Vom Jungen, der nicht Weihnachten feiern wollte

Rudolf Guder
wichtig ist. Vielleicht könnte man wenigstens einzelne
VOM JUNGEN, DER NICHT WEIHNACHTEN FEIERN
Sprechergruppen ihrer Rollenbeziehung nach an
WOLLTE
kleinere, getrennte Tische setzen. Man kann aber auch
- SP 125 -
ganz ohne Tische auskommen; zumindest die beiden
Kurzinformation für den Spielleiter
"Sprecher" brauchten wohl keinen. Hier sind wir schon
Hans-Helmut hat die Nase voll vom Weihnachtsbetrieb:
mitten in einem Arrangement, das meiner Meinung nach
die gutsituierten Eltern speisen ihn mit kostspieligen
unbedingt in die Vorüberlegungen des Spielleiters und
Geschenken ab, statt ein bißchen über seine
der Gruppe gehört: es ist für die Eindringlichkeit und
eigentlichen Wünsche nachzudenken; der Lehrer will ihn
Durchschaubarkeit des Textes sicher nicht gleichgültig,
in eine stimmungsvolle Klassenfeier lotsen, obwohl die
wie man den Spielraum gestaltet, auch wenn es sich
halbe Welt von Unfrieden und Hunger gequält wird; der
"nur" um ein Lesespiel handelt. Einiges wurde schon
Pfarrer hat die Kirche zu Weihnachten nur deshalb
angedeutet. Zudem ist klar, daß sich die Sprecher-Spieler
einmal voll, weil man sich der Sitte gemäß rühren lassen
während der Proben so weit mit dem Text bekannt
möchte; und Warenhäuser und Läden arbeiten im
gemacht haben müssen, daß ihr Manuskript nur noch
hektischen Verkaufsrummel nur auf den steigenden
Hilfe, aber keine Krücke mehr bedeutet; erst dann sind
Umsatz hin. So jedenfalls hat der Junge sich die
sie ja für die sprecherische Gestaltung wirklich frei.
bekannten Argumente für seinen Privatgebrauch
Zugleich verliert aber auch das Gesamtbild an Starrheit,
zusammengestellt; und wenn auch manches davon oft
und es wäre gut denkbar, einzelne Abschnitte aus der
nur einfach nachgebetet wird - die Probleme sind da
Statik des Ganzen herauszulösen und szenisch
und die Fragen nach Änderungsmöglichkeiten auch. Das
anzuspielen - sei es mit an dieser Stelle auswendig
Spiel versucht ein paar Antworten. Probleme können
gelerntem Text oder auch mit dem Buch in der Hand.
gelöst werden, wenn man über die Ursachen nachdenkt;
Wichtige Teile können auf solche Weise ungemein an
aber mitunter ist eine spontane Handlung das einzig
Stärke gewinnen. Schon ein Platzwechsel bei der oben
überzeugende. Hans-Helmut wird nicht "bekehrt",
vorgeschlagenen Sprecheraufteilung an mehrere Tische
sondern er gewinnt eine Einsicht.
kann Bedeutung für das Mitdenken der Zuhörer haben,
Spieltyp: Lesespiel
wenn etwa Hans-Helmut vom Tisch der Eltern an den des
Spielanlaß: Advents- und Weihnachtszeit und jeder
Lehrers und der Mitschüler oder zum Platz Tante Elses
Diskussionsanlaß zum Problem "Weihnachten" in
geht, wo sich zum Schluß auch die Eltern eiinfinden. Ein
Gemeinde, Schule, Jugendgruppe, Heim,
solches Arrangement fordert Phantasie; die
Schwesternkreis, Verein und Betrieb
Bedingungen üblicher szenischer Spielleitung gelten nur
Spielraum: Saal, Kirche oder jeder andere Raum
zum Teil, neue können erfunden und erprobt werden.
