Hindernisse in der Innovationspraxis überwinden

11/2015 | CHF 14.30 / € 13,50
Das Magazin für integrierte Managementsysteme
Brachliegendes
Wertschöpfungspotenzial 4
SAQ Qualicon:
Permanent im
Wandel6
Nützliches Risikomanagement 18
Qualitätsprüfungen
planen26
Hindernisse in der
Innovationspraxis überwinden
S
NEUE
L:
U
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M NAGEMENT»
O MA
015
«RISIK ISO 9001: 2
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APROPOSINHALT
Liebe Leserinnen und Leser
Motivierte Berufskollegen kennen diesen Umstand: Man möchte sich einloggen. Bis auf die hängige Botschaft «bad
credentials» (Dt.: Schlechte Referenzen) auf dem Screen geht eigentlich
nichts im Büro.
Technische Unzulänglichkeiten und
Leerläufe demotivieren. Sie können jedoch auch Augenblicke für einen Checkup bieten.
Kleinere Misserfolge mögen «blockierte
Workaholics» noch nicht dazu bringen, an der Welt und sich zu zweifeln. Sie sollten einen jedoch auch
voranbringen, insbesondere dann, wenn man mit verschiedenen Disziplinen des Lebens konfrontiert wird. So haben kürzlich Wissenschafter
der University of Arizona, Tucson, Ameisen koloriert. Die wohl fleissigsten Subjekte der Insektenwelt wurden auf ihr Arbeitsverhalten hin untersucht (Ergebnisse der Entomologen Daniel Charbonneau und Anna
Dornhaus sind unter «Behavioural Ecology and Sociobiology» zu finden; Bd. 69, S. 1459, 2015).
Aus dieser Studie könnten geneigte Leser und Leserinnen ableiten: Eine
Majorität der Ameisen lässt es ruhig angehen. Die Erhebungen zeigen:
2,6 Prozent der Ameisen arbeiten sehr hart und ohne wirkliche Pausen.
Rund drei Viertel der Ameisen arbeiten ab und zu einmal, «lümmeln»
aber lange Zeit im Bau herum – dies offenbar mehr als die Hälfte der
Zeit. Ein letztes Viertel der Ameisen tut nichts Erkennbares. So könnte
ein Schweizer Workaholic schon ins Stutzen geraten: Nichts?
Möglicherweise, so eine Hypothese, könnten die auffällig vielen laxen
Ameisen Beobachter sein. Insekten, denen man von aussen nicht ansieht, ob sie arbeiten oder nicht. Allenfalls könnten sie auch eine Art
Statistiker sein, die hereindrippelnde Ameisen interviewen, etwa darüber, wie die Kollegen Ressourcen richtig proportionieren, oder zumindest darüber, wo die Arbeiterameisen essentielle Werkstoffe aufpicken.
Hauptsache – so könnte ein Freizeitforscher denken – jede Ameise
kennt ihr Ziel. Jede Ameise ist bestens instruiert, Prozesse mit einer entsprechenden Information abzuwickeln. Möglicherweise gibt es ja Arbeiterameisen beobachtende Stabsameisen, die sofort «checken», dass
diejenigen Programme und Technologien, die für Leerläufe sorgen,
hinsichtlich kollektiven Zielen zu beseitigen sind.
Sicher praktische Erkenntnisse über Ideen- und Innovationsmanagement, Risikomanagement oder über die Planung von Qualitätsprüfungen finden Sie in den nächsten vorliegenden Seiten.
FLASH
Brachliegendes Wertschöpfungspotential4
Von Hartmut Volk
50 JAHRE SAQ
Permanent im Wandel6
Von Hans-Henning Herzog
« Le contact avec le terrain reste une
obligation incontournable »9
Interview von Michael Merz
BUSINESS EXCELLENCE
Hindernisse bei der Innovationspraxis12
Von Lisa Bachofen
Die Zukunft in die Gegenwart holen14
Von Michael Wyrsch
Fruchtbare Ideen16
Von Thomas Berner
SAQ/SAQ-QUALICON AG
Fokus auf Sicherung der Business Exzellenz17
Von Ernst Zryd
RISIKEN MANAGEN
Mehrwert für KMU !18
Andreas Gitzi, Peter Tschudin
Einblick in das Management in der «Unsicherheitszone»20
Von Dr. Claudia Meier Magistretti und Dr. Gian-Claudio Gentile
Gelegenheit für «De-Risking» bei Schweizer
Pensionskassen 22
Von Michael Merz
QUALITÄT SICHERN
Das Kreuz mit den Produktdaten24
Von Hubert Surrer und Marc Hankmann
Qualitätsprüfungen planen, anpassen und daraus lernen26
Von Jan Kukulies und Robert Schmitt
RUBRIKEN
Szene
Produktenews
Agenda/Impressum
Michael Merz
Redaktor
MQ Management und Qualität 11/2015
Verbandsnachrichten
MARKT-INFOS
10
28
30
Meetingpoint
Marketplace
29
29
Titelbild: Antrey – fotolia.com
3
FLASH
Beschwerdemanagement
Brachliegendes
Wertschöpfungspotential
Von Hartmut Volk
Unzufriedene Kunden sind keine Seltenheit. Eine
Seltenheit hingegen ist das professionelle Bemühen
der Unternehmen, diese Unzufriedenheit in Zufriedenheit zurückzuverwandeln. Bernd Stauss, emeritierter Professor für Dienstleistungsmanagement,
hat kürzlich die 5. vollständig überarbeitete Auflage seines Standardwerks «Beschwerdemanagement
– Unzufriedene Kunden als profitable Zielgruppe»
veröffentlicht.
D
as folgende Interview ver­
sucht Antworten auf die
Frage weshalb sich die
Unternehmen meist nur recht
halbherzig mit Kundenbe­
schwerden und Reklamationen
befassen.
Professor Stauss, Sie freuen sich
über das Erscheinen der 5. Auflage
Ihres Beschwer­
demanage­
mentbuches.
Im Gegen­
satz dazu ist
der nach
wie vor
wenig
Prof. Dr.
Bernd Stauss.
4
professionelle Umgang mit un­
zufriedenen Kunden keine Freu­
de. Warum?
Bernd Stauss: Wissen Sie, es gibt
Fehlvorstellungen, die haben sich
einfach festgesetzt. Eine solch
hartnäckige Fehlvorstellung ist
die Annahme, ein sinnvolles Be­
schwerdemanagement kostet nur
Geld, bringt aber nichts ein. Dabei
liegt in diesem Bereich noch ein
ganz beachtliches Wertschöp­
fungspotenzial brach. Doch
das wollen die Unternehmen
einfach nicht wahrhaben.
Und so machen sie den Feh­
ler, sich mit der an sie her­
angetragenen Unzufrie­
denheit
meist
mehr
schlecht als recht zu befas­
sen anstatt sie konse­
quent auszu­
räumen
und die
Ku n ­
den ii­
wieder für sich zu gewinnen. Und
die Quittung für diese, Pardon,
unprofessionelle Stümperei be­
kommen sie dann erfahrungsge­
mäss auch prompt: Die nun erst
richtig verärgerten Kunden
wandern ab und sind wiederum
erfahrungsgemäss meist für im­
mer verloren.
Wo liegt der entscheidende
Denkfehler, der für die Misere
des derzeitigen Beschwerde­
managements verantwortlich ist?
Nun ja, im Grundsätzlichen wie
gesagt darin, dass das Wertschöp­
fungspotenzial, das in einem
durchdachten Beschwer­de­mana­
gement zweifelsfrei schlummert,
einfach nicht gesehen wird. Und
aufgrund dieser Blindheit setzen
die Unternehmen auf den ersten
Fehler einen zweiten drauf! An­
statt eine konsequente Strategie
der Minimierung von Kundenver­
lusten durch Unzufriedenheit zu
fahren, verstärken sie ihre An­
strengungen zur deutlich teure­
ren Neukundenakquisition, erhö­
hen dazu die Werbe- und Ver­
triebsbudgets, suchen aber ver­
stärkte Kostensenkungspotenzia­
le im Customer Care. Damit ins­
tallieren die Unternehmen genau
den Treibsatz, der die unzufriede­
nen Kunden nun endgültig gera­
dezu aus dem Haus treibt. Das ist
ein eindeutig kontraproduktives
Lassen einerseits und Tun ande­
rerseits!
Aber was zum Teufel blockiert
die Einsicht in diese Zusam­
menhänge und damit die
Bereitschaft, in Sachen
«Beschwerdemanagement»
die Verhaltensweichen neu
zu stellen?
Na ja, wenn Sie so wollen, wieder
mal Menschliches, allzu Mensch­
liches. Schauen Sie sich das ganz
normale menschliche Reaktions­
verhalten auf Kritik an. Die meis­
ten sperren sich dagegen. Kritik
und die Kritiker dürfen nicht mit
überschäumenden Wertschät­
zung rechnen. Und Unterneh­
men sind nun mal auch nur
‹Menschen›. Und deshalb gibt es
in den Unternehmen schon mas­
sive Widerstände gegen den Be­
griff ‹Beschwerde›. Er wird unmit­
telbar mit Kritik, Ärger und Zu­
weisung von Schuld verbunden.
So vermeiden Unternehmen die­
sen Begriff auch möglichst sowohl
in der Kommunikation von Kon­
taktangeboten als auch bei der
Bezeichnung der entsprechenden
Ansprechstellen. Überall stossen
Sie auf die Verzuckerung der Sa­
che: Kontakt, Service, Feedback.
Und weil diese Scheu vor Kritik,
diese Angst, das Kind beim Na­
men zu nennen und den Tatsa­
chen beherzt ins Auge zu blicken,
nun mal da ist, herrscht in den
meisten Unternehmen auch die
Tendenz, die Beschwerdezahlen
zu (unter)drücken. Das fängt
schon bei der Einordnung einer
Kundenäusserung an. Fast immer
gibt es eine intensive Diskussion
Buchtipps
–Bernd Stauss/Wolfgang Seidel:
Beschwerdemanagement – Unzufriedene Kunden als profitable Zielgruppe. Hanser Verlag, München,
5. vollständig überarbeitete Auflage
2014, 670 Seiten, CHF 50.90
–Bernd Stauss: Wenn Thomas
Mann Ihr Kunde wäre – Lektionen
für Servicemanager. SpringerGabler, Wiesbaden 2012. 210
Seiten, CHF 37.90
MQ Management und Qualität 11/2015
FLASH
darüber, was denn eine Be­
schwerde sei, wobei eine grosse
Neigung besteht, darunter nicht
jede Äusserung von Unzufrieden­
heit zu verstehen, sondern mög­
lichst nur Meldungen objektiv
feststellbarer Fehler. Auf diese
Weise werden Beschwerdezahlen
künstlich kleingerechnet. Das ist
selbstschädigender Selbstbetrug.
Beschwerden und Reklamationen
sind also ein absolut ungeliebtes
Kind in der Unternehmens­
familie?
Was die Praxis doch wohl hinrei­
chend belegt, oder? Und das Ver­
rückte an der Sache ist nun: Die
Unternehmen installieren ein mit­
unter durchaus aufwendiges Ver­
besserungsmanagement, schüt­
ten durchaus auch mal ganz be­
achtliche Summen für Verbesse­
rungsvorsachläge an ihre Mitar­
beiter aus, tun sich aber schwerer
als schwer, die über Beschwerden
und Reklamationen kostenlos ins
Haus getragenen Verbesserungs­
vorschläge unzufriedener Kunden
als solche anzuerkennen, zu ak­
zeptieren und auszuwerten. So,
und nun brechen wir auch mal ei­
ne Lanze für die Unternehmen.
Bei der ganzen Misere um das Be­
schwerdemanagement dürfen wir
einen wiederum menschlichen,
allzu menschlichen Faktor auf kei­
nen Fall ausser Acht lassen: Mitar­
beiter scheuen, ja hassen die Aus­
einandersetzung mit unzufriede­
nen Kunden geradezu, auch des­
halb, weil diese Kunden fern jeder
feinen englischen Lebensart und
gebotenen Contenance gern die
Sau rauslassen! Wer lässt sich
schon ungerührt selbst bei kleinen
und kleinsten Abweichungen vom
Erwarteten gottergeben hem­
mungslos beschimpfen?
Oder hinters Licht führen!
Tja, beides ist leider in wachsen­
dem Masse an der Tagesordnung.
Kunden fallen zunehmend nicht
nur mit enthemmtem Verhalten
auf, sondern auch mit Übertrei­
bungen bei und im Erfinden von
MQ Management und Qualität 11/2015
Beschwerden und Reklamatio­
nen. So wie der Versicherungsbe­
trug nahezu zum Volkssport ge­
worden ist, so wird auch zuneh­
mend versucht, sich beschwerend
oder reklamierend Vorteile zu ver­
schaffen. Doch die möglicherwei­
se durch das Vorspiegeln falscher
Tatsachen entstehenden Schäden
wiegen oft leichter als die Misshel­
ligkeiten, die ein Kunde aus unge­
bremster Wut über eine unprofes­
sionelle Reaktion auf eine Be­
schwerde oder Reklamation für
das Unternehmen beispielsweise
in der Netzgemeinde heraufbe­
schwören kann. Dennoch müssen
Unternehmen keineswegs betrü­
gerisches Verhalten belohnen, ge­
nauso wenig wie Mitarbeiter be­
leidigendes Verhalten hinzuneh­
men haben. Strategisch wie tak­
tisch bedachtes, Nach- und Vor­
teile sorgfältig abwägendes Vorge­
hen sollte also auch vor dem Be­
schwerdemanagement nicht Halt
machen. Was aber an der grund­
sätzlichen Tatsache nichts ändert:
Die Krux im Umgang mit Be­
schwerden und Reklamationen ist
im Ursprung kein Reaktionspro­
blem, sondern ein Aktionspro­
blem. Frustrierte Kunden wenden
sich mehr und mehr unmittelbar
an Inhaber oder Vorstandsmitglie­
der in der Hoffnung, hier Gehör zu
finden, eine persönliche Antwort
und Hilfe zu bekommen. Eine
Hoffnung, die meist auf Sand ge­
baut ist, werden diese Eingaben
doch erfahrungsgemäss auf der
Stelle nach unten weitergereicht
und die Sache nimmt ihren be­
kannten unrühmlichen oder aus
der Sicht der Unternehmen schäd­
lichen Gang. Diesem einerseits
unwürdigen, andererseits unpro­
duktiven Gang der Dinge sollte ein
Ende gemacht und ein der Unter­
nehmensgrösse angemessenes
Beschwerdemanagement ins Le­
ben gerufen werden.
■
Fehlendes Beschwerdemanagement: Ursachen
Falsches Führungsverhalten: Die Unbeliebtheit von Kundenkritik und die
Tendenz zu deren Unterdrückung wird von Vorgesetzten gefördert, die immer
noch Beschwerden eher dazu nutzen, Schuldige zu suchen als die Voraussetzungen für die Vermeidung zukünftiger Probleme zu schaffen. Deshalb werden
Beschwerden, die eigentlich als Informations-«Geschenk» des Kunden anzusehen sind, von Mitarbeitern keineswegs positiv empfunden, sondern als unheilvolles Danaergeschenk mit Droh- und Bedrohungscharakter.
Fehlerhafte Controllinginstrumente: Auch Controllingmechanismen fördern
diese Tendenz. So wird in vielen Balanced Scorecard die Beschwerdezahl als
(negative) Kennzahl verwendet. Damit werden alle Bemühungen konterkariert,
unzufriedene Kunden zu einer Beschwerde zu ermuntern, um auf diese Weise
dem Unternehmen die Chance zu geben, die wertvolle Kundenbeziehung zu
halten und aus der angesprochenen Problematik zu lernen.
Unkenntnis des Ausmasses der Kundenunzufriedenheit: Die meisten unzufriedenen Kunden beschweren sich nicht. Zudem werden insbesondere persönlich vorgebrachte Beschwerden von den annehmenden Mitarbeitern aus
besagten Gründen häufig nicht erfasst oder weitergeleitet. Die nicht-artikulierten und nicht-registrierten Beschwerden machen den weitaus grössten Teil
(bis zu 90 %) des «Verärgerungs-Eisbergs» aus, den das Management nicht
sieht. Damit werden Unzufriedenheit und Abwanderungsgefährdungen unterschätzt. Dies erfolgt auch, weil die üblichen Zufriedenheitsbefragungen fast
immer hohe, sehr positive, Werte ergeben. Allerdings erfolgt hier häufig eine
Fehlinterpretation, weil die Loyalitätswirkung von Zufriedenheit überschätzt
und die Abwanderungsneigung unzufriedener Kunden unterschätzt wird.
Unterschätzung alternativer Handlungsoptionen unzufriedener Kunden: Durch
ein unprofessionelles Beschwerdemanagement setzen sich Unternehmen in steigender Tendenz der Gefahr aus, sich gegen via Facebook und Twitter etc. verbreitete gehässige und meist überzogene Anwürfe frustrierter Kunden zur Wehr setzen zu müssen
und die im Netz zirkulierenden Schmähungen irgendwie wieder einzufangen. Die
geradezu brachial enthemmte Weise, in der Teile der Öffentlichkeit mittlerweile auf
alles und nichts reagieren, muss die Unternehmen davor warnen, Beschwerde führende und reklamierende Kunden abzuwimmeln oder mit Links irgendwie abzuspeisen.
Oder, was auch an der Tagesordnung ist, überhaupt nicht zu reagieren.
Unzureichender unternehmerischer Stellenwert: Zu den innerbetrieblichen
Barrieren gehört auch der unzureichende Stellenwert des Beschwerdemanagements. Während Vertrieb und Marketing als Umsatzbringer verstanden
werden, gilt der Service primär als Kostenfaktor. Deshalb gehen Budgetkonflikte fast immer zu Lasten des Service. Dass die Kosten des Service unternehmensintern verursacht werden, wird nicht berücksichtigt, eine innerbetriebliche Kostenzurechnung erfolgt in der Regel nicht. So werden auch Vertrieb und Marketing für Neukundengewinnung gelobt und belohnt, für von ihnen verursachte Abwanderungen aber nicht bestraft.
Ungenügende Personalausstattung: Höchst ungünstig auf die angemessene Bearbeitung von Beschwerden und Reklamationen wirkt sich auch die ungenügende
Personalausstattung für Beschwerdeannahme und die Reaktion darauf aus. Und
das umso mehr, da die Ansprüche der Kunden auch in Bezug auf Reaktionszeiten
immer mehr steigen. Verschärft wird das noch dadurch, dass auch für die internen
Folgeprozesse gar keine Zeit eingeplant wird. Mittlerweile ist nahezu überall die
Personaldecke viel zu knapp bemessen, sodass die Arbeitsverdichtung allen zu
schaffen macht. Misshelligkeiten, die von Kunden an die Mitarbeiter herangetragen
werden, verlangen von denen, in die ohnehin schon mehr als vollgepackte Arbeitszeit noch mehr hineinzuquetschen. Dadurch entstehen zusätzliche Probleme.
Mangelnde interne Integration: Die mit dem Beschwerdemanagement Befassten haben zu wenig Möglichkeiten, die von ihnen aufgenommenen Probleme unternehmensintern zu Gehör zu bringen. Es bedarf einer völlig neuartigen Verzahnung von Marketing, Qualität und Service mit einer klaren Gewichtsverlagerung zugunsten des Beschwerdemanagements. Nur so lassen
sich die durch Unzufriedenheit gefährdeten Umsatz- und Deckungsbeitragspotenziale schnell, umfassend und dauerhaft sichern.
5
50 JAHRE SAQ
Die SAQ-QUALICON AG
Permanent im Wandel
Das heisst, die Lernformen
verändern sich?
Das Bildungswesen ist sehr stark
im Wandel. Und zwar in grossem
Tempo, getrieben durch die Tech­
nologie, die heute ganz andere
Möglichkeiten bietet.
Von Hans-Henning Herzog
Die SAQ-QUALICON AG hat einen guten Ruf in der
Schweiz. Aus- und Weiterbildung im Qualitätsbereich
sind ihr Markenzeichen. Doch der Markt verlangt
ständig Anpassungen und Innovationen. Seit 2007 ist
Beat Häfliger ihr Geschäftsführer. Im MQ-Interview
zeigt er auf, wo die Herausforderungen liegen.
setzte Regeln, die sie einhalten
müssen, und wir möchten mög­
lichst viel von unseren eigenen Er­
fahrungen und Kompetenzen ein­
bringen. Das ist dann ein Prozess,
den wir aushandeln. Es ist kein
Zufall, dass wir heute mit Fach­
hochschulen kooperieren, die eine
private Trägerschaft haben.
