Direktionsverordnung über die Bemessung von situationsbedingten Leistungen (SILDV) Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern Inhaltsverzeichnis 1. 2. Zusammenfassung ........................................................................................................... 1 Ausgangslage ................................................................................................................... 1 2.1 ASP-Massnahme zur Begrenzung von Unterbringungskosten ohne KESB-Beschluss . 2 2.2 Motion 198/2008 über die SIL ...................................................................................... 3 2.3 Parlamentarische Vorstösse......................................................................................... 3 3. Vorbemerkung .................................................................................................................. 4 4. Erläuterungen zu den Artikeln........................................................................................... 4 5. Finanzielle Auswirkungen ................................................................................................. 7 6. Personelle und organisatorische Auswirkungen................................................................ 7 7. Auswirkungen auf die Gemeinden .................................................................................... 7 8. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft ............................................................................... 8 9. Ergebnis der Konsultation ................................................................................................. 8 1 Vortrag des Rechtsamtes der Gesundheits- und Fürsorgedirektion an den Gesundheitsund Fürsorgedirektor zur Direktionsverordnung über die Bemessung von situationsbedingten Leistungen (SILDV) 1. Zusammenfassung Mit der vorliegenden Direktionsverordnung, deren Grundlage in Artikel 84 Absatz 2 Sozialhilfegesetz1 und Artikel 8i Absatz 4 Sozialhilfeverordnung2 geschaffen wurde, wird die ASPMassnahme „Begrenzung Kosten für Platzierungen ohne Beschluss einer Kindes- oder Erwachsenenschutzbehörde“ umgesetzt. Der Kindesschutz wird mit dieser Kostenbegrenzung weiterhin gewährleistet. Weiter wird auch ein Beitrag an die Erfüllung der Forderung der Motion 260/20123 geleistet, wonach die Summe der Kostenblöcke Grundbedarf für den Lebensunterhalt, der Integrationszulagen für Nichterwerbstätige und der situationsbedingten Leistungen4 um insgesamt 10 Prozent gekürzt werden soll. Die Motion 198/20085 über die Plafonierung der übrigen situationsbedingten Leistungen wird insoweit verbindlicher umgesetzt, als die Kostenobergrenzen für bestimmte SIL neu verbindlich und nicht mehr als Empfehlung formuliert werden. 2. Ausgangslage Laut Sozialhilfegesetz stellen die Gemeinden die Leistungsangebote der individuellen Sozialhilfe nach den kantonalen Vorgaben bereit.6 Artikel 8 SHV bestimmt zwar, dass die Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe7 in der genannten Ausgabe verbindlich sind, beschränkt deren Anwendbarkeit jedoch auf Bereiche, in denen das SHG oder die SHV keine abweichende Regelung vorsehen. Die SKOS-Richtlinien umfassen neben dem Grundbedarf zum Leben, den Wohnkosten, Kosten für die medizinische Grundversorgung und den Integrationszulagen oder Erwerbsfreibeträgen auch die sogenannten SIL. Der Kanton Bern hat allerdings in Artikel 8i SHV die SIL eigenständig definiert. Bisher gab es für die Praxisanwendung der SIL jedoch keine Vorgaben auf Verordnungsstufe, was deren Höhe angeht, sondern lediglich Empfehlungen auf der Ebene eines Handbuches8. SIL haben ihre Ursache in der individuellen, besonderen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und familiären Lage einer unterstützten Person. Sozialdienste dürfen solche Leistungen nur dann gewähren, wenn sie in einem sinnvollen Verhältnis zum erzielten Nutzen stehen. Es gibt SIL-Kosten, die in Abhängigkeit einer bestimmten Situation zwingend