Standardsoftware U2 Universal Units – Modul Tax Compliance Monitor
(TCM) mit freundlicher Genehmigung der U2 Universal Tax Units GmbH, Idstein, verwendet. Weitere Informationen und Praxishinweise über www.universal-units.com/de/products/tax-compliance (Abruf:
12.11.2013).
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Steuerrecht | Aufsätze
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werden können. Diesem Dokument kann zudem ein Kommentar hinzugefügt werden, der Hinweise bzw. offene Punkte für den Reviewer
enthält, diese können sowohl fachlich-rechtlicher als auch allgemeiner
Natur sein.
zur rechtlichen Würdigung integriert und zur Dokumentation an Ort
und Stelle abgelegt werden.
Als letzter interner Schritt vor der Versendung der Steuererklärungen
sollten die vorbereiteten Steuererklärungen den Zeichnungsberechtigten vorgelegt werden. Im Falle einer elektronischen Versendung empfiehlt es sich, die Zeichnung der Berechtigten intern zu dokumentieren und ebenfalls im Dokumentenmanagement abzulegen. Dadurch
werden sämtliche internen Bearbeitungsschritte dokumentiert und
eine Qualitätssicherung sichergestellt und nachgewiesen.
Analog kann bei der Erstellung von Steuererklärungen durch externe
Berater und zu deren Einbindung als Erfüllungsgehilfen in die konzernweiten Compliance-Prozesse vorgegangen werden. Dadurch ist
neben der internen Prozessabarbeitung auch eine verursachungsgerechte Dokumentation der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen
und dem externen Berater gewährleistet. Bei späteren Unklarheiten
oder falschen Rechtsanwendungen kann dadurch aufgezeigt werden,
in welchem Verantwortungsbereich dieser Fehler liegt.
Den Stand der Bearbeitung können sich die verantwortlichen Personen auf jeder Konzernstufe jederzeit in einer Übersicht anschauen.
Bei nahendem Fristablauf können Warnungen per E-Mail aus dem
System oder durch den Systembetreuer an alle zuständigen Personen
und Compliance-Verantwortliche generiert werden. Weitere Eskalationen können konzernspezifisch oder standardisiert hinterlegt und
automatisch angestoßen werden (s. Abb. li. Sp. unten).
Ferner sollten alle zu erledigende Aufgaben sowohl mitarbeiterbezogen
als auch aufsichtsbezogen auf persönlichen Kalendern angezeigt werden.
Dadurch wird neben der fristgerechten Bearbeitung auch eine sinnvolle
persönliche Einteilung der Ressourcen ermöglicht. Hierbei können auch
fehlende Kapazitäten bzw. Unterstützungsbedarf aufgedeckt werden.
VII. Festlegung von Revisionsprozessen
zur Überwachung der Erstellung von
Steuererklärungen
Der Reviewer kann nach erfolgter Weitergabe der Aufgabe durch den
Bearbeiter mit dem Reviewprozess beginnen. Dabei können Checklisten zur Plausibilitätsprüfung und rechnerischen Überprüfung sowie
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Jeder Compliance- und Risikomanagementprozess ist wiederholt auf
seine Revisionssicherheit und Fehleranfälligkeit zu prüfen. Dabei sind
sowohl die Prozessabläufe, deren Einhaltung als auch Einzelfälle und Eskalationsroutinen stichprobenweise zu prüfen. Üblicherweise erfolgt die Prüfung nicht durch die Fachabteilung, sondern durch
die konzerneigene interne
Revision oder durch von
dieser beauftragte externe
Berater mit entsprechender
Qualifikation. Die Festlegung interner Revisionskriterien hat dabei bereits im
Rahmen der Einrichtung des
Compliance-Prozesses zu
erfolgen und ist wesentlich
abhängig von den eingesetzten Instrumenten, z. B. Prozessmanagementsoftwarelösungen, welche je nach Struktur vereinfachte oder umfangreichere Revisionsmaßnahmen erfordern.
Betriebs-Berater | BB 48.2013 | 25.11.2013
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Andresen · Missglückter Verordnungsentwurf zur Einkünfteabgrenzung bei inländischen Versicherungsbetriebsstätten
Kernaufgaben einer Revisionsprüfung für Steuererklärungspflichten
sind im Regelfall:18
1. Werden die definierten Risikofrüherkennungsmaßnahmen, Risikomanagement- und internen Kontrollmaßnahmen im Einzelfall
richtig angewendet?
2. Review und Überprüfung der Prozessabläufe, der eingesetzten
Plausibilisierungen/Verprobungen (ggf. länderweise) und der vorhandenen Dokumentation
3. Identifizierung von Schwächen und Ineffizienzen
4. Übereinstimmung mit IT-Sicherheitsstandards und Durchführung
IT-Systemprüfung
5. Qualität und Verständlichkeit von Richtlinien und Schulungsvorlagen
6. Qualität der Dokumentation
7. Abgleich individueller Mitarbeiter- bzw. Beraterqualifikationen zur
Aufgabenstellung
8. Stichproben
– Basierend auf den Soll-Prozessen sind Richtlinien für alle Steuererklärungsprozesse zu überprüfen, zu vervollständigen bzw. erstmalig
auszuarbeiten.
