GITEC 2015 Im Lokschuppen der Regensburger Music-Academy findet am 21. und 22. November 2015 das Jahresmeeting der GITEC statt. Zwei Tage lang wird hier die Funktion der E-Gitarre in Vorträgen und Workshops analysiert und erläutert. Gitec-Mitglieder können kostenlos teilnehmen (der Jahresbeitrag beträgt 30 €), Nichtmitglieder bezahlen für die Teilnahme 100 €. Am 21.11. trifft man sich abends in den Bischofshof Braustuben zu einer Open-Stage-Session, bei der auch Gäste willkommen sind. Die nachfolgende Liste gibt einen kurzen Überblick über die einzelnen Programmpunkte, Details können den Abstracts entnommen werden. Prof. Dr. Manfred Zollner: Reamping und Reguitaring Helmuth Lemme: Gitarren-Tonabnehmer Dr. Wolfgang Hönlein: Gitarren-Verzerrer Dr. Jörg Gebhardt: Gitarren-Sound Ulf Schaedla: Aktive Gitarren-Schaltungen Kurt Härtl: Blues – Mythen und Wahrheiten Vera Erbes: Gitarrenverstärker-Netzteile Bernd Meiser: Fuzz-Pedale der 60er Jahre Ausführliche Informationen und Anmeldung unter: www.gitec-forum.de Music Academy Regensburg: Im Lokschuppen, Zollerstraße 1a. Reamping und Reguitaring Prof. Dr. Manfred Zollner, OTH Regensburg Beim Reamping wird die von der Gitarre erzeugte Spannung zunächst direkt aufgenommen, d.h. ohne dazwischen geschaltete Gitarrenverstärker oder Effektgeräte. Diese Aufnahme wird anschließend in einen Gitarrenverstärker eingespeist. Die Quellimpedanz des Abspielgerätes (z.B. Mischpult) entspricht hierbei jedoch nicht der eines Gitarrentonabnehmers. Muss dessen Impedanz nachgebildet werden, bietet sich die induktive Signaleinkopplung in den Gitarrentonabnehmer an (Reguitaring). Das auf diese Weise aufgenommene Signal steht nun (bei korrekter Quellimpedanz) beliebig oft in identischer Weise zur Verfügung – ein großer Vorteil bei Hörversuchen. Denn kein Gitarrist kann Melodien oder Rhythmen aufs dB genau reproduzieren. Weil nun aber der Tonabnehmer (und seine Tiefpassfilterung) zweimal durchlaufen wird, ist eine zusätzliche inverse Filterung erforderlich, die die zweite Filterung des Tonabnehmers wieder rückgängig macht. Der Vortrag vergleicht und bewertet verschiedene Schaltungskonzepte, zeigt ein einfaches Beispiel für die Sendespule, erläutert den Entwurf des Korrekturfilters und demonstriert das Reguitaring beim Vergleich verschiedener 'Tone-Caps'. Denen wird ja – selbst wenn das Tone-Poti ganz aufgedreht ist – eine klar hörbare Wirkung auf den Sound der Gitarre nachgesagt: "Bumblebees" klingen anders als "Tropical Fishes" oder "Orange Drop Caps". Angeblich. Die Theorie widerspricht zwar heftigst und verweist darauf, dass die Unterschiede weniger als 0,1 dB ausmachen, doch lässt sich die schreibende Zunft der Praktiker von so etwas Realitätsfernem wie Theorie nicht irre machen: "Orange Drop Caps" betonen die Mitten, "Black Beauties" dämpfen die Höhen. Bei den im Vortrag abgespielten Schallbeispielen kann nun jeder selbst entscheiden, welcher Fraktion er sich zugehörig fühlt. Gitarren-Tonabnehmer Helmuth Lemme, München 1920-er Jahre: Notwendigkeit von mehr Lautstärke für die Gitarre durch elektrische Verstärker, die damals für Plattenspieler gerade ganz frisch rausgekommen waren. Mikrofon in Korpus eingebaut, zu starke Nebengeräusche. Les Paul: Piezokristall aus Plattenspieler. Besser: magnetisches Prinzip, erfunden von George