anfallen (krankheitsund behinderungsbedingte Auslagen, Erwerbsunkosten, Betreuung von Kinder oder Hausratund Haftpflichtversicherung). Diese Kosten sind von der Sozialhilfe zu übernehmen und es besteht kein Ermessensspielraum. Zusätzlich gibt es jedoch SIL bei denen den zuständigen Sozialhilfeorganen ein Ermessenspielraum zukommt. Diese SIL müssen fachlich begründet sein und die Kosten in einem sinnvollen Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen. Aufgrund der Vielzahl der möglichen SIL und des hohen Individualisierungsgrades dieser Leistungen ist es nicht möglich, alle in der Praxis vorkommenden Varianten abschliessend zu regeln. Hinzu1 Gesetz vom 11. Juni 2001 über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz, SHG; BSG 860.1) Verordnung vom 24. Oktober 2001 über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfeverordnung, SHV; BSG 860.111) 3 Motion 260/2012 Studer (Niederscherli, SVP): „Kostenoptimierung in der Sozialhilfe“ 4 Nachfolgend SIL 5 Motion 198/2008 Pauli (Schliern, BDP): „Anpassung der SKOS-Richtlinien an die bernischen Verhältnisse“ 6 Art. 15 des Gesetzes vom 11. Juni 2001 über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz, SHG; BSG 860.1) 7 Nachfolgend SKOS-Richtlinien 8 http://handbuch.bernerkonferenz.ch/ 2 2 kommt, dass eine Plafonierung nur für jene SIL möglich ist, die im Resultat zudem für alle bedüftigen Personen gleichartig sind. Die in der Direktionsverordnung geregelten SIL erfüllen diese Voraussetzungen. Darunter fallen beispielsweise Auslagen für den Umzug, für die Grund- und Ersatzausstattung des Mobiliars, die Freizeitaktivitäten der Kinder und die Unterbringungskosten ohne Beschluss einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde9. Eine besonders kostenintensive Kategorie von SIL stellen die Massnahmen des freiwilligen, einvernehmlichen Kindesschutzes dar. Besondere Umstände (Erkrankungen, psychosoziale Probleme, Suchtprobleme u. a.) der Eltern können es erfordern, dass Kinder ausserhalb der Familie platziert werden müssen. Dies schützt die Kinder und verschafft ihnen ein stabiles Umfeld für eine gesunde Entwicklung. Die Kinder werden einvernehmlich, d.h. in Zusammenarbeit der Eltern mit dem Sozialdienst, untergebracht. Im Rahmen dieser subsidiären Kindesschutzmassnahmen sind die Sozialdienste verpflichtet, eine geeignete Unterbringung für das betroffene Kind zu finden. Für die Unterbringungskosten müssen grundsätzlich die Eltern aufkommen, da diese Teil ihrer Unterhaltspflicht bilden. In sehr vielen Fällen müssen die Kosten jedoch von der öffentlichen Hand getragen werden, da die Eltern finanziell nicht zur Kostentragung in der Lage sind. Die Kosten von Unterbringungen durch die KESB selbst werden vom Kanton finanziert; jene Kosten von einvernehmlichen Unterbringungen resp. ohne KESBBeschluss bilden Teil der wirtschaftlichen Hilfe und werden somit über den Lastenausgleich Sozialhilfe gemeinsam vom Kanton und Gemeinden getragen. Es war bereits seit längerem die Absicht der Regierung und insbesondere auch der Gesundheits- und Fürsorgedirektion, für die Finanzierung wichtiger SIL verbindliche Vorgaben für die Sozialdienste zu erlassen, und damit einerseits den rechtsgleichen Vollzug sicherzustellen und andererseits die Kosten in einem vorgegebenen Rahmen zu halten. Im Vordergrund standen Einzelfälle von sehr kostenintensiven Unterbringungen. Bei der Direktionsverordnung SIL handelt es sich um ein Instrument des Sozialhilferechts und nicht des Kindesschutzes. Der Kindesschutz als wichtige Aufgabe der Sozialdienste ist weiterhin professionell sicherzustellen, hat aber innerhalb der sozialhilferechtlichen Leitplanken zu erfolgen. 