Nr. 2/ 2015
Magazin für Eltern, Angehörige
und Betroffene von Suchtkranken
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INHALT
4
10-12
17
ACT-Selbsthilfegruppe
Man gönnt sich ja sonst nichts
Was oline gilt, gilt auch online
Ein Lernprozess für ein reiches und
erfülltes Leben trotz Schmerz und Leid.
Essen und Sucht oder umgekehrt.
PerSpektiven war beim SOBZ Luzern
zu Gast und redete mit Beat Waldis
und Edith Weibel Arnold.
Einfach Gesetze umgehen, das Internet
macht es möglich.
Neues Informationsangebot
Erweiterung der ada-zh Website.
5
Angehörige stärken
Angehörige von Suchtkranken erleben
ot grosse Belastungssituationen.
Pilotprojekt: SafeZone
Ein Online-Portal zu Suchtfragen
des BAG.
6
Auf ein Wort
18–19
Sabine & Markus Plüss, EVDAJ Aargau,
beantworten Fragen von Sylvia Herr.
Brunau-Stitung Zürich
13
Durch Berufslehre zur Integration.
Alkohol und Krebs
Unbekannte Zusammenhänge zu
einem Dauerthema.
14
Wenn gesund essen krank macht
7
Orthorexie, eine neue «Essstörung»
auf dem Vormarsch. Durch richtige
Ernährung wieder Boden unter den
Füssen erlangen.
Hilfe existiert auch in Ihrer Region
28. DV des VEVDAJ in Luzern.
20–21
15
Sechs Teelöfel Zucker pro Tag
8
Hemmt Kokain das Hungergefühl?
Die Psychologin gibt Auskunt.
Um Zähne und Figur zu schonen,
sollte Zucker nur spärlich zum Einsatz
kommen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
bringt Erfolg
Gespräch mit Dr. Urs Germann.
22–24
Vom Platzspitz zum Leten
9
Zürcher Stadtführung der besonderen Art.
Die Cannabis-Erlebnisse des
Beat Schlater
25
Jugendliche und Cannabis
Erfahrungen des bekannten
Kabaretisten mit der Droge.
Wie jugendliche «Cannabis-Sünder»
den Umgang mit Polizei und
Jugendanwaltschat erleben.
26
Neu in unserer Bibliothek:
16
Sotdrinks – Dickmacher?
Die Sotdrink-Industrie wehrt
sich gegen «Bevormundung» des
Konsumenten.
2
- Wer dem Glück hinterher rennt,
läut daran vorbei.
- Selbstverliebt – aber richtig.
- Bis hierher und nicht weiter.
- 5 Dinge, die Sterbende am meisten
bereuen.
EDITORIAL
7 BIERE UND DANN NOCH
ETWAS ESSEN…
an Kalorien zu sich; Bier enthält zwar
Kalium, Calcium und Magnesium, aber
keine Vitamine. Das ist auch mit ein
Grund, weshalb unter anderem beim
Alkoholentzug Vitamine zum Einsatz
kommen.
Eine reife Leistung, denkt man. Nach
sieben Bieren wäre mein Magen so
proppenvoll, dass kaum noch ein Erdnüsschen hinuntergehen würde.
Aber so sieht leider der Alltag eines
alkoholkranken Menschen aus, eines
Menschen wie Du und Ich.
Nach sieben Bieren ist der Nahrungsbedarf eines Alkoholkranken nämlich
bereits gedeckt. Er ist satt. Was ihm
aber fehlt – und das ist alarmierend
und erschreckend – er hat mit dieser
«Essenszufuhr» weder Vitamine noch
lebenswichtige Spurenelemente zu sich
genommen:
Alkohol ist eine psychoaktive Substanz,
welche die Wahrnehmung verändert.
Mal wird zu wenig wahrgenommen,
mal zu viel. Schlimm bei Alkoholikern
kann die Verwahrlosung, eine veränderte Ernährungsgewohnheit sowie der
einhergehende Vitaminmangel sein.
Zum Beispiel Bier: Bei 7 Flaschen à 70 cl
nimmt man zwar einen Tagesbedarf
Weitere Gründe für ein gestörtes und
ungesundes Essverhalten gibt es viele:
• zu wenig Bewegung:
Gemäss den neuesten Angaben der
Schweizerischen Gesundheitsbefragung
(SGB) sind 41% der Schweizer Wohnbevölkerung ab 15 Jahren übergewichtig
oder adipös. Die Zunahme in den letzten
20 Jahren ist dramatisch.
• Geringer Früchte- und
Gemüsekonsum:
11% der Schweizer Bevölkerung erfüllen
die Empfehlungen von täglich mindestens fünf Portionen Früchte und
Gemüse nicht.
• Erhöhtes Risiko für nichtübertragbare Krankheiten:
Übergewicht und Adipositas sind zentrale Risikofaktoren, die nicht übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus
Gratisberatung und Auskunft
Auch dieses Jahr bietet ada-zh ihren Mitgliedern die Möglichkeit einer kostenlosen
Beratung an. Nach telefonischer Anmeldung oder Reservation per E-Mail stehen
die beiden Psychotherapeuten, Monika Ambauen und Andreas Spohn, für ein vertrauliches Gespräch zur Verfügung. Möchten Sie, ohne ein dringendes Problem, zum
Beispiel eine Standortbestimmung, eine Auffrischung Ihrer persönlichen Lebensplanung oder eine Auskunft über psychologische Hintergründe von Verhaltensmustern bei Suchterkrankten oder sich neutral beraten lassen, so sind Sie in der ada-zh
herzlich willkommen.
Reservieren Sie sich einen Termin:
044 384 80 15 oder mailen Sie uns: [email protected]
Typ 2, Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin und einige Krebsarten auslösen
bzw. begünstigen.
Nicht selten sind Süchte Auslöser für
eine ungesunde Ernährung: Spielsüchtige
bewegen sich kaum mehr, bei anderen
Suchtmitteln steht die Befriedigung der
Sucht im Mittelpunkt.
Wir alle tragen die Sucht in uns.
Gemäss einer Studie der WHO sind etwa
95% der Weltbevölkerung suchtmittelgefährdet. Die einen können besser damit umgehen, andere weniger gut.
Was wir brauchen, ist Verständnis und
Offenheit gegenüber Süchtigen. Wegschauen, stigmatisieren und verurteilen
hilft niemandem, wohl aber Verständnis
gegenüber Süchtigen und den davon
betroffenen Mitmenschen.
Und Sie?
Ich mag Ihnen Ihr Gläschen oder Ihre
Zigarre herzlich gönnen (man gönnt sich
ja sonst nie etwas, wobei wir wieder
beim Thema sind.)