Sprecher: 8 männliche, 4 weibliche (Änderungen und
Bei einer derartigen Spielanlage ist es auch nicht gut
Doppelbesetzungen sind möglich)
möglich, Doppelbesetzungen vorzunehmen, weil jeder
Spieldauer: 30 Minuten
Sprecher eben der Transparenz der Handlung wegen
Aufführungsrecht: Bezug von 10 Textbüchern
vom Hörer mit einer bestimmten Rollenfigur identifiziert
Für viele Lesespielleiter gehört der Lesetisch zur
werden sollte. Muß man bei zu geringer Spielerzahl
unveräußerlichen Zutat dieser Spielgattung: damit steht
mehrere Rollen vom gleichen Sprecher übernehmen
wenigstens ein Versatzstück im sonst kahlen Raum, und
lassen, sollte man bei einem mehr statischen Spielstil
die Grenze zwischen Darbietenden und Zuhörenden ist
bleiben.
gebührend angezeigt. Auch bei den Sprechern ist dieses
In jedem Fall bleibt eine gute Sprachregie unerläßlich.
Möbel beliebt, weil man hier eine zuverlässige Unterlage
Was an optischer Information bewußt ausgeklammert
für das Manuskript hat und damit ziemlich sicher sein
ist, kann durch Sprachklang und -dynamik, durch
kann, sich nicht im Text zu verbiestern. Ich möchte zur
Sprechrichtung (zum Partner oder ins Publikum - diesen
Abschaffung dieser Schranke raten, weil mit ihr,
Wechsel bietet ja das Lesespiel als eine besondere
zumindest in der Vorstandstischform, das Optische
Möglichkeit häufig) oder durch sinnvolle Pausen und
zementiert wird, das auch und gerade beim Lesespiel
Absätze ausgedrückt werden. Man sollte also die Zahl
1
der erforderlichen Proben nicht unterschätzen und das
HANS-HELMUT:
Lesespiel keineswegs nur als günstige Möglichkeit
... zum Kotzen!
begrüßen, die Arbeit des Textlernens einzusparen: die
DER ERSTE SPRECHER:
Gestaltungsaufgabe ist nicht geringer als bei einer
Hört euch das an! Dem wird auch nicht weihnachtlich
szenischen Darstellung.
zumute, wenn der Schnee leise rieselt und wenn die
Für gute Sprecher und tontechnisch hinreichend
Sterne in der Kälte funkeln.
erfahrene und ausgerüstete Gruppen kann die
HANS-HELMUT:
Erarbeitung dieser Vorlage als Hörspiel auf Tonband eine
Eins von beidem geht doch nur. Entweder rieselt der
interessante Aufgabe sein, wobei teils an die Stelle, teils
Schnee, oder die Sterne funkeln. Aber zu eurer
zusätzlich zu den oben vorgeschlagenen Möglichkeiten
Weihnachtsstimmung, da gehört natürlich beides auf
der Wechsel der akustischen Ebenen tritt.
einmal. Da sieht man schon, was das für eine Stimmung
Gerhard Valentin
ist. Unwahr und kitschig. Einfach lächerlich.
DIE SPRECHER
DER ERSTE SPRECHER:
Der erste Sprecher
Ja, so redet der. Schon wochenlang vor Weihnachten hat
Der zweite Sprecher
er mit solchen Sprüchen versucht, allen andern
Hans-Helmut
Weihnachten zu vermiesen. Merkwürdiger Kerl.
Der Vater
DER ZWEITE SPRECHER:
Die Mutter
Da stimmt doch was nicht mit dem.
Der Lehrer
DER ERSTE SPRECHER:
Der erste Junge
Da stimmt 'ne ganze Menge nicht. Letztes Jahr, da hat er
Der zweite Junge
nämlich noch ganz friedlich Weihnachten gefeiert mit
Das erste Mädchen
seinen Eltern.