2.1 ASP-Massnahme zur Begrenzung von Unterbringungskosten ohne KESB-Beschluss Im Juni 2012 leitete der Regierungsrat eine umfassende Angebots- und Strukturüberprüfung10 ein mit dem Ziel, den Kantonshaushalt möglichst rasch und nachhaltig zu sanieren. Im November 2013 beschloss der Grosse Rat anlässlich der Haushaltsdebatte zusammen mit dem Voranschlag 2014 und Aufgaben-/Finanzplan 2015-2017 ein Sparpaket mit Massnahmen, die den Staatshaushalt jährlich um zwischen 231 Mio. Franken und 491 Mio. Franken entlasten. Die Sparmassnahmen betrafen auch den Vollzug der individuellen Sozialhilfe. Unter anderem sollte gemäss Vorschlag der Regierung bei Unterbringungen ohne KESB-Beschluss ein Maximalbetrag für die von der öffentlichen Hand zu übernehmenden Kosten festgesetzt werden. Die möglichen Einsparungen im Lastenausgleich Sozialhilfe wurden auf ca. 6 Mio. Franken geschätzt. Für Maximalbeträge bezüglich Finanzierung von Unterbringungskosten sprechen auch die neuesten Entwicklungen der Fallzahlen. Die Einführung der KESB auf 2013 hat zu einer klareren Aufgabenteilung zwischen behördlich angeordneten Kindesschutzmassnahmen und den einvernehmlich getroffenen Kindesschutzmassnahmen der Sozialdienste geführt. Die Fallzahlen in den Jahren 2013 und 2014 zeigen, dass die Anzahl Unterbringungen seitens der KESB gegenüber 2012 zurückgegangen sind und diejenigen der Sozialdienste zugenommen haben. Mit Blick auf die entsprechenden Kosten bedeutet dies somit ein steigendes Kostenrisiko im Lastenausgleich Sozialhilfe. 9 Nachfolgend KESB Nachfolgend ASP 2014 10 3 Die vorliegende Direktionsverordnung ist im weiteren Zusammenhang mit dem Projekt „Optimierung der ergänzenden Hilfen zur Erziehung im Kanton Bern“ unter der Federführung des Kantonalen Jugendamtes11 zu betrachten. Das Gesamtprojekt zielt auf eine Optimierung der Finanzierungs- und Aufsichtsstrukturen der ambulanten, teilstationären und stationären Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe im Bereich der ergänzenden Hilfen zur Erziehung. Im Gesamtprojekt sind neben der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion auch die Gesundheitsund Fürsorgedirektion, die Polizei- und Militärdirektion sowie die Erziehungsdirektion eingebunden und das Projekt erhält finanzielle Unterstützung vom Bund. Bis das Projekt umgesetzt werden und Rechtswirkungen entfalten kann, soll diese Direktionsverordnung eine Übergangslösung ermöglichen. Im Kanton Bern gibt es rund 130 Einrichtungen für Minderjährige. Die Finanzierungsmechanismen im Bereich der einvernehmlichen Unterbringungen sind jedoch verschieden, was eine Gleichbehandlung verunmöglicht. Die Einrichtungen werden mehrheitlich durch privatrechtliche Trägerschaften betrieben. Es wird zwischen subventionierten und privaten Heimen unterschieden. Als subventionierte Heime werden diejenigen Einrichtungen verstanden, die von der Gesundheits- und Fürsorgedirektion mittels Leistungsverträgen Staatsbeiträge gemäss Sozialhilfegesetzgebung erhalten. Als private Heime werden diejenigen Einrichtungen verstanden, deren Leistungen über einen Tarif von den einweisenden Stellen und den Unterhaltspflichtigen finanziert werden. Das heisst, gegenüber Institutionen mit einem Leistungsvertrag der Gesundheits- und Fürsorgedirektion schulden die Eltern resp. die Sozialdienste einen Versorgerbeitrag von 30.00 Franken pro Tag, die restlichen Kosten werden über den Leistungsvertrag vom Kanton direkt abgegolten. Währenddessen sind für alle anderen Unterbringungen in privaten Institutionen unter der Aufsicht des KJA Vollkosten geschuldet. Aufgrund dieser Systemungleichheit bezüglich der Finanzierung kommt es durch die Anwendung dieser Direktionsverordnung zu einer Ungleichbehandlung zwischen den verschiedenen Heimen zulasten der privaten Heime. Es werden jedoch alle Heime von der Maximalsbetragsregel erfasst. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion wird sobald als möglich, spätestens per Anfang 2017, die heute ungleichen Finanzierungsmechanismen korrigieren. 