Beauchamp, serienmäßig zuerst eingebaut in Rickenbacker "Frying Pan" (1931) und Bakelit-Gitarren. Dann Gibson ES150 (Charlie Christian), Gibson ES300 und weitere. Gibson P90 : 1946 Dog Ear, 1952 Soap Bar. Verstellbare Schrauben als Pole. Fender Single Coil mit Alnico-Stabmagneten. Humbucker von Gibson, Gretsch, Guild. "patend applied for": aufgeblasener Kult . Austauschtypen: DiMarzio, Seymour Duncan, viele andere. Heute weltweit wohl über 100 Hersteller. Sehr viel wiederholt sich. Sondertypen: horizontale Spulen (Bässe von Gibson, Alembic), Lace Sensor, Alumitone. Aktive Tonabnehmer: EMG Sounds (alphabetische Auflistung) Ersatzschaltbild, Induktivität, Frequenzgang (Tiefpass 2. Ordnung) Messung des Frequenzgangs mit Pickup-Analyzer (Vorführung). Erweitertes Ersatzschaltbild: Tiefpass 3. Ordnung Grundlautstärke (bei f << fRes): Messung mit exzentrisch rotierender Stahlachse. Sonstige Effekte: Auslöschungen beim Humbucker, nichtlineare Verzerrungen, Störung der Saitenschwingung durch magnetische Anziehung, Kammfilter-Effekt aufgrund der Montageposition. Piezo-Tonabnehmer Elektrodynamisches Prinzip mit Spannungsinduktion in der Saite (Hopf) Innenschaltungen, Gesamtsystem, Standardschaltungen, Alternativen, Verbesserungen Aktive Schaltungen, Frequenzgänge, Dummy Coil. Bilder und Zeichnungen: Rickenbacker Horseshoe, Gibson CC, Gibson ES300, Gibson P90DE, Gibson P90SB, Fender Single Coil, DeArmond 1000, 1100, 200, Gibson Humbucker, Gretsch Filtertron, Fender Humbucker, Bass: Fender Precision, horizontale Spulen: Gibson Bässe, Alembic, Schaller, Lemme, Lace Sensor, Alumitone, Aktive: EMG Elektrodynamisches Prinzip (Hopf) Elektrische Ersatzschaltbilder: Spule, TA TP2, TA mit Belastung, TA TP3, Schaltung EMG, EMG 89 Kurzvorstellung Helmuth Lemme: Schon als Kind von allem fasziniert was elektrisch war. Mit 12 Kosmos Elektromann, mit 14 erster Diodenempfänger. Im alten Röhren-Kofferradio (als Ersatz für 75-V-Anodenbatterie Netzteil selbst gebaut) viel Radio Luxemburg gehört: Beatles usw., Interesse für E-Gitarre. Verschiedene Verstärker und Effektgeräte selbst gebaut. E-Gitarren untersucht und modifiziert, zuerst nur die eigenen, dann immer mehr auch von anderen Leuten. Bis heute wohl einige hundert. Physik studiert, Schwerpunkt auf Festkörperphysik, Halbleiterei. Als Student Mitglied mehrerer Bands. Suche nach Literatur über E-Gitarren, weder in England noch in USA was gefunden. Idee, eigenes Buch zu schreiben. 1977 erstes Buch veröffentlicht, 1978 Buch über Verstärker. Mit der Zeit größere Instrumentensammlung zugelegt. 2001 eigene Webseite "www.gitarrenelektronik.de" Im Laufe der Jahre auch alle möglichen anderen elektrischen Geräte untersucht, repariert, gebaut. Über kein einziges wird von Herstellern wie Anwendern so viel Unsinn erzählt wie über Gitarren-Tonabnehmer. Es ist einfach grausam. Dem Ingenieur dreht sich der Magen um. 10 % Elektrotechnik, 90 % Psychologie. Großreinemachen dringend nötig! Der Verzerrer: Grundschaltungen und Modifikationen Dr. Wolfgang Hönlein, Unterhaching Schon seit langen Zeiten existieren Musikinstrumente, die einen obertonreichen, lebendigen Ton oder Klang erzeugen (z.B. Labial-Pfeifen der Orgel, Saxofon, Sitar). Ebenso lange wird dieser Klang durch ein Formant-Filter in ein für das jeweilige Instrument typisches Spektrum eingeengt (z.B. durch