Die SAQ-QUALICON AG ist
wirtschaftlich gut aufgestellt.
Weshalb?
Beat Häfliger: Ein Punkt ist ent­
scheidend: Wir konnten uns in der
Schweizer Bildungslandschaft eta­
blieren. Wir bieten zusammen mit
unseren Ausbildungspartnern eid­
genössisch anerkannte Abschlüs­
se an. Das hat uns ganz neues
Marktpotenzial erschlossen.
Und gibt es da einen Gewinner?
Master-Studiengänge sind eine
Kooperation, wo beide Partner
idealerweise zu 50 Prozent ihre
Leistungen erbringen. Eidgenössi­
sche Abschlüsse kann nur die
Hochschule bzw. die Höhere Fach­
schule erteilen. Wir liefern eigene
Pakete, für die wir zuständig sind.
Was sind das für Abschlüsse?
Begonnen haben wir 2007 mit
Nachdiplomen für Qualitätsma­
nager auf der Ebene Höhere Fach­
schule. Seit 2010 umfasst unser
Angebot zusätzlich Weiterbil­
dungs-Master (MAS) und Certifi­
cate of Advanced Studies (CAS)
auf der Ebene Fachhochschule.
Das sorgte für den
Durchbruch?
Ja, das waren wichtige Meilenstei­
ne. Ein weiterer war der Umzug
2011 nach Olten. Hier können wir
uns für unsere Kunden als profes­
Dr. Hans-Henning Herzog, langjähriger
MQ-Chefredaktor, 3013 Bern,
[email protected].
6
sionelles Weiterbildungsinstitut
präsentieren, das ist unsere Stärke.
Und die braucht es im
Wettbewerb?
Der Weiterbildungsmarkt, der ist
brutal. Unsere Hauptkonkurren­
ten sind in vielen Themenberei­
chen die Fachhochschulen. Sie
sind hochinnovativ, haben For­
schungsprojekte, sie wissen im­
mer, was neu kommt. Und vor al­
lem können sie ihre Aktivitäten
mit beneidenswert hohen Marke­
tingbudgets auf dem Markt plat­
zieren.
Schwer, da mitzuhalten?
Das ist eine Herausforderung.
Deshalb ist es für uns wichtig,
dass wir uns differenzieren, mit
unserer Philosophie und eigenen
Themen. Auf der anderen Seite
pflegen wir auch die Zusammen­
arbeit, indem wir als Partner mit
den Fachhochschulen Weiterbil­
dungs-Master anbieten.
Wie läuft da die Kooperation
zwischen einer staatlichen und
privaten Organisation?
Das ist die grosse Kunst. Fach­
hochschulen haben vom Staat ge­
Abschlüssen finden an den Stand­
orten unserer Partner HWZ und
SIB in Zürich statt. Heute ist alles
modular. Jeder kann in seinem
Tempo und seiner Intensität seine
Ausbildungsziele erreichen.
Die Teilnehmer pendeln also zwi­
schen Hochschule und Olten?
Sie besuchen Module. Die meis­
ten Module mit eidgenössischen
Wie stellen Sie sich dieser
Herausforderung?
Es gibt neue Lernformen, es gibt
E-Learning-Ansätze, das kommt
auch bei uns. Das heisst, wir müs­
sen technologisch ganz anders
aufgestellt sein. Da haben wir viel
investiert, vor allem in den letzten
drei Jahren. Wir haben neue Tools
entwickelt und unser Team mit
einem IT-Spezialisten verstärkt.
Früher stand im Unterricht
vorne der Dozent und hat was
erzählt ...
Der Präsenzunterricht bleibt im­
mer noch, ist auch wertvoll. Aber
der Anteil der Präsenzzeit im
Lernprozess nimmt ab. Heute
kann man zu jeder Zeit auch da­
heim lernen. Das heisst, wir müs­
sen den Kunden Lerneinheiten
ins Internet stellen, die sie selber
Zur Person
Beat Häfliger, Jahrgang 1960, Maschinen-Ingenieur HTL, Dipl. Phil. II,
Executive MBA HSG St.Gallen, vor
dem Einstieg in den Bildungsbereich u.a. Projektleiter Elektrowatt
AG und leitender Auditor bei der
Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Managementsysteme
SQS, ab 2004 Leiter Bildungszentrum SAQ-QUALICON AG, seit 2007
Geschäftsführer.
Info:
[email protected]
MQ Management und Qualität 11/2015
50 JAHRE SAQ
abarbeiten können, wo sie lernen
können, Tests zur Lernkontrolle
machen, wo sie Transferaufgaben
lösen, das läuft alles über Plattfor­
men. Dabei arbeiten wir auch mit
Videos, zum Beispiel aktuell zur
Revision der ISO 9001 2015.
Was bringt diese Flexibilität
wirtschaftlich?
Die stetige Umsatzsteigerung der
letzten Jahre hat auch mit unse­
rem professionellen Auftritt und
dem Marketing zu tun. Trotzdem:
Wenn der Präsenzunterricht ten­
denziell abnimmt und man sich
gratis jedes Lernmittel im Internet
abrufen kann, hat das Auswirkun­
gen auf unser Geschäftsmodell.
Wir müssen neue Wege gehen,
auch das ist eine Herausforderung.
Immerhin: Manche Lehrgänge
der SAQ-QUALICON sind schon
bis Mitte 2016 ausgebucht …
Ja, aber da steckt viel Arbeit da­
hinter. Wir müssen schnell auf
Zusatzbedarf reagieren. Heute
Neue Technologie –
neues Lernen
agiert der Kunde viel dynami­
scher. Ein Ausbildungsbedarf be­
steht, nicht erst nächstes Jahr,
sondern subito, und dann geht er
ins Internet und schaut: Wo gibts
was und wann fängt es an?
Das Internet wird für die
Kundenwerbung unverzichtbar?
Mehr denn je! Wir praktizieren so
etwas wie ein Such-Marketing.
Wir wissen, welche Wörter bei der
Suche gewählt werden, kennen
die Bedürfnisse. Wir müssen über
das Internet identifizierbar sein.
Und unsere Darstellung muss top
sein. Die Ausbildung kann noch
so gut sein, wenn sie nicht gefun­
den wird, bleibt der Erfolg aus.
gruppe Medizintechnik zusam­
menarbeiten und die Lehrgänge
gemeinsam entwickelt haben.
Welchen Vorteil bringt eine
Ausbildung bei der SAQQUALICON?
Das Differenzierungsmerkmal in
der Weiterbildung ist klar unser
Praxisbezug. Wenn unsere Teilneh­
mer Projektarbeiten oder Transfer­
aufgaben machen, ist das immer,
ich betone immer, Umsetzung in
die Praxis, eine konkrete Lösung in
ihren Unternehmen oder im per­
sönlichen beruflichen Umfeld.
Eine Ausbildung also mit
eindeutigem Fokus …
Medizintechnik ist ein hochregle­
mentierter Bereich, und da ist es
existenzbedrohend, wenn die Fir­
men die Fachleute für die Zulas­
sung von Produkten in neuen
Märkten nicht finden. Da herrscht
ein enormer Druck.
Was auch für die Kursentwicklung neue Akzente setzt?
Ja. Ein weiterer Grund dafür, dass
wir so gut dastehen, ist die Speziali­
sierung auf Branchen. Eine Erfolgs­
geschichte ist zum Beispiel Medi­
zintechnik, wo wir eng mit dem
Medical Cluster und der SAQ-Fach­
Wie geht man da vor?
Wir haben aus Experten ein Ent­
wicklungsgremium gebildet und
analysiert: Was sind die Bedürfnis­
se, welcher Rucksack wird zukünf­
tig gebraucht? Wir haben Bedarfs­
erhebungen und Online-Befra­
gungen gemacht und einen ent­
sprechenden modularen Lehrgang
entwickelt. Der Lehrgang ist ein
Erfolg und die Zusammenarbeit
Anzeige
Der einfachste Zugang
zur Welt der Normen:
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Normen machen das Leben sicherer und bequemer.
Normen erleichtern die internationale Zusammenarbeit.
Normen verschaffen entscheidende Wettbewerbsvorteile.
Normen ebnen den Weg zum weltweiten Erfolg.
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MQ Management und Qualität 11/2015
7
50 JAHRE SAQ
mit den Branchenvertretern ist ext­
rem konstruktiv, ein tolles Erlebnis.
Medizintechnik-Themen
sind hochspezialisiert …
Ja, deshalb müssen wir die Exper­
ten aus den Firmen, aus der Praxis
haben. Diese Praktiker sind jetzt
bei uns Autoren und Dozenten.
Die Zufriedenheit der Teilneh­
menden mit Form und Inhalt ist
extrem hoch.
Sie stellen denen Ihre
Infrastruktur zur Verfügung?
Ja, es läuft alles über unser Bildungs­
zentrum und wird vom Produktma­
nager, der die Szene gut kennt, orga­
nisiert und weiterentwickelt.
Wollen Sie dieses Erfolgsmodell
weiter ausbauen?
Wir sind dabei. Im Fokus ist das
Gesundheitswesen das wollen
wir auch branchenspezifisch ver­
tiefen. Wir haben heute schon ei­
nen Lehrgang, der spezifisch auf
die Bedürfnisse in der Branche
ausgerichtet ist. Dieses Angebot
wollen wir ausbauen. Deshalb ar­
beitet jetzt eine Ärztin bei uns, die
das Thema vorantreiben wird.
Das Gesundheitswesen ist ja
gigantisch in der Breite …
Wenn wir Lehrgänge machen, er­
heben wir immer zuerst die Be­
dürfnisse. In diesem Fall mittels
einer Online-Befragung plus zu­
sätzlichen Interviews. Und zwar
stufengerecht auf allen Hierar­
chiestufen bis zu den CEOs der
Spitäler und anderer Institutio­
nen im Gesundheitsbereich. Aus
diesen Befragungen hat sich ein
klares Thema Nr. 1 ergeben: Effizi­
enz und Kostenoptimierung. Da
herrscht ein Riesendruck. Und die
Organisationen haben das Prob­
lem, dass sie zu wenige Fachleute
mit dem relevanten Fach- und
Methodenwissen dafür haben.
Der Druck wird von politischer
Seite aufgebaut …
Ja, aber es gibt auch immer mehr
technologische Möglichkeiten.
8
Zum Beispiel verändern sich allein
durch die Einführung elektroni­
scher Patientenakten viele Prozes­
se, aber auch Rollen, Tätigkeiten,
Berufswahrnehmungen. Das muss
alles umgesetzt werden. Was zu­
dem spannend ist und was wir be­
obachten, ist die Renaissance von
Kaizen und Lean Management. Da
geht jetzt wieder voll die Post ab.
Gibt es so etwas wie einen Klassi­
ker im Weiterbildungsangebot?
Das ist wahrscheinlich immer
noch der Qualitäts- und Prozess­
manager. Aber, und das ist ein
wichtiger Punkt, das Berufsprofil
verändert sich. Früher haben wir
Spezialisten für Qualitätssysteme
ausgebildet, das war der Stan­
dard. Heute bilden wir Qualitätsund Prozessmanager als Genera­
listen aus. Der zukünftige Quali­
täts- und Prozessmanager hat ei­
gentlich nur eine Existenzberech­
tigung, nämlich die, dass die Er­
gebnisse der Organisation besser
werden. Das ist eine völlig andere
Herausforderung.
Das heisst, die Fähigkeit zur
Umsetzung wird entscheidend?
Früher haben die Leute in solchen
Ausbildungen Normen, Methoden
und Regulatorien gelernt, ISO 9001
etc., tagelang, das machen wir heu­
te eher nebenbei. Was sie heute zu­
sätzlich wissen müssen, ist: Wie
gehe ich mit Menschen um, mit
Machtkonstellationen, mit Vorge­
setzten, wie finde ich die richtige
Methode zur Prozessverbesserung
im richtigen Kontext, wie kann ich
mich strategisch positionieren?
Kurz: Wie finde ich meine Rolle im
Qualitätsmanagement!
Wie würden Sie diese Rolle
definieren?
Ich sage das immer so: Der Quali­
tätsmanager wird immer mehr –
und da rede ich primär von KMUs
– zum Unternehmensentwickler.
Heute sehen wir Qualitätsmana­
ger, die Karriere machen und weit
hoch kommen. Weil sie nicht nur
eine enge Fachverantwortung ha­
ben, sondern auch die Kompe­
tenzen, um sich in verschiedenen
Funktionen durchzusetzen.
Verwischt sich damit nicht
das Berufsprofil?
Qualitätsmanager haben heute
viel anspruchsvollere Aufgaben
als früher. Das macht es auch für
uns spannend. Wir sind uns si­
cher, es braucht sie immer, diese
Fachleute, der Bedarf wird immer
da sein, in jeder Firma, in jeder
Organisation, die sich über Quali­
tät differenziert, aber ein Quali­
tätsmanager braucht heute breite
Kompetenzen.
Frage: Ist Business Excellence
noch ein Thema?
Schwierig zu sagen, ich persönlich
finde das Modell ausgezeichnet,
vor allem für die Unternehmens­
entwicklung. Gerade im Gesund­
heitswesen ist die Anwendung des
Ansatzes relativ weit verbreitet. In
unseren Beratungen greifen wir
immer darauf zurück, gerade bei
der Führungsausbildung. Viele
Akteure haben das Modell einfach
falsch eingesetzt. Quasi als Quali­
tätsmanagementsystem. Aber das
ist es nicht. Es ist mehr eine Denk­
weise, es hilft die relevanten Fra­
gen zu stellen und mittels BestPractice-Ansätzen die eigene Or­
ganisation weiterzubringen
Was spielt im Beratungsbusiness
noch eine Rolle?
In Unternehmen ist Six Sigma heu­
te viel bedeutender als EFQM. Ex­
tern wie inhouse machen wir heute
viel mehr Six-Sigma-Ausbildungen.
Kaizen ist auch wieder ein Thema.
Der Trend zu mehr Regulatorien
schlägt sich auch in unserer Bera­
tungstätigkeit nieder. Im Fokus ste­
hen hier neben Medizintechnik
und Gesundheitswesen auch die
Themen Security und Safety.
Beratung bleibt eine
Kerntätigkeit?
Sie ist Teil unseres Geschäftsmo­
dells, umsatzmässig macht das et­
wa ein Viertel aus. Hauptbusiness
ist die Bildung. Unsere Vision ist
klar: Wir sind das führende Kom­
petenzzentrum für Qualität. Wir
befähigen und unterstützen Per­
sonen und Unternehmen. Als Be­
ratungsunternehmen kann man
uns ersetzen, es gibt genug andere.
Aber als Ausbildungsorganisation
sind wir einzigartig. Für Qualitäts­
sicherung zum Beispiel, die immer
noch sehr wichtig ist, gibt es kaum
Alternativen in der deutschspra­
chigen Schweiz.
Spürt SAQ-QUALICON die
Wirtschaftsentwicklung?
Ja natürlich. Es ist immer das glei­
che Spiel. Wenn Kosten gespart
werden, trifft das zuerst das Aus­
bildungsbudget. Weil man da noch
nichts getan hat, was kurzfristig
wehtun könnte. Der Effekt ist
schon da: Industriekunden schi­
cken weniger Leute in die Ausbil­
dung. Aber das kompensieren wir
mit neuen Zielgruppen und inno­
vativen Angeboten im Dienstleis­
tungsbereich.
Ohne neue Angebote ginge es
nicht ständig aufwärts?
Jedes Produkt der SAQ-QUALICON
hat einen Lebenszyklus. Neben un­
seren Klassikern gibt es häufig ei­
nen Hype und der verschwindet
auch wieder. Deshalb müssen wir
dauernd neue Bedürfnisse frühzei­
tig erkennen. Zurzeit läuft es ext­
rem gut, wir sind super aufgestellt
und haben sehr gute Mitarbeiterin­
nen und Mitarbeiter. Ein extrem
professionelles Team. Deshalb bin
ich sehr zuversichtlich.
Qualität verleiht immer
noch Flügel?
Ja. Wer Qualität liefert, hat im
Markt klare Vorteile. Die Frauen
und Männer, die heute im Quali­
tätsthema tätig sind, die haben
ein Label in der Berufsbezeich­
nung, das zeitlos ist. Und: Quali­
tätsfachleute werden auch zu­
künftig immer gefragt sein.
Beat Häfliger, vielen Dank für das
Gespräch. ■
MQ Management und Qualität 11/2015
50 JAHRE SAQ
ARIAQ, l’institut de formation
« Le contact avec le terrain
reste une obligation
incontournable »
Interview Michael Merz
« Management & Qualität » apporte son soutien actif
au sujet « 50 Jahre SAQ ». Plusieurs articles et interviews traitent des aspects et exigences pour soutenir la
« qualité » en Suisse. Ci-joint vous trouverez de plus
amples éclairages de Raphaël Granges, Directeur
d’ARIAQ, et membre du comité central SAQ.
Dans quel contexte l’institut
ARIAQ travaille-t-il aujourd’hui ?
Actif depuis près de 25 ans dans le
domaine de la qualité, le centre de
formation ARIAQ a vécu plusieurs
cycles significatifs. Le centre de
formation appartient aujourd’hui
à 100 % à la SAQ. Pour répondre
aux projets de certification des
entreprises, ARIAQ a proposé des
formations afin d’aider à mettre
en œuvre des systèmes de ma­
nagement basés sur la série des
normes ISO-9000. Aujourd’hui
ARIAQ travaille plus sur l’aspect
de l’efficience plutôt que sur celui
de la conformité et cela aussi pour
les services et l’administration.
Raphaël Granges, Directeur d’ARIAQ. Premier
senior assesseur EFQM de la Suisse, il
accompagne bon nombre d’organisations
dans l’atteinte de leurs objectifs opérationnels,
voire d’Excellence.
MQ Management und Qualität 11/2015
Quel est l’aspect le plus singulier
de votre centre de formation ?
Il s’agit certainement de la lutte
permanente pour survivre. Un
ins­titut de formation privé ne vit
que par la qualité de ses presta­
tions. En finalité nous devons
mettre en pratique ce que nous
prônons dans nos formations, ce
qui n’est finalement pas si mal ...
Ressentez-vous une concur­
rence particulière touchant vos
activités principales ?
Nos activités sont en grande partie
concentrées sur la Suisse romande.
Récemment nous avons été man­
datés par un groupe international
pour donner des formations en de­
hors de la Suisse et au vu de la con­
currence européenne et du franc
suisse cela nous a fait grand plaisir.
En Suisse, nous pensons connaître
particulièrement bien la culture lo­
cale et le tissu économique avec
lequel nous sommes en contact
permanent. Les compétences tech­
niques et humaines de nos forma­
teurs sont fort appréciées. Ils ont
tous plus de dix ans d’expérience
terrain et cela compte lors de la ré­
solution de problèmes.
Vous êtes présent à Genève et
à Yverdon-les-Bains. Quelle
différence cela fait-il ?
Genève est un marché très dyna­
mique qui nous tient à cœur. La
concurrence y est féroce. Par con­
tre, nous pensons que notre ap­
proche de la formation, très axée
sur la performance, répond de plus
en plus aux besoins des organisa­
tions genevoises. Nous pensons
aussi que notre centre de formation
à Yverdon-les-Bains bénéficie
d’une situation centrale idéale pour
l’ensemble des cantons romands.
De quelle manière a évolué
ARIAQ ces dernières années ?
La taille d’ARIAQ n’a pas évolué.
Nous sommes toujours une PME.
Par contre, notre offre a subi une
mutation profonde. Elle s’adresse
notamment à une palette d’entre­
prises leader dans leur secteur. Si la
formation reste toujours une acti­
vité phare, le conseil s’est dévelop­
pé de manière fort réjouissante ces
dernières années. Notre objectif
est de trouver en permanence
ARIAQ, équipe actuelle.
Raphaël Granges, Directeur
(quatrième depuis la gauche).
l’équilibre entre formation et con­
seil et bien sûr entre les concepts
théoriques et la pratique de ces
concepts sur la place de travail.