2.2 Motion 198/2008 über die SIL Die überwiesene Motion verlangt in Ziffer 2, dass die SIL in Abhängigkeit der Familiengrösse plafoniert werden. Den zuständigen Sozialbehörden soll es in Ausnahmefällen möglich sein, eine Überschreitung zu bewilligen. Eine Plafonierung bedeutet, in Franken oder Prozenten eine Obergrenze festzulegen, dies mit dem Ziel, die Ausgaben in den Griff zu bekommen. Die SKOS-Richtlinien unterscheiden zwischen verbindlichen Leistungen, die zwingend anfallen und in der Regel einen fixen, nicht aushandelbaren Tarif ausweisen und Leistungen im Ermessen der Sozialhilfeorgane zur Unterstützung des Hilfsprozesses. Die „wortlautgetreue“ Umsetzung einer Plafonierung der SIL in Abhängigkeit der Familiengrösse ist nicht sinnvoll, da alle SIL aufgrund einer besonderen Situation ausgerichtet werden. Es macht aber durchaus Sinn, für einzelne, finanziell gewichtige SIL, eine Obergrenze festzulegen. Das Handbuch Sozialhilfe12 der Berner Konferenz für Sozialhilfe, Kindes- und Erwachsenenschutz13 regelt eine Vielzahl von SIL und die meisten Sozialdienste haben eigene Richtlinien zur Plafonierung ausgearbeitet. Da diese Bestimmungen entweder nur Empfehlungscharakter haben oder keine kantonale Verbindlichkeit gewährleisten, wird mit dieser Direktionsverordnung eine verbindliche Vereinheitlichung der Leistungsgewährung geschaffen. Damit wird auch Rechtsgleichheit für die Betroffenen auf unterschiedlichen Sozialdiensten sichergestellt. 2.3 Parlamentarische Vorstösse 12 13 http://handbuch.bernerkonferenz.ch/ Nachfolgend BKSE 4 Die folgenden, vom Grossen Rat überwiesenen parlamentarischen Vorstösse enthalten Anliegen, die im Rahmen der vorliegenden Direktionsverordnung bearbeitet wurden: - Motion 198/2008 - Motion 260/2012 3. Vorbemerkung Die in der Sozialhilfe geltenden Prinzipien, wie beispielsweise das Verhältnismässigkeitsgebot14 wie auch die Subsidiarität der Sozialhilfe15, gelten auch im Bereich dieser Direktionsverordnung. 4. Erläuterungen zu den Artikeln Artikel 1 Der in dieser Direktionsverordnung genannte Maximalbetrag gilt mit wenigen in der Direktionsverordnung aufgeführten Ausnahmen als Höchstbegrenzung für die aufgeführten SIL. Die Ausrichtung weiterer, nicht in der Direktionsverordnung genannter SIL durch den zuständigen Sozialdienst ist ohne Obergrenze möglich. Sämtliche in dieser Direktionsverordnung nicht aufgeführten SIL unterliegen keiner Höchstbeschränkung. Deren Ausrichtung liegt im Ermessen des jeweiligen Sozialdienstes. Aufgrund des Verhältnismässigkeitsgebots16 wie auch des Rechts auf Hilfe in Notlagen17, welche aufgrund ihrer Normierung auf Verfassungsstufe über dieser Direktionsverordnung stehen, muss es in begründeten Fällen zudem immer möglich sein, von der festgesetzten Obergrenze und damit vom festgesetzten Maximalbetrag abzuweichen, um verhältnismässiges Handeln sicher zu stellen. Artikel 2 Der zuständige Sozialdienst prüft die Gesuche um SIL sorgfältig und genehmigt diese bei Bedarf. Die bedürftige Person hat dem zuständigen Sozialdienst einen entsprechenden Beleg über die getätigte SIL vorzuweisen und erhält den entsprechenden Betrag bis zum Maximalbetrag rückerstattet. Artikel 3 Als einvernehmliche Unterbringung im Sinne dieser Verordnung gilt die dauerhafte Unterbringung von Minderjährigen in einer Institution oder Pflegefamilie, welche die Erziehung, die Unterstützung und die Betreuung anstelle der gesetzlichen Vertretung übernimmt. Eine Unterbringung ist dann unabdingbar, wenn sie aus Gründen des Kindeswohls geboten ist. Die Unterbringung des bzw. der Minderjährigen darf daher nur für die Dauer erfolgen, in der ein entsprechender Bedarf besteht. Der Bedarf muss während der gesamten Dauer der Unterbringung bestehen. Es werden nur Kosten für Unterbringungen übernommen, wenn die betreffende Institution oder Pflegefamilie über eine entsprechende Bewilligung der zuständigen Behörde verfügt. Es können einerseits Institutionen und Pflegefamilien im Kanton Bern sein, welche über entsprechende Bewilligungen des KJA oder des ALBA verfügen oder ausserkantonale Institutionen oder Pflegefamilien mit einer Bewilligung der zuständigen Behörden. Artikel 4 14 Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (Bundesverfassung, BV; SR 101) 15 Art. 9 SHG 