Hohlraumresonator, Horn). In der Anfangszeit der elektrisch verstärkten Gitarre hat ein mehr oder weniger übersteuerter Röhrenverstärker oft unfreiwillig die Anreicherung des Tonabnehmer-Signals der Gitarre übernommen – ein heute noch geschätzter und jetzt gezielt angewandter Effekt. Mit dem Aufkommen der Halbleiter-Technologie war man Ende der 50er Jahre in der Lage, mit Transistor-Vorschalt-Verstärkern (Booster) den mittlerweile leistungsstarken und eher auf unverzerrte Wiedergabe gezüchteten Röhrenverstärkern (z.B. Fender) auf die Sprünge zu helfen, indem man die Vorstufe übersteuerte. Wenig später hat man die eigenverzerrende Wirkung von Vorschaltgeräten genutzt – am Anfang nicht immer mit überzeugenden Ergebnissen. Erst das bessere Verständnis der verzerrenden Bauelemente und Schaltungen im Zusammenspiel mit Filterschaltungen hat zur Entwicklung von einer mittlerweile schier unübersehbaren Zahl von Transistorverzerrern geführt, von denen sich einige Grundschaltungen am Markt durchgesetzt haben und seit Jahrzehnten produziert werden. Wir wollen zwei dieser Grundschaltungen (Range-Master und Tube-Screamer) näher betrachten. Dabei geht es uns nicht um die Erklärung und Reproduktion von bestimmten populären Sounds (z.B. B. May, S.R. Vaughan), sondern um die Frage, wie die Grund-Sounds elektrisch erzeugt werden, welche Komponenten soundprägend sind und welche nicht. Zu diesem Zweck haben wir Musterschaltungen aufgebaut, bei denen mit Hilfe von Schaltern sekundenschnell zwischen verschiedenen Bauteilen und Schaltungsvarianten hin- und hergeschaltet werden kann. Nur bei schnellem und wiederholtem Soundwechsel ist die Wirkung von veränderten Bauteilen, Bauteile-Parametern oder Schaltungsvarianten mit dem Gehör erkennbar. Die musikorientierte Beurteilung mit dem Gehör aller Anwesenden soll dabei das bevorzugte Entscheidungskriterium sein, wobei wir die wichtigsten elektrischen Parameter ebenso verfolgen. Wir benötigen dafür eine Soundquelle, die die Verhältnisse einer E-Gitarre möglichst konstant reproduziert und beabsichtigen zu diesem Zweck, das Reguitaring-Verfahren erstmals einzusetzen. Dabei wird ein mit der Gitarre vorher aufgenommenes Test-Signal mit einem Filter korrigiert und beliebig oft wiederholbar mit einer Spule in den Tonabnehmer der Gitarre eingekoppelt. Auf diese Weise sind Schwankungen durch nicht exakte Spielweise bei manuellem Spiel ausgeschlossen, und trotzdem wird eine Quelle mit gitarrentypischem Widerstand eingesetzt. Als Ergebnis werden wir eine Sensitivitäts-Analyse der jeweiligen Schaltung gewinnen und Empfehlungen für den Austausch von Bauelementen und für Schaltungs-Modifikationen geben. Und so ganz nebenbei lernen wir – falls nicht schon vorhanden – das Funktionsprinzip von Transistorverstärkern und Operationsverstärkern näher kennen. Im World-Cafe am 2ten Tag können wir dann weitere Schaltungskonzepte ansprechen und anhören. Auch mitgebrachte Verzerrer-Schätzchen oder Selbstbau-Clones können vorgeführt werden. Was beeinflusst den Sound der E-Gitarre wie stark? Und was bedeutet das für den Klang von Röhren-, Transistor- und Modeling-Amp? Dr. Jörg Gebhardt, Hahnstätten Auf dem Weg von der schwingenden Saite im Magnetfeld des Tonabnehmers über die GitarrenElektronik, das Kabel, die Eingangsstufe des Verstärkers über