Nous sommes d’avis que le con­
tact avec le « terrain » reste une ob­
ligation incontournable d’un bon
formateur. Un point que nous
avons beaucoup développé ces
dernières années. ■
Kurz notiert: ARIAQ
Die ARIAQ ist seit 1991 aktiv. Heute
gehört das KMU zu 100 Prozent der
SAQ. Um den Anforderungen von
Unternehmenszertifizierungen gerecht zu werden, bietet die ARIAQ
nicht nur ausführliche Kurse, sondern auch Beratungsdienste und
Implementationen für ISO-Normen
an (siehe etwa ISO-9000). Wie Raphaël Granges, langjähriger Direktor
der ARIAQ, gegenüber «Management & Qualität» unterstreicht, lebt
ein «Qualitätsinstitut» nicht nur von
offensichtlichen Leistungen, sondern
von praktischen Erfahrungen. Sowohl
die technischen als auch die zwischenmenschlichen Kompetenzen
der ARIAQ-Ausbildenden (sie zeigen über zehnjährige Erfahrung) reichen bis über die Schweizer Grenze
hinaus. Gleichwohl gibt es regionale
Unterschiede, um nicht zu schreiben
Dynamiken, die auf das welsche
Zertifizierungsinstitut einwirken. Die
ARIAQ ist in Genf und in Yverdon-lesBains situiert und sieht sich verpflichtet, höchsten Kundenanforderungen gerecht zu werden.
www.ariaq.ch
9
SZENE
Airbus Defence and Space arbeitet
mit Atos
Airbus Defence and Space, ein
massgebender Akteur auf dem
Markt für Cyber-Sicherheit in
Europa, und Atos, ein weltweit
führendes Unternehmen im Be­
reich Digital Services, haben die
Bündelung ihrer Fähigkeiten be­
schlossen, um die steigende
Nachfrage nach Cyber-Sicher­
heitslösungen (Lösungen für er­
weiterte Unternehmen, Tochter­
unternehmen und Lieferketten)
zu berücksichtigen. Durch den
Schulterschluss können Atos
und Airbus Defence and Space
besser vom wachsenden CyberIT-Markt profitieren, der bis
Evert Dudok von Airbus Defence
and Space (l.) und Philippe
Vannier von Atos.
2016 voraussichtlich auf ein Vo­
lumen von 84 Milliarden USDollar ansteigen wird (Gartner
Mai 2014).
Schweizerische Post baut
E-Health-Bereich aus
Erst im Juni 2015 hatte die Post Partnerschaften mit dem vom
Ärzteverband FMH gegründeten Health Info Net (HIN) und der
Berufsgenossenschaft der Schweizer Apotheker (Ofac) bekannt­
gegeben. Die Schweizerische Post stellt seit mehreren Jahren
nicht nur Briefe und Pakete zu, sondern auch elektronische Ge­
sundheitsdaten. So verschickt sie über ihre E-Health-Plattform
vivates beispielsweise Behandlungspläne in verschlüsselter digi­
taler Form von Ärzten zu Spitälern. Die Übernahme von hcri mit
Sitz in Zürich stelle einen weiteren wichtigen Schritt dar, heisst
es in einer Mitteilung. hcri gehört zur Marktführerin im «daten­
gestützten Qualitätsmanagement von Prozessen und in der In­
formationsverarbeitung im Gesundheitswesen». hcri (17 Mitar­
beitende) kann über 400 Institutionen wie Spitäler, Kliniken und
Pflegeeinrichtungen zu ihren Kunden zählen.
__Infos: www.post.ch
Swiss Risk & Care begrüsst
AD Conseils
Swiss Risk & Care (SRC), das als Erstes seiner Art in der Romandie
tätig ist, begrüsst die Gesellschaft AD Conseils als neues Mitglied in
seiner Mitte. AD Conseils hat sich innerhalb kurzer Zeit als ein füh­
render Akteur in der Lebensversicherungsbranche etabliert. Der
Gründer und Geschäftsführer von AD Conseils, Antonio d’Attoli,
bleibt selbstverständlich an der Spitze seines Unternehmens. Das
Maklerbündnis Swiss Risk & Care bietet Dienstleistungen in allen
Bereichen der Versicherung und Vorsorge an. Die Fachleute von SRC
erarbeiten und managen massgeschneiderte Lösungen, die genau
an den jeweiligen Kunden angepasst werden. Ausserdem bietet SRC
auch verwandte Dienstleistungen im Personalmanagement an.
__Infos: www.swissriskcare.ch
Die Zollabwicklung wird digitaler
Per 1. Januar 2016 ersetzt die Unternehmensidentifikationsnummer
endgültig die Spediteurnummer. Sie muss beim Import mit der Adresse
des Empfängers und Importeurs, beim Export mit der Adresse des Ver­
senders angegeben werden. Bereits seit 1. Januar 2014 ersetzt die Unter­
nehmensidentifikationsnummer (UID) die alte MwSt-Nummer in allen
10
Die Stiftung ESPRIX hat einen
neuen Namen
Die Stiftung ESPRIX heisst neu
ESPRIX Excellence Suisse, um
die Wettbewerbsfähigkeit von
Unternehmen und Organisatio­
nen im Sinne von Business Ex­
cellence am Wirtschaftsstandort
Schweiz und Liechtenstein zu
fördern. Dazu führt die Stiftung
seit 1998 den jährlichen ESPRIXWettbewerb durch. So motiviert
ESPRIX Unternehmen und Or­
ganisationen, sich mit den Bes­
ten zu messen und erkennt her­
vorragende Leistungen durch
die Verleihung des «ESPRIX
Swiss Award for Excellence» an.
Das Konferenzthema für den
10. März 2016 ist bereits be­
kannt: unter dem Sujet «Heraus­
forderungen meistern – exzel­
lent werden» werden hochkarä­
tige, exzellente Schweizer Unter­
nehmen vorgestellt.
Weitere Informationen zum «ES­
PRIX Swiss Award for Excellence»
(siehe Anmeldungsadresse) fin­
den Sie unter
__Infos: www.esprix.ch
relevanten Dokumenten. Der Zeitpunkt für die Umsetzung der elektro­
nischen Begleitdokumente wurde noch nicht festgelegt. Die produktive
Anwendung von eBeanstandungen ist seit 1. Juni 2015 freiwillig und in
Absprache mit den betreffenden Zollstellen möglich. eEinzel- und eGe­
neralbewilligungen werden in einem Pilotbetrieb erteilt. Das Projekt
eCITES ist derzeit «on hold» und wird kaum vor 2017 an den Start gehen.
Detaillierte Informationen und weiterführende Workshops über das
UID-Obligatorium bietet die Schweizer Firma www.sisa.ch.
MQ Management und Qualität 11/2015
BUSINESS EXCELLENCE
IT-Forum
Qualitäts- und Prozessmanagement
EXPO & Praxisforum – 16. Juni 2016
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MQ Management und Qualität 11/2015
11
BUSINESS EXCELLENCE
Innovation und EFQM
einen Payback versprechen, wer­
den oft gar nicht diskutiert.
Hindernisse bei der
Innovationspraxis
Das Problem
erfolgreicher Firmen
Von Lisa Bachofen
EFQM fordert eine lernende Organisation, die sich
nicht auf Lorbeeren ausruht oder aufhört, sich zu
entwickeln. Alle acht Grundkonzepte enthalten
Konzepte zur Innovationsförderung. Die neue ISO
9001-2015-Norm ist expliziter, wenn sie verlangt,
die Kundenbedürfnisse nicht nur zu erfragen, sondern zu verstehen und das Wissen der Stakeholder
nicht nur zu kennen, sondern zu nutzen. Doch wo
liegen die Probleme bei der Umsetzung?
E
s herrscht das Bild vor, dass
Querdenker schwierig seien.
So wenig wie der Hofnarr der
Mörder des Königs ist, so wenig
sind Querdenker einfach Queru­
lanten. Es gibt etliche, die schwei­
gen und gehen. Andere nutzen
zeitliche Freiräume und tun das,
was ihnen unter den Nägeln
brennt. Sie können nicht gegen
die eigene Überzeugung han­
deln. Viele Manager kuschen je­
doch vor dem Verwaltungsrat
oder CEO. Und genau diese An­
passungen verhindern Innovati­
on. Wer um seine Position bangt,
wird eher bestechlich oder krank
und leistet Dienst nach Vorschrift
als jemand, der sich sicher fühlt.
Sicherheit ist eine Grundbedin­
Lisa Bachofen ist Organisations- und
Kulturentwicklerin, Coach, Supervisorin und
ist zudem als freischaffende Journalistin
tätig. www.bb-com.ch
12
gung für das Lernen aus Fehlern
und fürs Lernen überhaupt.
Die Probleme der Manager
Manager fürchten die Konkur­
renz und dass beim Benchmar­
king ihr eigenes Know-how an­
derswo besser verwendet werden
könnte, statt es im eigenen Um­
feld auszuloten. Manager fürch­
ten auch die eigenen Fachkräfte,
die zu wichtig werden und die ei­
gene Position gefährden könn­
ten. Sie glauben oft, dass Innova­
tionen mit immensem Aufwand
verbunden sind, wie z.B. riesigen
Firmenevents, teuren Beratern
und wenig Output, während die
Produktion vernachlässigt wür­
de. Je stärker sie sich z. B. durch
den starken Franken unter Druck
fühlen, umso weniger frei fühlen
sie sich, unsichere Risiken mit In­
novationen einzugehen. Man
fürchtet sich auch vor den Inves­
titionskosten, fehlgeschlagenen
Pilotprojekten und der Unsicher­
heit, dass die Erfolgszahlen da­
durch leiden könnten. Man be­
vorzugt ein sicheres Schrumpfen
und Entlassungen gegenüber ei­
nem unsicheren Innovationspro­
jekt. Das Scheitern eines Pilot­
projekts wird oft genug mit Ent­
lassungen quittiert – zum eige­
nen Schaden, weil die Person
geht, die den Lernprozess ge­
macht hat. Die andern beginnen
von vorn.
Dann herrscht vielerorts ein stän­
diges Misstrauen gegen die eige­
nen Angestellten. Chefs glauben,
diese gut zu kennen und trauen
ihnen keine Innovationen zu. Da­
bei ist es oft umgekehrt – die
Chefs wehren innovative Gedan­
ken ab und wundern sich, wenn
keine neuen mehr kommen.
Manche neuen Ideen werden als
Bedrohung der jetzigen Produkte
oder Dienstleistungen angese­
hen, weshalb man sie lieber der
Konkurrenz überlässt. Und nicht
zuletzt wollen viele Firmenchefs
keine echte Fehlerkultur pflegen.
Fehler werden bestraft, statt darin
eine Quelle zur Innovation zu se­
hen. Statt Kritik willkommen zu
heissen, wehren sie diese ab. Zu­
letzt scheitern Innovationen am
mangelnden langen Atem, weil
sie selten rasche monetäre Erfolge
bringen und viele Hürden neh­
men müssen. Innovationsprojek­
te, die nicht innert 18 Monaten
Es liegt in der Natur von Innovati­
onen, dass erfolgreich eingeführte
Produkte mit kontinuierlicher Ver­
besserung gepflegt werden, wäh­
rend Misserfolge die Bereitschaft
zu radikalen Änderungen erhö­
hen. Zum Beispiel Nokia: 2007 war
nicht nur das Jahr der Marktein­
führung des iPhone, sondern
auch eines der erfolgreichsten
Jahre für Nokia mit einem Markt­
anteil im Mobiltelefonbereich von
41%. Nokia war durchaus innova­
tiv: Man sah die Zukunft in Smart­
phones, aber der Erfolg machte
das Unternehmen unwillig, hohe
Risiken einzugehen.
Investitionsangst
Die Beschaffung sucht noch im­
mer den billigsten Anbieter, ob­
wohl längst klar ist, dass dies we­
der eine nachhaltige noch sichere
Lösung ist. Fast sieht es so aus, als
gäbe es die Wegwerfmentalität
auch in den Firmen. Ich kaufe dort
ein, wo es heute billig ist, morgen
kann der Laden kaputt sein, dann
gibt es sicher irgendwo sonst einen
anderen dafür, was natürlich nicht
immer der Fall ist – schon gar nicht
mit derselben Qualität. Dieselbe
Mentalität steckt in der Investiti­
onsangst. Wenn sich eine Idee
nicht innert 18 Monaten auszahlt,
landet sie auf dem Schrotthaufen.
Im Klartext ist das eine Entschei­
dung gegen Innovation und ein
Warten darauf, dass andere (Län­
der oder Organisationen) das
übernehmen oder aufgreifen, was
hier nicht sofort gelingt. Innovatio­
nen verlangen einen langen Atem
und weitsichtiges Vorausdenken.
Das Problem der
Stakeholderanalyse
Wie kommt man zu den wichtigen
Informationen, was Kunden wirk­
lich denken und wollen? Migros
wollte mit Migipedia genau dies
erfahren. Man kann Produkte be­
MQ Management und Qualität 11/2015
BUSINESS EXCELLENCE
werten und tut dies natürlich bei
denen, die man mag. Aber die
Werbung und Selbstdarstellung
zerschlägt jede Innovation und
den Sinn einer kritischen Ausein­
andersetzung mit den Produkten.
Wer Bedürfnisse des Marktes er­
fassen will, muss bei den Kunden
der Konkurrenz fragen, warum sie
dort sind. Sie müssten die Cumu­
luskartenbesitzer anfragen, die
wenig Umsatz auf der Karte ha­
ben. Dann würden sie mehr erfah­
ren über echte Konsumentenbe­
dürfnisse. Es geht nicht um Likes
hinter einem Produkt. Es geht dar­
um, den Kunden kennenzulernen
mit seinen Sorgen. Migipedia geht
sicher in die richtige Richtung,
und die Community (wieso nur
mit Einloggen und Cumulus?) er­
möglicht immerhin die Diskussi­
on unter den «Digital Natives».
Viele Firmen glauben jetzt, dass
sie ihre Kunden via Facebook und
Foren kennenlernen. Das ist aber
eine neue Falle, denn es werden
keine profunden Nachforschun­
gen zu Innovationen erhoben. Mi­
gros hat den Eintritt in den Ge­
sundheitsmarkt nicht in der Com­
munity abgeklärt und kauft 22
Arztpraxen, die bisher Swica ge­
hörten. Wie sagt doch Staminski
in seinem Buch «Mythos Kunden­
orientierung»? «Entscheider kön­
nen die Kundendaten nicht inter­
pretieren.»1 Sie sind viel zu weit
weg und haben kaum den Instinkt
für das, was Megatrends beim
Kunden sind.
Facebook und Foren genügen
kaum, um Kundenbedürfnisse
genau zu verstehen, wohl aber,
um einige Kunden zu kontaktie­
ren. Die Online-Gemeinde ersetzt
nicht den direkten Kontakt und
spiegelt auch nicht den komplet­
ten Markt. Vom Verstehen der
Kundenbedürfnisse wird künftig
jedoch das Überleben der Betrie­
be abhängen. Dafür benötigt es
oftmals ungewöhnliche Vorge­
hensweisen, Querdenker und
Menschen, die wagen, sich den
MQ Management und Qualität 11/2015
Nicht-Kunden und Kritikern zu
stellen.
Innovationen nutzen
Kernkompetenzen völlig neu
Kernkompetenzen weisen die fol­
genden fünf Eigenschaften auf:
1.Echter Wettbewerbsvorteil
2.Hohe Eintrittsbarrieren für
Mitbewerber
3.Hoher Kundennutzen
4.Nachhaltigkeit
5.Transferierbarkeit auf andere
Organisationseinheiten 2
Oft werden Kernkompetenzen zu
eng gefasst und widerstehen dar­
um dem Innovationsgedanken. Ei­
ne Kernkompetenz kann das Her­
stellen eines bestimmten Motoren­
teilstücks der Marke Porsche sein.
Dann ist das Unternehmen von
Porsche abhängig, wenn sonst kei­
ne Kernkompetenzen vorhanden
sind. Wenn die Kernkompetenzen
aber Druckgiessen, Strangpressen,
3-D-CAD und Rapid Prototyping
heissen, werden diese Kompeten­
zen offen für andere Möglichkeiten,
auch wenn zunächst der Wettbe­
werbsvorteil nicht mehr ganz so
klar ist. Querdenken hat viel mit
Übertragen von Prozessen zu tun.
Mit Wissen zu Innovation?
Eine Studie des Nationalfonds3
stellt fest: Firmen hoffen (vor al­
lem), mit Schulung und neuen
Mitarbeitern innovativer zu wer­
den. Mit Wissensträgern sind aber
selten Querdenker angesprochen,
sondern Menschen mit gezielten
Ausbildungen und Kontakten.
Wissen allein hat noch nichts mit
Innovation zu tun.
Nun gibt es Organisationen, die
einen Innovationsmanager an­
stellen, damit er die Entwicklun­
gen vorantreibt. Er zeichnet sich
dadurch aus, dass er Dinge sagen
und tun darf, die den anderen
Mitarbeitern nicht erlaubt sind.
Der eingekaufte Innovationsma­
nager wird aber in Kürze Teil des
Unternehmens – und darf dann
die anfänglich gesetzten Grenzen
nicht mehr verändern oder sieht
Foto: fotolia.com
Innovative Gedanken werden oft abgelehnt – Chefs wundern sich
dann, wenn keine neuen mehr kommen.
auch keine Möglichkeiten mehr.
Die Innovation stirbt, weil sie
nicht umfassend gelebt wird.
Es gibt Kenner von Innovations­
modellen wie Scrum, die be­
haupten, dass mit Scrum ein
komplettes ISO 9001 abgebildet
werden kann. Agile Strukturen
können also ein Qualitätssystem
beinhalten. Somit müssten ScrumMethoden auch in anderen Orga­
nisationen umsetzbar sein – wie
es früher schon das Flowkonzept
möglich machte. Doch diese
Neuerungen brauchen andere
Kulturen und vor allem die Grös­
se, Fehler zuzugeben und nicht
zu strafen, und den Mut, unferti­
ge Konzepte nicht zu zerreissen,
sondern zu würdigen und aufzu­
nehmen. Gruppenprozesse kön­
nen durchaus innovationsför­
dernd sein, wenn sie geschützte
Rahmen und Regeln vorfinden.
Aber dann muss auch die Perso­
nalabteilung lernen, nach ande­
ren Kriterien Personal zu suchen.
Innovation leben
Wenn doch klar ist, dass es im alten
Stil nicht weitergehen kann, was
dann? Kann ein Managementsys­
tem auf Innovation ausgerichtet
werden? Das ist genau das Ziel von
Business Excellence und den neu­
en ISO-Normen. Echte Innovati­
onsverankerung schützt nämlich
auch vor Krisen. Doch müssen da­
für Grundlagen vorhanden sein,
die betriebsweit verankert sein
müssen. Und diese sind kultureller
Art, wie z. B. der Umgang mit Feh­
lern, die Bereitschaft für Projekte,
die nicht im Detail ausgearbeitet
sind, oder die Kritikfähigkeit der
Geschäftsleitung. Obwohl sehr fle­
xibel gearbeitet wird, liegt der Fo­
kus auf nachhaltigem Erfolg – sonst
wäre es keine Innovation, sondern
nur ein Hype.
Aber man stolpert über feste Kli­
schees. Traut man z. B. älteren
Frauen Innovationen zu oder
müssen sie jung und hübsch sein?
Dabei können gerade die Mitar­
beiter, die schon in verschiede­
nen Firmen angestellt waren, am
meisten zur Innovation beitragen.
Sie tragen quasi den Benchmark
schon als Person in sich. Zudem
haben sie die Fehler schon hinter
sich, die jüngere Leute erst noch
machen werden. Innovations­
denken heisst auch, der Wahrheit
in die Augen sehen und Fehler
beim Namen nennen. Das schützt
nicht nur vor Rückrufen und an­
deren unliebsamen Gerichtsver­
handlungen, sondern setzt Ener­
gien frei für nachhaltiges Lernen
und jede Menge erfolgreicher
Projekte.
■
Fussnoten
Staminski, Wolfgang: Mythos
Kundenorientierung – was Kunden wirklich wollen. Frankfurt/
New York 1998
2
Hartschen, Michael; Scherer, Jiri;
Brügger, Chris: Innovationsmanagement, Offenbach 2009,
S. 20+21
3
NFPNR 43, Bern/Aarau 2004
Synthesis 8, S. 18
1
13
BUSINESS EXCELLENCE
Ein anderer Ansatz für Innovation
Die Zukunft in die
Gegenwart holen
Von Michael Wyrsch
Innovationsprozesse sind meistens abgeleitet von
Abläufen, die man aus dem Projektmanagement
kennt. Einen ganz anderen Ansatz bietet die «Theorie U»
von Otto Scharmer, die hier kurz vorgestellt wird.