16 Art. 5 Abs. 2 BV 17 Art. 12 BV 5 Pro Tag, den die Minderjährigen in der Institution oder der Pflegefamilie verbringen, werden grundsätzlich Kosten von maximal 300.00 Franken übernommen. Der Maximalbetrag gilt sowohl für Institutionen als auch für Pflegefamilien. Entscheidend für die Plafonierung ist, dass der oder die Minderjährige von Dritten betreut wird und nicht das entsprechende Setting selbst. Aus diesem Grund wird beim Maximalbetrag nicht zwischen der Unterbringung in einer Institution oder einer Pflegefamilie unterschieden. Die Betreuung soll nicht nach Art des Settings ausgewählt werden, sondern nach dem entsprechenden Bedarf. Die Höhe des Maximalbetrags ist so angesetzt, dass genügend Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die mit qualifizierten Leistungen den Kindesschutz gewährleisten. Mit diesem im Sinne einer Sparvorgabe definierten Maximalbetrag wird es der öffentlichen Hand aber nicht mehr möglich sein, sehr teure Institutionen zu berücksichtigen. Die Thematik der Kostenbegrenzung ist im Rahmen der Arbeitsgruppe mit Vertretungen der Praxis erarbeitet worden und der Maximalbetrag in Abstimmung mit dem KJA festgelegt worden. Grundsätzlich werden nur Kosten von 300.00 Franken pro Tag übernommen. Ist keine andere Unterbringung möglich, eine Unterbringung jedoch für das Wohl des bzw. der Minderjährigen unabdingbar, kann der Maximalbetrag angemessen überschritten werden. Das KJA steht den Sozialdiensten für fachliche Fragen, unter anderem im Zusammenhang mit Abklärungen, Indikationsstellungen oder Fallführungen zur Verfügung. Es werden grundsätzlich nur diejenigen Unterbringungskosten übernommen, die tatsächlich entstanden sind. Die Institutionen und Pflegefamilien haben somit pro Tag abzurechnen. Die entstandenen Kosten müssen ausgewiesen werden können. Bei einer kurzfristigen Abwesenheit wie beispielsweise Ferien oder Wochenendaufenthalt wird im Sinne einer Reservationsgebühr derjenige Betrag bezahlt, der im Zeitpunkt der Unterbringung zwischen Sozialdienst und Institution dafür abgemacht wurde. Dieser Betrag ist zu Beginn der Unterbringung festzusetzen, andernfalls wird keine Reservationsgebühr bezahlt. Artikel 5 Die Unterbringungskosten setzen sich aus Pflege-, Betreuungs- und Sachaufwand zusammen. Diese Zusammenfassung unter Ausschluss der Nebenkosten bedingt eine differenzierte Abrechnung und demnach eine entsprechende Aufschlüsselung in Pflege-, Betreuungs- und Sachaufwand. Artikel 6 Die Kosten für Personal- und Betreuungsaufwand bei den Institutionen werden durch den Maximalbetrag von 300.00 Franken pro Tag abgedeckt. Es werden keine weiteren Kosten übernommen. Beispielsweise werden die Kosten für eine externe Fremdbetreuung der bereits platzierten Minderjährigen nicht durch den Maximalbetrag gedeckt. Dafür erhalten die Institutionen oder die Pflegefamilie keine weitere Vergütung. Der oder die platzierte Minderjährige soll im ausgesuchten Setting verbleiben und nicht weitergereicht werden. Die entsprechende Institution bzw. die Pflegefamilie sollen die Betreuung selbst übernehmen. Die Kosten einer Heimschule sind ebenfalls nicht Teil des Pflege- und Betreuungsaufwands und werden nur unter bestimmten Voraussetzungen (siehe Artikel 9 nachstehend) übernommen. Artikel 7 Auch Kosten für den Sachaufwand sind im Maximalbetrag enthalten. Artikel 8 Als Nebenkosten gelten Aufwände, die auch dann anfallen würden, wenn das Kind bei seinen Eltern lebt. Die Nebenkosten sind in erster Linie durch die Eltern bzw. die Inhaberin oder den Inhaber der elterlichen Sorge zu tragen. Sofern diese nicht dazu in der Lage sind, werden die Nebenkosten vom zuständigen Sozialdienst übernommen. Sie bilden nicht Bestandteil der Kostenober- 6 grenze für einvernehmliche Unterbringungen. Die Nebenkosten werden gemäss den geltenden sozialhilferechtlichen Ansätzen übernommen. Artikel 9 Platzierte Minderjährige sollen grundsätzlich trotz der Unterbringung in einer Institution oder einer Pflegefamilie die