Das zweite Mädchen
DER ZWEITE SPRECHER:
Der Pastor
Und über seine Geschenke hat er sich auch gefreut. Na
Tante Else
ja, wenn man so viel bekommt wie der. Sein Vater hat's
Einzelne Sprecher können mehrere Rollen übernehmen
eben. Zähl doch mal auf, Hans-Helmut!
DER ERSTE SPRECHER:
HANS-HELMUT:
Vom Jungen, der nicht Weihnachten feiern wollte. Ja, so
Neue Skiausrüstung, mittlere Qualität, so alles in allem
heißt die Geschichte, die wir erzählen wollen.
für ungefähr 500 Mark. Transistorradio 120 Mark, paar
DER ZWEITE SPRECHER:
Bücher und Platten, sagen wir für 150 Mark, na und so
Das klingt ein bißchen märchenhaft.
weiter.
DER ERSTE SPRECHER:
DER ERSTE SPRECHER:
Aber in Wirklichkeit ist es natürlich kein Märchen, was
Was heißt: und so weiter? Weißt du denn nicht mehr,
wir erzählen wollen, in Wirklichkeit ist es ...
was du im letzten Jahr geschenkt bekommen hast?
DER ZWEITE SPRECHER:
HANS-HELMUT:
Das wird sich schon herausstellen. Jedenfalls ist es eine
Na, wer kann sich denn das alles merken. Übrigens, das
ungewöhnliche Geschichte.
Transistorradio hab ich zum Geburtstag bekommen,
DER ERSTE SPRECHER:
nicht zu Weihnachten. Ist ja egal.
Es ist doch wirklich unglaublich, wenn einer keine
DER ZWEITE SPRECHER:
Weihnachtsgeschenke haben will und sagt:
Eigentlich finde ich es merkwürdig, daß du bei allen
HANS-HELMUT:
Geschenken den Preis angibst. Ist das so wichtig?
Auf euren Weihnachtsbaum pfeife ich auch, auf das
HANS-HELMUT:
ganze Lamettazeug und die Kugeln und alles.
Mein Vater findet das gar nicht merkwürdig, der streicht
DER ZWEITE SPRECHER:
mir dauernd aufs Butterbrot, was das alles gekostet hat.
Halt, du bist jetzt noch nicht dran. - Und sogar die ganze
Weil ich doch so undankbar bin und seine Großzügigkeit
schöne, fröhliche Weihnachtsstimmung findet er ...
nicht zu würdigen weiß. - Na ja, so ist er eben. Ist ja
2
egal.
sich richtig von Herzen freuen, das können die gar nicht
DER ERSTE SPRECHER:
mehr.
Nun gut. - Und dieses Jahr will dieser Junge also gar
DIE MUTTER:
nichts zu Weihnachten haben.
Aber schenken müssen wir ihm doch etwas.
DER ZWEITE SPRECHER:
DER VATER:
Dabei fing die Sache ziemlich harmlos an.
Natürlich. - Hat er nicht mal irgendwann was gesagt,
DER ERSTE SPRECHER:
was er gerne haben möchte? Irgendwann im Sommer,
Da hörte der Junge nämlich eines Tages, ganz zufällig
da hat er doch mal - wenn ich doch bloß noch wüßte,
und unbemerkt - weiter will ich mich dazu nicht äußern -
was das war.
, wie sich seine Eltern darüber unterhielten, was sie
DIE MUTTER:
ihrem Sohn zu Weihnachten schenken könnten.
Ich hab mal auf den Busch geklopft. Und weißt du, was
DIE MUTTER:
er da gesagt hat? "Ich möchte mich mal richtig
Karl-Friedrich, hast du dir eigentlich scbon mal überlegt,
überraschen lassen, und dann möchte ich mich ganz doll
was wir Hans-Helmut dieses Jahr schenken?
freuen, wenn ihr was ausgesucht habt, worauf ich von
DER VATER:
selber gar nicht gekommen wäre." Das hat er gesagt.
Wieso schenken? Der hat doch gerade erst Geburtstag
DER VATER:
gehabt.