Jetzt deckt uns die Natur mit frischem
Gemüse, Obst und Beeren ein. Gesundes
Schlemmen ist angesagt. Und wenn der
Tupfer Rahm auf dem Dessert zu ergiebig ausgefallen sein sollte: Bewegung an
der frischen Luft tut immer gut. Gönnen
Sie Ihrem Körper täglich Bewegung. Er
wird es Ihnen danken.
Ich wünsche Ihnen eine genussreiche
Saison.
Erwin Sommer
Redaktor
3
ADA-ZH
ANGEHÖRIGE STÄRKEN
Neu im Herbst: Themenabende der ada-zh
Angehörige, die einer Suchterkrankung
in der Familie oder im Freundeskreis
ausgesetzt sind, erleben immer wieder
grosse Belastungssituationen, in welchen sie sich auf einer Gratwanderung
zwischen Helfen-wollen und Sich-Abgrenzen befinden.
In den drei Themenabenden soll die
Stärkung der Angehörigen im Vordergrund stehen. Dabei begeben wir uns
gemeinsam auf diese Gratwanderung und
behandeln typische Themen und Situationen von Angehörigen. Der fachliche
Input soll dazu anregen, sich auf eine
andere bzw. auf eine neue Art und Weise
sich selbst und der Suchterkrankung des
Nahestehenden zu begegnen. Auch werden Angehörige an diesen drei Abenden
hilfreiche und wirksame Bewältigungsstrategien kennen lernen.
Am ersten Themenabend widmen wir
uns der Nähe-Distanz-Regulation, die
durch eine Suchterkrankung aus dem
Gleichgewicht geraten kann. Ziel ist es,
Faktoren für eine bessere Balance in der
belasteten Beziehung zu erfahren. Am
zweiten Abend wird das Thema Schuldund Schamgefühle, die viele Angehörige
hegen, näher beleuchtet. Wiederum kann
der fachliche Input dabei helfen, diese
abzubauen und deren Funktion zu verstehen. Am dritten Abend wird der Umgang
mit Stresssituationen betrachtet und hinterfragt. Im Fokus steht das Erlernen von
geeigneten Strategien zur individuellen
Stressbewältigung.
1. Abend: Nähe-Distanz-Regulation
Mi, 16.09.2015, 18.30 bis 20 Uhr
2. Abend: Schuld- und Schamgefühle
Mi, 21.10.2015, 18.30 bis 20 Uhr
3. Abend: Individuelles Stressmanagement Mi, 25.11.2015, 18.30 bis 20 Uhr
Anmeldung: Die Abende können einzeln
(Fr. 40.–) oder kombiniert (alle drei Abende: Fr. 100.–) gebucht werden. Anmeldung
bitte spätestens bis Mi, 9.9.2015 (max.
Teilnehmerzahl 14) an:
ada-zh, Seefeldstrasse 128, Zürich (Telefon: 044 384 80 10 oder [email protected])
Leitung:
Petra Gerwig (Psychologin lic.phil.) und
Monika Ambauen, ada-zh
(Psychologin lic.phil.)
>MA
PILOTPROJEKT: «SAFEZONE»
Ein Online-Portal zu Suchtfragen des Bundesamtes für Gesundheit
Die Schwelle zum Aufsuchen einer
Beratungsstelle kann für Konsumierende und Angehörige sehr hoch sein.
«SafeZone» ist ein Pilotprojekt des
Bundesamts für Gesundheit in Kooperation mit Kantonen und Suchtfachstellen.
«SafeZone» bietet Beratungen durch
qualifizierte Fachpersonen aus den Bereichen Prävention, Therapie, Schadensminderung und Selbsthilfe kostenlos
und anonym an.
Auch die Experten von ada-zh, der
Angehörigenberatung Umfeld Sucht,
sind kompetente Ansprechpartner auf
«SafeZone». Der Dachverband Eltern- &
Angehörigenvereinigungen im Umfeld
Sucht, VEVDAJ, ist Mitglied im fachlichen
Beirat von «SafeZone».
Fachpersonen, die auf «SafeZone» Online-Beratungen durchführen, müssen
eine Ausbildung in Psychologie, Sozialer
Arbeit oder eine gleichwertige Ausbildung sowie mehrjährige Erfahrung in der
Suchtberatung nachweisen.
Die Qualitätssicherung von «SafeZone»
umfasst vier Säulen: Eine mehrtägige
Grundausbildung zu Internet gestützter
Beratung, und anschliessende Begleitung
der Online-Beratungen durch MentorInnen, Online-Intervision, Supervision und
Begleitforschung. Aus den Ergebnissen
dieser Begleitforschung konnten erste
verbindliche Qualitätsstandards für
Online-Suchtberatung hergeleitet werden.
Bei rund einem Drittel aller Anfragen
ging es bisher um Cannabis-, bei einem
Viertel um Alkoholkonsum. Ein Sechstel
aller Anfragen betraf Partydrogen wie
Amphetamine, Ecstasy und Halluzinogene. Jeweils rund 10 Prozent der Anfragen
betrafen Medikamente, Heroin und Verhaltenssüchte wie Online- oder Sexsucht.
Die Ausweitung von professionellen
Suchthilfeangeboten ins Internet eröffnet
einen verbesserten Zugang zum Suchthilfesystem und so auch zur besseren
Erreichung unbehandelter Suchtbetroffener. Gerade in von der Gesellschaft oft
tabuisierten Bereichen nehmen sowohl
Betroffene als auch Angehörige eine
mediale Hilfe leichter in Anspruch, da sie
sich nicht mit persönlichen Daten «outen»
müssen und so keine Stigmatisierung zu
befürchten haben. Die Mailberatung läuft
über ein verschlüsseltes Mailingsystem.
Auf www.safezone.ch finden alle Hilfesuchenden unter den Optionen «Offene
Sprechstunde», «Mail-Beratung», «Forum», «Chat», «Selbsttests» und «Hilfe
vor Ort» die für sie und ihre Situation
richtigen Ansprechpartner oder können
sich mit anderen Usern oder Fachpersonen anonym austauschen. Im Forum
können User auch selbst Themen eröffnen
und Beiträge posten.
>SH
5
VEVDAJ
Auf EIN WoRT
Sabine und Markus Plüss, EVDAJ Aargau.
PerSpektiven hat mit dem Sektionsleiter
des EVDAJ Aargau, Markus Plüss, und
seiner Frau Sabine Plüss, Gruppenleiterin, gesprochen. Markus Plüss ist hauptberulich als Kundenberater tätig, seine
Frau ist Plegefachfrau.
Sabine und Markus Plüss
P: Sie engagieren sich beide im Verein
EVDAJ Aargau. Wie sind Sie dazu gekommen?