öffentliche Schule besuchen. Ist dies nicht möglich und liegt eine Ausschulung vor, können Schulkosten bis zum Betrag von 150.00 Franken pro Schultag übernommen werden. Auch hier gilt eine Vergütung pro besuchten Schultag. Der festgesetzte Maximalbetrag von 150.00 Franken gilt dabei für die Sonderschulung und die Schulung in Institutionen, nicht jedoch für Privatschulen, da diese nicht über die Sozialhilfe mitfinanziert werden sollen. Artikel 10 Eine bedürftige Person hat ihren Umzug selbst zu organisieren und vorzunehmen. Falls der betroffenen Person kein geeignetes Transportfahrzeug zur Verfügung steht, werden dafür Kosten für maximal 250.00 Franken übernommen. Die Kostenübernahme bezieht sich nur auf das Transportfahrzeug, nicht jedoch auf Umzugs-, oder Reinigungsmaterial oder Entsorgungskosten. Da insbesondere die Transportkosten bei einem Wegzug aus dem Kanton Bern in einen anderen Kanton oder ins Ausland steigen dürften, kann der Maximalbetrag angemessen erhöht werden. Der zuständige Sozialdienst setzt die Höhe des Betrages in diesem Fall selbstständig fest, geht jedoch von einem Betrag von 250.00 Franken für einen Umzug innerhalb der Kantonsgrenzen als Grundlage aus. Artikel 11 Ist eine bedürftige Person aus besonderen Gründen nicht in der Lage, einen Wohnungsumzug selbstständig vorzunehmen, können Umzugskosten bis zu den in Absatz 1 festgelegten Maximalbeträgen übernommen werden. Die bereits vorhandenen gesundheitlichen Einschränkungen müssen durch ein Arztzeugnis belegt werden. Neben den in Absatz 2 erwähnten gesundheitlichen Einschränkungen, dem nicht vorhandenen Führerausweis sowie der mangelnden Fahrtauglichkeit können insbesondere auch umfangreiche Betreuungspflichten von Familienangehörigen als besondere Gründe im Sinne der Direktionsverordnung angesehen werden. Auch hier kann der zuständige Sozialdienst den vorgegebenen Maximalbetrag angemessen erhöhen, wenn der Umzug in einen anderen Kanton oder ein anderes Land erfolgt. Artikel 12 Ist eine bedürftige Person aus besonderen Gründen nicht in der Lage, die Endreinigung bei einem Umzug selbstständig vorzunehmen, können Reinigungskosten bis zu den in Absatz 1 festgelegten Maximalbeträgen übernommen werden. Die bereits vorhandenen gesundheitlichen Einschränkungen müssen durch ein Arztzeugnis belegt werden. Neben den in Absatz 2 erwähnten gesundheitlichen Einschränkungen können insbesondere auch umfangreiche Betreuungspflichten von Familienangehörigen als besondere Gründe im Sinne der Direktionsverordnung angesehen werden. Artikel 13 Es steht den betroffenen Personen grundsätzlich frei, ob sie neues oder gebrauchtes Mobiliar kaufen, solange der Maximalbetrag eingehalten wird. Die Beträge richten sich nach den Ansätzen der Winterhilfe, deren Angebot sich speziell an bedürftige Personen richtet und die eine enge Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten pflegt. Es ist den betroffenen Personen überlassen, ob sie das Angebot der Winterhilfe in Anspruch nehmen wollen. Artikel 14 7 Elektronische Medien gehören heutzutage zur Grundausstattung einer Haushaltung. Sie gewährleisten den sozialen Anschluss der betroffenen Person an die Aussenwelt und sind für Aus- und Weiterbildungen unerlässlich. Artikel 15 Um die Gleichbehandlung mit Minderjährigen aus Familien mit beschränkten finanziellen Verhältnissen, die jedoch nicht von der Sozialhilfe unterstützt werden, zu gewährleisten, werden Freizeitaktivitäten nur dann bis zum genannten Maximalbetrag übernommen, wenn dies einerseits für das Kindeswohl unabdingbar ist und andererseits eine der aufgezählten Voraussetzungen vorliegt. Das 16. Lebensjahr wurde als Grenze gewählt, da ein Grossteil der Minderjährigen ab diesem Zeitpunkt einerseits im Berufsleben aktiv sein wird und ihnen somit weniger Zeit für ausserschulische Freizeitaktivitäten zu Verfügung stehen wird und andererseits, weil die Minderjährigen durch den Einstieg ins Berufsleben auch selbst über ein Gehalt verfügen, welches sie für