D
ie Abläufe in einem Projekt­
management sind linear und
unterteilt in einzelne Schrit­
te. So findet man in der Literatur
und der Praxis meist eine Abfolge
wie: Initiierung, Ideengewin­
nung, Ideenauswahl, Grobkon­
zept, Umsetzungskonzept und
Realisierung. Obwohl diese Ab­
folge logisch ist, wird sie auch in
der Praxis selten linear durchlau­
fen. Es sind immer einige Itera­
tionen oder Sprünge vorhanden.
Ausserdem werden diese Vorga­
ben und das Vorgehen an sich
eher als hinderlich für die Kreati­
vität empfunden, und so bleibt
auch bei der vermehrten Anwen­
dung dieser Struktur immer ein
schaler Nachgeschmack, es fehlt
die Zündung, das Feuer.
Unterschiede zum
linearen Ansatz
Die «Theorie U» von Otto Schar­
mer unterscheidet sich von ande­
Michael Wyrsch, Dozent «Wissens- und
Informationsmanagement» und «Innovation»
im Studiengang Betriebsökonomie. MAS in
Human Systems Engineering; Spezialisiert
auf Wissensmanagement.
Kontakt: [email protected]
14
ren Methoden, indem sie nur ei­
nen Rahmen vorgibt, der den ge­
samten Veränderungsvorgang –
hier eine Innovation – umfasst
und bei dem die einzelnen Pha­
sen sehr individuell ausgestaltet
werden können. Sie unterschei­
det sich von einem linearen An­
satz, indem sie zusätzlich den
Mensch und sein Wesen mehr
berücksichtigt und ihm den nöti­
gen Raum bereitstellt. Verwendet
wird sie vor allem in Situationen,
in denen das Ergebnis nicht ge­
nau definiert werden kann. Sie
lässt den benötigten Freiraum
bewusst zu. Die «Theorie U» ist
das Ergebnis einer Untersuchung
der SoL – (Society for Organiza­
tional Learning, MIT). Darin wur­
den erfolgreiche Projekte oder
Vorgehen analysiert, um heraus­
zufinden, was sie so erfolgreich
macht. Daher ist die «Theorie U»
universell anwendbar, um irgend­
ein Vorhaben zu gestalten und
eignet sich gerade für Innovatio­
nen sehr gut.
Für die praktische Anwendung
bei Innovationen wurde das U et­
was erweitert, um die Anwend­
barkeit zu verbessern, indem es
den Einstieg und die Umsetzung
mehr detailliert. Diese Vorge­
hensweise lässt sich wie folgt ab­
bilden:
Will man eine Innovation mög­
lich machen, beinhalten die ein­
zelnen Schritte Folgendes:
– Schritt 1: Herausforderung.
Man sieht einen Bereich in der
Firma, der neue Produkte
braucht oder gegenüber der
Konkurrenz Marktanteile ver­
liert. Doch es fehlt die richtige
Einsicht und eine klare Defini­
tion der Lage. Es ist aber nicht
immer einfach, solche Situati­
onen zu erkennen; daher ist es
wichtig, sich regelmässig mit
Kollegen oder Experten auszu­
tauschen und über das Ver­
kaufspersonal den Dialog mit
dem Kunden aufrechtzuerhal­
ten. Durch diesen Austausch
wird das Anliegen konkreter
und klarer. Man kann die hei­
sse Stelle identifizieren.
– Schritt 2: Kernteam = Mikrokosmos. Nachdem der Bereich
des Problems, der Innovations­
bereich oder das Suchfeld defi­
niert ist, gilt es nun die richtigen
Teilnehmer auszuwählen. Die
Teilnehmer werden so ausge­
wählt, dass sie das ganze Sys­
tem, die betroffene Umgebung
und mehr, repräsentieren und
ihr Gebiet kompetent vertreten.
Zusätzlich wird versucht, soge­
nannte Lead-User (trendanfüh­
render Nutzer) zu finden und
sie in das Team zu integrieren.
Es können aber auch noch un­
abhängige Stimmen, also wei­
tere Personen, in den Mikro­
kosmos eingeladen werden.
Dieses Kernteam hat die Aufga­
be, in enger Zusammenarbeit
das neue, innovative Produkt
zu finden.
– Schritt 3: Erforschen des Problems. Nun macht sich das Kern­
team an die Arbeit und erforscht
das definierte Suchfeld mit
Randgebieten tiefer. Dabei ist es
wichtig, breit und offen vorzu­
gehen und folgende Begriffe
umzusetzen: Entdecken, Aus­
probieren, Plätze besuchen,
Eintauchen, Lernen, Fühlen,
Inspirieren etc. Durch regelmä­
ssigen Austausch werden diese
Erkenntnisse untereinander ge­
teilt und dadurch erweitert. Da­
bei sind nicht Lösungen gefragt,
sondern es geht um eine reine
Aufnahme der «Lage».
Die «Theorie U» lässt
Freiraum bewusst zu.
– Schritt 4: Synthetisieren. Die
gesammelten Informationen
und Erfahrungen werden zu­
sammengesetzt, damit ein gan­
zes Bild entsteht. Dazu kommt
das Kernteam zusammen, er­
stellt ein gemeinsames Bild,
schält die Muster heraus und
bestimmt die Schwerpunkte.
Dabei zeigen sich die Zusam­
menhänge und Leerstellen. Das
Suchfeld wird nun sehr eng und
hilft dem Kernteam, sich zu fo­
kussieren.
– Schritt 5: Das Ganze sehen –
Presencing. Das Handlungs­
feld liegt nun offen da und alles
ist klar ersichtlich. Jetzt ist es
wichtig, nicht in Aktionismus
zu verfallen und sofort eine Lö­
sung zu präsentieren, wie man
dies von Beratungsunterneh­
men gewohnt ist. In diesem
MQ Management und Qualität 11/2015
BUSINESS EXCELLENCE
Schritt wird zuerst versucht
tiefer zu blicken und zu fühlen,
um den Kern klar erfassen zu
können. Jeder einzelne Teil­
nehmer versucht, sich mit der
Quelle1 zu verbinden und voll
anwesend zu sein. Dadurch
wird das «Feld»2 klar sichtbar.
Das Bestehende, auch Denk­
zwänge, können losgelassen
werden, und die zukünftigen
Möglichkeiten zeichnen sich
ab. Meist ist dies eine sehr ru­
hige Phase, man geht in die
Stille, macht Meditation oder
ist in tiefem Dialog.
– Schritt 6: Herauskristallisieren. Die Erfahrungen und Ge­
danken des vorhergehenden
Schrittes werden zusammen­
getragen und durch kreative
Prozesse und Methoden wer­
den mögliche Lösungen und
Initiativen skizziert. Diese wer­
den weiter verdichtet und kon­
kretisiert, so dass man eine Lis­
te von konkreten Innovations­
ideen hat.
– Schritt 7: Rapid Prototyping.
Die Ideen aus dem vorherge­
henden Schritt werden mittels
eines Rapid Prototyping aus­
probiert. Dabei werden diese
Lösungs- und Konzeptansätze
vereinfacht durchgespielt und
auf ihre Machbarkeit und ihren
Nutzen überprüft. Das Ziel die­
ses Schrittes ist, die optimale
Lösung zu finden, die in die Re­
alität übertragen werden kann.
Zusätzlich werden die Randbe­
dingungen überprüft und ein
Grobkonzept erstellt.
– Schritt 8: Test-Piloten. Die
besten Innovation-Ideen wer­
den in die reale Umgebung ge­
bracht und in einem Pilotbe­
trieb getestet. Diese Tests die­
nen zur Verifikation der gefun­
denen Innovation und verfei­
nern sie so, dass sie grösstmög­
lichen Nutzen bringen und gut
in die reale Umgebung passen.
Die strategischen Akteure und
Nutzer, das Kernteam, sind die
Botschafter der Innovation in
der Firma und nach aussen. Sie
MQ Management und Qualität 11/2015
begleiten den Vorgang und ma­
chen aufgrund der bisher ge­
sammelten Erfahrung die nöti­
gen Korrekturen.
– Schritt 9: Ausbreitung. Aus
dem Pilotbetrieb entsteht das
Produkt, die Innovation, das
auf den Markt gebracht werden
kann. Bei der Anwendung der
Innovation, sei es ein Produkt
oder eine Dienstleistung, bleibt
man mit dem Abnehmer lau­
fend im Dialog und kann das
Produkt so in einem kontinu­
ierlichen Verbesserungsprozess
weiter entwickeln.
In verschiedene Dimensionen
eintauchen
Wie aus der Abbildung zu erse­
hen ist, taucht der Teilnehmer
beim Durchlaufen des Us in ver­
schiedene menschliche Dimensi­
onen ein. Dieses Eintauchen ge­
schieht fast automatisch, wenn
beim Design des Vorgehens darauf
Rücksicht genommen wird und
im jeweiligen Schritt darauf geach­
tet wird. Diese 3 Ebenen sind:
– Öffnung des Denkens: Die Fä­
higkeit, Beurteilung aussetzen
und sich zu informieren und er­
kundigen, um etwas mit neuen
Augen zu sehen, das heisst, auf
unsere Quellen von IQ (Intellek­
tueller Intelligenz) zuzugreifen.
– Öffnung des Fühlens: Die Fä­
higkeit, die Aufmerksamkeit
umzuleiten und das Herz als Or­
gan der Wahrnehmung zu ver­
wenden («Sehen mit dem Her­
zen»). Wir verschieben den Ort,
wo die Wahrnehmung passiert,
zu etwas Anderem oder dem
Feld bzw. dem Ganzen, um auf
unsere Quellen von EQ (Emotio­
nale Intelligenz) zuzugreifen.
– Öffnung des Willens: Die Fä­
higkeit, sich von alten Identitä­
ten und Absichten zu verab­
schieden und die Melodie der
Zukunft, die bestrebt ist, durch
mich oder uns aufzutauchen,
erklingen zu lassen. Unser altes
Selbst gehen zu lassen und un­
ser neues, authentisches Selbst
kommen zu lassen, den Zugang
zu unseren Quellen von SQ (Spi­
rituelle Intelligenz) zu finden.
Erst durch das bewusste Durch­
laufen dieser Ebenen mittels der
geeigneten Methoden kann Neu­
es entstehen. Darauf ist zu ach­
ten, indem das Interventionsde­
sign basierend auf dem beschrie­
benen Vorgehen sorgfältig ent­
worfen wird. Im Design wird
festgelegt, welche konkreten Um­
setzungsmethoden in den einzel­
nen Schritten angewandt werden
und wie sie aufeinander abge­
stimmt sind. Denn dadurch ent­
steht in diesem Innovationspro­
zess ein automatisches Fliessen,
das wirklich Neues entstehen
lässt. Also ein beglückend erleb­
tes Gefühl eines mentalen Zu­
standes völliger Vertiefung und
restlosen Aufgehens in einer Tä­
tigkeit, die wie von selbst vor sich
geht. Und das ist der Moment,
indem die Zukunft in die Gegen­
wart geholt wird.
weggewischt, sondern integriert
und als wertvoll erachtet. Es sind
emotionale Beiträge, die zeigen,
dass sich der jeweilige Beteiligte
sehr weit in diesen Innovations­
prozess eingebracht hat und ande­
ren schon voraus ist. Der sachlich
Argumentierende hat möglicher­
weise noch einen längeren Weg
vor sich. Daher entstehen hier die
häufigsten Missverständnisse im
Innovationsprozess: Die Beteilig­
ten, die am stärksten emotional
reagieren, werden ausgetauscht,
dabei sind sie die Träger und spä­
ter auch Treiber des Neuen. Das
setzt voraus, dass die Führungs­
kraft dieses Potenzial erkennt und
diese Menschen entsprechend
führt. Diese Art der Führung und
der Wahrnehmung der Beteiligten
ist ein zentrales Element bei der
Durchführung erfolgreicher Inno­
vationen und kann mit dem Hilfs­
mittel «Theorie U» optimal umge­
setzt werden.
■
Emotionen als Treiber
des Neuen
Die Anwendung der Theorie U be­
wirkt einen guten, nachhaltigen
Innovationsprozess und integriert
die stattfindenden Emotionen.
Lassen Sie diese Vorgehensweise
zu, werden Sie einen vollkommen
neuen und qualitativ hochwerti­
geren Innovationsprozess erleben,
als Sie ihn bisher gekannt haben.
Die Innovation wird besser, ja so­
gar eher eine Durchbruch-Innova­
tion sein. Die Stimmen der Ab­
wehr, die es in jeder Phase der Ver­
änderung, hier Innovation, gibt,
werden nicht unterdrückt oder
Fussnoten
Die U-Theorie, der U-Prozess will
die tieferen Quellen der gemeinsamen Wahrnehmung und Willensbildung erschliessen – die
Intelligenz «des offenen Denkens, offenen Herzens und des
offenen Willens.»
2
Mit «Feld» ist hier der gesamte
Bereich (Wissen, Menschen,
Abläufe, Technologie) gemeint,
aus dem die Erkenntnisse stammen und auf den die Wirkung
des Neuen abzielt.
1
15
BUSINESS EXCELLENCE
Innovationsmanagement praktisch
Fruchtbare Ideen
Von Thomas Berner
Wenn es um die Umsetzung neuer Ideen geht, fehlt
es in vielen Unternehmen an den notwendigen
Werkzeugen und Techniken. Das Neuenburger
Unternehmen think2make kann in einer solchen
Situation einspringen.
D
er ausgebildete Maschinen­
zeichner Sedat Adiyaman
gründete seine Firma think­
2make im Jahr 2013. Er eröffnete
unweit des Neuenburger Bahn­
hofs mit einem Freelancer-Kolle­
gen einen sogenannten Cowor­
king Space. Die Idee: Ein Raum,
wo man sich mit Ideen gegensei­
tig inspirieren kann.
Den Innovationsprozess
zum Kunden bringen
«Wir bringen Prozesse zum Kun­
den», erläutert Sedat Adiyaman.
think2make arbeitet denn auch
mithilfe eines vierstufigen Inno­
vationsprozesses. Konkret: Zu­
nächst werden in einem ersten
Schritt gemeinsam mit dem Kun­
den die Bedürfnisse definiert.
«Sich die richtigen Fragen zu stel­
len ist oft schon die Hälfte der Lö­
sung», erklärt Sedat Adiyaman
weiter. Das Ziel sei es, die not­
wendigen Informationen zusam­
menzutragen, um dann die Er­
kundung neuer Ideen starten zu
können.
Foto: zVg/Think2Make
Stimmen dann die äusseren Be­
dingungen, werden in einem
zweiten Schritt mithilfe verschie­
dener Kreativitätstechniken Ide­
en entwickelt. Wichtig sei es
hier, so Adiyaman, dass die Work­
shops in einer inspirierenden
Umgebung stattfinden. «Wir su­
chen mit unseren Kunden be­
wusst Orte ausserhalb der Firma
auf. Durch diese Luftverände­
rung lassen sich alle fünf Sinne
besser aktivieren.» Das fördere
die Kreativität. Und ferner wer­
den bewusst auch Querdenker
Sedat Adiyaman, Gründer von
think2make, unterstützt Unternehmen beim Entwickeln neuer
Ideen.
16
eingebracht. Da arbeitet think­
2make auch mal mit Theater­
schaffenden zusammen, die eine
ganz andere Sichtweise in Fir­
menstrukturen bringen können.
«Wir streben einen Mix von Am­
biance-Stress an», so Sedat Adiy­
aman. Die Ideenentwicklung ver­
läuft dann in zwei Phasen: Ers­
tens die Explorations-Phase, in
der man einfach mal ins Thema
eintaucht, und zweitens die Kon­
zeptionsphase, wo es darum
geht, die grob gefassten Ideen in
Konzepte zu verwandeln.
In einem dritten Schritt gilt es, die
Ideen zu verfeinern. Das erfolgt
in der Regel durch Visualisierung
und Prototyping. Und im vierten
Schritt geht es dann darum, jene
Idee mit dem höchsten Potenzial
umzusetzen. Dies erfolgt mit der
Ausarbeitung einer «Road Map»
einschliesslich Zeitplan nach Re­
geln des agilen Projektmanage­
ments.
Grosses Netzwerk
mit «Querdenkern»
think2make verfügt über ein
Netzwerk von über 200 Personen,
darunter Freelancer in den ver­
schiedensten Bereichen. Diese
werden bei Bedarf beigezogen.
Werden spezielle Kompetenzen
benötigt, rekrutiert think2make
auch Personen, welche diese mit­
bringen. «Grundsätzlich arbeiten
wir mit Menschen, die wir ken­
nen und die auch uns kennen»,
führt Sedat Adiyaman weiter aus.
Und wie verdient sein Unterneh­
men Geld? Die Honorare, welche
think2make verlangt, richten
sich einerseits nach Aufwand, an­
derseits nach dem Kostenrah­
men, in welchem sich der Kunde
bewegen will. Sedat Adiyaman
nennt folgende Summen: «Wir
reden da von Tagessätzen von zir­
ka CHF 5000.–, grössere Projekte
können dann schon mal Dimen­
sionen von CHF 20 000.– anneh­
men.» In der Regel kommen in
den Workshops mit den Kunden
20 bis 60 Konzepte zusammen.
Der Kunde kann dann entschei­
den, ob er weiter die Unterstüt­
zung von think2make in An­
spruch nehmen will oder die Um­
setzung der Idee dann in eigener
Regie durchführt.
Bedürfnis vorhanden
Und was sind nun die Erfahrun­
gen, die Sedat Adiyaman macht?
Besteht tatsächlich ein Bedürfnis
nach Dienstleistungen, wie sie
think2make anbietet? «Ich stelle
immer wieder fest, dass Unter­
nehmen intern der kulturellen
Seite mehr Beachtung schenken
Potenzial in Wert
verwandeln.
sollten. Es geht darum, Werte zu
erschaffen und diese auch zu
kommunizieren. Zwar haben ge­
rade KMU sehr häufig diesen
Mindset, oft fehlt dann aber der
Blick für das ‹big picture› », ant­
wortet er. Und genau hier wolle er
mit think2make ansetzen: Den
Unternehmen helfen, ihr Poten­
zial in Wert zu verwandeln – und
zwar mit möglichst verschieden­
artigem Know-how. So konnte
Sedat Adiyaman schon etliche
Projekte erfolgreich abwickeln:
Mit der Zimmerli AG konzipierte
er eine Marketing-Strategie oder
mit dem Neuenburger Energie­
dienstleister Viteos SA definierte
er Mission und Werthaltung des
Unternehmens neu.
■
MQ Management und Qualität 11/2015
MQ Management und Qualität 11/2015
I
II
MQ Management und Qualität 11/2015
Swiss Association for Quality
Sektion
Genève
>> 23 juin 2015
L’essentiel de la révision 2015
des normes ISO 9001 et
ISO 14001
>> Redoutable amphitryon – La Fédération des Entreprises
Romandes (FER), a accueilli au sein de son établissement
ultramoderne à Genève, un cycle de discussions intenses
autour des normes ISO 9001 et ISO 14001, organisé par la
Section Genève de la SAQ. Sous l’organisation scrupuleuse
de Mario Zanata (président de la SAQ Genève), cet évènement
d’excellence a regroupé un très vaste auditoire directement
intéressé à déchiffrer les changements majeurs, les nouvelles
exigences et la manière dont les normes sont concrétisées
dans la version 2015.
>> Raphaël Granges, Mario Zanata et Pascal Arnaudo
Vers HLS (High Level
Structure)
Dans son allocution, Raphaël
Granges, directeur de l’ARIAQ
(Institut de formation et de conseil en systèmes de management de la performance pour
la Suisse Romande) décrit la
manière dont une norme ISO
est élaborée par un groupe
d’experts au sein d’un comité
technique et explique comment
la révision de ce modèle
d’exigences, représenté par les
normes ISO, vise en 2015,
l’harmonisation et ensuite la
MQ Management und Qualität 11/2015
l’organisation. Par conséquent
ISO veut pousser les organisations vers plus de performance
en se rapprochant du modèle
d’Excellence EFQM.
mes de qualité et de management).
ISO 9001:2015
Le SMQ a pour but la qualité liée
aux services, l‘orientation client
et l’amélioration continue. Par
conséquent, un organisme doit
répondre aux exigences clients –
produits – services et à ses
propres exigences qualité. Les
principaux changements d’ISO
9001:2015 permettent à l’organisme d’optimiser ses performances.