Ist doch Unsinn. Hans-Helmut ist doch kein Kind mehr.
DIE MUTTER:
Überraschen! Und dann liegt das Zeug bloß rum, und er
Es ist doch bald Weihnachten. Und weil er dieses Jahr
sieht es nicht mehr an. Ist doch immer so. Das beste
doch bei Tante Else feiern muß, da habe ich gedacht, es
wäre, wir drückten ihm 500 Mark in die Hand, und
müßte was Besondres sein, damit er nicht so traurig ist.
davon kann er sich dann selber was kaufen.
DER VATER:
DIE MUTTER:
Richtig. Weihnachten, das kommt ja auch auf uns zu.
Aber Karl-Friedrich, das geht doch nicht.
DIE MUTTER:
DER VATER:
Hast du dir schon mal Gedanken gemacht?
Weiß ich auch. - Na. ich werde mal den Schulze fragen -
DER VATER:
den Portier, kennst du ja. Ist ein ordentlicher Mann. Der
Wieso ich, Edelgarde? Ich hab doch schon genug um die
hat drei von der Sorte. Vielleicht weiß der was.
Ohren, und da soll ich auch noch nachdenken, was wir
DER ERSTE SPRECHER:
dem Jungen zu Weihnachten schenken können. Das ist
Ja, und da konnte sich der Junge nicht mehr
doch wohl deine Sache, meine ich.
beherrschen und kam herein.
DIE MUTTER:
DER ZWEITE SPRECHER:
Meine Sache? Als ob ich mal ein Junge gewesen wäre!
Vielmehr, er ging bloß so zufällig durch das Zimmer und
Was weiß ich denn, worüber sich ein Junge freut? Und
sagte wie nebenbei:
was Ausgefallenes muß es sein, alles andere hat er ja
HANS-HELMUT:
schon.
Dieses Jahr braucht ihr mir gar nichts zu schenken.
DER VATER:
DER ZWEITE SPRECHER:
Na, als ich noch ein Junge war, da waren wir
Und dann ging er wieder hinaus und machte die Tür
bescheidener, kann ich dir sagen. Da gab es eine Gans
hinter sich zu.
zu Weihnachten, natürlich, und den Tannenbaum, und
DER ERSTE SPRECHER:
jeder bekam eine Kleinigkeit, ein Buch und was zur
Etwas zu laut machte er sie zu, und die Eltern
Eisenbahn dazu und so was. Und dann erst im Krieg, da
schüttelten die Köpfe über diese Frechheit.
gab's doch nichts. Und da hab ich mal ein Paar
DER ZWEITE SPRECHER:
Schlittschuh gekriegt, alte Dinger, die mein Vater
Aber sie kauften natürlich doch etwas für ihn:
irgendwo aufgetrieben hatte. Da war ich vielleicht
DER VATER:
glücklich, kann ich dir sagen. - Aber heute! Immer
Ein Tonbandgerät und ein Moped.
anspruchsvoller wird die Jugend. Und so richtig freuen,
DIE MUTTER:
3
Und einen neuen Blazer, obwohl wir die Dinger gar nicht
DIE MUTTER:
mögen.
Du bist aber auch gleich ein bißchen zu scharf
DER VATER:
geworden, Karl-Friedrich.
Und Platten und Bücher, obwohl er davon schon jede
DER VATER:
Menge hat.
Ich? Wieso scharf? Ich hab doch bloß gesagt:
DIE MUTTER:
Weihnachten wird gefeiert! Basta! In Mittenwald! Die
Ja, und dann wollten wir ihm noch eine besondere
Fahrkarten sind gekauft, Zimmer bestellt. Geschenke
Überraschung bereiten.
sind schon besorgt. Ach, man sollte das ganze Zeug
DER VATER:
armen Kindern schenken, du undankbarer Lümmel.