ausserschulische Freizeitaktivitäten einsetzen können. Hinzu kommt, dass ab dem 16. Lebensjahr eine Integrationszulage (IZU) von 100.00 Franken pro Monat ausgerichtet wird. Diese ist auch für persönliche Auslagen im Freizeitbereich gedacht. Artikel 16 Mit Inkrafttreten dieser Direktionsverordnung gelten die darin festgesetzten Maximalbeträge für sämtliche Neuunterbringungen. Für bereits bestehende, einvernehmliche Unterbringungen gilt der Maximalbetrag gemäss Artikel 4 Absatz 1 spätestens per 1. Oktober 2016. Die Sozialdienste haben die gesetzlichen Vertreter der Minderjährigen darauf aufmerksam zu machen, dass die entsprechenden Verträge mit den Institutionen oder Pflegeeltern anzupassen sind oder unter Umständen ein Wechsel der Unterbringung zu erfolgen hat. Eine Anpassung an die neuen rechtlichen Verhältnisse und eine allenfalls dadurch verursachte Unterbringung an einem anderen Ort ist aufgrund der grosszügigen einjährigen Übergangsfrist mit dem Kindeswohl vereinbar. Kommt es bei bereits bestehenden Unterbringungen aus anderen Gründen zu einem Wechsel der Institution oder der Pflegefamilie, sind die Maximalbeträge ab Inkrafttreten zu beachten. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn aufgrund des Bedarfs des bzw. der Minderjährigen eine andere Unterbringung fachgerecht erscheint. Artikel 17 Die Vorlage tritt per 1. Oktober 2015 in Kraft. 5. Finanzielle Auswirkungen Das Sparpotenzial kann nicht genau beziffert werden, da viele Grössen unbekannt sind. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion geht aber davon aus, dass Einsparungen in der Höhe gemäss ASP-Massnahme erzielt werden können und somit ca. brutto 6 Mio. Franken jährlich vor Lastenausgleich eingespart werden können. Das bedeutet eine Einsparung von je 3 Mio. Franken für die Gemeinden und für den Kanton. Die überwiegende Kostenersparnis wird dabei durch die Plafonierung der Unterbringungskosten erzielt. 6. Personelle und organisatorische Auswirkungen Es sind keine personellen und organisatorischen Auswirkungen vorauszusehen. 7. Auswirkungen auf die Gemeinden Die Vorlage erfordert einige Anpassungen im Vollzug der wirtschaftlichen Hilfe durch die Sozialdienste bzw. Gemeinden. Die Umsetzung der Direktionsverordnung wird bezüglich der Unterbringungskosten bei den Sozialdiensten zu Mehraufwand führen, weil durch die Kostenobergrenze die Anzahl der möglichen Institutionen eingeschränkt wird. Die Plafonierung der übrigen SIL wird kaum einen zusätzlichen Aufwand für die Sozialdienste generieren. Personelle Auswirkungen sind keine zu erwarten. 8 Die Einsparungen in der wirtschaftlichen Hilfe entlasten auch die Gemeinden. 8. Auswirkungen auf die Volkswirtschaft Es sind keine direkten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft vorauszusehen. 9. Ergebnis der Konsultation Vom 26. Juni bis 10. Juli 2015 wurde ein Konsultationsverfahren für die vorliegende Direktionsverordnung beim KJA, beim Alters- und Behindertenamt18, der BKSE sowie dem Verband Bernischer Gemeinden (VBG) durchgeführt. Das Sozialamt der Stadt Bern reichte unaufgefordert eine Stellungnahme ein. Die Einführung einer Direktionsverordnung zur Bemessung von SIL wird von den Konsultationsteilnehmern grundsätzlich begrüsst. Einige Konsultationsteilnehmer monierten, dass die Resultate des Projekts „Optimierung der ergänzenden Hilfe zur Erziehung im Kanton Bern“ abgewartet werden sollten bevor ein Maximalbetrag für die Unterbringungen festgesetzt wird. Da diese Direktionsverordnung eine umzusetzende Massnahme der ASP 2014 darstellt, kann nicht zugewartet werden bis die Resultate des Projekts vorliegen. Unter den Konsultationsteilnehmern wird weiter vermutet, dass sich die Festsetzung eines Maximalbetrages bei den Unterbringungen als kostentreibender Faktor erweisen könnte, weil die Kosten der Unterbringungen auf die Höhe des Maximalbetrages angeglichen werden könnten. Bei der Festsetzung eines Maximalbetrags ist grundsätzlich immer damit zu rechnen, dass es zu einer