Klangregelnetzwerke, Endstufe, Lautsprecher und Gehäuse (Cabinet) gibt es eine große Zahl von Parametern, die den Klang (das Signal) auf lineare und nichtlineare Weise beeinflussen. In Manfred Zollners Werk „Physik der Elektrogitarre“ lässt sich das auf 1.200 Seiten detailliert nachlesen. Die Theorie ist mit zahlreichen Messungen und Diagrammen unterlegt. Aber was bedeutet das für den „Sound“? Welche Effekte sind drastisch, welche moderat und welche nicht hörbar? Wie kann ich einzelne Parameter gezielt beeinflussen, um meinem Wunschklang näher zu kommen? Der Band 3 von Manfred Zollner wird hierzu sicherlich viele Antworten liefern. Im Rahmen des Vortrags sollen ausgewählte Effekte kurz theoretisch beleuchtet werden (ohne viel Mathematik, mit Verweis auf die entsprechenden Kapitel im Buch) und anschließend anhand von Hörbeispielen über eine gute Monitoring-Anlage demonstriert werden. Die Hörbeispiele wurden vorher aufgenommen und/oder werden während des Vortrags mittels Gitarre und Amp produziert. Beispiele, die im Vortrag vorkommen könnten: Der Einfluss von Kabel und Eingangsimpedanz des Amps auf den Klang der Gitarre Die Unterschiede zwischen Röhren gleichen Typs und deren Einfluss auf den Klang (Vorstufe, Endstufe, Bias-Einstllung) Klangunterschiede bei Betrieb des Cabinets mit hohen/niedrigen Verstärker-Ausgangsimpedanzen Anmerkungen: Insbesondere zu den Röhrenvergleichen möchte ich in diesem Jahr noch eine ganze Reihe von Versuchen machen. Die bisherigen im Internet publizierten Modelle (SPICE, Matlab) von Röhren sind für den linearen Betrieb sicher ausreichend, aber leider nicht für die Simulation von Übersteuerungen. Ich habe mit der mir zur Verfügung stehenden Technologie die Abbildung der Kennfelder so verfeinert, dass auch der nichtlineare Betrieb sehr präzise simuliert werden kann. Ich würde für jede einzelne Röhre ein individuelles Modell erstellen, um dann sowohl am realen Verstärker als auch in der Simulation die Röhren auszutauschen, mit dem Ziel, Klangunterschiede im Hörtest zu finden. Daran anschließend würde ich versuchen, die Kennfelder nicht mehr real existierenden Röhren nachzubilden, sondern so zu „verbiegen“, dass gezielt bestimmte Harmonische erzeugt werden, um wiederum den Einfluss auf den Klang von typischen Gitarrenriffs zu untersuchen. Ich denke, so systematisch wurde das noch nie gemacht und publiziert. Aktive Gitarrenschaltungen Ulf Schaedla („Der Onkel“) Schon kurz nachdem transistorisierte Schaltungen im Bereich der Gitarrenelektronik als Effektgeräte auf dem Markt auftauchten, hielten aktive Schaltungen auch Einzug in die Elektrogitarre. Im Laufe der Zeit hat die Entwicklung dabei so manche Merkwürdigkeit hervorgebracht. Die vielen konservativen Gitarristen haben es jedoch bis heute erfolgreich geschafft, den Durchbruch von aktiven Gitarrenschaltungen zu verhindern, indem die Produkte mehrheitlich einfach nicht gekauft wurden. Dabei ist nicht alles unbedingt schlecht gewesen. Mehr noch gibt es aktive Schaltungen, die wirkliche Vorteile bieten, wenn man sie denn richtig einsetzt. In diesem Vortrag geht es zunächst darum, den Unterschied zwischen passiven und aktiven Schaltungen darzulegen und anschließend die verschiedenen aktiven Gitarrenschaltungen der letzten Jahre kurz vorzustellen und ihren Nutzen zu bewerten. Welche Schaltung tatsächlich