S+MP: Die Gruppe hat uns in unseren
schwierigen Momenten geholfen, den Mut
und die Zuversicht nicht zu verlieren. Wir
konnten die Drogensucht unseres Sohnes
zwar nicht «besiegen», jedoch haben wir
gelernt, mit dieser Situation besser umzugehen, uns abzugrenzen und unser Leben
wieder positiv zu gestalten. Mit unserem
Engagement möchten wir anderen Betroffenen ebenso diese Gelegenheit geben.
P: Jeden ersten Montag im Monat trit
sich die Selbsthilfe-Gruppe EVDAJ Aargau
im Beratungszentrum «Jugend / Sucht /
Prävention» in Baden. Was sind die Ziele
dieser Trefen?
MP: Die Trefen sollen den Angehörigen die
Möglichkeit geben, über ihre Situationen,
über ihre Ängste und Sorgen zu berichten
und dadurch neue Zuversicht zu schöpfen.
SP: Mir ist seit ungefähr acht Jahren der
Austausch mit anderen betrofenen Angehörigen sehr wichtig. Das hilt mir persönlich weiter. Ich habe gelernt, mich abzugrenzen und mit der «Warum-Frage»
6
besser umzugehen. Mir geht es heute besser
und vielleicht können meine langjährigen
Erfahrungen Anderen heute weiterhelfen.
P: Geleitet wird die Gruppe von Ihnen,
Frau Plüss, vertretungsweise von Verena
Wahlen und Iris Knuchel. Sie haben es
hier mit den Eltern und anderen Angehörigen suchtkranker Kinder zu tun, die
sich ot auch einreden, erzieherisch versagt zu haben. Reagieren Müter und Väter unterschiedlich auf das Suchtproblem
ihres Kindes?
SP: Ich für mich stelle fest, dass Müter/
Frauen eher emotional mit dem Thema
umgehen und dazu neigen, die Sucht des
Kindes als eigenes Versagen anzusehen.
Auch ich stelle mir die Frage immer wieder,
was habe ich falsch gemacht, wieso konsumiert mein Kind trotz aller Bemühungen
und Zuwendungen weiter? Mein Mann hat
eher erkannt, dass wir lernen müssen, uns
abzugrenzen, da wir sonst zu Gehilfen der
Sucht werden. Hinzu kommt, dass es wohl
eher die Väter sind, die sich mit Themen
wie Verwandtenunterstützung, Sozialhilfe,
Behördengängen usw. auseinandersetzen
und schauen, dass auch unsere suchtkranken Kinder/Angehörigen zu ihrem Recht
kommen. Bei diesen leidigen Dingen, hilt
wohl eher rationales Denken.
P: Auch wenn es weh tut, bleibt doch otmals nur der Entzug der inanziellen Unterstützung oder eine Kontaktpause, um
dem Kind vor Augen zu führen, dass es
nicht nur sich, sondern auch Andere kaput macht. Halten Sie dies für sinnvoll
oder treibt man damit Drogenabhängige
in die Beschafungskriminalität? Was ist
die Alternative?
S+MP: Das ist eine ganz heikle Frage, die
sich nicht pauschal beantworten lässt. Da
können wir nur für uns sprechen. Vor Jahren haben wir unseren älteren Sohn von
zuhause weggeschickt. Dieser Massnahme
ging ein ganz langer Prozess voraus, der
fast drei Jahre gedauert hat. Das «vor die
Türe setzen» ist das Eine. Ganz wichtig für
uns war, auch die eventuellen Konsequenzen (Suizid, Überdosis, Gefängnis, keinen
Kontakt) gemeinsam tragen zu können. Retrospektiv betrachtet, war dieser drastische
Schrit für uns als Familie der Richtige. Die
Distanz hilt uns bis heute, einen mehr oder
weniger gelassenen Umgang mit unserem
suchtkranken Sohn zu haben. Dies ist natürlich kein Patentrezept und zur Drogenfreiheit hat es auch nicht geführt.
P: Wenn ein suchtkranker Mensch von
sich aus die Therapie will, wie sieht dieser
Weg aus? So einfach wie «ab morgen nehme ich nichts mehr» ist das ja nicht.
S+MP: Aus unserer Sicht muss der Drogenkranke den Entzug unbedingt selbst wollen. Wenn er diesen den Eltern oder andern
Personen zuliebe macht oder von diesen
sogar unter Druck gesetzt wird, wird der
Entzug höchstwahrscheinlich scheitern.
Hat der Suchtkranke den Entschluss für
einen Ausstieg gefasst, gibt es viele Institutionen, welche ihm beim Entzug und später beim Einstieg in ein drogenfreies Leben
helfen, sofern die Behörden bei der Finanzierung mithelfen. Die meisten brauchen
mehr als einen Anlauf. Einige schafen den
Ausstieg, viele nicht. Dies ist jedoch ein anderes, schwieriges Thema.
P: Welchen Schlusssatz möchten Sie Eltern drogenabhängiger Jugendlicher gerne ins Aufgabenhet schreiben?
S+MP:
Nicht mit den Gedanken in der Vergangenheit oder Zukunt verweilen, sondern
versuchen, das Leben trotz schwerem
Rucksack zu geniessen und nicht dem
Süchtigen anzupassen. Wir sind weder für
die Krankheit noch für einen Rückfall verantwortlich. Ein Mitglied unserer Gruppe
sagt immer:
Heute ist heute, was morgen ist,
schauen wir dann!
Und trotz allem, die Hofnung nicht aufgeben!
Die Fragen stellte Sylvia Herr
>SH
VEVDAJ
HILfE EXISTIERT AuCH IN IHRER REgIoN
28. Delegiertenversammlung des VEVDAJ in Luzern
Aubau weiterer Regionalgruppen
Die diesjährige Delegiertenversammlung
des VEVDAJ wurde gut besucht. Dies lag
sicher nicht am Weter, denn eine Reise
nach Luzern muss man ja planen, aber
auch nicht am Rahmenprogramm (ausser
einem eindrücklichen Videoi lm über die
Gassenarbeit in Luzern gab es ein Jahr
vor dem Jubiläum keines).
Aber der Schreiber dieses Beitrages verspürte den Wunsch vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmern, anderen Betroffenen zu kommunizieren, dass sie nicht
alleine sind, und dass Hilfe existiert,
auch in ihrer Region. So war der Aubau
weiterer Regionalgruppen, vor allem in
der Ostschweiz, ein Haupt-Thema der
Versammlung.
Kurs- und Schulungsangebote
ausgebaut.