ISO 14001:2015
Plus modernes et plus
efficaces
L’ISO (Organisation internationale pour la normalisation) est
une organisation non gouvernementale, sans but lucratif, avec
son siège à Genève (Suisse) qui
établit et publie les normes
internationales et qui fournit
l’organisation, l’infrastructure,
les directives, les processus et
la structure opérationnelle pour
les travaux de révision des normes.
«Modernisées, définies en
fonction des risques et axées
sur l’efficacité: telles sont les
nouvelles exigences ISO pour
les systèmes de management
de la qualité», précise Pascal
Arnaudo, Lead Auditor SQS
(Association suisse pour systè-
Le SME a pour but de réduire
l’impact environnemental et
d’améliorer continuellement la
performance
environnementale. Parmi les changements
majeurs de la norme ISO 14001:
2015 on remarque: l’utilisation
de la nouvelle structure HLS,
l’amélioration du management
des aspects environnementaux
significatifs, les exigences renforcées liées à la responsabilité
de la direction et une meilleure
prise en compte du contexte
organisationnel, moins d’exigences descriptives et une
accentuation de la communication externe.
Texte et photo:
Claudiu Badescu
création de HLS (High Level
Structure).
Proche de l’opérationnel
D’après Raphaël Granges, «ISO
évolue vers un référentiel de
gestion d’organisation proche
de l’opérationnel». C’est bien
pour cette raison qu’il s’impose
un alignement sur la stratégie de
l’organisation, une interaction
des processus (dans la même
structure), une meilleure gestion des changements et des
risques et aussi une implication
plus forte des collaborateurs de
III
Section
Genève
>> 22 septembre 2015
Par la motivation vers
la qualité
>> Public nombreux pour la manifestation de la SAQ Genève.
Rien de surprenant car la thématique concerne la rentabilisation d’une entreprise à travers le rapport entre la motivation
et la performance. Les discussions et le workshop autour
de ce sujet tellement actuel sont dirigés par un professionnel
passionné et captivant, Caspar Gelissen, consultant chez
Qualia Consulting.
Les travaux de la conférence
ont débuté sous la coordination
minutieuse de Mario Zanata,
président de la SAQ Genève, qui
a souligné «l’influence importante et le rôle considérable joué
par SAQ qui participe à la formation qualité avec l’institut ARIAQ
(Yverdon-le-Bains), tout en promouvant la qualité et l’excellence suisses».
employés viennent en premier.
Si vous prenez soin de vos employés, ils prendront soin de vos
clients». C’est bien sur le même
principe que le programme
BP2W repose.
Les recherches montrent
que seuls 31% des employés se
sentent engagés vis-à-vis de leur
travail. Il s’agit ici d’une question relativement simple: «Sontils réellement motivés et bien là
où ils sont?», s’interroge Caspar
Gelissen.
Le BP2W est un outil qui permet de prendre le pouls des tra-
vailleurs et des équipes. Le principe est d’aider les employés à
être plus motivés et plus engagés et de sortir les entreprises de la culture du «blâme»
qui décourage et démotive.
D’ailleurs Caspar Gelissen, souligne que le but est «d’améliorer
le bien-être des employés afin
d’optimiser la performance de
l’entreprise».
Comment ça fonctionne?
Le questionnaire en ligne reprend sept thématiques, qui
comprennent chacune quatre
questions. Soit 28 questions en
tout. Les sept thématiques ont
trait au «conflit», à l’«ouverture»,
au «feedback», au fait de «se sen-
BP2W (An Even Better
Place To Work)
Le fameux entrepreneur anglais
Richard Branson, connu grâce
aux nombreux succès qu’il a
rencontrés avec sa marque
«Virgin» (finances, distribution,
tourisme, etc.) disait que «les
IV
MQ Management und Qualität 11/2015
Swiss Association for Quality
Agenda
g
tir valorisé», à la «motivation»,
aux «différences» et au fait
d’«assumer sa responsabilité».
Chaque employé reçoit un
code pour accéder à l’outil et
répond aux 28 questions. Il
reçoit ensuite un diagramme qui
indique comment il se perçoit
dans son environnement. Ce
diagramme individuel peut être
intégré dans un diagramme
d’équipe.
«Le travail se fait en équipe
mais on insiste sur l’engagement de chacun à vouloir améliorer les choses. Il est important
que chaque employé se sente
reconnu. Ses besoins doivent
être satisfaits. Mais il doit lui
aussi pouvoir satisfaire ceux des
autres», explique Caspar Gelissen.
«Ce qui est essentiel, c’est
la communication. Il faut créer
de la transparence qui génère de
la confiance», rajoute-t-il.
L’effet de BP2W
«An even better place to work»
offre une vue globale de l’entreprise et permet également de
voir son évolution. «Le système
donne au patron la possibilité
de consulter les graphiques par
équipes et par régions et cela
permet notamment d’évaluer
les capacités de leadership des
différents managers. Le patron
dispose ainsi d’une sorte de
tableau de bord de son entreprise», conclut Caspar Gelissen.
Texte et photo:
Claudiu Badescu
>> Anmeldung und weitere Infos unter www.saq.ch
>> Section Genève
Sujet
Date
Ort
Visite de la Brasserie
2 décembre 2015
Brasserie du Père Jakob, Soral
>> Section Vaud
Sujet
Date
Ort
Gestion du changement: le rôle des Ressources
Humaines dans l’Excellence Opérationnelle
25 novembre 2015
FVE, Tolochenaz
>> Sektion Zentralschweiz
Thema
Datum
Ort
Pendenzenmanagement unter Zeitdruck
20. November 2015
Siemens Schweiz AG, Building Technologies Group, Zug
Business Excellence
Auf dem Weg
der Excellence
>> Die SAQ gratuliert folgendem Unternehmen für die erfolgreiche Teilnahme am EFQM
Anerkennungsprogramm:
EFQM Verpflichtung zu
Excellence (C2E) 1 Stern
– Gemeinsame Einrichtung
KVG (Stiftung), Solothurn
>> Impressum
Rina Pitari, Redaktion, [email protected]
SAQ Swiss Association for Quality, Stauffacherstrasse 65/42, CH-3014 Bern
T +41 (0)31 330 99 00, [email protected], www.saq.ch
MQ Management und Qualität 11/2015
V
News
>> Wissen als entscheidender Wettbewerbsfaktor
Wissensmanagement in der
revidierten ISO 9001:2015 –
Chancen und Risiken
>> Die zentrale Bedeutung von Wissen als entscheidender
Wettbewerbsfaktor wird von nahezu allen Unternehmen am
Markt bestätigt. Ebenso zeigt die Praxis, dass Unternehmen,
die bewusst Wissensmanagement betreiben, eine höhere
Leistungs- und Innovationsfähigkeit besitzen und damit signifikant bessere Ergebnisse bei den Erfolgskennzahlen erzielen.
Wissensmanagement in der
revidierten ISO 9001:2015
Der Begriff Wissensmanagement kommt in der revidierten
ISO 9001:2015 nicht vor, zumindest nicht explizit. Die Anforderungen, welche die Norm an
den «Umgang mit dem Wissen
der Organisation» stellt, zielen
jedoch konkret und durchaus
auf ein Wissensmanagement im
Sinne eines strategischen und
systematischen Umgangs mit
der Ressource Wissen.
Warum wird Wissen
überhaupt zum Thema?
Die Norm berücksichtigt, dass
Organisationen in einem zunehmend dynamischen und komplexen Umfeld agieren, das in
immer schnellerer Abfolge sowohl Chancen als auch Risiken
erzeugt, die in kürzester Zeit
ergriffen beziehungsweise vermieden werden wollen. Damit
wachsen
sowohl
Entscheidungsdruck und -zwang wie
auch eine Entscheidungsdynamik in den Organisationen.
Konsequenz; die bisherige Form
der Vorsehbarkeit nimmt ab,
ebenso die Möglichkeit der vordefinierten
Standardisierung.
Die Norm appelliert an die Organisationen, ihren spezifischen
Kontext zu verstehen, Chancen
VI
und Risiken zu erkennen, einzuschätzen und die gewonnenen
Erkenntnisse sowohl für ihr
Handeln als auch für das Design
ihres Managementsystems zu
berücksichtigen. Im Zentrum
der neuen Norm steht folglich
die radikale Forderung nach
einem «Risk Based Approach»
und einem Risikomanagement
in der Organisation, das heisst
Risiken ermitteln, Massnahmen
planen, um diesen entgegenzuwirken und deren Wirksamkeit
wiederum zu messen. Die Thematisierung von Wissen als Ressource ist in diesem Kontext
einerseits als kontinuierliche
Umfeldbeobachtung und -bewertung, andererseits als Identifikation und Einschätzung von
Chancen und Risiken zu verstehen. Der Anspruch an eine soge-
nannte lernende Organisation
wird mit diesem Vorgehen erfüllt
und dieser Regelkreis damit geschlossen.
Anforderungen der Norm
an den Umgang mit Wissen
Mit dem Erscheinen der ISO
9001:2015 wird ein entsprechender Umgang mit der Ressource
Wissen erstmals explizit auf
Normebene gefordert. Im Kapitel 7 werden im Kern folgende
Anforderungen an den Umgang
mit dem Wissen der Organisation gestellt:
– Notwendiges Wissen
bestimmen
– Wissen aufrechterhalten
– Wissen zur Verfügung zu
stellen
– Wissen erlangen
Die konkreten Anforderungen
an den Umgang mit Wissen beziehen sich auf jenes Wissen der
Organisation, welches für eine
entsprechende Durchführung
der Prozesse der Organisation
sowie für die Sicherstellung der
Konformität von Produkten und
>> Der Umgang mit Wissen nach ISO 9001 im Organisationskontext
Dienstleistungen notwendig ist.
Wenn auch aufgrund der Kürze
der Formulierungen etwas versteckt, so liegt der Norm damit
ein Verständnis von Wissen zugrunde, das Wissen versteht als
– Ergebnis eines individuellen
Erkenntnisprozesses und
damit an Personen gebunden,
– kontextbezogen, das heisst,
es erhält seine Relevanz in
einem spezifischen Kontext
und
– nicht per se wahr, sondern
lediglich valide, das heisst es
bewährt sich als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage.
Die Norm verwendet ausserdem
den Begriff «Wissen der Organisation», um den Gegenstand
ihrer Forderungen zu beschreiben. Damit wird das Wissen bezeichnet, das von der Organisation erlangt wurde. Diese sogenannte organisationale Wissensbasis besteht im Verständnis der Norm sowohl aus Daten
und Informationen als auch aus
personalem Wissen.
Betrachten wir die einzelnen
Anforderungen etwas genauer:
Notwendiges Wissen bestimmen bedeutet, dasjenige Wissen
zu identifizieren, dass benötigt
wird, um die Prozesse der Organisation durchzuführen sowie
die Konformität der Produkte
und Dienstleistungen zu gewährleisten. Es bedeutet auch,
zu bestimmen, inwieweit dieses
Wissen bereits in der Organisation vorhanden ist und wo beziehungsweise inwieweit dieses
Wissen fehlt und folglich erst erlangt werden muss. Dies gilt sowohl für die operative als auch
strategische Ebene. Operativ bedeutet es, in den einzelnen Geschäftsprozessen konkret benötigtes Wissen zu identifizieren
und in einem nächsten Schritt
zu gewährleisten, dass es dort
zur Verfügung steht. Strategisch
betrachtet bedeutet es, sich ausMQ Management und Qualität 11/2015
>> Bausteinmodell des Wissensmanagements (in Anlehnung an
Probst)
gehend von der Unternehmensstrategie und den Zielen der
Organisation grundsätzlich die
Frage zu stellen, ob das notwendige Wissen, diese Strategie umzusetzen und diese Ziele zu erreichen, vorhanden ist. Die Beantwortung dieser Frage setzt
voraus, dass die Organisation
wiederum weiss, was sie weiss,
und im Sinne von positiver
Ignoranz, was sie nicht zu wissen braucht. Mit dem Begriff
«bestimmen» geht es also um
die bewusste und aktive Definition von Wissens-Relevanzen.
Dabei soll der Kontext der Organisation (Grösse und Komplexität, Chancen und Risiken) berücksichtigt werden.
Dasjenige Wissen, das als
notwendig beziehungsweise relevant bestimmt wurde, muss
dann aufrechterhalten werden.
Der Begriff «aufrechterhalten»
kann als reines Bewahren verstanden werden. Mit Aufrechterhalten ist jedoch auch gemeint, das Wissen aktuell und
valide zu halten, das heisst kontinuierlich weiterzuentwickeln.
So kann beispielsweise Wissensbewahrung grundsätzlich durch
Dokumentation erfolgen, aber
auch durch Kommunikation, das
heisst Verteilung auf mehrere
Wissensträger, oder in Form
eines institutionalisierten Expert Debriefing. Die OrganisaMQ Management und Qualität 11/2015
tion soll ein sinnvolles Gleichgewicht von Aktivitäten festlegen, mit welchem notwendiges Wissen durch kompetente
Personen in die organisationale
Wissensbasis einfliesst (= personales Wissen) und mit notwendigem Wissen über andere Medien (= externalisiertes Wissen)
verfügbar gemacht wird. Es geht
also um eine für die spezifische
Situation der Organisation sinnvolle Steuerung aller Wissensressourcen, die relevant sind für
die Erzielung der Produkt- beziehungsweise Dienstleistungskonformität.
Vorhandenes und als relevant erachtetes Wissen soll dann
auch angemessen zur Verfügung
gestellt werden. Ziel hierbei ist,
dass die Mitarbeitenden über
das notwendige Wissen verfügen, die Multiplikation von Wissen, Sicherung und Teilung von
gemachten Erfahrungen und simultaner Wissensaustausch, der
direkt zu Wissensentwicklung
führt. Wissen (ver)teilen ist eine
zwingende Voraussetzung, um
isoliert vorhandenes oder auch
implizites Wissen der gesamten
Organisation zur Verfügung zu
stellen. Die Wissensverteilung
kann sich entweder zentral gesteuert auf eine festgelegte
Gruppe oder auf das Mitteilen
von Wissen unter Mitarbeitenden beziehen. Eine Form der
Umsetzung kann zum Beispiel das Konzept «Mitarbeiter
schulen Mitarbeiter» sein. Die
Wissensverteilung unterstützt
durch elektronische Netze (Wissensnetzwerke und -plattformen, Blog, Intranet, Wiki usw.)
ist heute etabliert. Betrachtet
man zusätzlich die Anforderungen hinsichtlich des Umgangs
mit Wissen im Kontext der
Anforderungen hinsichtlich des
Themas «Kompetenzen», so wird
die Organisation durchaus auch
im Hinblick auf eine angemessene Anwendung des Wissens in
die Verantwortung genommen.
Fehlendes notwendiges Wissen muss schliesslich von der
Organisation erlangt werden.
Das Zusammenspiel zwischen
«Wissen bestimmen» in seiner
strategischen Dimension, «Wissen aufrechterhalten» im Sinne
der regelmässigen Bewertung
seiner Validität und «Wissen erlangen» wird hierbei deutlich.
Erlangen kann bedeuten, neues
Wissen selbst zu entwickeln
oder aber es zu erwerben, zum
Beispiel in Form eines etablierten Lessons Learned-Prozesses,
bestehende Expertenkontakte
zu nutzen oder neue zu knüpfen. Interne und externe Quellen, Experten, Kunden, Lieferanten, Kooperationen, Besuch von
Konferenzen usw. sollen ebenso
genutzt werden.
Stellt man die Anforderungen der ISO 9001:2015 an den
Umgang mit dem Wissen der Organisation bekannten Modellen
des Wissensmanagement – wie
zum Beispiel dem Modell der
Wissensbausteine nach Probst –
gegenüber, fällt auf, dass der
Baustein «Wissen nutzen» zu
fehlen scheint. Hier muss die
Verbindung zu den Anforderungen an den Umgang mit Kompetenzen geschaffen werden.
Kompetenz wird in der Norm
definiert als die Fähigkeit, Wissen anzuwenden. Dafür muss
sichergestellt werden, dass eine
Person auf Grundlage von Schulung, Ausbildung und Erfahrung
für ihre Tätigkeit kompetent,
also befähigt ist. Auch wenn die
Themen «Wissen der Organisation» und «Kompetenzen» in
zwei getrennten Abschnitten behandelt werden, müssen sie
integriert betrachtet werden.
Chancen oder Risiko für
das Wissensmanagement?
Die neue ISO 9001 birgt im Kontext mit Wissensmanagement
beträchtliche Chancen:
– Wissensmanagement auch
strategisch im Unternehmen
zu positionieren, und zwar
sowohl als Handlungsfeld als
auch als Inputgeber. Voraussetzung dafür ist, dass die
Anforderung «notwendiges
Wissen zu bestimmen»
grundlegender und eher vom
Risikodenken her verstanden
wird.
– Der Vision einer Lernenden
Organisation durch eine
konsequente Umsetzung
eines Risk Based Thinking ein
Stückchen näher zu kommen.
– Ganz generell eine Chance
Managementsysteme,
wie das Qualitäts-, Risikound Wissensmanagement,
sinnvoll miteinander zu
vernetzen.
In der letztgenannten Chance
des integrierten Managementsystems liegen aber auch bereits
zwei Risiken: Als etablierte Wissensmanagement-Organisation
von der QM-Organisation «übernommen» zu werden, oder dass
seitens des Qualitätsmanagements das Thema ganz neu
aufgerollt wird, ungeachtet dessen, was es in Sachen Wissensmanagement in der Organisation bereits gibt.