Sinn macht, lässt sich nur festlegen, wenn man deren Funktion kritisch betrachtet und den bekannten Problemen in der Elektrogitarre gegenüberstellt. Allein mit dieser Fragestellung könnte man sich Stunden beschäftigen... Am Ende stellt sich heraus, dass ein Impedanzwandler immer sinnvoll einzusetzen ist. Dann macht es Sinn, sich mit den wichtigsten Vertretern dieser Schaltung zu beschäftigen. Wie funktioniert sie, wie werden sie dimensioniert und welche Vor- oder Nachteile bestehen? Wir blicken in diesem Zusammenhang auf die Kollektor- und Drain-Schaltung, die bipolare Transistoren oder JFETs verwenden, und auf eine Lösung mit Operationsverstärkern. Im zweiten Teil geht es um die konkrete Anwendung von Impedanzwandlern. Wann setzt man welchen Typ ein? Wie viele Impedanzwandler müssen eingesetzt werden? Das sind die entscheidenden Fragen, die vor dem Einsatz zu klären sind, damit Enttäuschungen und Fehlschläge vermieden werden. Wir betrachten dabei die bekannten Standardschaltungen der Elektrogitarre. Wie sich die aktivierte Schaltung dann verhält, wird am Beispiel einiger Simulationen gezeigt. Dieser Block bietet auch die Möglichkeit zu einer Diskussion, die durchaus gewünscht wird. Die Klangeinstellung innerhalb der Elektrogitarre lässt sich mit Hilfe einer schaltbaren Kondensatorbank und einem Impedanzwandler erweitern. Neben der Möglichkeit, entsprechende Simulationen zu erzeugen, werden auch einige aktivierte Instrumente als Anschauungsobjekte zur Verfügung stehen, die sich gerne auch mal in die Hand nehmen lassen. Der ursprünglich geplante Ansatz, nur Impedanzwandler mit diskreten JFETs vorzustellen, wurde verworfen, da er einerseits ohne großes Hintergrundwissen über Halbleitertheorie nicht genug Stoff bietet, andererseits aber die notwendige Theorie kaum in 135 Minuten unterzubringen ist. Nach der aktuellen Marktsituation scheint es eh nicht mehr angeraten, für Neuentwicklungen auf diese diskreten Bauelemente zu setzen. Auf Wunsch können wir aber ohne Problem in bestimmte Fragestellungen zu JFET & Co einsteigen. Blues und Blues-Improvisation – Mythen und Wahrheiten Interaktiver Vortrag mit Audio-Beispielen und Live-Performances Kurt Härtl, Gitarrist, Augsburg Der 90-minütige Workshop richtet sich an Teilnehmende, die Blues und Blues-Improvisation vor dem Hintergrund geschichtlicher, gesellschaftlicher und musikalischer Entwicklungen betrachten und verstehen wollen. Ausgehend von der „Stunde null“ (1850) wird kurz erklärt, wie sich die soziale und kulturelle Situation der Afroamerikaner in den USA während der zweiten Hälfte des 19. Jh. darstellte. Weiterhin werden anhand von Hörbeispielen die musikalischen Quellen (Gospel, Fieldholler, Worksongs) des Blues und seiner Entwicklung bis ungefähr zum Jahr 1920 veranschaulicht. Diesem Themenblock folgt die Einordnung der ersten überregional bekannten Blueskünstler (Ma Rainey, Bessie Smith, W.C. Handy, Robert Johnson). Im zweiten Teil des Workshops wird der spezielle Zusammenhang zwischen Harmonien und Melodien im Blues (Dominant-Septakkorde, Pentatonik, etc.) erörtert. Die aktuelle Auffassung des Blues und der Blues-Improvisation wird praktisch erleb- und erhörbar gemacht und enthält Kurzanalysen der Spielstile beliebter Künstler und Interpreten (B.B. King, Eric Clapton, Stevie Ray Vaughan, Robben