Der VEVDAJ bietet seinen regionalen
Selbsthilfegruppen neu die Durchführung der CRAFT- Seminare an.
Erste Seminare inden ab 8. Juni in den
Regionen Bern und Aarau/Olten stat.
Die lokale Organisation (Saal, Öfentlichkeitsarbeit) muss durch die regionalen
Gruppen erfolgen, koordiniert durch das
Sekretariat des VEVDAJ. Dieses klärt die
Verfügbarkeit der kursleitenden Psychologen ab und stellt die gewünschten Flyer
zur Verfügung. Anlaufstelle ist Manuela
Lisibach, 044 384 80 18.
Neue Bezeichnung für VEVDAJ.
Das Umfeld im Bereich Sucht wandelt
sich stark, praktisch täglich. Der Vorstand schlägt deshalb den Mitgliedern
vor, den Zusatz zum Logo entsprechend
zu aktualisieren. Neu lautet er
DACHVERBAND ELTERN- & ANGEHÖRIGENVEREINIGUNGEN IM UMFELD SUCHT
Dieser Vorschlag wurde von den Teilnehmenden einstimmig gutgeheissen.
Verbandsgeschäte.
Die Jahresrechnung 2014, die gegenüber dem Vorjahr, trotz der Kürzung der
Unterstützungsbeiträge vom BAG, mit
einem kleinen Gewinn abschloss, wurde
einstimmig genehmigt und dem Vorstand Décharge erteilt.
Ausblick 2015/16
Der Verband betreibt weiterhin aktive
Lobby-Arbeit. Der Vorstand soll wieder
auf seine statuarische Zahl von 7 Mitglieder erhöht werden. Deshalb schlägt er
vor, die Sektionsleitenden der Regionen
Aargau, Bern, Luzern und Zürich bis
zur nächsten DV als Beisitzende in den
Vorstand aufzunehmen.
Im Weiteren sind dieses Jahr noch zwei
Vorstandssitzungen, drei Sitzungen im
NAS-Plenum (Nationale Arbeitsgemeinschat Sucht) und weitere Zusammenkünte zur Vorbereitung der grossen
Jubiläumsveranstaltung im Oktober 2016
geplant.
Mit einem kleinen Präsent und anhaltendem Applaus wurde das langjährige
Revisorenteam, Jenny Labhart und Urs
Blöchlinger, verabschiedet. Neu gewählt
wurde an ihrer Stelle eine externe Treuhandirma aus Zürich.
Ebenfalls bewilligt wurden das Jahresprogramm und das Budget 2015. Unter
Varia gab Hansjörg Mäder einen Zwischenbericht über das Projekt «Aschenputel»: wo stehen wir heute, was ist
weiterhin geplant, wie sind die Finanzen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
setzen sich aktiv mit der Zukunt des VEVDAJ
und ihrem Engagement für Betrofene
CRAfT
Damit Ihr Einluss zu Hause motivierend wirkt!
CRAFT ist ein in den USA seit 20 Jahren etabliertes Programm für die Arbeit mit
Angehörigen von suchterkrankten Menschen. Die Angehörigen lernen, wie man
systematisch Einluss auf das Suchtverhalten ausüben kann und den Betrofenen
motiviert, eine Behandlung zu beginnen. Es setzt methodisch ganz auf natürliche
Reaktionsweisen und bewirkt eine neu Freude an gemeinsamen Erlebnissen.
Mit CRAFT erreicht man, dass Suchterkrankte Hilfe suchen, um auch die Angehörigen zu entlasten.
auseinander.
Nationaler Gedenktag für die Drogenopfer vom 4. Februar 2016.
Die Gruppen werden aufgefordert, sich
aktiv daran zu beteiligen und eine wirklich schöne Feier zu organisieren.
Gassenarbeit Luzern.
Im Anschluss an die Versammlung
wurde das eindrückliche Video über die
Gassenarbeit in Luzern gezeigt. Dieses
Video kann bestellt werden unter
www.gassenarbeit.ch
>ES
7
ErnährunG
Wie «nass» ist unsere «Umwelt»?
Wir sind täglich vom Alkohol umgeben,
wichtig dabei ist die relative Trinkmenge. So gibt es auch die verschiedensten
«Trinktypen»:
- der Wochenend-Trinker
- der chronische Trinker
- der Rausch-Trinker usw.
Gemäss einer Studie von Sucht Schweiz
haben 22% der Schweizer Bevölkerung
phasenweise einen übermässigen Alkoholkonsum, das sind etwa 1,5 Mio. Menschen.
Das Feierabend-Bier.
Wie rasch Genuss zur Sucht werden kann,
zeigt folgendes Beispiel:
Es gibt ein Bier, das noch besser schmeckt
als alle anderen: das Feierabend-Bier. Dafür musste aber der Feierabend erst noch
erfunden werden. Zu dieser Entwicklung
beigetragen hat das Schweizer Fabrikgesetz, das 1877 erlassen wurde. Es brachte
unter anderem den 11-Stunden-Tag usw.
Zum ersten Mal haten die Arbeiter ein
geregeltes Arbeitsende und konnten dann
mit gutem Gewissen ein Feierabend-Bier
geniessen. Wenn es dann bei einem bleibt…
Alkohol kann nicht nur die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz, sondern auch das
Essverhalten verändern. Oder Alkohol
wird mein Begleiter im Alltag «Ich leiste
nur etwas, wenn Alkohol dabei ist». Alkohol kann auch den Appetit anregen: mit
einem Apéro, wenn es nicht zu viele davon
werden… So ist es kaum verwunderlich,
das Markus S. (Alkoholkrank, 32) nach
7 Flaschen Bier noch etwas essen muss.
In welcher Form bleibt dahingestellt.
Vernetzung ist wichtig.
Das SoBZ Luzern arbeitet nicht isoliert im
stillen Kämmerlein vor sich hin. Grossen
Wert wird auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit weiteren Fachleuten,
Ärzten, Kliniken und anderen Institutionen gelegt.
Erstkontakt durch Angehörige.
Nicht immer sind es Abhängige, die den
Kontakt zur Beratungsstelle suchen, meist
12
Der Körper gleicht einem
Mobile – es ist empfohlen,
dass Gleichgewicht zu halten.
sind es Angehörige oder andere Betrofene.
In einem zweiten Schrit können die Abhängigen mit eingebunden und für neue
Lösungsprozesse motiviert werden. Suchtkranke verdrängen meist, dass sie süchtig
sind. Darum ist es besonders wichtig, dass
Angehörige den ersten Schrit machen.
Aufruf an die Angehörigen:
- Überdenken Sie die Situation
- Treten Sie heraus, suchen Sie Hilfe
- Bewegen Sie etwas!
