Der Zauber des Neuanfangs: Ideen und Konzepte 1989 / 1990

Deutsches Institut für
Stadt und Raum
Der Zauber des Neuanfangs: Ideen und Konzepte
1990/ 1991 Prof. Dr. Rainer Winkel
DISR Deutsches Institut für Stadt und Raum (Berlin/Wiesbaden)
9. November 2015, Berlin
ARL Herbsttagung 2015, 9.-10.11.2015 / Berlin: Raumplanung: Im Plan oder ohne Plan?
LAG Berlin-Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern
LAG Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
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Inhalt
• Rückblick: Ausgangsbedingungen, der großen Unterschiede und
Disparitäten
• Wende und Wiedervereinigung
• Ziele, Ideen, Hoffnungen, Erwartungen zum Neuanfang
• Zusammenwachsen/Disparitätsabbau/Konzepte
• Raumplanung
• Resümee
Prof
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Ausgangsbedingungen, großen Unterschiede/Disparitäten
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Seit 1950 unterschiedlich ausgerichtet und entwickelt
Staatsform, Recht, Grundbesitz
Einwohner, Dichte, Alter, demografischer Wandel
Gebietskulisse: Länder, Gemeinden, Kreise
Wirtschaft
Wohnen
Infrastruktur
Warenversorgung
Hohe ostdeutsche Umweltschäden / ökologisch hochwertige Landschaften
Aber
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Prof
Qualifizierte Arbeitskräfte
Soziale Infrastruktur
Erreichbarkeiten
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Unterschiede/Gemeinsamkeiten Raumordnung/Territorialplanung
• unterschiedliche Entscheidungsstrukturen
Aber
•
gleiche Wurzeln
•
Ausrichtung auf Disparitätenabbau
•
gewisse Spezialisierung der Raumfunktionen, Tendenz Ausgleichfunktion ländliche
Raume,
•
Zentrale-Orte-System indirekt auch in Territorialplanung
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Wende und Wiedervereinigung
• Frühjahr 1990 Hoffnung deutsche Föderation
In dieser Zeit:
• Kontaktaufnahme TU-Berlin (IRS) und Ausbildung Territorialplanung
Ostberlin.
• Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen
• Ost-West-Austausch Stadt- und Regionalplanern
• 3.10.1990 Wiedervereinigung
Damals die zauberhafte Idee:
• Nicht rückwärts sondern nach vorne sehen.
• In keinem System ist alles schlecht und in keinem alles gut.
• Wenn die positiven Erscheinungen Westdeutschlands und die Ostdeutschlands bei
Beseitigung der negativen Erscheinungen zusammengeführt werden,
dann die besten Chancen zur Entwicklung einer deutschen Föderation.
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Hoffnungen, Ziele, Ideen, Erwartungen
•
Strukturen für Ost-West-Zusammenwirken/–wachsen, und europäischer Integration
•
Weiterentwicklung der Gebietskörperschaften
•
Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen, vor allem durch Abbau der
Disparitäten in Wirtschaft und Daseinsvorsorge.
•
Wiedervereinigung erhöht deutsche Wirtschaftskraft, Nutzung DDR-Ostverbindungen.
•
Sanierung Ostdeutschen Umweltschäden / Sicherung ökologisch wertvollen Räume
•
Weiterentwicklung (gesamt) deutsche Raumordnung
•
Planerausbildung Zusammengehen TU-Berlin und HfÖ / Humboldt Universität in
Ostberlin
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Zusammenwachsen/Konzepte/Disparitätenabbau
Angleichung an föderale Staatstruktur Westdeutschlands
•
Übernahme bundesdeutschen Rechts,
•
Problem Landegesetzgebung
•
Überwindung Finanzschwäche ostdeutscher Kommunen (Solidaritätsbeitrag)
Disparitätenabbau wesentliche Aufgabe des Zusammenwachsens
Aber weitgehend einseitig Übernahme westdeutscher Strukturen
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Dispariätenabbau: Wirtschaftsangleichung
Probleme und Möglichkeiten wurden falsch eingeschätzt
Konzept: Privatisierung, Ausbau Infrastruktur, Gewerbegebiete, Einsatz von
Fördermitteln
• Gewerbegebieten, z. T. Fehlplanungen
• Privatisierung z. T. fragwürdig
• Förderung mit traditionellen Konzepten anstatt Chance für neue Konzepte.
• Abwicklung großer DDR-Industrien wie Bergbau
• fehlende Kapitalkraft ostdeutscher Betriebe, Abwicklung von Geschäftsbeziehungen
• über ein Drittel der Arbeitskräfte durch Strukturanpassung überflüssig
• fragwürdige Fortbildung/Schulungen
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Dispariätenabbau: Verkehrsinfrastruktur, Wohnungen
Verkehrsinfrastruktur
• Enormer Ausbau + Sanierung,
• aber fehlende Unterhaltsbewältigung
• Modernisierung der Fahrzeuge, aber Ausdünnung von Verbindungen
Wohnungen
• Beseitigung ostdeutsches Versorgungsdefizite, aber auch Schaffung eines
Überangebots mit Abbruchbedarf
Warenversorgung:
• Schnelle Angleichung, aber auch zu viel Fläche an falscher Stelle, Ausdünnung in
der Fläche.