entsprechenden Angleichung an den festgelegten Maximalbetrag kommt. Dies liegt in der Natur der Sache und kann nicht verhindert werden. Dieser Umstand soll hingegen nicht der Grund sein, weshalb eine Plafonierung gänzlich ausbleibt. Zudem wären nicht nachvollziehbare Tariferhöhungen nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung zu hinterfragen. Aufgrund des Sparpotentials rechtfertigt sich die Plafonierung der Unterbringungskosten daher dennoch. Ausserdem sind die Sozialdienste dazu verpflichtet, bei einer Auswahl von gleichermassen zweckmässigen SIL die kostengünstigere Leistung zu gewähren.19 Diese Bestimmung ist auch bezüglich Unterbringungen anwendbar. Der kostentreibende Effekt dürfte sich dadurch in Grenzen halten. Von verschiedener Seite wird darauf hingewiesen, dass die vorliegende Fassung zu einer Ungleichbehandlung der kantonal bewilligten Einrichtungen führe, indem der Maximalbetrag nur Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich des KJA betrifft. Der Maximalbetrag trifft grundsätzlich alle Heime, wird jedoch vor allem Auswirkungen auf die privaten Heime. Die Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich des ALBA verrechnen einen Betrag von 30.00 Franken pro Tag. Die restlichen Kosten werden via Leistungsvertrag über den Lastenausgleich Sozialhilfe abgerechnet. Die von verschiedener Seite her monierte Ungleichbehandlung kann mit dieser Direktionsverordnung nicht behoben werden. Die Direktionsverordnung ist ein Instrument der indiviuellen Sozialhilfe. Aufgrund des geltenden Subsidaritäts- und Bedarfsdeckungsprinzips muss in jedem Fall, die für die bedürftige Person günstigste Lösung zum Zug kommen. Die GEF wird jedoch spätestens per Anfang 2017 die heute ungleichen Finanzierungsmechanismen korrigieren. Neu soll für Eltern grundsätzlich der Vollkostentarif einer Institution gelten, unabhängig davon, ob ihr Kind behördlich angeordnet oder mit ihrem Einvernehmen in einem privaten oder öffentlich finanzierten Heim untergebracht wird. Betreffend die neben den Unterbringungskosten ebenfalls geregelten weiteren SIL wurde bemängelt, dass die getroffene Regelung entweder zu detailliert oder nicht umfassend genug sei. Zudem wurde die Frage aufgeworfen, weshalb nicht einfach das Handbuch Sozialhilfe der BKSE als verbindlich erklärt werde. Das Handbuch Sozialhilfe der BKSE hat zum Ziel die Rechtsgleichheit in der wirtschaftlichen Grundversorgung zu gewährleisten, bestehende Richtlinien und Erlasse zu erläutern sowie die Erfahrungen aus der Praxis der Sozialdienste und der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zu sammeln und allgemein zugänglich zumachen. 18 Nachfolgend ALBA Art. 8i Abs. 3 Verordnung vom 24. Oktober 2001 über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfeverordnung, SHV; BSG 860.111) 19 9 Das Handbuch Sozialhilfe enthält eine umfangreiche Sammlung an Empfehlungen zu verschiedensten Themenkreisen mit teilweise sehr hohem Detaillierungsgrad. Das Handbuch Sozialhilfe in vollem Umfang als verbindlich zu erklären, macht aufgrund der Themenvielfalt und des Detaillierungsgrades keinen Sinn. Mit der vorliegenden Regelung erklärt der Kanton jedoch die Höhe einzelner Leistungen mit Kostenfolgen für verbindlich. Einige Konsultationsteilnehmer bezweifelten die Kostenersparnis, die mit der Plafonierung der weiteren SIL erreicht werden kann. Die Kostenersparnis betreffend die weiteren SIL ist im Vergleich zur Kostenersparnis bei den einvernehmlichen Unterbringungen geringer. Neben einer dennoch möglichen Kostenersparnis ermöglicht die Regelung aber vor allem auch die rechtsgleiche Behandlung aller betroffenen Personen. Im Übrigen wurden im Konsultationsverfahren weitere Detailbemerkungen angebracht, die teilweise durch entsprechende Anpassungen oder Ergänzungen im Erlass oder im Vortrag berücksichtigt wurden. Bern, 28. August 2015 Rechtsamt sig. Carlo Tschudi Carlo Tschudi, Fürsprecher Vorsteher
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