- Sie können etwas auslösen!
Wenn Ihr Verhalten sich ändert,
hat es Auswirkungen! Es ist
immer etwas veränderbar!
Psychoaktive Substanzen.
Das SoBZ berät auch Menschen im Umfeld
der psychoaktiven Substanzen. Festgestellt
wird, dass häuig ein Mischkonsum vorliegt, wie zum Beispiel Alkohol und Medikamente. Für Lösungsindungen kann
auch das Angebot von «Peer-Gruppen»*
hilfreich sein, Hilfe auf Augenhöhe.
Mein Körper hat Vertragsbedingungen.
Jeder Mensch hat mit seinem Körper einen
Vertrag abgeschlossen. Wird der nicht eingehalten, so meldet er sich: Durch Hunger,
Durst oder andere Merkmale. Wenn ich
Quelle: imgkid.com
also meine Verplichtungen gegenüber
meinem Körper nicht einhalte, so rebelliert
er. Zu Recht.
Die Spirale dreht sich weiter.
Zum Abschluss des Gespräches kommen
wir ins Philosophieren. Wie geht das weiter?
Beat Waldis hat eine eher herausfordernde
Prognose: Die Ansprüche der Leistungsgesellschat werden immer mehr zunehmen. Die Freiräume werden immer kleiner
und kürzer. Ständige Erreichbarkeit, auch
am Wochenende und in den Ferien, Leistungsdruck. Die Ansprüche an’s Leben,
Jobs, Rollen in Jobs und Gesellschat werden zunehmen.
Wir sind gefordert, einen Umgang zu inden mit unterschiedlichen Bedürfnissen
aus unterschiedlichen Erlebniswelten. Der
Konsum eines Suchtmitels stellt einen Lösungsweg dar, der aber einen hohen, leidvollen Preis für die betrofenen Menschen
und deren soziales Umfeld bedeutet.
Eine Herausforderung.
Ich verabschiede mich nach diesem intensiven Gespräch Richtung Luzerner Bahnhof. Mein Bauch meint, er habe nach den
Gesprächen übers Essen noch eine Belohnung verdient. Klar, in der Bäckerei Bachmann im Bahnhof gibt es herrliche frische
Sandwiches.
>ES
*Peer-Gruppen sind Bezugsgruppen, welche sich aus Menschen ähnlichen Alters zusammensetzen und deren Mitglieder ein freundschatliches Verhältnis verbindet. Diese
Bezugsgruppen könnten auch als Cliquen umschrieben werden, was vor allem die elementare Bedeutung im Jugendalter verdeutlicht, oder als Freundeskreis benannt werden, was die Präsenz der Peer-Gruppen im Alltag eines jeden Menschen herausstellt.
Peer-Gruppen charakterisieren sich weniger durch das gemeinsame Lebensalter ihrer
Mitglieder, sondern in erster Linie durch das für die Austauschprozesse konstitutive
Prinzip der Gleichrangigkeit. Es ist daher für jede Interaktion in Peer-Gruppen von entscheidender Bedeutung, dass sie sich aus Mitgliedern zusammensetzt, welche sich auf
Augenhöhe begegnen und sich in Wissen, Können und Entscheidungsbefugnissen nicht
nennenswert unterscheiden.
>Wikipedia, Zugrif 21.4.2015
ERNäHRuNg
ALKoHoL uND KREBS
Ein weitgehend unbekannter Zusammenhang.
Am 4. Februar war Weltkrebstag, eine Gelegenheit, um auf die wenig bekannte, krebserregende Wirkung des Alkoholkonsums
hinzuweisen.
30% der alkoholbedingten Todesfälle gehen auf
das Konto verschiedener Krebsarten – das sind
beinahe 500 Todesfälle pro Jahr. Die Verbindung
zwischen Alkohol und Krebs ist in weiten Kreisen der Bevölkerung unbekannt – das Bewusstsein für diesen Zusammenhang zu schärfen,
kann helfen, vermeidbare Krankheiten und Leid
zu verhindern. Von alkoholbedingten Krebserkrankungen sind
vor allem die Altersgruppen der über 55-Jährigen betrofen. Bei
Frauen ab 45 Jahren ist Brustkrebs für gut ein Viertel (26.5%) der
auf Alkohol zurückzuführenden Todesfälle verantwortlich. Und
gemäss Krebsliga Schweiz sind schätzungsweise 4 bis 8% aller
Krebserkrankungen alkoholbedingt. Das heisst bei rund 37'000
Krebserkrankungen pro Jahr sind etwa 1500 bis 3000 Erkrankungen in der Schweiz auf Alkoholkonsum zurückzuführen.
Wie wirkt Alkohol im Körper?
Sofort nach der Einnahme von Alkohol beginnt die Aufnahme
ins Blut, denn ein kleiner Teil gelangt über die Mundschleimhaut
und die Schleimhaut der Speiseröhre direkt in die Blutbahn. Bis
zu einem Viertel wird über die Magenschleimhaut aufgenommen, und der Rest gelangt über den Darm, in erster Linie über
den oberen Dünndarm, ins Blut. Alkohol kann mehr oder weniger
schnell ins Blut gelangen. Es gibt verschiedene Faktoren, die die
Aufnahmegeschwindigkeit erhöhen:
• warme, alkoholische Getränke
• kohlensäurehaltige, alkoholische Getränke
• Getränke mit Alkohol und Zucker
• schnelles Trinken
• leerer Magen
• individuelle Faktoren, z.B. Krankheiten
Je schneller Alkohol ins Blut gelangt, desto schneller steigt
die Blutalkoholkonzentration an und man wird schneller
betrunken. Im Gegensatz dazu steigt die Blutalkoholkonzentration langsamer an, wenn die Magenentleerung verzögert
ist. Nahrung ist hierbei der Hauptfaktor. Sie führt dazu, dass
der Alkohol länger im Magen bleibt und später in den Darm
gelangt. Einmal im Blut angelangt, verteilt sich Alkohol schnell
und gleichmässig im Körper und gelangt so in alle Organe.
Die maximale Blutalkoholkonzentration ist in der Regel nach
etwa 60 Minuten erreicht. Bei der Messung der Blutalkoholkonzentration ist jener Teil des Alkohols nachweisbar, der im
Magen-Darm-Trakt und in der Leber nicht schon wieder abgebaut worden ist. Alkohol löst sich besser im Wasser als im Fet.