Ford). Hörbarkeit unterschiedlicher Netzteile eines Gitarrenverstärkers Vera Erbes, TU Berlin & TU Rostock Während in anderen Bereichen der Audiotechnik von einem Netzteil erwartet wird, dass es geglättete stabile Betriebsspannungen bereitstellt, ist dies in Gitarrenverstärkern regelmäßig nicht der Fall und ist auch nicht gewünscht. Dies kann historisch begründet werden, da es in der Frühzeit des Instrumentes E-Gitarre mit Verstärker nicht möglich war, technisch bessere Netzteile herzustellen. Durch die Beschränkung auf die Röhrentechnik wiesen die Netzteile früher Verstärker einen hohen Innenwiderstand auf, verursacht durch die gleichrichtende Röhrendiode. Nachfolgende Siebketten durften auf Grund der Belastbarkeit der Diode keine Kondensatoren mit großen Kapazitäten enthalten. Ein so konstruiertes Netzteil weist unter Belastung teilweise sehr große Spannungseinbrüche auf mit einem charakteristischen Schwingungsverlauf (Kondensatoren und Siebdrossel bilden einen Schwingkreis). Dieser scheinbare Mangel wird auf Grund seiner klanglichen Auswirkungen als Kompressor (im Anschlagsmoment) und Expander (in der Ausklingphase) bei Gitarristen sehr geschätzt und hat bereits in der Anfangszeit der Gitarrenverstärker die Erwartung an den Klang einer E-Gitarre bis heute geprägt. Eine weitere Auswirkung solcher Netzteile ist das unter Belastung zunehmende starke Netzbrummen. Modernere Netzteile ersetzen die gleichrichtende Röhrendiode im Netzteil durch Siliziumdioden mit einem sehr niedrigen Innenwiderstand. Oft wird dann der Innenwiderstand der Röhre durch einen zusätzlichen ohmschen Widerstand in Reihe nachgebildet, der allerdings keinen Spannungseinbruch gemäß einer gekrümmten Röhrenkennlinie erzeugen kann. Unter Gitarristen ist die Meinung weit verbreitet, dass solche Unterschiede in Netzteilen sehr deutliche Klangunterschiede hervorrufen. Häufig wird einem Gitarrenverstärker mit Röhrennetzteil ein „warmer“ Klang zugeschrieben, während ein Verstärker mit einem Netzteil mit Siliziumgleichrichter eher „hart“ klingen soll. Dieser Beitrag, der als Bachelorarbeit an der Technischen Universität Berlin durchgeführt wurde, untersucht messtechnisch und im Hörversuch die klanglichen Auswirkungen verschiedener Netzteile eines Gitarrenverstärkers. Die Untersuchungen wurden am Beispiel eines nachgebauten Fender Bassman 5F6-A (Prototyp des WILDCAT Bassman, der im Rahmen eines Projekts an der Technischen Universität Berlin entstanden ist) durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Varianten der Gleichrichtung mit und ohne zusätzlichen ohmschen Widerstand zur Erzeugung des Spannungseinbruchs untersucht. Im Ergebnis wurde in der Arbeit gezeigt, dass weder messtechnisch noch perzeptiv große Unterschiede durch die untersuchten Netzteilvariationen entstehen. Ein weiterer Schwerpunkt des Beitrages ist die Vorstellung des eingesetzten Hörversuchs vom Typ „ABX“, der in der Lage ist, selbst feine Unterschiede aufzudecken. World Café (2. Tag) Die Teilnehmer können sich über ihre eigenen Erfahrungen mit vergleichenden Hörexperimenten austauschen. In der Diskussion sollen gemeinsam zentrale Voraussetzungen für einen aussagekräftigen Hörversuch erarbeitet werden. Zusätzlich helfen Erkenntnisse aus der Forschung, die besprochenen Punkte einzuordnen. Parallel kann der am Vortag vorgestellte