Eigentlich war ja abgemacht, daß er bei Tante Else
DER ERSTE SPRECHER:
bleibt, bei meiner Tante Else, ist ein herzensguter
Ja, das war wirklich keine sehr gemütvolle, fröhliche
Mensch, und immer so allein, die hätte sich riesig
Vorweihnachtsstimmung, kein bißchen besinnlich und
gefreut. Aber Weihnachten, na ja, da geht eben die
erwartungsvoll.
eigene Familie vor.
DER ZWEITE SPRECHER:
DIE MUTTER:
Aber es kam noch schlimmer. Ein paar Tage später kam
Ja, wir fahren nämlich schon am 18. nach Mittenwald,
von der Schule ein Brief, in dem wurde den Eltern
und da hat Hans-Helmut noch Schule. Und allein
offiziell mitgeteilt, daß ihr Sohn ernsthaft getadelt
nachkommen, das sollte er eigentlich für die paar Tage
worden sei und er deshalb mit einer Herabsetzung der
nicht, haben wir gedacht. - Schade, grade Weihnachten,
Führungsnote zu rechnen hätte - und im
wo doch die Familie zusammengehört.
Wiederholungsfalle und so weiter und so weiter.
DER VATER:
DER ERSTE SPRECHER:
Natürlich, aber was sollten wir machen. Wenn ich über
Was war geschehen? Der Lehrer hatte nur gesagt:
die Festtage zu Hause bleibe, habe ich überhaupt keine
DER LEHRER:
Ruhe. Das haben wir schon oft genug erlebt. Der Betrieb
Also, am letzten Schultag vor den Ferien bringt jeder ein
frißt einen auf.
hübsches Päckchen und eine Kerze mit, und da feiern
DIE MUTTER:
wir in den beiden letzten Stunden ganz besinnlich
Und da haben wir uns schließlich doch entschlossen, ihn
Advent. Steckt nicht zuviel in die Päckchen, so für zwei
nachkommen zu lassen.
bis drei Mark, mehr soll es nicht kosten. Macht euch
DER VATER:
lieber Gedanken statt Unkosten, um was Persönliches zu
Ja, und als besondere Überraschung sollte er bis
finden. Plätzchen backen die Mädchen im
München fliegen. Aber meinen Sie, der Junge hätte sich
Kochunterricht. Gedichte - lassen wir uns überraschen.
gefreut? Mit einem so frechen Ton in der Stimme, daß
Lieder - Hans-Helmut, was ist denn? Mußt du dauernd
mir mein Vater dafür sofort eine runtergehauen hätte,
reden?
hat er gesagt:
HANS-HELMUT:
HANS-HELMUT:
Ich mache da nicht mit.
Ach, wißt ihr, fahrt ihr mal alleine. Da hab ich
DER LEHRER:
wenigstens meine Ruhe. Ich möchte dieses Jahr nämlich
Was soll das heißen?
überhaupt nicht Weihnachten feiern.
HANS-HELMUT:
DIE MUTTER:
Ich feiere dieses Jahr überhaupt nicht Weihnachten und
Ja, das hat er gesagt. Und dabei ist es doch nur so
also auch nicht Advent. Bitte beurlauben Sie mich für die
richtig schön zu Weihnachten, wenn die ganze Familie
beiden Stunden.
zusammen ist.
DER ERSTE SPRECHER:
DER VATER:
Die Klassenkameraden begannen zu feixen und zu
Hat man so etwas schon gehört? Da will man dem
tuscheln. Und die Mädchen empörten sich natürlich so
Burschen eine Freude machen und bekommt so eine
laut, daß der Lehrer genau hören konnte, wie wenig sie
Antwort.
mit Hans-Helmut einverstanden waren.
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DAS ERSTE MÄDCHEN:
DER ERSTE SPRECHER:
Das ist so eine neue Masche von dem.
Und in der Pause nachher, da gab es dann folgendes
DAS ZWEITE MÄDCHEN:
Gespräch auf dem Schulhof:
Gemeiner Kerl!