Deshalb hängt die Blutalkoholkonzentration im Wesentlichen
von der Menge des Körperwassers ab. Wer schwerer ist, hat in
der Regel mehr Körperwasser und damit bei gleicher, konsumierter Menge eine tiefere Blutalkoholkonzentration. Bei gleichem
Körpergewicht haben Personen mit mehr Fetgewebe weniger
Körperwasser.Um die Blutalkoholkonzentration in Promille zu
berechnen, muss die Menge des konsumierten Alkohols und das
Körpergewicht der betrefenden Person bekannt sein. Zudem ist
zu berücksichtigen, dass Frauen durchschnitlich mehr Körperfet und weniger Körperwasser pro Kilogramm Körpergewicht
aufweisen als Männer. Bei Männern macht das Körperwasser ca.
68% des Gewichts aus, bei Frauen nur ca. 55%.
Bei der Berechnung der Promille wird deshalb eine entsprechende Konstante von 0,68 für Männer bzw. 0,55 für Frauen angenommen. Die unterschiedlichen Anteile Körperwasser und
Körperfet bei Männern und Frauen führen dazu, dass die
Blutalkoholkonzentration bei gleicher Menge konsumierten
Alkohols bei einer Frau in der Regel höher ist als bei einem Mann
mit demselben Körpergewicht.
Krebsrisiko steigt mit zunehmendem Konsum.
Das Krebsrisiko steigt mit zunehmenden Konsummengen an
und dies schon ab einem Glas Alkohol pro Tag. Entgegen der
landläuigen Meinung sind mehr alkoholbedingte Sterbefälle
auf Krebs als auf Leberzirrhose zurückzuführen. Das Risiko ist
insbesondere dort, wo der Alkohol direkten Kontakt mit den
Organen (Mund, Rachen, Speiseröhre) hat und für Brustkrebs
erhöht. In welcher Form man den Alkohol zu sich nimmt, ob
Bier, Wein oder Spirituosen, scheint dabei keine Rolle zu spielen.
Entscheidend ist die konsumierte Menge an reinem Alkohol.
Die Kombination von Alkohol und Tabak erhöht das Krebsrisiko
zusätzlich. Es empiehlt sich daher, moderat Alkohol zu trinken
sowie regelmässig alkoholfreie Tage einzulegen und alkoholfreie
Getränke zu bevorzugen. Sucht Schweiz.
Weitere Informationen zu Alkohol und Gesundheit finden
Sie hier: www.alkoholimkoerper.ch
>ES
13
INTERNET
WAS offLINE gILT, gILT AuCH oNLINE
Wie können Jugendliche im Internet besser geschützt werden?
Der Fachverband Sucht lud zu einer Fachtagung zum Thema
«Alkoholwerbung und Internet» nach Luzern ein. Das Thema:
wie können Jugendliche im Internet besser geschützt werden?
Die Antworten sind einfach wie auch etwas komplizierter.
Stellen Sie sich folgende Szene vor: Ein lauer Sommerabend, ein
wichtiges Fussballspiel – und ein paar Freunde haben sich zu
dieser Runde angemeldet. Nur: Der Kühlschrank ist leer und
zum Essen hat es auch nichts. Also schnell (z.B. in Luzern) auf
www.drinktaxi gehen, und schon ist das Gewünschte bestellt
und innert 45 Minuten lieferbereit bei Ihnen zu Hause. Neben
Snacks kann auch gleich Hochprozentiges mitbestellt werden:
Jack Daniels, Cinzano, Champagner, Eichhof Bier…
Nach Hause geliefert – ohne Ausweiskontrolle.
Wenn alles bezahlt ist, kann die Party steigen. Nur: War der
Empfänger über 18 Jahre alt? Dieses Thema wird auf der Menukarte von Drink-Taxi grosszügig ausgeklammert.
Das Konsumverhalten hat sich durch das Internet geändert.
Alles ist möglich, alles ist machbar, auch Alkohol rund um die
Uhr. Zwar haben sich einzelne Detailhändler (z.B. Apérto)
freiwillig einem Kodex unterstellt, der den Verkauf von alkoholischen Getränken und Spirituosen regelt und auch Ausweiskontrollen durchführt.
Die Post bringt Pakete…
…und weiss nicht, was drin steckt. So kann man problemlos
mitels Apps auch im Ausland bestellen – von der Post nach
Hause geliefert und keiner merkt, wer der eigentliche Empfänger ist.
Risikoarm Geniessen.
Bei allen Massnahmen soll es darum gehen, den risikoarmen
Umgang mit Alkohol und anderen Suchtmiteln zu vermiteln.
Die Mehrheit der Bevölkerung kann mit Alkohol umgehen, aber
1 Million Schweizerinnen und Schweizer sind alkoholkrank
oder -gefährdet. Hier gilt es, den Missbrauch einzuschränken.
Doch, da waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
Nachmitags bewusst, kann nicht mit jeder Flasche Bier auch
noch ein kontrollierender Polizist mitgeliefert werden.
Der Stellenwert der Werbung.
Das Internet, Facebook & Co., haben auch die Werbung verändert. Dies versuchte Frank Bodin, CEO von Havas Worldwide
Zürich, zu vermiteln. Die Werbung im Internet ist schneller
geworden und dreht sich weniger um das Produkt, sondern um
das «Drumherum». Wichtig ist, dass die Botschat aktuell sei,
möglichst viele «likes» produziere und eine Orientierung gebe.
Die Werbung steuert also von einer Produktebotschat auf eine
Beilagenbotschat zu. Und diese «Beilagen» sind gefährlich: toll
zu liken, tolle Message, tolles Bier…
Möglichst Kosten optimieren,
grosse Netzwerke bilden, weltweit und
innert kürzester Frist.
So zitiert Bodin das «Metcalfesche Gesetz», welches besagt:
Werbebotschaten sollen möglichst schneeballartig in die Welt
gesetzt werden, viele «likes und shares» produzieren. Efekte
dieses Systems sind dann kaum zu kontrollieren (Botellons…)
Den perfekten Jugendschutz gibt es nicht.
Gesetze und Vorschriten sind dazu da, umgangen zu werden.
Das gilt auch für Alkoholverkäufer. Auch mit den neuen
Medien gilt es, altbewährtes zu beachten und einzuhalten:
- Ausweiskontrolle
- Kreditkarte
- Verkaufszeiten reduzieren
- Alkohol-Lieferdienste besser kontrollieren
Quelle: thinkstockphotos.de
Die Werbung soll sachlich informieren, nicht übertreiben, keine
Partylaune vermiteln und keine «viralen» Efekte auslösen. Da
die meisten Internet-Kampagnen vom Ausland her geschaltet
>ES
werden, dürte dies ein frommer Wunsch bleiben.
17
PuBLIREPoRTAgE
BRUNAU-STIFTUNG ZÜRICH
Jugendliche mit einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung haben es schwer, eine
Lehrstelle zu inden. In der Brunau-Stitung können sie ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis
erwerben, das die Integration möglich macht.