Text und Bild:
Roger Jutzi, SAQ-QUALICON
VII
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auf Anfrage
12
10.6. bis 10.9.2016
12
28.10.2016 bis 10.2.2017 12
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
3. bis 23.3.2016
3. bis 23.3.2016
3. bis 23.3.2016
3. bis 23.3.2016
3. bis 23.3.2016
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Audits
Externer Auditor Qualitätsmanagement
NEU Externer Auditor Umweltmanagement
NEU Externer Auditor Energiemanagement
NEU Externer Auditor Medizinprodukte
NEU Externer Auditor Arbeitssicherheit
3
3
3
3
3
Qualitätssicherung
CAS Quality Assurance
Selbstprüfer
Qualitätsprüfer
Qualitätstechniker
28.10.2016 bis 10.2.2017 12
11. bis 13.4.2016
3
7.3. bis 25.4.2016
6,5
2.2. bis 2.5.2016
13
Tage
Tage
Tage
Tage
Qualitätsentwicklung bei Lieferanten
Supplier Quality Management
NEU Externer Auditor Supplier Quality
13.1. bis 14.4.2016
3. bis 23.3.2016
9 Tage
3 Tage
Business Excellence
CAS Business Excellence
Journey to Excellence
Leaders for Excellence
EFQM Excellence Assessor
Interner Excellence Assessor
26.2. bis 21.5.2016
18. und 19.4.2016
22. und 23.9.2016
7. bis 9.3.2016
20.4. und 18.5.2016
12
2
2
3
2
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Risikomanagement // Sicherheit
Safety Manager
Business Continuity Management
Risikomanager
Betrieblicher Datenschutzverantwortlicher
NEU Externer Auditor Arbeitssicherheit
11.4. bis 16.5.2016
14. bis 18.12.2015
7.4. bis 11.5.2016
30.11. bis 4.12.2015
3. bis 23.3.2016
6
5
4
5
3
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
Umweltmanagement
Umweltmanager
NEU Externer Auditor Umweltmanagement
3.5. bis 6.9.2016
3. bis 23.3.2016
11 Tage
3 Tage
7. bis 21.4.2016
5.4. bis 3.5.2016
16.8. bis 25.10.2016
4 Tage
6 Tage
12 Tage
Lean Management // Six Sigma
NEU Lean Manager
Lean Six Sigma Green Belt
Lean Six Sigma Black Belt
Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen
CAS FH Qualitätsentwicklung
im Gesundheitswesen
NEU Qualitäts- und Prozessmanager
Gesundheitswesen
auf Anfrage
10 Monate
31.8.2016 bis 20.3.2017 18 Tage
Qualitätsmanagement in der Medizintechnik
Qualitätsmanager Medizintechnik
Managementsysteme in der Medizintechnik
Regulatory Affairs
NEU Externer Auditor Medizinprodukte
Seminare
18.1. bis 27.4.2016
18.1. bis 2.3.2016
14.10. bis 26.11.2016
3. bis 23.3.2016
Nächste Termine
15
7
8
3
Tage
Tage
Tage
Tage
Dauer
VIII
Dauer
Intervision QM Coach
QM in der Automobilindustrie –
Einführung in ISO/TS 16949
Revision ISO 9001:2015 –
Das QM-System optimieren
Wissenstransfer erfolgreich managen
NEU Prozessoptimierung mit statistischen
Auswerteverfahren
6.6.2016
4. und 5.10.2016
1 Tag
2 Tage
15.4.2016
1 Tag
18.11.2015
19.5. bis 2.6.2016
1 Tag
4 Tage
18.10.2016
18.5.2016
7. bis 9.12.2015
8. bis 10.6.2016
10.2. bis 11.3.2016
14. und 15.9.2016
1
1
3
3
3
2
Tag
Tag
Tage
Tage
Tage
Tage
3.2.2016
15. und 16.3.2016
18. und 19.11.2015
29.2. und 1.3.2016
30.11. und 1.12.2015
5. und 6.4.2016
1
2
2
2
2
2
Tag
Tage
Tage
Tage
Tage
Tage
3
2
1
2
1
Tage
Tage
Tag
Tage
Tag
17.2.2016
4.2.2016
18.2.2016
29. und 30.3.2016
1
1
1
2
Tag
Tag
Tag
Tage
13. und 14.4.2016
2.3.2016
2 Tage
1 Tag
25. und 26.11.2015
5.2.2016
18.1.2016
2 Tage
1 Tag
1 Tag
17. und 18.3.2016
19.1.2016
7. und 8.9.2016
2 Tage
1 Tag
2 Tage
Einführung ISO 27001/27002
26.4.2016
Vertiefung ISO 27001/27002
18. und 19.5.2016
OHSAS 18001 – Arbeitssicherheit mit System 21. und 22.4.2016
1 Tag
2 Tage
2 Tage
Audits
Erfahrungsworkshop – Masterklasse
Erfahrungsworkshop für interne Auditoren
Interner Auditor
Interner Auditor in der Automobilindustrie
Lieferantenaudit
Interner Umweltauditor
Qualitätssicherung
Grundlagen der Qualitätsprüfung
Prüfmittelqualifikation
Statistik Grundlagen
Statistische Prozesslenkung
Statistische Prüfmethoden
Stichprobenprüfung nach AQL
Qualitätsentwicklung bei Lieferanten
Lieferantenaudit
Lieferantenauswahl und QSV
Bedarfsanalyse zur Lieferantenentwicklung
Partnerschaftliche Lieferantenentwicklung
Reklamationsmanagement
in der Beschaffung
10.2. bis 11.3.2016
27. und 28.1.2016
13.1.2016
7. und 8.12.2015
19.11.2015
Qualitätsmanagement in der Medizintechnik
Abweichungen und Verbesserungen
Design Control
Dokumentation und Rückverfolgbarkeit
Voraussetzungen für das Inverkehrbringen
von Medizinprodukten
Herstellung Medizinprodukte
Lieferantenmanagement
und Lieferantenaudit
Marktüberwachung Medizinprodukte
Qualifizierung und Validierung
Qualitätsmanagement für
Medizinprodukte nach ISO 13485
Regulatorische Grundlagen
Risikomanagement für Medizinprodukte
NEU Pharma & Medtech:
Compliance in der Beschaffung
Risikomanagement // Sicherheit
Umweltmanagement
Umweltmanagement: Systemaufbau
Umweltmanagement: Vertiefung
Umweltgrundlagen:
Umweltauswirkungen des Unternehmens
Revision ISO 14001:2015 –
Das UM-System optimieren
Interner Umweltauditor
2.5. bis 7.6.2016
29. und 30.8.2016
29.6. bis 1.7.2016
4 Tage
2 Tage
3 Tage
27.4.2016
1 Tag
14. und 15.9.2016
2 Tage
Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen
Qualitäts- // Prozessmanagement
Basiswissen Qualitätsmanagement
Strategie und Prozessmanagement
Prozessausrichtung und -gestaltung
Prozessverbesserung – Methoden zur
Leistungssteigerung
Messung, Kennzahlen, Steuerung
Einführung in das Beschwerdemanagement
NEU Schulungskonzepte
im Qualitätsmanagement
Qualitätsmanager als Coach
Nächste Termine
Qualitäts- // Prozessmanagement
Qualitäts- // Prozessmanagement
NEU Assistent/in Qualitätsmanagement
Qualitäts- und Prozessmanager
Dipl. Qualitätsmanager/in NDS HF
MAS Quality Leadership
> CAS General Management
> CAS Business Excellence
> CAS Integrated Systems & Compliance
> CAS Consulting & Communication
> CAS Continuous Improvement
> CAS Quality Assurance
Seminare
8. und 9.3.2016
2. und 3.2.2016
5. und 6.4.2016
9. und 10.12.2015
2
2
2
2
8.2.2016
3.12.2015
auf Anfrage
1 Tag
1 Tag
2 Tage
14.9. bis 21.11.2016
Tage
Tage
Tage
Tage
4 Tage
Qualitätsmanager als Coach
in Gesundheitsorganisationen
Patientensicherheit
Medizincontrolling und Kennzahlen
Einführung in die EN 15224
NEU Qualitätsmanager als Coach
im Gesundheitswesen
27.1. bis 24.2.2016
18. und 19.10.2016
23. und 24.11.2015
25.4.2016
27.1. bis 24.2.2016
3 Tage
2
2
0,5
3
Tage
Tage
Tage
Tage
Events
NEU IT-Forum
Qualitäts- und Prozessmanagement
16.6.2016
1 Tag
MQ Management und Qualität 11/2015
BUSINESS EXCELLENCE
Risikomanagement
Fokus auf Sicherung
der Business-Exzellenz
Von Ernst Zryd
Die Sicherung von Business-Exzellenz und die Qualität von Produkten oder Dienstleistungen erfordert
ein sinnvolles Risikomanagement. Standard-ITLösungen können leider kaum helfen, denn Risiken,
die dieses Ziel verhindern können, können nur
durch partnerschaftliche Zusammenarbeit im
Unternehmen erkannt werden.
G
eringe emotionale Bindung
an das Unternehmen und
fehlende Motivation der Ar­
beitenden oder «Abteilungsden­
ken» bergen Risiken, welche die
langfristige Existenz von Unter­
nehmen gefährden. Das Ergebnis
einer Gallup-Umfrage in Deutsch­
land ergab:
–41 % der Befragten haben sich
schon überlegt, die Unterneh­
mung zu verlassen
– 38 % der Befragten würden den
Chef sofort entlassen
– nur ca. 20 % bestätigen, dass sie
für gute Arbeit Lob und Aner­
kennung erhalten und der Vor­
gesetzte nach ihren Meinun­
gen und Ansichten fragt und
sie in die Prozesse einbezieht.
Wir sind zwar nicht in Deutsch­
land, aber auch in der Schweiz be­
steht das Risiko, dass das Manage­
Ernst Zryd ist Experte für Veränderungsprozesse. Alpha & Omega GmbH, CH-Dielsdorf.
[email protected]
MQ Management und Qualität 11/2015
ment den Grad der Zufriedenheit
der Belegschaft nicht kennt. Nach
Maslow wird der Mensch in seiner
Ganzheit, nicht allein durch die
Befriedigung seiner Grundbedürf­
nisse motiviert. Grundbedürfnisse
sind heute meist erfüllt, deshalb
lässt sich der Mensch nicht allein
durch mehr Lohn oder höhere Bo­
ni motivieren. Engagierte Mitar­
beitende wollen Leistungsanreize
aus der Stufe der Maslow-Pyrami­
de, in der sie sich befinden. Dazu
gehören Sicherheit, einer erfolgrei­
chen Gruppe (Team) angehören
oder öffentliche Anerkennung in­
dividueller Leistungen.
Menschen zu oft nur
Produktionsfaktor
Engagierte Mitarbeitende wollen
die Unternehmensziele kennen
und die Hilfe der Vorgesetzten,
um erfolgreich mitzuwachsen.
Leider werden die Menschen
heute noch oft als Produktions­
faktor statt als Human Resources
betrachtet. Aus meiner Erfahrung
weiss ich: Ein lebendiges, ehrli­
ches Miteinander im Betrieb, das
den Mitarbeitenden Raum lässt
eigene Potenziale zu entfalten, ist
nicht nur für junge Menschen at­
traktiv. Auch Ältere wollen ihre
Kenntnisse über Kunden und
Prozesse vertiefen oder dank ge­
zielter Weiterbildung neue Aufga­
ben übernehmen. Wird die be­
triebliche Aus- und Weiterbildung
auf die mittelfristigen Unterneh­
mensziele ausgerichtet, bleiben
Mitarbeitende für die Unterneh­
mung bis zur Pensionierung inte­
ressant. Das Menschenbild, Men­
schen als Produktionsfaktor zu
betrachten, birgt enorme Risiken
und kann den langfristigen Unter­
nehmenserfolg beeinträchtigen.
Keine zeitraubenden
Diskussionen führen
Die Geschäftsleitung kann die
bestehenden Risiken leicht er­
kennen und die nötigen Gegen­
massnahmen einleiten, sofern sie
sich die folgenden Fragen beant­
worten lässt:
–Kennen alle Mitarbeitenden
die Produkte und Stärken der
Unternehmung?
– Verstehen die Mitarbeitenden
und Kunden die Informationen
der GL?
–Werden Mitarbeitende in die
Gestaltung von Produktions­
prozessen einbezogen?
–Entsprechen Produkte oder
Dienstleistungen den Q-Anfor­
derungen, um den nächsten Be­
arbeitungsschritt ohne Anpas­
sungsarbeiten zu beginnen?
–Werden Kunden in die Ent­
wicklung von Produkten einbe­
zogen?
–Dienen Kundeninformationen
zur Verbesserung von Dienst­
leistungen oder bleiben sie un­
genutzt in IT-Systemen hängen?
–Können Mitarbeitende dank
rechtzeitig erworbener Kom­
petenzen befördert werden
oder andere Funktionen über­
nehmen?
– Beschränkt sich Ihre HR-Abtei­
lung auf das Verwalten und Re­
krutieren?
Seit der Aufgabe der Frankenbin­
dung an den Euro wird die Sozial­
partnerschaft zwischen Arbeitge­
ber und Arbeitnehmer zur Rettung
der Krise bemüht. Leider werden
je nach Ideologie vom Partner zu­
sätzliche Leistungen wie Kündi­
gungsschutz, längere Arbeitszeit
usw. verlangt. Die Lösung kann
nicht in zeit- und energierauben­
den Diskussionen gefunden wer­
den. Vielmehr müssen die Risiken
von wirtschaftlichen Verlusten er­
kannt und Massnahmen zur Mini­
mierung erarbeitet werden.
Echte Zusammenarbeit
pflegen
Echte Partner geben freiwillig al­
les, um ein gemeinsames Ziel zu
erreichen. Für ein Unternehmen
bedeutet dies, Strukturen zu
schaffen, die es den Mitarbeiten­
den erlauben in den zugeteilten
Aufgaben ihre Fachkenntnisse an­
zuwenden, geplant zu erweitern
und einen Sinn in der Arbeit zu
finden. Sie vermeiden nicht kalku­
lierte Kosten für Nachbesserun­
gen, Reibungsverluste und Perso­
nalfluktuation.
Business-Exzellenz oder den
Kunden angepasste Produktqua­
lität wird nicht durch IT-Systeme
oder ISO-Zertifikate, sondern
durch echte Zusammenarbeit al­
ler Beteiligten erreicht. ■
17
RISIKEN MANAGEN
Nützliches Risikomanagement
denen Dokumentensystematik
angepasst werden können,
–nur einen, übersichtlichen,
übers Jahr fortlaufenden Pro­
zess umfassen,
–wahlweise mit internen oder
externen Ressourcen handel­
bar sein,
– auf jeder Ebene/in jeder Funk­
tion zeiteffizient und
– insgesamt kostengünstig sein.
Mehrwert für KMU !
Andreas Gitzi, Peter Tschudin
Gesetzliche Anforderungen zur Finanz­absicherung
einhalten und trotzdem einen Mehrwert verzeichnen können. Betreiben Sie Risikomanagement
anders: mit unkonventionellen Lösungsansätzen,
die speziell KMU Nutzen bringen.
In vielen Firmen wird Risikoma­
nagement nur als notwendige,
aber letztlich unnütze Erfüllung
der gesetzlichen Anforderungen
gesehen. In einem früheren Arti­
kel wurde bereits den möglichen
Gründen nachgegangen.
Im folgenden Artikel werden nun
Lösungsansätze erläutert, wie KMU
von angemessenem, kosteneffizi­
entem Risikomanagement profitie­
ren können, welches über die rein
gesetzlich geforderte Finanzsiche­
rung hinausgeht. Mit diesen teils
unkonventionellen Empfehlungen
gehen wir bewusst in eine andere
Richtung, weg von den üblichen
Prozess- und Tool- dominierten An­
sätzen.
Zielsetzungen?
Zuallererst sollten diese quintes­
senziellen Fragen beantwortet
werden: Welche Erwartungen hat
eine KMU an ein effektives und
nützliches Risikomanagement?
Wobei selbstverständlich voraus­
Andreas Gitzi, Beratender Risikomanager,
Risiko Manager MAS, Sicherheitsingenieur
EiV, EKAS.
Peter Tschudin, Berater für Organisationsentwicklung, Innovation und Strategie.
18
gesetzt wird, dass die gesetzli­
chen und branchenspezifischen
Vorschriften erfüllt werden müs­
sen. Die zentralen Zielsetzungen
des Integralen Risikomanage­
ments heissen:
– Sichern des langfristigen Beste­
hens und der positiven Ent­
wicklung des Unternehmens,
–Verhindern von DownRating
und Liquiditätsengpässen,
–integrale und einheitliche Er­
fassung und Bewertung der
wirklich relevanten Risiken
für das gesamte Unternehmen,
– zeitnahes Erstellen aller, unter­
schiedlichen Berichtformen,
für ein bedürfnisgerechtes Re­
porting zu den verschiedenen
Risk Owner und Stakeholder.
Als zusätzliche Vorteile wären
noch folgende Punkte zu nennen:
– aktive Unterstützung für intelli­
gente Entscheidungsfindung
bieten, sei diese strategischer,
finanzieller oder operationeller
Art und,
–Förderung von erfolgsverspre­
chenden Innovationen und
Projekten.
Hier steht die wichtige Einsicht
im Vordergrund, dass Finanzrisi­
ken bei vielen Unternehmen oft
nur die Auswirkungen von strate­
gischen, operationellen und tech­
nischen Risiken sind. Oder anders
gesagt – die Ursachen für die
meisten finanziellen Probleme
liegen fast immer in vorausgegan­
genen, fehlerhaften Entscheidun­
gen im Bereich der strategischen
Entwicklung und der operativen
Umsetzung [1]. Dabei liegt es uns
fern, Finanzrisiken zu negieren,
aber effektives Risikomanage­
ment darf dort nicht aufhören.
Um einen ausgeprägten Nutzen
zu erhalten, muss es die vielen an­
deren Aspekte auch einbeziehen,
und letztlich müssen Erkenntnis­
se aus dem Risikomanagement
bereits in frühe Entscheidungs­
findungen einfliessen.
Anforderungen?
Die zweite wichtige Frage, bevor
man ein Risikomanagement ein­
führt, betrifft die notwendigen
Anforderungen. Einer KMU ste­
hen in der Regel nur beschränkte
Ressourcen und ungenügende
Fachkompetenz zur Verfügung.
Zudem muss sie sich auf ihr «dai­
ly business» fokussieren. Daraus
leiten sich die folgenden Anforde­
rungen an ein effizientes Risiko­
management ab:
Der Prozess muss:
–der bestehenden Unterneh­
mens- und Prozesskultur ent­
sprechen,
–den funktionsspezifisch unter­
schiedlichen Bedürfnissen ge­
recht werden,
– weitgehend der bereits vorhan­
Das Reporting soll:
–übersichtlich, einfach und für
die unterschiedlichen Empfän­
ger verständlich sein,
–klar visualisiert werden kön­
nen,
–bei Bedarf in «realtime» nach­
geführt werden können,
–den vorgegebenen Berichtfor­
men übergeordneter, organisa­
torischer Einheiten entsprechen
–und natürlich den gesetzlich,
behördlich geforderten An­
sprüchen genügen.
Daraus resultiert die auffallendste
Eigenschaft eines effektiven Risi­
komanagements. Es muss flexibel
sein! Dadurch vermeidet man,
dass jede Funktion im Unterneh­
men ihren Anforderungen und
Bedürfnissen gehorchend ein ei­
Soll der Risikomanagementprozess in das
bestehende Prozessund DokumentenManagement-System
integriert werden?
genes, sehr spezialisiertes Risiko­
managementsystem implemen­
tiert, welches dann meistens auf
einem nur in ihrem Bereich aner­
kannten Standard basiert. Man
reduziert so die Problematik, dass
mehrere nicht kongruente Insel­
lösungen mit parallel laufenden
Prozessen und unverhältnismäs­
sig grossem Aufwand existieren.
Deshalb sind in der Praxis Funkti­
onen und Abteilungen in das in­
MQ Management und Qualität 11/2015
RISIKEN MANAGEN
tegrale Risikomanagement einzu­
binden, deren Anforderungen
sich bezüglich genutzter Risiko­
analysenmethode oder Berichts­
form unterscheiden.
Ein weiterer Aspekt ist die mögli­
che Integration in bereits beste­
hende Prozesse. Es ist eine Tat­
sache, dass die Existenz und das
Funktionieren eines Risikoma­
nagements in einem Unterneh­
men durch die Revision bestätigt
werden muss [Art. 961c OR], so­
fern es die Kriterien für eine or­
dentliche Revision erfüllt (börsen­
kotierte AG, > 40 Mio. Umsatz, >
250 Mitarbeiter) [2]. Zurzeit ver­
langt aber keine Norm explizit ei­
ne Auditierung resp. Zertifizierung
des Risikomanagement­systems.
Es macht daher Sinn, den Risiko­
managementprozess getrennt
von zu auditierenden Systemen,
wie beispielsweise GMP, ISO 9001
etc. zu führen. Gemäss den gängi­
gen Standards (ISO 31000, ONR
49000ff., COSO ERM) ist das Vor­
handensein eines Management­
Systems allerdings erforderlich
[3]. So sind Dokumentation, Aus­
bildung, time und event driven
Reviews sowie kontinuierliche
Verbesserung auch im Risiko­
management gefordert.
Unsere Empfehlung ist daher, für
Risikomanagement-Aufgaben
das bereits bestehende System zu
nutzen, aber dieses formell ge­
trennt zu verwalten, quasi in ei­
nem anderen «Gefäss».
Als Beispiel sei hier die effiziente
Nutzung des IKS als Riskcontrol­
ling auch für nicht finanzrelevan­
te Prozesse erwähnt, insbeson­
derse zur kontinuierlichen
Überwachung von strategischen
Projekten und Real-time-Alar­
mierung bei Prozessabweichun­
gen. Dies deshalb, weil IKS bereits
viele der dafür notwendigen Auf­
gaben erfüllt. Siehe Tabelle 3, Auf­
gaben von IKS.
Aus diversen Gründen wird dem
Risikomanagement die Anerken­
nung abgesprochen. Dies vor al­
lem aufgrund folgender Voraus­
setzungen: Man hat gegebenen­
falls zu viel Zeit für die Prozesse
investiert und lässt die Erfolgs­
meldung deswegen weg. Fehlen­
des Feedback führt aber dazu,
dass man nicht als Teil des Erfolgs
wahrgenommen wird. Ein ande­
rer Aspekt ist die fehlende Mess­
barkeit, die dem Risikomanage­
ment unterstellt wird. Das ist
häufig durch fehlende Daten vor
der Einführung des Systems be­
gründet.
