Laudatio Bettina Kölbl-Resl für Staatspreisträgerin Alexandra

Verleihung Gabriele Possanner-Staatspreis, 11. Dezember 2015
Laudatio
für Univ. Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer
Bettina T. Kölbl-Resl
Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
Sehr geehrte Frau Sektionschefin,
Sehr geehrte Preisträgerinnen,
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Jury,
Sehr geehrte Damen und Herren,
„Da nun Frauen an Intelligenz und Willenskraft den Männern nicht nachstehen, so ist
nicht einzusehen, weshalb den Frauen höhere Berufskreise verschlossen bleiben sollen.
Wenn Kaiserinnen und Königinnen durch thatkräftige und weise Regierung sich
unsterblichen Ruhm in der Geschichte erworben haben, warum sollten dann Frauen für
unfähig erachtet werden, in höheren Berufskreisen segensreich wirken zu können?"
Dieses Zitat entstammt der Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, in der am 5. April 1897
Teile der Rede Gabriele Possanners Doktorvaters unter dem Titel „Der erste weibliche
Arzt“ erschien; also drei Tage nach Gabriele Possanners Promotion in Wien; die erste
fand ja bereits vier Jahre zuvor in der Schweiz statt.
Mag die Sprache des eingangs verlesenen Zitats für unsere Ohren heute nicht mehr
vertraut klingen, der Inhalt kann und muss leider knapp 120 Jahre nach dessen
Aussprache als nicht nicht zutreffend bezeichnet werden.
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Lassen Sie mich noch ein wenig bei Sprache bleiben.
„Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf eine gegenderte Schreibweise des
nachfolgenden Textes verzichtet,“ – auf geschlechtersensible/geschlechtergerechte
Sprache verzichte man lieber im Sinne der Lesbarkeit. Diesen oder einen so ähnlich
formulierten Lesbarkeitshinweis finden Sie zu Beginn der meisten Publikationen; nicht
zuletzt oft wissenschaftlichen Publikationen.
Man meine die Frauen ja ohnedies mit - auch wenn man nur von Männern spricht.
Man meine die Frauen mit.
Dies macht auch die Medizin. Und dieses Subsumieren von Frauen kann und ist in
vielen Bereichen von Medizin und Gesundheit lebensgefährlich. Schlaganfall und
Herzinfarkt sind mittlerweile in der Öffentlichkeit bekannte Beispiele für die
Unverträglichkeit dieses „Mitmeinens“.
Der Auflösung dieses Problems widmet sich unsere diesjährige Gabriele Possanner
Staatspreisträgerin.
Sehr geehrte Frau Univ.-Prof.in Dr.in Alexandra Kautzky-Willer,
Ein Portrait über Sie auf der Plattform diabetes-austria beginnt folgendermaßen: „Es
gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen: Entweder leistet man wirklich etwas, oder
man behauptet, etwas zu leisten.“
Der hier Zitierte rät zur ersten Methode, denn hier sei die Konkurrenz bei weitem nicht
so groß. „Es gibt kein Bonmot, das den Aufstieg von Dr.in Alexandra Kautzky-Willer zur
Universitätsprofessorin, Top-Diabetologin und Gender-Medizinerin besser beschreibt.“
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Und ich hoffe meine Jury-Kolleginnen und –Kollegen erlauben mir – zugegeben
unabgesprochenerweise -, dass ich einen Einblick in die für die heutige Preisvergabe
entscheidende Jurysitzung gebe. Bei der meinte nämlich eines der Jurymitglieder, der
Unterzeichner der Nominierung Vizerektor bzw. mittlerweile Rektor der Medizinischen
Universität Wien Univ.-Prof. Dr. Markus Müller müsse sich wohl beim Geburtsjahr der
Nominierten vertippt haben. Statt einer 6 müsse hier wohl eher eine 4 an der dritten
Stelle der Jahreszahl stehen. Nicht anders sei diese überwältigende Fülle an
herausragenden wissenschaftlichen Publikationen, Vorträgen und insgesamt dieses
wissenschaftliche Wirken zu erklären.
Univ. Prof.in Dr.in Alexandra Kautzky-Willer ist seit Beginn ihrer wissenschaftlichen
Karriere in der Frauenförderung und Frauenforschung engagiert. Ihr besonderes
Interesse gilt dem Themenbereich „Women's Health und Gender-Based Medicine". Als
Gendermedizinerin setzt sich die Wissenschafterin für die Gesundheitsförderung und
eine bessere, umfassende, geschlechtergerechte medizinische Versorgung von Frauen
und Männern in der Forschung, Lehre und Praxis ein. Als Professorin für Gendermedizin
an der Medizinischen Universität Wien hat sie an der Universitätsklinik ein
Forschungsnetzwerk für interdisziplinäre Geschlechterforschung aufgebaut, darüber
hinaus ist sie auch an der Entwicklung einer nationalen und internationalen Task Force
für Geschlechterforschung und Lehre mit Ausarbeitung eines europäischen Curriculums
zur Integration geschlechtsspezifischer Lehre in die Ausbildung der Studierenden sowie
postgraduell beteiligt. Als Mentorin und Vorsitzende des Arbeitskreises für
Gleichbehandlung der Medizinischen Universität Wien unterstützt sie insbesondere
Frauen in der Wissenschaft und auf ihrem Karriereweg in der Medizin.
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Im Jahr 2011 wurde Sie beim Österreicher/in des Jahres Award in der Kategorie
Forschung nominiert und wurde 2013 zu einer der „Women Inspiring Europe" gewählt
(eine Initiative des European Institute for Gender Equality). Als Mitgründerin der
Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung (ÖGGF) unterstützt sie die
Etablierung, Weiterentwicklung und Förderung von Geschlechterforschung in ihrer
gesamten Breite im universitären und außeruniversitären Bereich in Österreich.
Die Jury unterstreicht mit der Vergabe des Staatspreises an Alexandra Kautzky-Willer
die Wichtigkeit der Berücksichtigung der Genderdimension in der medizinischen
Forschung. Nach zehn Jahren – 2005 wurde Univ.-Prof. Dr. Margarethe Hochleitner von
der Medizinischen Universität Innsbruck dieser Preis zuerkannt – ergeht die
Auszeichnung zum zweiten Mal in der mittlerweile 18jährigen Geschichte des Gabriele
Possanner Staatspreises in der Disziplin der Namensgeberin.
Und ich bin mir sicher, wenn Sie mir abschließend dieses Bemerkung erlauben, dass mit
Hilfe der heurigen Staatspreisträgerin nicht weitere zehn Jahre vergehen müssen, bis es
zur Auszeichnung einer weiteren außerordentlichen und herausragenden GenderMedizinerin kommt.
Herzliche Gratulation, Alexandra Kautzky-Willer!
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