Die Brunau-Stitung ist eine gemeinnützige, ZEWO-anerkannte Stitung, gegründet im Jahre 1956. Vision war bereits
damals, beeinträchtigten jungen Menschen eine anerkannte Berufsbildung zu
ermöglichen – von der Büroanlehre bis
zum kaufmännischen Lehrabschluss. Damals wie heute ist das Ziel eine beruliche
Integration im ersten Arbeitsmarkt. Um
einen möglichst hohen Praxisbezug zu
schafen, betreibt die Stitung ein Bürodienstleistungszentrum in dem Sekretariats-, Buchhaltungs- und Logistikarbeiten ausgeführt werden.
Praxisbezug ist wichtig.
Kundenauträge ermöglichen eine praxisnahe Ausbildung, dies ist in Bezug auf
eine spätere Integration besonders wichtig und macht die Arbeit vielfältig: «Nach
einem Schnuppereinsatz ist mir die Entscheidung leichtgefallen, eine Lehre bei
der Brunau-Stitung zu beginnen», erzählt Manuel Styger (Name geändert). Der
18jährige beindet sich im ersten Lehrjahr
Geschützte Büroarbeitsplätze.
Nebst dem Ausbildungsbetrieb beschäftigt die Brunau-Stitung Menschen mit
einer IV-Rente im Giesshübel-Oice. Dieses ist spezialisiert auf Buchhaltungen
und Vereinsadministrationen.
zum Büroassistenten EBA. Täglich pendelt er von seinem Wohnort im Kanton
Schwyz nach Zürich zur Arbeit. Die Arbeit sei sehr abwechslungsreich und ihm
gefalle die Arbeitsatmosphäre.
inanziert. Ca. 10% der Kosten werden
durch Eigenleistungen aus Arbeitsauträgen und ca. 8% durch Spenden gedeckt.
Kosten.
Rund 82% der Kosten werden durch Subventionen von Bund (IV) und Kanton
Ausbildungen auf allen Niveaus.
Die Brunau-Stitung verfügt über mehr
als 50 Ausbildungs-, Abklärungs- und
Trainingsplätze. Mögliche Berufslehren
sind Büroassistent/-in INSOS PrA, Büroassistent-/in EBA, Kaufmann/Kaufrau
EFZ, Logistiker/-in EBA und Logistiker/-in INSOS PrA. Die Lernenden bearbeiten Kundenauträge im Sekretariats-,
Buchhaltungs- und Logistikbereich. Sie
werden dabei von erfahrenen Berufsbildnern begleitet, welche mit ihnen die Lernziele verfolgen, und auch Eigenverantwortung und Selbstbewusstsein fördern.
Welche Voraussetzungen sind gefordert?
«Grundsätzlich bilden wir alle Jugendlichen aus, welche bei der IV angemeldet sind und das Anrecht auf eine berufliche Erstausbildung haben.» Den Klienten
werden eine gezielte fachgerechte Ausbildung, Arbeitstrainings, Abklärungen
sowie geschützte Arbeitsplätze angeboten, die eine beruliche und auch soziale Integration ermöglichen», erklärt Jörg
Siegenthaler, Bereichsleiter Schule und
Ausbildung. Auch ehemalige Suchtmittelabhängige wurden und werden in der
Brunau-Stitung mit Erfolg ausgebildet.
Diese Klienten müssen aber klar von ihrer
Sucht befreit sein und je nach Situation
auch ärztlich begleitet werden.
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Während der Ausbildung in der Brunau-Stitung absolvieren die Lernenden
auch immer mehrwöchige bis mehrmonatige Praktika bei einem externen Arbeitgeber im ersten Arbeitsmarkt.
Begleitetes Wohnen.
Im Wohnhaus (Vollpension) und Aussenwohnungen stehen 21 Lernenden Wohnmöglichkeiten zur Verfügung. Auch externe Klienten können sich über Mitag
verplegen.
Arbeitgeber gefordert.
«Die Integration in den ersten Arbeitsmarkt ist für unsere Lernenden stets
schwierig», bestätigt Dominique Morgado, Job Coach in der Brunau-Stitung.
«Wir haben aber immer wieder das Glück,
dass Lernende an ihrer Praktikumsstelle
bleiben können. Dieses Jahr gelang bereits vier Lernenden so die Integration.»
Und weiter: «Am meisten Schwierigkeiten
bereitet es, Menschen mit psychischen
Beeinträchtigungen zu integrieren». Sie
macht in der täglichen Praxis die Erfahrung, dass die Arbeitgeber im ersten
gESCHICHTE
Es gab aber auch
welche, die richtig
aggressiv wurden,
die liessen mich
dann gar nicht
erklären und
schimpten einfach. Eine Frau rief
einmal, ich würde
alle umbringen»,
erinnert sie sich.
Wenige Bewerber.
Für Monikas Job
gibt es nur wenige
Ausser Betrieb: Spritzenautomat
Bewerber, sie
selbst hat erst von
ihrem damaligen Freund davon erfahren. Um im Spritzenbus
arbeiten zu können, muss man Medizin studiert und Autofahren können. «Die meisten haben eben Vorurteile gegenüber
Junkies und Prostituierten», meint Monika schulternzuckend.
Sie selbst hat hier gelernt, sich davon zu lösen. «Vielleicht
möchte ich später sogar in einer Arztpraxis für Obdachlose
arbeiten», überlegt sie, «mal sehen». (Quelle: news.ch)
Platzspitz und Leten.
Mit der Eröfnung des AJZ, das ursprünglich politische Themen
wie die grassierende Wohnungsnot aufgrif, verlagerte sich ab
1980 die Szene in Richtung Platzspitz, wo sich eine neue Szene
bildete. Der Platzspitz, international bekannt als «Needle-Park»
war strategisch für alle Beteiligten ideal gelegen: Süchtige
bekamen ihren Stof, die Polizei konnte von drei Seiten her
ihre Razzien durchführen (wann diese begannen, war meist
bekannt) und die Süchtigen konnten einigermassen versorgt
und betreut werden.
In drei Jahren 8,5 Millionen Spritzen getauscht.
Als die Szene mit 8,5 Millionen getauschten Spritzen in drei
Jahren ihren Höhepunkt erreichte, war politisches Handeln
angesagt. Zürich war damals immer unter Beobachtung der
Der Platzspitz, damals...
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Quelle: nzz.ch
Eidgenossenschat. Die damalige Stadträtin Emilie Lieberherr,
der Stadtpräsident Josef Estermann sowie Monika Stocker
nahmen sich diesem ernsten Problem an, das sich nicht nur auf
Zürcher Grund und Boden entwickelt hate.
