Am Horizont geht’s... Von links nach rechts: Trophy 1200, GPZ 1100 und Bandit 1200 ...weiter Kawasaki GPZ 1100 Horizont, Triumph Trophy 1200 und Suzuki Bandit S 1200 kosten kein Vermögen. Was wird dem Kunden in der Touristenklasse geboten? ie Szene der Tourer hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Die Klasse der Reisedampfer ist weg vom Image des Luxuriösen, sie hat sich preislich nach unten geöffnet, um Kunden anzusprechen, die vielleicht schon immer wollten, aber nicht zum Preis eines Mittelklasse-Pkw. Kaum noch jemand ist bereit, mal eben 25 Mille – oder mehr – für eine ST 1100 oder eine K 1100 LT hinzublättern. Geht’s nicht auch billiger? Diese Frage wagte jahrelang niemand zu stellen, vielmehr ging man mit hochgeklapptem Mantelkragen zum Yamaha-Händler und fuhr fortan XJ 900 – als sei das ein Manko, weil man daran weder eine Kaffeemaschine anschließen kann wie an eine Goldwing, noch eine Steckdose hat wie die gehobene BMWKlientel, die ja – und das ist das Paradoxe – eben nicht zur Gruppe jener gehört, die sich morgens im Rückspiegel rasieren. Tourer gehören inzwischen zu den Motorrädern, die man sich leisten kann, und wenn auch vielleicht nur deshalb, weil Motorräder durch die Bank sehr teuer geworden sind. Erfreulich für die Touristen unter den Motorradkunden ist auf alle Fälle, daß die Schaufenster der Händler mit Bikes unterhalb der Luxusklasse inzwischen sogar recht anständig bestückt sind. D rei hubraumstarke Maschinen durchliefen unlängst unser Testprogramm, die das Thema Tourer nicht nur preislich auf unterschiedliche Weise interpretieren. Da ist die gründlich renovierte Triumph Trophy 1200, die mit 21815 Mark Listenpreis ohne Zweifel bereits in der Oberklasse fährt, aber zeigen will, daß sich ein paar Tausender mehr am Ende eben doch auszahlen. Da ist die bislang nur mäßig erfolgreiche Kawasaki GPZ 1100 98 PS? Pustekuchen: 105 PS leistet die GPZ, derer 111 besitzt die Trophy, und gar 117 PS ermitttelten wir für die Band Horizont, die samt serienmäßigen Koffersystems 17990 Mark kostet und hofft, der Käufer fühle sich im preislichen Mittelfeld letztlich am wohlsten. Und da ist die Suzuki Bandit S 1200, ein rollendes Sonderangebot, das leise Zweifel aufkeimen läßt, ob bei einem derartigen Einstandspreis von nur 15190 Mark alles mit rechten Dingen zugehen kann. Vorab gesagt: Bei diesen Tourern geht gar nichts mit rechten Dingen zu, zumindest was die Leistungsangaben ihrer Hersteller anbelangt. Offiziell alle auf 98 PS gedrosselt, legte die GPZ auf dem Leistungsprüfstand muntere 106 PS vor, die Trophy trumpfte mit 111 Pferden auf, und bei der Bandit schwang sich das Aufzeichnungsgerät gar bis 117 PS empor – Toleranz hin oder her, mit Serienstreuung D 32 Motorradvergleichstest haben diese Meßwerte nichts zu tun, und sie erschweren einenVergleich der Fahrleistungen. Für die Power sorgen bei allen drei Maschinen Reihenvierzylinder, die unisono per Der Brecher: 285 Kilogramm bringt die Trophy auf die Waage Der Verbrecher: Die Szuki hat banditenmäßige 117 PS zwei obenliegender Nockenwellen jeweils vier Ventile pro Brennraum betätigen. Für In Sachen Laufeigenschaften sowie Sitzkomfort für Fahrer und Sozia hat die Triumph Trophy 1200 die Lampe vorn jederzeit gesunde Betriebstemperaturen setzen Kawasaki und Triumph auf Flüssigkeit, die Suzuki vertraut auf eine Kombikühlung von Fahrtwind und Öl – was sich selbst in reinrassigen Sportlern bewährt hat, sollte für einen Tourer allemal genügen. Daß die Motoren nicht nur das Kapitel Thermik unterschiedlich interpretieren, wird deutlich, sobald die Triebwerke den Startbefehl erhalten. Die GPZ 1100 nimmt dumpf grummelnd die Arbeit auf, bei kurzen Gasstößen wandelt sich dies zu einem heiseren Fauchen – ein angenehmer, nicht Der Traditionsbrecher: Auch Kawasaki kann Tourer bauen Auch bei der ersten Sitzprobe hat wiederum der Triumphfahrer das eindringlichste Erlebnis. Die Knie finden perfekten Schluß am 25-Liter-Tank, die Fußrasten trifft man blind, der breite Lenker vermittelt Sicherheit und läßt dunkle Gedanken verfliegen, die sich angesichts