Hörversuch zur Hörbarkeit unterschiedlicher Netzteile in einem Gitarrenverstärker von den Teilnehmern durchgeführt werden. Hi-Gain-Amps Analyse und Entwurf von Crunch- und Hi-Gain-Kanälen Bernd Meiser, Waldmohr Die erste Generation der Röhren-Amps verstärkte die Gitarre recht unverzerrt; der Bereich, in dem die Amp-Endstufe anfing zu crunchen, wurde gemieden. Doch das änderte sich mit dem Aufkommen der Rockmusik sehr schnell. Der Crunch-Sound war auf einmal sehr gefragt, siehe Clapton, Page & Beck. Es wurde schnell erkannt, dass das Gesamt-Gain von der Gitarre bis zum Lautsprecher merklich erhöht werden musste, um diesen begehrten Sound zu bekommen, der die Endstufe der Tube-Amps in die Übersteuerung trieb. Zunächst wurde dies durch eine batteriebetriebene Standalone-Einheit, den sog. Treble-Booster erreicht, der vor den Amp geschaltet wurde. Doch schon alsbald wurde eine zusätzliche Röhrenstufe fest in den Preamp integriert, die das nötige zusätzliche Gain lieferte. Mesa-Boogie war hier einer der Vorreiter, der die klassischen Fender-Amps diesbezüglich modifizierte, Santana wird diese Boogie-Amps legendär machen. Mitte der 1970er Jahre wurde das Master-Volume populär. Gleichzeitig begann man, allgemein die Vorstufen zu überarbeiten, denn der Zerr wurde nun vornehmlich in den Vorstufen erzeugt. Das bedurfte dann – verglichen mit den klassischen Konzepten – einer etwas anderen Dimensionierung. Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, dass dabei ganze TriodenKetten kaskadiert wurden, um das Signal zu formen und mit übermächtigem Gain auszustatten – wie z.B. im Peavey 5150. Eine Folge dieser hochgezüchteten Gain-Stufen war jedoch, dass für Clean- und Crunch-Sounds diese HiGain-Channels kaum mehr brauchbar waren, ihres speziellen Designs wegen. So entstanden die heute üblichen Mehrkanal-Amps mit z.B. drei Kanälen (Clean/ Crunch/ HiGain), die speziell für die jeweiligen Belange optimiert wurden. Der Vortrag analysiert die Designs der Crunchund Hi-Gain-Verstärker, und erläutert, was bei ihrem Entwurf zu berücksichtigen ist. World Café: Fuzz-Pedale der 60er Jahre, Germanium in der Fuzz-Pedal-Technik Ab 1965 explodierte der Markt mit Fuzz-Pedalen. Fast alle bekannten jungen Gitarristen benutzten dann auch diese neuen Pedale, die prägend den spät-60er-Sound der Swinging 60th aufmischten und als British Invasion in die Geschichtsbücher eingehen sollten. Der Vortrag startet mit dem 1962er Maestro Fuzz-Tone, welches den Startschuss lieferte. Es folgen Pedale wie VOX Tone-Bender, Solasound und die späteren siliziumhaltigen Colorsound Jumbo Tone-Bender Geräte. Insbesondere wird das Lieblings-Fuzz-Pedal von all time Hero Jimi Hendrix beleuchtet, das Dallas Arbiter Fuzz Face. Auch ein Blick über den großen Teich in die USA wird getätigt, mit Pedalen wie Jordan Fuzz Tone oder das Mosrite Fuzzrite. Auch der Gigant Electro Harmonix mit seinem Big Muff Pi wird nicht vergessen. Und zum Abschluss erfolgt ein Blick auf die Ibanez-Pedale, welche hier in Deutschland recht verbreitet waren. Am Nachmittag wird es über diese Pedale zunächst einen Überblicksvortrag geben, mit anschließender freier Diskussionsrunde. Die Teilnehmer (-innen) können gerne eigene Diskussionsschwerpunkte einbringen und den Ablauf mitgestalten.
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