Coti liess Estermann warten, lange.
Der damalige Stadtpräsident Josef Estermann versuchte, die
übrigen Eidgenossen mit in die Plicht zu nehmen. Besserwisser und Mitverdiener gab es schliesslich genug: von der
Auto-Partei, die lauthals über die Drogen-Barone weterte, zu
den Drogenkurieren, die ihr Geld an UBS-Schaltern am Flughafen wuschen bis zur Sakharchi Trading…
Estermann suchte also das Gespräch, Solidarität für Zürich.
Das Thema war dem Bundesrat derart wichtig, dass der
damalige Gesundheitsminister den Zürcher Stadtpräsidenten
ein geschlagenes Jahr lang auf einen Termin warten liess.
Repression hat versagt.
Die damalige repressive Drogenpolitik hat versagt. Langsam
setzte sich die Ansicht durch, dass die nur repressive Politik
versagt hate. Aus dieser Politik hat die Schweiz wohl das
modernste und bedürfnisgerechteste BetmG geschafen (auch
wenn es noch viele Punkte zu verbessern gibt). Doch wirklich
stolz darauf sein mag niemand. Es hat für dessen Umsetzung
zu viele Opfer an Elend und Menschenleben gefordert.
Nach der Verlagerung zum Bahnhof Leten, der Bäckeranlage
und der deinitiven Aulösung der ofenen Drogenszene (auch
Bund, Kantone und Gemeinden konnten und wurden in die
Plicht genommen), regionalisierte sich die Szene und das
niederschwellige Hilfs- und Betreuungsangebot verbesserte
sich. Und, wer weiss, vielleicht darf man in 100 Jahren in
diesem Land ganz legal einen Joint rauchen…
>ES
Mehr zum Thema Drogen und Politik finden Sie auch in
unserer Bibliothek: z.B. Nur sauber gekämmt...,
von Bänziger, Chris ; Vogler, gertrud
...und heute
Foto oben links / unten rechts: Erwin Sommer
PILoTSTuDIE
JugENDLICHE uND CANNABIS
Pilotstudie der universität Zürich vorgestellt.
Drei Fachstellen (Suchtpräventionsstelle,
Stadtärztlicher Dienst und die Psychiatrische Universitätsklinik) haben ihre
gemeinsam durchgeführte Pilotstudie
zu diesem Thema präsentiert.
Seit der Revision des BetmG 2013 erhalten Jugendliche über 18 Jahren im Falle
Übertretung wegen Cannabis lediglich
eine Ordnungsbusse. Doch wie soll mit
den Jugendlichen unter 18 verfahren
werden?
Repräsentativ oder nicht?
Trotz der scheinbar geringen und nicht
repräsentativen Fallzahl von 26 Befragten, ergaben die qualitative Auswertung
doch erstaunliche Resultate. Wie gross
die Population ist, lässt sich kaum stichhaltig eruieren.
Es handelt sich also um eine sehr spezii sche Zielgruppe, da ja nicht Tausende
von Jugendlichen dieses Verfahren über
sich ergehen lassen mussten. Zudem war
die Mitarbeit freiwillig, was die Studie
weniger repräsentativ macht.
Es ist anzunehmen, dass Jugendliche aus
unteren Bildungsschichten und schwierigen Familienverhältnissen sich nicht
gemeldet haben. Andererseits müsste
man bedenken, dass gerade die Befragten, die freiwillig teilnahmen, ihrem
Unmut oder Erfolgserlebnis Ausdruck
geben wollten.
Voraussetzungen.
Die Zielpersonen haten gegen das BetmG
verstossen und ein Verfahren musste
eingeleitet sein.
Interessantes.
Das Durchschnit salter der Konsumierenden beträgt gemäss Studie 16 Jahre,
die meisten sind zwischen 16 bis 18 Jahre
alt. Das Einstiegsalter beträgt 13,5 Jahre.
Unfreundlicher und (übertriebener) Polizeieinsatz.
Verzeigungen geschahen ot an öfentlichen Orten, an denen man Jugendliche
antrefen konnte. Die Mehrheit der Jugendlichen empfand das repressive Verhalten als negativ. Sie beurteilten das
Vorgehen der Polizei während der Aufgreifsituation als uneinheitlich, als autoritativ und paternalistisch.
Dies begünstigte diverse Vorurteile gegenüber der Polizei:
- 5-stündiges Verhör
- Nicht einmal etwas zum Trinken
bekommen
- An die Wand stellen
- Abführen in Handschellen
- Leibesvisitation
Auch haben sich die Jugendlichen dazu
geäussert, wie sie den Kontakt mit der
Polizei erlebt häten. Elf der Interviewten beurteilten das Verhalten der Polizei
als freundlich, ein Viertel als sachlich
neutral und den Umständen entsprechend und zwölf als unfreundlich.
JugA wird positiver beurteilt.
Im Gegensatz zum Polizeieinsatz wurde das Gespräch bei der Jugendanwaltschat positiv empfunden. Die Jugendlichen fühlten sich ernst genommen, die
zuständige Person war «auf ihrer Seite».
Bemängelt wurde das lange Verfahren,
was sich aber gemäss der Aussage eines
Teilnehmers markant verbessert habe:
83% der Fälle werden seit Anfang 2011
nun innert 30 Tagen behandelt, da die
Übertretungen nun zentral von der JugA
Winterthur bearbeitet werden.
Familien durch Polizei unnötig belastet.
Die Arbeiten der Gesetzeshüter bringen
auch das Familienleben durcheinander. So
wird von einem angekündigten Hausbesuch gesprochen, die eine Muter in
Aufregung versetzte. Grund: Der Beamte
hate «aus Versehen» den Rapport «geschreddert».
Kaum Reduktion des Cannabiskonsums.
Die Studie zeigt, dass die eingeleiteten
Massnahmen weitgehend wirkungslos
sind.
Kein Unrechtsbewusstsein.
Die Jugendlichen empi nden ihren Cannabis-Konsum als nichts Illegales.
«Ich mache ja nichts Verbotenes,
ich mache nichts kaput, ich
belästige niemanden, ich schlage
niemanden ab oder so.»
So habe ich es nicht gesagt…
Unter den Anwesenden der Präsentation wurde anschliessend diskutiert.
Von Polizeiseite schien das eigene Vorgehen unerklärlich: «In der Stadt suchen
wir nicht gezielt nach Cannabis-Konsumenten, wir haben Gescheiteres zu tun».
Auf dem Land sei das schon anders:
«Stationierte» der Kapo entwickelten ot
einen Übereifer. Animositäten könnten
auch eine Rolle spielen…
>ES
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