– Richtlinien als alleinige Maßnahme sind nicht ausreichend. Es ist
eine laufende Überwachung der Einzelprozesse sicherzustellen.
Hierzu ist aus Sicht der Autoren der Einsatz revisionssicherer und
nach Möglichkeit konzernweit einsetzbarer Steuersoftware nötig.
– Zu jedem Compliance-Prozess gehören sachgerechte Revisionsmaßnahmen und deren Beschreibung im Rahmen der Einführung von
Compliance-Prozessen.
Dipl.-Kfm. Christoph Kromer, StB, ist Partner bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, dem deutschen Mitglied von Taxand in Frankfurt a. M. Seine Schwerpunkte liegen im Tax Risk Management, Transfer Pricing und Business
Restructuring, Tax Accounting und der Einführung globaler
Tax Compliance-Systeme bei Banken und internationalen
Unternehmensgruppen.
VIII. Resümee
Anhand der vorstehenden Ausführungen wird ersichtlich, wie vielfältig die Anforderungen an eine effektive Tax Compliance Organisation im Bereich „Erfüllung von Steuererklärungspflichten“ sind.
Ausgangspunkt der Beurteilung eines Tax Compliance Systems ist
die Prüfung, ob dieses geeignet ist, den Vorwurf eines Organisationsverschuldens möglichst weitgehend auszuschließen. Das angewendete Tax Compliance-System sollte die fristgerechte Einreichung
und die Information über die formelle und materielle Richtigkeit jeder eingereichten Steuererklärung sicherstellen. Dazu empfiehlt sich
ein 5-stufiger Ansatz:
– Ist-Aufnahme aller steuerlichen (Erklärungs-)Pflichten für alle Konzerneinheiten in allen Ländern.
– Sachverhaltsbezogener Abgleich aller Soll-Prozesse mit dem jeweiligen Ist-Zustand und Bestimmung individueller Anpassungen.
Katharina Henschel, RAin/StBin, ist als Senior Associate im
Beratungsfeld Steuerrecht der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am Standort Frankfurt a. M. tätig. Sie berät international tätige Unternehmen zu steuerlichen Fragestellungen und verfügt in diesem Bereich über mehrjährige Berufserfahrung, unter anderem bei einer Big-Four-Gesellschaft.
Dipl-Ök. Sascha Simshäuser, LL.M., StB, ist bei der Luther
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am Standort Frankfurt a. M.
im Beratungsfeld Steuerrecht als Senior Associate tätig. Er
berät global agierende Unternehmen bei steuerlichen Themen und verfügt über mehrjährige Berufserfahrung in diesem Bereich, u. a. bei einer Big-Four-Gesellschaft.
18 Kromer, in: Bakker/Kloosterhof (Hrsg.), Tax Risk Management, 2010, S. 282; Kromer/Pumpler/Henschel, CB
2013, 207.
Dr. Ulf Andresen, StB/CA
Missglückter Verordnungsentwurf zur
Einkünfteabgrenzung bei inländischen
Versicherungsbetriebsstätten
Die OECD hat mit ihren Betriebsstättenberichten 2008 und 2010 die
Voraussetzung dafür zu schaffen versucht, dass die in der Vergangenheit
zwischen DBA-Partnerstaaten häufig kontrovers geführten Verhandlungen über die Einkünfteabgrenzung zwischen Betriebsstätten einvernehmlicher einer Lösung zugeführt werden können, die die Doppelbesteuerung vermeidet. Dem Vernehmen nach hat dies in entsprechend
gelagerten Fällen in der jüngeren Vergangenheit dazu geführt, dass sich
Deutschland und seine DBA-Partnerstaaten in vielen Verständigungs-,
Schieds- und Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agree-
Betriebs-Berater | BB 48.2013 | 25.11.2013
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ments) auf eine Abgrenzung der Einkünfte eines Einheitsunternehmens
einigen konnten, die keine Doppelbesteuerung zur Folge hatte. Der
wesentliche Grund dafür, dass dies gelingen konnte, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das hohe Maß an Flexibilität, das dem Wortlaut der Betriebsstättenberichte innewohnt und das dem klaren und wiederholt
geäußerten Bekunden der Vertreter der OECD zu entnehmen gewesen
ist. Diese Flexibilität hat Leitplanken errichtet, zwischen denen der
Diskussionsverkehr zwischen den DBA-Partnerstaaten auf der Autobahn
der Argumente und Nachweise gut fließen konnte. Mit dem nunmehr
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