der massigen Front auftun. Ganz anders die Bandit: Geradezu zierlich wirkt die Suzuki, alles ist schmaler und übersichtlicher, aber auch enger geraten als bei der Trophy, der Winkel für die Knie ist kleiner, der Fahrer sitzt weiter vorn Richtig zur Geltung kommen die unterschiedlichen Charaktere der Dampfer erst, wenn die Räder rollen. In der Stadt gibt es keine zwei Meinungen: Dort führt die Bandit 1200 das Feld an. Wenn die Fahrer auf GPZ und Trophy im dichten Verkehr schon erste Ermüdungserscheinungen zeigen, schiebt der Bandit-Treiber noch voller Lust durchs Gewühl. Kürzester Radstand und steilster Lenkkopfwinkel des Testtrios machen sich hier bezahlt, und auch die kompakte Sitzposition trägt ihr Scherflein zu aggressiver Sound, den man in vollen Zügen genießen kann, denn der Motor Auf der Landstraße fährt die Bandit den Konkurrentinnen um die Ohren GPZ und Trophy haben das Nachsehen dreht auch bei voll gezogenem Choke nicht in ungesund hohe Regionen – eine Unsitte, die Kawasakifahrern älterer Modelle wohlbekannt ist. Ähnlich gut kann es die Bandit 1200, deren mechanische Geräuschkulisse ebenfalls daran erinnert, daß sich in einem Verbrennungsmotor jede Menge bewegter Teile verbergen. Der Motor ist augenblikklich da und kann sofort gefahren werden, Chokeunterstützung ist nur für wenige hundert Meter nötig. Den souveränsten Eindruck hinterläßt jedoch die Trophy 1200; dem mächtigen Motor mit 65 Millimeter Hub (Bandit: 59 mm; GPZ: 58 mm) vermögen selbst Temperaturen unter dem Gefrierpunkt kaum etwas von seinem geschmeidigen, charaktervollen Lauf zu nehmen, die Gasannahme ist vorbildlich. Das Kurvenverhalten der Trophy ist neutral. Scheu vor dem hohen Gewicht ist unnötig auf dem Motorrad, muß sich aber trotzdem mit leicht gebeugtem Oberkörper nach den Lenkerenden strecken. Die GPZ bietet in diesem Punkt gesundes Mittelmaß: Die Horizont hat nicht die hohen Komfortansprüche wie die Triumph, aber die breite Sitzmulde, die ebensolche Verkleidungssscheibe und die gute Integration des Fahrers in das Motorrad lassen keine Zweifel aufkommen, daß Kawa bemüht war, einen Kilometerfresser auf die Räder zu stellen. zum quirligen Handling bei. Bei GPZ und Trophy geht es etwas gesetzter zur Sache: Die Geometrien sind für guten Geradeauslauf ausgelegt, der Stadtverkehr liegt speziell der Trophy nicht sonderlich. ((4))Die Triumph nervt ihren Fahrer beim Rangieren durch einen viel zu geringen Lenkeinschlag, und wer die Britin beim Stopp auf den Seitenständer gestellt hat, braucht eine trainierte Armmuskulatur: Das Bauteil ist zu kurz geraten, die Trophy steht sehr schräg und muß mit enormem In Schräglage nimmt sich die Trophy zur Bandit aus wie ein Krabbenkutter zu einem Windsurfer vor Hawaii Leichten Fußes schwenkt die Bandit hin und her, sie ist ein echter Kurvenräuber Krafteinsatz in die Senkrechte gewuchtet werden. Bei sehr langsamer Fahrt macht sich zudem der hohe Schwerpunkt der Trophy bemerkbar, und die Kupplungshand schmerzt wegen der benötigten Kraft bereits nach kurzer Zeit – darüber kann auch der einstellbare Handhebel nicht hinwegtrösten. Positiv zu vermerken ist die aufrechte Sitzposition der Triumph, die Motorradvergleichstest 33 gute Übersicht ermöglicht und keine Verspannungen beim Fahrer verursacht. Die GPZ 1100 ersetzt die Anmeldung beim Fit- Die GPZ muß mit Zug auf Kurs gehalten werden. Wer’s raus hat, ist flott unterwegs neßstudio nicht, aber Stop-and-go-Verkehr ist auch ihre Sache nicht. Die Kupplung ist zwar leichtgängig und ihr Hebel – wie jener der Vorderbremse – vierfach einstellbar, aber trotzdem wächst auf der Kawa bald der Wunsch, möglichst den schnellsten Weg aus der Stadt unter die Räder zu nehmen. Wenn GPZ und Trophy dem Moloch endlich entflohen sind, ist der Suzuki-Treiber bereits auf und davon. Wie sich die Bandit über kurvige Landstraßen treiben läßt, ist unter den Big Bikes eine Klasse für sich. Sie schleppt etliche Pfunde weniger mit sich herum als die schwergewichtige Konkurrenz, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Motor-Rad ohne Die Trophy bietet Sitzkomfort