Positive Effekte
Man muss sich deshalb rechtzeitig
die Frage nach risikorelevanten
KPIs (Key Performance Indices)
oder konkreten RPIs (Risk Perfor­
mance Indices) stellen. Auch für
das Risikomanagement sollte
man klare RPI›s definieren und
KPI›s festlegen, welche damit be­
einfluisst werden wollen. Wenn
das Risikomanagement integral
umgesetzt und gut kommuniziert
Zielerreichung des IRM ist langfristig auch mittels
KPIs messbar
– Produktivität, Anlagenausfallzeiten, Mitarbeiterfehlzeiten
– Verkaufszahlen, Anzahl Lieferungs-Shortfalls, Kundenzuwachs,
– Anzahl erfolgreich abgeschlossener Entwicklungsprojekte
– Versicherungsprämien, Kosten für Risikoreduktionsmassnahmen,
– Non-Compliance Fälle, Bussen, Auditfindings
– Ggf. Aktienkurs beachten
Tabelle 2: Auflistung möglicher Indikatoren zum Nachweis der Zielerreichung
von integralem Risikomanagement (copyright: Gitzi/Tschudin)
MQ Management und Qualität 11/2015
Wesentliche Aufgaben des IKS mit Nutzen für das RM
– IKS beschreibt die relevanten, zielführenden Prozesse
– Es werden Grenzwerte für Abweichungen von Zielvorgaben festgelegt
– Die Prozesse und deren Resultate werden fortlaufend überwacht
– Im Fall von Grenzwertüberschreitungen wird alarmiert und rapportiert
– Die Verantwortlichen haben spätestens dann Korrekturmassnahmen
zu definieren und umzusetzen.
Tabelle 1: Aufgaben des IKS, welche für das Risikomanagement
genutzt werden könnten (unvollständige Aufzählung) (copyright: Gitzi/Tschudin)
werden kann, so zeigt es bereits
kurzfristig positive Seiten wie:
–Erhöhte Zufriedenheit der Risikoberichtsempfänger > besseres
individuelles Verständnis
–Bessere Identifikation mit den
Risiken > erhöhtes Feedback,
Umsetzung von Massnahmen
–Einfachere Kontrolle, schnellere
Reaktion > zeitnahe Meldung
von Abweichungen
–Reduzierter Aufwand für Risikomelder und Risk Owner > Effizienterer Prozess
Ein erfolgreiches, integrales Ri­
sikomanagement zeigt mittel­
fristig auch Verbesserungen in:
– Erhöhte Sicherheit – bessere Motivation > Liefersicherheit –
Kundenzufriedenheit
–Qualitativ bessere Entscheide >
optimalere Chancenwahrnehmung
–Erhöhtes Risikobewusstsein >
Ausbildung einer unternehmenseigenen Risikokultur
–Positive Reputation bei Stakeholder, Community und Aktionären
Somit sollte schliesslich die Zieler­
reichung des Risikomanagements
auch langfristig ermöglicht wer­
den, wenn KPIs berücksichtigt
werden. Siehe Tabelle 2, welche
KPIs es sein können.
Eine wichtige Voraussetzung hier­
zu: Die gewünschten KPIs müs­
sen vor Einführung des Risiko­
managements definiert werden –
zwecks Tendenzerkennung be­
reits zuvor über einen längeren
Zeitabschnitt erfasst worden sein.
Ein effektives, integrales Risiko­
management hat für eine KMU
einen wesentlichen Einfluss auf
dessen Erfolg. Insbesonderse mit­
telfristige und langfristige Resulta­
te können mit einem effektiven
Risikomanagement positiv gesteu­
ert werden.
Die anfänglich gestellte zentrale
Frage nach einem unmittelbaren
Nutzen von Risikomanagement
kann somit deutlich befürwortet
werden. ■
Literatur
1 Hunziker S., Referat ERM-Thesen
– Impulse aus der Forschung
und Beratung, Veranstaltung
vom 20.11.2014, Netzwerk Risikomanagement Schweiz
2Veröffentlichung 6. November
2013, Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde RAB
3 Gitzi, A. (2009): Optimierung der
internen Risikokommunikation.
Masterarbeit. Hochschule Luzern
19
RISIKEN MANAGEN
Gesundheitsmanagement
Einblick in das Management
in der «Unsicherheitszone»
Von Dr. Claudia Meier Magistretti und Dr. Gian-Claudio Gentile
Viele Führungskräfte weisen fehlende Sicherheit in
Sachen Gesundheitsmanagement auf; bezüglich der
relevanten Gesundheitsthemen besteht eine
grosse Unsicherheit. Die Hochschule Luzern hat in
einem Forschungsprojekt Führungskräfte zu dieser
«Unsicherheitszone» befragt und zeigt Wege auf,
wie damit umgegangen werden kann.
D
urchschnittlich 6,5 Tage pro
Jahr – so lange fehlen Mit­
arbeitende in der Schweiz
wegen Krankheit oder Unfall an
der Arbeit. Arbeitsbedingte Ge­
sundheitsprobleme betreffen
laut einer Hochrechnung des
Staatssekretariats für Wirtschaft
(SECO) in der Schweiz 1,1 Millio­
nen Arbeitnehmende. Der JobStress-Index der Gesundheitsför­
derung Schweiz zeigt bei knapp
25 Prozent der Erwerbsbevölke­
rung ein Missverhältnis zwischen
Ressourcen und belastenden Ar­
beitsfaktoren – ein Missverhält­
nis, das die Gefahr psycho-sozia­
ler Beeinträchtigungen wie Stress
Dr. Claudia Meier Magistretti lehrt und
forscht an der Hochschule Luzern – Soziale
Arbeit sowie an der Hochschule für
Angewandte Psychologie APS der FHNW
zu Gesundheitsförderung, Prävention und
Public Health.
Dr. Gian-Claudio Gentile arbeitet in den
Departementen Soziale Arbeit und Wirtschaft
der Hochschule Luzern. Er arbeitet in den
Bereichen Corporate Social Responsibility,
BGM und OE.
20
oder Burn-out erwiesenerma­
ssen erhöht. Laut SECO entste­
hen durch gesundheitliche Belas­
tungen am Arbeitsplatz jährlich
Kosten von mehr als 20 Milliar­
den Franken. Solchen Zahlen
können sich Führungskräfte von
Schweizer Betrieben nicht ver­
schliessen. Doch wie genau nä­
hert man sich der Herausforde­
rung
«Gesundheitsmanage­
ment» an, nicht zuletzt, wenn
insbesondere die psychischen
Belastungen der Mitarbeitenden
reduziert werden sollen?
Gesundheitsmanagement =
Chefsache?
Die Hochschule Luzern hat in Zu­
sammenarbeit mit der Schweize­
rischen Gesellschaft für Organisa­
tion und Management diesbezüg­
lich eine vertiefte Interviewstudie
bei 29 Topführungskräften durch­
geführt. Die Studie «Betriebliches
Gesundheitsmanagement ist
Chefsache!?» (www.hslu.ch/bgmchefsache) zeigt, wie in Schweizer
Unternehmen, Non-Profit- und
Verwaltungsorganisationen mit
dieser Managementaufgabe um­
gegangen wird. Die Antworten der
Befragten fielen sehr unterschied­
lich aus. Trotzdem kristallisierten
sich Gemeinsamkeiten heraus:
Gesundheitsmanagement bedeu­
tet für die Befragten «Manage­
ment in der Unsicherheitszone».
Damit wird jener Handlungs­
bereich beschrieben, in dem sich
alle Führungskräfte – ungeachtet
ihrer Branche oder ihres Manage­
mentstils – weitgehend auf sich
alleine gestellt sehen.
Gesundheit managen bedeutet
auch Grenzen überschreiten, wo­
für jedoch die Befragten noch
über wenig Kompetenzen und
Know-how verfügen: Denn Ge­
sundheit wird in den meisten Fäl­
len als «Angelegenheit» verstan­
den, welcher sich formales Ma­
nagement nicht oder nur sehr
beschränkt widmen kann. Die
hieraus entstehende Handlungsund Entscheidungsunsicherheit
verfestigt Widerstände und Vor­
behalte gegenüber systemati­
schen Gesundheitsmassnahmen.
Wie in der Grafik auf der folgen­
den Seite dargestellt, ist die Ge­
sundheit der Mitarbeitenden in
der Wahrnehmung der Befragten
dann kein Problem, wenn Ge­
sundheit klar gegeben oder
Krankheit eindeutig feststellbar
ist. Im Idealfall sind die Mitarbei­
tenden somit entweder gesund
und Arbeitgebende und Arbeit­
nehmende begegnen sich im for­
mell definierten Leistungsvertrag:
Für geleistete Arbeit wird ein Ent­
gelt ausgezahlt. Oder die Krankheit
der Mitarbeitenden ist offensicht­
lich, beispielsweise weil der Arm
gebrochen ist oder eine fachliche
Begutachtung (z. B. Arztzeugnis)
vorliegt. Leistungsausfälle und
Folgekosten werden in solchen Si­
tuationen über institutionalisierte
Prozesse abgehandelt (z. B. IVStellen oder Case-Management).
Zum Problem wird das Thema
Gesundheit erst dann, wenn we­
der Gesundheit noch Krankheit
eindeutig feststellbar ist. Zwi­
schen den beiden Polen «ge­
sund» und «krank» entsteht die
«Unsicherheitszone» des Ge­
sundheitsmanagements, in wel­
cher die Befragten kaum über
Handlungsorientierung verfügen.
Die drei Aspekte der
«Unsicherheitszone»
Inhaltlich beschrieben besteht
die «Unsicherheitszone» aus
drei Aspekten: der Umgang mit
Intimität in der Führungsbezie­
hung, die Ab- und Eingrenzung
von Privatheit und Arbeit sowie
der Konflikt zwischen Mitarbei­
tendengesundheit und ökono­
mischer Leistungserbringung.
1. Intimität in der
Führungsbeziehung:
Den Nennungen der Gesprächs­
partner folgend meint Intimität
den Zustand von Nähe und Ver­
trautheit, welcher für die Mitar­
beitendenführung in bestimm­
ten Situationen und Problemla­
gen von zentraler Bedeutung ist.
So kann es beispielsweise wich­
tig sein, dass eine Führungskraft
nahe genug bei den Mitarbeiten­
den ist, um zu erfahren, ob nebst
der Arbeitsbelastung auch zu
hause persönliche Beanspru­
chungen vorliegen, welche die
Gesundheit und Leistungsfähig­
MQ Management und Qualität 11/2015
RISIKEN MANAGEN
Abb. 1
Führung in der Unsicherheitszone (eigene Darstellung).
keit beeinträchtigen könnten.
Dies setzt eine Form von Nähe
und beidseitigem Vertrauen vor­
aus, die beim Thema Gesundheit
sorgfältig und achtsam gestaltet
werden muss. Eine solche Inti­
mität herzustellen, ist für die in­
terviewten Führungskräfte meist
ungewohnt und daher eine gros­
se Herausforderung. Dies gilt
insbesondere dann, wenn es um
psychische Beschwerden geht.
2. Privatheit und Arbeit:
«Privatheit» bezeichnet einen
personalen Aspekt der Unsicher­
heitszone: Gesundheit gilt am
Arbeitsplatz als privat, und deren
Thematisierung wird oft als Ein­
griff in die Privatsphäre der Mit­
arbeitenden verstanden. Wäh­
rend es den meisten Führungs­
kräften noch relativ leicht fällt,
ein offensichtliches Alkoholpro­
blem einer untergebenen Per­
son anzusprechen, wird dies bei
Verhaltensweisen wie exzessi­
vem Rauchen, ungewöhnlicher
Gewichtszunahme oder -abnah­
me oder Zeichen von Erschöp­
fung schon schwieriger. Füh­
rungskräfte brauchen somit viel
Fingerspitzengefühl. Wird aus
Angst vor einer Verletzung der
Privatsphäre das Gespräch nicht
gesucht, besteht die Gefahr, dass
MQ Management und Qualität 11/2015
z. B. Überlastungen von Mitarbei­
tenden erst dann erkannt wer­
den, wenn bereits ein Arbeitsaus­
fall vorliegt und entsprechende
Kosten anfallen.
gilt es einen Weg zu finden, intime
und sich im Bereich des Privaten
befindende Themen aufzugreifen
und ansprechbar zu machen.
Führungskräfte können dies bei­
spielsweise in Führungskursen
lernen. Gleichzeitig ist es zentral,
dass nicht nur die Führungsper­
sonen, sondern auch die Mitar­
beitenden Verantwortung für die
Gesundheit im Betrieb überneh­
men: Im Rahmen einer Team- so­
wie Kulturentwicklung können
alle zusammen über gemeinsame
Werte diskutieren und solche de­
finieren. Dies führt zu einer ver­
stärkten Übernahme der Verant­
wortung für Gesundheit durch
die Mitarbeitenden. Gleichzeitig
bedeutet das aber auch eine Ver­
änderung bezüglich der Füh­
rungsrolle. Diese fokussiert stär­
ker auf die Vermittlung zwischen
den unterschiedlichen Perspekti­
ven, auf nachhaltige Entwick­
lungsmöglichkeiten für die ein­
zelnen Mitarbeitenden sowie das
Schaffen von Austauschräumen
(z. B. Qualitätszirkel oder wö­
chentliche Teamsitzungen), wel­
che eine qualifizierte Selbstver­
antwortung der Mitarbeitenden
fördern.
Arbeit findet heute und in Zu­
kunft nicht mehr nur am klassi­
schen Arbeitsplatz statt, sondern
verlagert sich in die unterschied­
lichen Lebenssphären der Men­
schen. Das Management der
Gesundheit dürfte in dieser Ent­
wicklung ein wichtiges Hand­
lungsfeld bleiben. ■
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3. Wertekonflikte
annehmen:
Die «Unsicherheitszone» ist
schliesslich durch Wertekonflik­
te geprägt. Im Kern dieses Kon­
fliktes geht es um die ökonomi­
sche Leistungserbringung einer­
seits und die Mitarbeitendenge­
sundheit andererseits. Dem The­
ma Gesundheit wird aus Sicht der
Befragten oft noch eine quasi reli­
giöse oder dogmatische Konnota­
tion zugeschrieben, von welcher
sie sich bewusst distanzieren
müssen, um nicht als «Gesund­
heitsapostel» wahrgenommen zu
werden. Vor diesem Hintergrund
wird das Gesundheitsmanage­
ment auch ein unternehmenspo­
litisches Thema, welches zwi­
schen den unterschiedlichen In­
teressengruppen (z. B. Mitarbei­
tende, Geschäftsleitungsmitglie­
der, Human Resources etc.) sorg­
fältig thematisiert werden muss.
Qualifizierte
Selbstverantwortung
Im Zuge der oben beschriebenen
Aspekte der «Unsicherheitszone»
21
RISIKEN MANAGEN
Die Vorsorgesituation bezüglich Deckungsgraden
Gelegenheit für «De-Risking»
bei Schweizer Pensionskassen
Von Michael Merz
Zwei aktuelle Studien unterstreichen: Der stärkere
Franken gegenüber dem Euro-Mindestkurs sowie
fallende Zinsen schmälern die Renditen. Andererseits
könnte die vorherrschende Wirtschaftsphase die
beste Gelegenheit zu Risikoevaluationen, zu einem
sogenannten Risikoabbau (De-Risking) bieten.
D
ie im Jahr 2013 revidierten Bi­
lanzierungsregeln nach IAS 19
(Engl.: International Accoun­
ting Standards) für die Bewertung
der Vorsorgepläne bedingen die
vollständige Offenlegung der Un­
ter- und Überdeckungen in den
Firmenbüchern. Hieraus müsste
eine hohe Transparenz speziell bei
resultieren, börsenkotierten Un­
ternehmen resultieren. Doch die
verbesserte Transparenz birgt
auch Schattenseiten, weil sie – wie
gleich zwei Schweizer Studien be­
legen – mit einer hohen Bilanzvo­
latilität verbunden ist.
Wie Peter Zanella und Richard
Köppel, Pensionskassenexperten
bei Towers Watson Schweiz (siehe
auch «Neue Studien zum De­
ckungsgrad für Schweizer Unter­
nehmen» am Textende), belegen,
existiert innerhalb der Unterneh­
mensbuchhaltungen ein grosses
Risikopotenzial. Die Pension-Risk
Studie 2015 von Watson Towers
unterstreicht: «Unternehmen ver­
zeichnen eine hohe Bilanzvolatili­
tät gegenüber dem Vorjahr. »
22
Viele Schweizer Unternehmen
müssten die Gelegenheit nutzen,
Wege zu suchen, die mit den Vor­
sorgeeinrichtungen verbundenen
Finanzierungsrisiken zu verste­
hen und zu kontrollieren.
Rückläufige Ergebnisse
Seit der Einführung von Negativ­
zinsen durch die Nationalbank er­
schwert sich besonders die wirt­
schaftliche Situation der Schwei­
zer Pensionskassen. «Zur Verringe­
rung der Volatilität könnte auch
die Implementierung risikoärme­
rer Anlagestrategien in Erwägung
gezogen werden», meint Richard
Köppel weiter, «ein Standardver­
fahren hierfür gibt es allerdings
nicht, da die Ausgangslage von
Unternehmen zu Unternehmen
unterschiedlich ist», erklärt der Ex­
perte.
Schweizer Vorsorgeeinrichtun­
gen, befragt zum wichtigsten An­
lageziel bei Investitionen, orien­
tieren sich laut einer aktuellen
Studie der Hochschule Luzern
(hslu) meistens präferiert an di­
rekten Anlagen für Immobilien.
Viele Schweizer Einrichtungen
führen längerfristige Strategien
aus, zeigen die hslu-Studiener­
gebnisse, die bereits im März 2015
bereits publiziert wurden.
Pensionskassen investieren in Ge­
bäude und Grundstücke, damit sie
eine definierte Rendite erreichen,
ihr Kapital erhalten und sich vor
Inflation schützen. In der Schweiz
erzielten die befragten Investoren
in den Jahren 2012 bis 2013 im
Durchschnitt Renditen zwischen
5 und 6 Prozent, mit einer immer
mehr fallenden Tendenz.
Gleichwohl weist Michael Trü­
bestein, Dozent und Projektleiter
der Hochschule Luzern, betref­
fend die Vorsorgestrategien dar­
Schweizer Vorsorgeeinrichtungen orientieren
sich an direkten Anlagen für Immobilien.
auf hin, dass es zu einer Anglei­
chung des Schweizer Immobili­
enmarktes kommt, entsprechen­
de Opportunitäten allmählich
schwerer zu finden sind:
«Eine Ausweichmöglichkeit wäre,
dass die Institutionen ausländi­
sche Märkte nach geeigneten –
indirekten – Investitionsmöglich­
keiten untersuchen. Allerdings
konkurrieren Schweizer Investo­
ren auch dort mit nationalen und
internationalen Investoren, und
gute Objekte sind in ihrer Anzahl
limitiert», so Trübestein.
Im Vergleich zum Vorjahr sind je­
denfalls die Vorsorgeverpflich­
tungen der sogenannten SLI-Un­
ternehmen um etwa CHF 36 Mrd.
(+19,8 %) und bei den SMI-Un­
ternehmen um CHF 30 Mrd.
(+18,0 %) bei den Planvermögen
gestiegen. Allerdings reduzierte
sich der durchschnittliche De­
ckungsgrad, insbesondere wegen
des niedrigen Diskontierungssat­
zes, um fünf Prozent bei den SMIund um vier Prozent bei den SLIUnternehmen.
Gemäss Towers Watson waren die
Vorsorgeverpflichtungen im Jahr
2014 zu 84 Prozent respektive 80
Prozent bei den SLIs in einem
entsprechenden separat ausge­
schiedenen Planvermögen ge­
deckt.
Nichtsdestotrotz sei angesichts des
weiteren Rückgangs der Zinsen
und der zunehmenden Schwie­
rigkeit, klassische Anlagevehikel
zu finden, die kurz- und mittel­
fristig angemessene Renditen ge­
nerieren, die Konzentration auf
die Vorsorgeverpflichtungen evi­
dent.
Mögliche Auswirkungen
Nicht nur wirtschaftliche, son­
dern auch juristische Intranspa­
renzen durchkreuzen die Pläne
der Schweizer Pensionskassen.
Die meisten Schweizer studieren
jedoch den von der Schweizer
Pensionskasse gemeldeten De­
ckungsgrad, der auf den Grund­
sätzen nach Swiss GAAP beruht.
Hierunter kommt nun Bewegung
in den Heimatmarkt:
Die Vorsorgeverpflichtungen (und
deren Volatilität) gemäss den Rech­
nungslegungsstandards könnten
die Arbeitgeber jedoch dazu veran­
MQ Management und Qualität 11/2015
RISIKEN MANAGEN
lassen oder sogar zwingen, die
dem Plan zugrunde liegenden Risi­
ken besser zu kontrollieren, indem
sie die Art der Durchführung der
beruflichen Vorsorge oder die Hö­
he der angebotenen Leistungen
direkt beeinflussen. Dies bezeugt
der Forschungsbericht «Auswir­
kungen von IAS 19 auf die berufli­
che Vorsorge» (Nr. 02/15) vom
Bundesamt für Sozialversicherun­
gen BSV.