Soziale Infrastruktur Kinder:
• Abbau quantitativ hoher Kinderbetreuungsangebote
Soziale Infrastruktur Schulen:
• Westdeutsche System/leistungsfähige Großschulen, Ausdünnung in der Fläche
Soziale Infrastruktur Gesundheit:
• Privatisierung ambulanter Versorgung, aber steigende Versorgungsprobleme in der
Fläche, neue Konzepte in Anknüpfung an ostdeutsche Vergangenheit
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Raumplanung
Fehlende Planungsstrukturen, Planungen
• Westdeutsche Berater
• 1991/92 die ersten REK auf Landkreisebene (mindestens zwei)
Ein Grundproblem:
• Missverständnisse ostdeutschen und westdeutschen Planern
1991 Raumordnerisches Konzept Aufbau in den neuen Bundesländern
1993 Raumordnungspolitischer Orientierungsrahmen als erste gesamtdeutsche
deutsche Planung
Reihe von Überlegungen/Konzepten des Neuanfangs, aber Umsetzungsprobleme,
Städtenetzen neues Planungsinstrument
1991-1992 Landesplanungsgesetze (20.6.1991 – 24.6.1992)
1992-1994 Aufbau Stellen für Landesraumordnung
ab 1992/93 Aufstellung Landesraumordnungsplänen, -programmen, Landesentw.pl.
ab 1993 Aufbau Stellen Regionalplanung (teilweise erst 1994/95)
1995 flächendeckend Landesraumordnungsplänen, -programmen, LEP
bis Ende 90-er Jahre flächendecken Regionalpläne (meisten Länder früher)
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Raumplanung
Wesentlicher Grund für Fehlentwicklungen:
Durch Abwicklung Territorialplanung in Ostdeutschland quasi keine
Steuerung der räumlichen Entwicklung.
• Von 1990 bis 1991/92 Raumplanung in Ostdeutschland faktisch nicht vorhanden
• 1993 war sie noch schwach und oft wirkungslos
• Problem eine gemeinsame gesamtdeutsch Raumplanung fehlte
Neue Bundesländer ab 3.10.1990 Planungskompetenz, aber
•
•
•
•
keine gesetzlichen Grundlagen,
kein Instrumentarium
kein Personal
keine Planung dafür
Deshalb zunächst Provisorium: Vorschaltgesetze / Beschleunigungsgesetze
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Raumplanung
Nachteile durch fehlende Raumplanung:
•
•
•
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Gewerbegebiete (weniger geeignet)
Einkaufsmärkte (zu viel Fläche, falscher Stelle)
Technische Infrastruktur (z. T. Fehlplanungen)
Wohnbebauung (zu viel, Außenbereich)
Wenig Nutzung Weiterentwicklungschancen, z. B.
• Kritische Hinterfragung/Weiterentwicklung der Raumordnung
• zukünftig Funktion ländlichen Raumes
• Klärung Folgen der Telekommunikation für Standortentwicklung und ZentralenOrte.
• Ablehnung statt Prüfung ostdeutscher Konzepte zur Daseinsvorsorge
• kein fachlicher Austausch mit Territorialplanung, Abwicklung der Ausbildungsstätten
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Resümee
Erfüllung von Hoffnungen und Erwartungen des Neuanfangs :
• Wiedervereinigung – trotz mancher Schwächen / Fehlentwicklungen gelungen.
• Angleichung der Lebensverhältnisse
• ausgeglichene Wanderungsbewegungen
• Funktionsfähige Landesplanung und Regionalplanung in Ostdeutschland,
aktuellen LEPs und Regionalplänen.
• innovative Beiträge ostdeutsche Landesplanungen
• Innovativer Einfluss auf Daseinsvorsorge durch ostdeutsche Beiträge
MVZ, Gesundheitskarte, AGnES, VERAH, NäPa., flexible Konzepte zur Sicherung
kleiner Landschulen
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Resümee
Aber
•
Austausch mit Territorialplanung zur Hinterfragung der unterschiedlichen Systeme
i. d. Bundesländern für zukunftsgerichtete Weiterentwicklung Raumordnung blieb
ungenutzt.
•
Ressourcenvergeudung durch Fehlplanungen (Wohnungsbau, technische
Infrastruktur, Schulbau, Schulungen...).
•
Chancen für eine umfassende Neuordnung Gebietsstruktur blieben ungenutzt
•
Übernahme fortschrittlicher ostdeutscher Versorgungsstrukturen
Kinderbetreuung oder ärztliche Versorgung ländlicher Räume) ungenutzt, erfordern in
nächsten Jahren hohen Einsatz zur Stabilisierung dieser Räume.
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Das erreichte ist anzuerkennen, vieles ist gelungen, dennoch eine zwiespältige
Bilanz, wichtige Chancen wurden nicht genutzt,
vielleicht können wir daran anknüpfen, manches in der Zukunft realisieren.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Prof. Dr.-Ing. Rainer Winkel, Deutsches Institut für Stadt und Raum, Berlin-Dortmund-Dresden-Wiesbaden
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