DER ERSTE JUNGE:
DAS ERSTE MÄDCHEN:
Mensch, da hast du dich aber ganz schön reingeritten.
Der will sich ja bloß aufspielen.
HANS-HELMUT:
DAS ZWEITE MÄDCHEN:
Ist mir doch egal. Da pfeife ich drauf.
Der will bloß allen die Stimmung verderben, der
DAS ERSTE MÄDCHEN:
Miesmacher.
Du bist ein fürchterlicher Miesmacher, finde ich.
DER LEHRER:
DAS ZWEITE MÄDCHEN:
Bitte Ruhe! - Also Hans-Helmut, du willst dieses Jahr
Kommst dir wohl mächtig interessant vor, was?
nicht Weihnachten feiern. Dann könntest du uns
DER ZWEITE JUNGE:
wenigstens erklären, warum nicht.
Blödsinn, so was. Nicht Weihnachten feiern wollen! Was
HANS-HELMUT:
sagen denn deine Alten dazu?
Das ist meine Privatsache.
HANS-HELMUT:
DER LEHRER:
Interessiert mich nicht. Werden sich damit abfinden
Du irrst. Wenn es sich um unsere gemeinsame
müssen.
Klassenfeier handelt, dann ist das nicht deine
DER ZWEITE JUNGE:
Privatsache, ob du mitmachst oder nicht.
Dann ist es aber auch mit den Geschenken Essig.
DER ERSTE JUNGE:
HANS-HELMUT:
Soll er doch wegbleiben, wenn er keine Lust hat.
Eben nicht! Die sind längst besorgt. Hab sie selbst
DER ZWEITE JUNGE:
angenommen, paar wenigstens. Die haben sich nicht
Wir können auf seine Anwesenheit gern verzichten.
mal die Mühe gemacht, sie heimlich zu besorgen.
DER LEHRER:
DAS ERSTE MÄDCHEN:
Nein, das geht nicht. Wir sind eine Gemeinschaft.
Was ist es denn?
Entweder wir feiern alle oder gar nicht. Keiner darf sich
HANS-HELMUT:
ausschließen, wenn er keinen stichhaltigen Grund hat.
Führerscheinfreies Moped und ein Tonbandgerät.
HANS-HELMUT:
DER ZWEITE JUNGE:
Den hab ich.
Mensch, ein Tonbandgerät!
DER LEHRER:
HANS-HELMUT:
Dann sag ihn uns bitte.
Volltransistorisiert, Batterie- und Netzbetrieb, Tricktaste,
HANS-HELMUT:
alle Schikanen.
Das geht keinen etwas an, warum ich nicht Weihnachten
DER ZWEITE JUNGE:
feiern will.
Batteriebetrieb! Mann, wenn ich das hätte, dann könnte
DER ZWEITE SPRECHER:
ich dufte Vogelstimmen aufnehmen. Interessiere mich
Und so ging es noch eine ganze Weile hin und her.
doch dafür, wißt ihr ja.
Hans-Helmut blieb bei seiner Weigerung, die Klasse
HANS-HELMUT:
wurde immer wütender und lauter. Und als schließlich
Kannste haben. Ich bring's dir am 25. vorbei.
Hans-Helmut sagte:
DER ZWEITE JUNGE:
HANS-HELMUT:
Du bist wohl verrückt, was?
Mich kotzt dieses ganze Weihnachten an, diese ganze
DAS ZWEITE MÄDCHEN:
heuchlerische Gefühlsduselei, das ist bloß was für
Wegschenken, was du grade von deinen Eltern
Vollidioten.
bekommen hast?
DER ZWEITE SPRECHER:
HANS-HELMUT:
Da bekam er seinen saftigen Tadel und die Eltern den
Die merken davon nichts. Wenn die am 2. Januar aus
Brief.
Mittenwald zurückkommen, haben die längst vergessen,
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