pur, die GPZ gutes Mittelmaß, die Bandit bekommt Abzüge in der Marathonwertung aber aus wie ein Krabbenkutter zu einem Windsurfer vor Hawaii: Der hohe Schwerpunkt vereitelt rasante Schräglagenwechsel, enge Serpentinen müssen mit Bedacht Kawa will mit Zug auf Kurs gehalten werden, und wer zu schnell oder zu langsam in die Kurven hineingestochen ist und korrigieren muß, fährt ebenfalls einen ziemlichen Stiefel zusammen. Allerdings gewöhnt man sich schnell an die Besonderheiten der GPZ, und dann läßt sich die Horizont recht flott bewegen – für die eher genußbetonte Klientel der Tourenfahrer allemal schnell genug. Auf der Autobahn macht die Triumph die beste Figur. Hier zahlt sich die üppige Verkleidung aus, die entspanntes Dahingleiten auch bei hohen Geschwindigkeiten ermöglicht. Die GPZ verdient ebenfalls gute Noten, denn der Fahrer genießt hinter der breiten Scheibe ebenfalls guten Windschutz, ohne sich zusammenfalten zu müssen. Um eben dieses kommt der Suzuki-Treiber nicht herum: Soll es wirklich schnell gehen, kann die schmale BanditVerkleidung, die auf der Landstraße bei aufrecht sitzendem Fahrer gute Dienste leistet, den Bauteilen von Trophy und GPZ nicht das Wasser reichen. Die gleiche Rangverteilung gilt für den Soziusbetrieb: Komfort pur auf der Trophy, guter Sitz auf der GPZ, Abzüge bei der Bandit. Unterm Strich gibt es zwischen Bandit und GPZ ein Kopf-an-Kopf-Rennen, aber Tourenfahrer dürften mit der GPZ 1100 besser bedient sein. Sie ist das ausgewogenere Tourenmotorrad, bietet guten Komfort und überläßt verschärfte Kurvenhatz den anderen – etwa der Bandit. Die überzeugt durch Triumh Trophy 1200 Suzuki Bandit S 1200 KawasakiGPZ 1100 Horizont Meßwerte Höchstgeschwindigkeit Beschleunigung 0-100 km/h Elastizität 60-100 km/h Elastizität 80-120 km/h Ø Verbrauch je 100 km Leergewicht/Zuladung 224 km/h 3,2s 4,0s 4,2s 7,8 Liter Super bleifrei 284/192 kg 221 km/h 3,0s 4,4s 4,0s 6,1 Liter Normal 236/214 kg 233 km/h 3,3s 5,7s 4,8s 6,8 Liter Normal 268/182 kg Preise Listenpreis ink. NK Haftplichtversicherung Kraftfahrzeugsteuer 21815,- DM 442,90 DM bei 100 % 172,80 DM 15190,- DM 442,90 DM bei 100 % 172,80 DM 17990,- DM 442,90 DM bei 100 % 154,80 DM Wohlstandsspeck und kann offenbar Gedanken lesen: geringer Zug am Lenker, und die Bandit kippt sauber in die gewünschte Schräglage, per ,,Popometer” läßt sich die Suzuki sicher und zielgenau dirigieren. Der Blasebalg besitzt zudem eine sehr spontane Gasannahme so wie unbändige Drehfreude. Und die gemesse- 34 nen Durchzugswerte sind phänomenal: In nur vier Sekunden zieht die Bandit im letzten Gang von 80 bis 120 km/h, die GPZ braucht für diese Übung trotz der kürzesten Übersetzung 4,8 Sekunden, ihr macht der im Vergleich geringere Hub zu schaffen, zudem verträgt das auf Spitzenleistung ausgelegte Kawa-Triebwerk die Drosselung nicht sonderlich. Die Trophy benötigt für den Spurt von 80 auf 120 Sachen bei gleicher Übersetzung wie die Bandit 4,2 Sekunden. Diese Zahlen muß man allerdings relativieren: Die 117 PS unserer TestSuzuki verzerren die Werte erheblich. Sollten die drei Motorräder mit gleicher Leistung an den Start gehen, dürfte die Bandit diese Übungen nicht derart souverän für sich entscheiden. Auf der anderen Seite kommt man nicht umhin, ihr das mit Abstand handlichste Fahrwerk zu attestieren. Die Trophy 1200 ist ebenfalls kurvenneutral, nimmt sich in Schräglagen zur Bandit Motorradvergleichstest angefahren werden, will man nicht mit Hüftschwung ums Eck taumeln. Erst auf gut ausgebauten Landstraßen offenbart die Trophy ihre Qualitäten, fahrerischem Ehrgeiz auf zweitklassigen Sträßchen erteilt sie jedoch eine Absage. Die GPZ 1100 reicht ebenfalls nicht an das spielerische Handling der Bandit heran. Die enorme Handlichkeit, läßt ein schlüssiges Konzept für die Reisefraktion allerdings vermissen. Die Trophy hat hier das Nachsehen, obwohl sie das Charakter-Bike des Trios darstellt. Zu hohem Verbrauch und hohem Schwerpunkt gesellt sich ein hoher Preis, der auch durch die mit Abstand beste Verarbeitung kaum gerechtfertigt scheint.
© Copyright 2024 ExpyDoc