Infolge des fallenden Zinses könn­
te der Arbeitgeber mehr Druck auf
die Pensionskasse ausüben, die
unter der Leitung des paritätisch
aus Arbeitnehmer- und Arbeitge­
bervertretern zusammengesetz­
ten Stiftungsrats steht. Das hslu
Forschungsteam hat in seiner Stu­
die die Investoren nach Kriterien
gefragt, welche für die Auswahl ei­
nes externen Managements für die
Verwaltung ihres Anlagebestandes
von Bedeutung sind:
«Die Pensionskassen, Stiftungen
und Lebensversicherungen ach­
ten dabei stark auf die Erfahrung
und die Reputation sowie die Kos­
ten des Dienstleisters, während
vertragliche Aspekte wie die Ver­
tragslaufzeit oder die Eigenkapi­
talbeteiligung des Managements
eine weniger grosse Rolle spie­
len», heisst es in der im März 2015
erschienenen hslu-Studie.
Hierzu meint Michael Trübestein:
«Dieses Verhalten bedeutet einer­
seits, dass neue Management-An­
bieter jeweils ‹hohe Eintrittsbarri­
eren› durchbrechen müssen. An­
dererseits zeigt es, dass die Markt­
teilnehmer ihren Partnern im Im­
mobilienbereich viel Vertrauen
entgegenbringen.» Ein grundle­
gender Unterschied der Anforde­
rungen an ein externes Manage­
ment für direkte oder für indirekte
Immobilienanlagen konnte nicht
festgestellt werden.
halb aus Sicht der Portfolioopti­
mierung und -absicherung durch­
aus zielführend.» Vorsorgeexper­
ten scheint es eher suboptimal,
wenn wegen weitergeleiteter Ne­
gativzinsen der SNB plötzlich viele
Wie könnten sich also grössere
Vorsorgeeinrichtungen verhal­
ten, die quasi passiv zusehen
müssen, wie ihre Anleiherendi­
ten sinken?
Nebst Währungsverlusten
gibt es immer auch
politische Risiken.
Experten wie Michael Trübestein
differenzieren: «Nebst Währungs­
verlusten gibt es immer auch poli­
tische Risiken. Gleichwohl bewer­
ten institutionelle Investoren eine
hohe Diversifikation als sehr wich­
tig, bilden diese aber nur teilweise
in ihren Portfolios ab. Eine stärkere
Internationalisierung wäre des­
Schweizer Kassen Vorsorgekapital
über längere Zeitabschnitte in ei­
genen Tresorschubladen deponie­
ren. Die Vorsorgebranche muss
dringlichst Lösungen finden, wie
die Transparenz ausländischer
Märkte richtig genutzt sowie An­
lagen für solide Investitionen op­
timiert werden können. ■
Neue Studien zum Deckungsgrad der Schweizer Unternehmen
1.) «Real Estate Asset Management»-Studie
Für diese «Real Estate Asset Management»-Studie unter der Leitung
von Michael Trübestein wurden Antworten von 126 Institutionen ausgewertet, die zusammen ein Kapitalanlagevermögen von 440 Milliarden Franken und ein Immobilienanlagevermögen von 56 Milliarden
Franken aufweisen. Der Grossteil der befragten Einrichtungen waren
Schweizer Pensionskassen.
Den Grossteil ihres Portfolios investieren sie in Immobilien; davon
110 Milliarden Franken in inländische Gebäude und Grundstücke
und «nur» 10 Milliarden Franken auf ausländischen Märkten.
Die absteigende
Darstellung lässt
aufgrund der
Berücksichtigung
von nichtkapitalgedeckten
Vorsorgepläne nur
beschränkt eine
Wertung zu.
Die «Real Estate Asset Management»-Studie kann direkt bei der hslu
oder unter ISBN 978-3-658-08783-8 bestellt werden.
2.) Pension-Risk-Studie von Towers Watson
Die Studie von Towers Watson von Peter Zanella und Richard Köppel
analysiert bei den führenden börsenkotierten Unternehmen u. a.
die Deckungssituation der Vorsorgeverpflichtungen (gemäss den internationalen Rechnungslegungsstandards inner- und ausserhalb der
Schweiz). – Ihre Risikobeurteilung bez. Unternehmen in der Schweiz:
– Einführung eines Beitragsprimats-Plans, Art. 1e BVV2, scheint
aufgrund der parlamentarischen Diskussionen an Wichtigkeit zu
gewinnen.
– Steuerung von Garantien (zum Beispiel über Senkung des Umwandlungssatzes/über Kapital statt über die Rente oder variable
Renten respektive über eine Reduktion der Anwartschaften) wird
immer evidenter.
Informationen zur Studie von Towers Watson über Deckungsgrade
können angefordert werden unter: [email protected]
MQ Management und Qualität 11/2015
Berücksichtigt sind nur Planvermögen, die unter US GAAP oder IAS 19 (ohne Berücksichtigung von Effekten aufgrund
von Asset Ceiling) als solche ausgewiesen werden!
towerswatson.com
© 2015 Towers Watson. All rights reserved. Proprietary and Confidential. For Towers Watson and Towers Watson client use only.
Die Pension-Risk-Studie, siehe die Grafik, zeigt aktuelle Deckungsgrade (De-RiskingStrategien). Es existiert ein Abbau von bestehenden Garantien. Es wird jedoch versucht
die Bilanzvolatilität («Asset Liability Matching»), zum Beispiel durch risikoärmere
Strategien, zu immunisieren.
23
QUALITÄT SICHERN
Optimierte Produktdatenprozesse verkürzen Time-to-Market
Das Kreuz mit den
Produktdaten
Von Hubert Surrer und Marc Hankmann
Wird eine Rechnung falsch ausgestellt oder ist die
Darstellung des brandneuen Produkts auf der
Internetseite inkonsistent, wird als Erstes das
Marketing oder die IT-Abteilung aufgesucht. Das
ist zu kurz gesprungen, denn sind gewachsene Produktkomplexität, Prozesse, Verantwortungen und
IT-Systeme quer durch das Unternehmen schuld an
derartigen Problemen.
V
iele Unternehmen gehen die
Aufgabe, Produktdaten zu
überarbeiten, nicht systema­
tisch, zu spät oder überhaupt
nicht an. Auf lange Sicht ersparen
sich Unternehmen mit einem
konsistent integrierten Produ­
kt­
datenprozess aber unnötige Kos­
ten, verbessern ihr Image und
verkürzen die Time-to-MarketPhase.
Steigende
Produktkomplexität
In den 1970er-Jahren konnte man
bei der Deutschen Bundespost
wählen zwischen dem Telefon
modell «FeTAp 61» in Grau, Grün
oder Orange. Eine Telefoneinheit
kostete 23 Pfennig. Heute bietet
die deutsche Telekom unzählige
Hubert Surrer ist Geschäftsführer von
eXXcellent solutions consulting & software
gmbh in München. www.exxellent.de.
Marc Hankmann ist IT-Journalist für die
PR-Agentur Wordfinder, Schenefeld bei
Hamburg.
24
Endgeräte, zig Tarifoptionen, In­
ternetzugänge und sogar Fernse­
hen an. Alle Produkte lassen sich
miteinander kombinieren. Ein
Oberklasse-Fahrzeug ist heute
hochgradig vernetzt, der Rück­
wärtsgang kommuniziert mit
dem Aussenspiegel und dem
Heckscheibenwischer; es werden
Hunderte von Ausstattungsoptio­
nen angeboten, die es vor einigen
Jahren noch gar nicht gab: Spur­
halteassistenten, Totwinkelassis­
tenten, Verkehrszeichenerken­
nung und vieles mehr. Das Pro­
dukt der Energieversorger war bis
vor Kurzem noch leicht beschrie­
ben: 1 kWh selbst produzierter
Strom. Dank der Energiewende
ergeben sich neue Geschäftsfel­
der, Produkte und Dienstleistun­
gen, wie z. B. Smart Grid, Smart
Home, öffentliche Stromtankstel­
len etc. Selbst Müsli kann man
heute im Internet nicht nur be­
stellen, sondern selbst konfigurie­
ren. Das alles sind Beispiele dafür,
wie Unternehmen immer mehr
und auch immer komplexere Pro­
dukte entwickeln.
Komplexere Produktdaten
Die Herausforderung besteht nun
darin, die dazugehörigen Pro­
duktdaten effizient zu managen,
denn sie umfassen heute nicht
nur typische technische Daten
wie Grösse, Gewicht oder Preis.
Vielmehr gehören auch techni­
sche Beschreibungen, Marke­
tingtexte, Videos oder Bilder dazu,
die darüber hinaus für die einzel­
nen Marketingkanäle angepasst
werden. Und selbst damit ist es
noch nicht getan. Gerade bei
komplexen Produkten bestehen
unter den einzelnen Produkt­
daten Abhängigkeiten. Ein Bei­
spiel dafür sind die Konfigurato­
ren der Automobilhersteller. Stellt
der Kunde ein Fahrzeug nach sei­
nen Wünschen zusammen, kann
er bestimmte Ausstattungsmerk­
male nur unter bestimmten Be­
dingungen auswählen. Und na­
türlich hätte der Kunde am Ende
des Konfigurationsprozesses ger­
ne ein Bild oder sogar ein Video
des Fahrzeugs mit seinen Sonder­
ausstattungen. Damit wird bereits
deutlich, welche Komplexität Pro­
duktdaten annehmen können.
Erhöhte Fehleranfälligkeit
Die Komplexität der Produkte
und Produktdaten führt häufig zu
Fehlern und Inkonsistenzen: Das
Angebot enthält einen anderen
Text oder gar Preis als die Rech­
nung. Oder im Konfigurator auf
der Webseite des Automobil­
herstellers fehlen beim heiss be­
gehrten neuen Modell die Bilder
der Felgen, weil der Bilderzeu­
gungsprozess nicht rechtzeitig
abgeschlossen werden konnte.
Speziell international agierende
Unternehmen spüren bei der Na­
tionalisierung ihrer Produkte, wie
wichtig die Datenpflege ist. Die
Umrechnung von «Liter pro 100
km» in «Miles per gallon» ist dabei
keineswegs durch einen Dreisatz
zu lösen, sondern es sind nationa­
le Gesetze zur Ermittlung des Ben­
zinverbrauchs zu berücksichtigen.
Bei derartigen Problemen sucht
man die Lösung nicht gleich bei
den Produktdaten, denn ein of­
fensichtlicher, kausaler Zusam­
menhang ist auf den ersten Blick
nicht unbedingt zu erkennen. Das
hat mehrere Gründe: Zum einen
sind die Produktdaten mit dem
Unternehmen stetig mitgewach­
sen. Das Portfolio hat sich vergrös­
sert, diversifiziert und die Produk­
te sind komplexer geworden.
Zum anderen stehen den Unter­
nehmen vielfältige Marketing­
kanäle zur Verfügung, die unter­
schiedliche Anforderungen an die
Produktpräsentation stellen. Di­
gitale Kanäle erlauben zum Bei­
spiel die Interaktion mit dem
Kunden, doch sie funktioniert am
PC anders als auf einem Tablet
oder Smartphone.
Viele Beteiligte
Durch die verschiedenen Marke­
tingkanäle und das Wachstum des
Unternehmens beschäftigen sich
immer mehr Mitarbeiter und Or­
ganisationseinheiten mit Pro­
duktdaten: Marketing, Entwick­
lung, Einkauf, Produktion, Vertrieb,
After Sales – sie alle gehen täglich
mit diesen Daten um. Die Prozes­
se, in denen Produktdaten invol­
viert sind, werden also komplexer.
Dementsprechend steigt auch die
Bedeutung der Produktdaten für
den Erfolg des Unternehmens.
MQ Management und Qualität 11/2015
QUALITÄT SICHERN
Gerade die Vielzahl der Beteiligten
ist Ursache unklarer Aufgaben
und Verantwortungen. Häufig
werden Dinge doppelt getan, was
wiederum Quelle von Inkonsis­
tenzen ist – oder aber es gibt Pro­
zesslücken. Oftmals werden auch
Zuständigkeiten auf andere Orga­
nisationseinheiten abgeschoben.
Produktdaten handhaben
«Das Kreuz mit den Produktdaten
ist, dass wir uns in einem Nebel­
viereck bewegen, für dessen Lö­
sung es schwierig ist, einen Spon­
sor zu finden», erklärt Ute Nause,
Geschäftsführerin und Chef-Stra­
tegin des Beratungs- und Soft­
wareunternehmens eXXcellent
solutions. Das Problem ist schwer
greifbar und dem Top-Manage­
ment schwer vermittelbar: «Pro­
duktdaten haben schlicht vor­
handen zu sein. Über eine effizi­
ente Pflege wird nicht nachge­
dacht», so die IT-Expertin. Das
liegt auch daran, dass sie nicht zu
den Kernprozessen eines Unter­
nehmens gehören. Ausserdem
erzeugt man nur einen indirekten
Geschäftsnutzen. Der Nutzen ist
nicht einfach durch höheren Um­
satz, neue Märkte oder bessere
Marge zu beschreiben. Der Weg
zur Lösung ist wegen der komple­
xen Produkte und der vielen Be­
teiligten meist anstrengend und
langwierig. Es bedarf einer um­
fangreichen Prozessanalyse, oft
gefolgt von einer Reorganisation
über das gesamte Unternehmen.
Am Ende sind die Auswirkungen
der Prozessveränderungen weit­
reichend, da sie diverse Teile des
Unternehmens betreffen.
Immer neue Produkte
– immer neue Produktdaten. Ein systematischer Produkt­
datenprozess verkürzt
die Time-to-Market.
Wer ist betroffen?
start alle nötigen Informatio­
nen über das Produkt?
– Gibt es offensichtliche Doppel­
pflege bei Produktdaten (z. B.
zwischen Zentrale und Whole­
sale)?
–Gibt es Hilfslösungen (Listen,
Tabellen) zur Überbrückung
von Prozesslücken?
– Sind Prozesse, Organisationen
und Systeme mit der steigen­
den Produktvielfalt mitge­
wachsen?
Foto: fotolia.com
«Viele Unternehmen gehen das
Problem erst an, wenn es nicht
mehr anders geht. In der Automo­
bilindustrie hat man das inzwi­
schen erkannt», sagt Nause. An­
dere Branchen wie etwa die Ener­
gieversorger stehen ihrer Mei­
nung nach noch am Anfang. Der
zunehmende Wettbewerb, die
steigende Vielfalt an Produkten
bzw. Tarifen sowie neue Tätig­
keitsfelder werden auch weitere
Branchen zwingen, das Problem
der Produktdaten anzugehen.
Der Weg zum Ziel
An einigen simplen Checkfragen
kann man erkennen, wie hoch
der Handlungsdruck bereits ist:
– Heissen Ihre Produkte und Pro­
duktbeschreibungen in allen
Vertriebskanälen gleich (Print,
Online, Preislisten, Angebote,
Rechnungen, ...)?
– Erfüllen Ihre Produkte zum Ver­
kaufsstart alle nationalen ge­
setzlichen Vorgaben? Sind na­
tionale Bilder und Dokumenta­
tionen vorhanden?
–Hat der Retail zum Verkaufs­
Die Herausforderung liegt in der
Optimierung der Aufbau- und
Ablauforganisation sowie der
Anpassung der IT-Systeme für ei­
ne durchgehende Unterstützung
der Prozesskette. Viele IT-Pro­
dukte (Produktdatenmanage­
ment-Systeme) haben jedoch ei­
ne starke Fokussierung auf die
Produktentwicklung, was dem
Umstand geschuldet ist, dass
hier das Gros der Produktdaten
entsteht. Dadurch werden Folge­
prozesse in anderen Organisati­
onseinheiten vernachlässigt. Ei­
ne adäquate IT-Landschaft muss
alle betroffenen Prozesse einbe­
ziehen, sowohl über alle betroffe­
nen Unternehmensbereiche als
auch über den gesamten Pro­
duktlebenszyklus.
Das Ziel eines solchen Vorhabens
ist, die richtigen Daten mit mög­
lichst geringem Aufwand schnell
zum Nutzer zu bringen. Hierzu
wird ein möglichst hoher Grad an
automatisierten Prozessen ange­
strebt, um die Fehlerquellen
durch manuelles Eingreifen zu
verringern. Dadurch wird sicher­
gestellt, dass die Produktdaten die
Time-to-Market-Phase nicht un­
nötig hinauszögern und alle In­
formationen rechtzeitig konsis­
tent vorliegen. «Bei einem Unter­
nehmen, das Probleme mit falsch
ausgestellten Rechnungen hatte,
konnte mit einer Umstrukturie­
rung des Produktdatenprozesses
die Fehlerquote um 95 Prozent
reduziert und dabei gleichzeitig
noch der Aufwand gesenkt wer­
den», gibt Nause ein praktisches
Beispiel. ■
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25
QUALITÄT SICHERN
Ganzheitliche Prüfplanung
Qualitätsprüfungen planen,
anpassen und daraus lernen
Von Jan Kukulies und Robert Schmitt
Im Rahmen eines praxisnahen Forschungsprojekts
wurde am Werkzeugmaschinenlabor WZL der
RWTH Aachen eine Vorgehensweise für eine ganzheitliche Prüfplanung entwickelt, die Unternehmen
bei der Anpassung von bestehenden Qualitäts­
prüfungen in der Produktion unterstützt. Durch
die anschliessende Rückkopplung des Wissens in die
entwicklungsbegleitende Prüfplanung können
sowohl Prüf- als auch Fehlerkosten langfristig
gesenkt werden.
E
ine fehlende Anpassung von
Prüfprozessen in der Produk­
tion führt häufig zu überhöh­
ten Qualitätskosten. Auf der ei­
nen Seite verursachen Prüfpro­
zesse für unkritische Merkmale,
die bereits durch stabile und fähi­
ge Herstellprozesse abgesichert
sind, unnötig hohe Prüfkosten.
Auf der anderen Seite deuten feh­
lerhafte Produkte im Feld oder in
der Produktion auf nicht-wirksa­
me bzw. fehlende Prüfprozesse
hin und bringen erhöhte Fehler­
kosten mit sich. Die genannten
Potenziale zur Reduzierung der
Dipl.-Ing. Jan Kukulies, wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Werkzeugmaschinenlabor WZL
der RWTH Aachen und Leiter der Gruppe
«Product Realization & Systems Engineering».
Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt, Inhaber des
Lehrstuhls für Fertigungsmesstechnik und
Qualitätsmanagement sowie geschäftsführender Direktor des Werkzeugmaschinenlabors
WZL der RWTH Aachen. www.wzl.rwth-aachen.de
26
Qualitätskosten bleiben in vielen
Unternehmen ungenutzt. Dabei
existiert eine Vielzahl an Informa­
tionsquellen, die Aufschluss über
fehlende, nicht wirksame oder
überflüssige Qualitätsprüfungen
geben. Dies sind beispielsweise
Informationen aus Reklamati­
onsvorgängen, der internen Feh­
lerabstellung oder der Prüfdaten­
auswertung. Diese Quellen gilt es
zu identifizieren, deren Informa­
tionen aufzubereiten und struk­
turiert in die Prüfplanung zu
überführen, um während der
Herstellungsphase eines Produk­
tes die laufende und systemati­
sche Anpassung von Qualitäts­
prüfungen zu ermöglichen.
Prüfplanungswissen
bleibt oft ungenutzt
Neben der oftmals mangelhaften
Anpassung von Prüfprozessen ge­
mäss der Qualitätssituation in der
Produktion und im Feld stellt die
systematische Nutzung von Er­
fahrungswissen eine grosse Her­
ausforderung der unternehmeri­
schen Prüfplanung dar. Trotz des
verstärkten Einsatzes von CAQSystemen und präventiver Quali­
tätsmethoden, beispielsweise das
Konzept der Besonderen Merk­
male in der Produktentstehung
oder die Fehlermöglichkeits- und
Einflussanalyse (FMEA) in der
Qualitätsplanung, stellt die Prüf­
planung einen wissensintensiven
Unternehmensprozess dar, des­
sen Erfolg massgeblich auf dem
funktionierenden Einsatz und der
Weitergabe von Erfahrungswis­
sen beruht. Werden Qualitätsprü­
fungen in der Herstellungsphase
eines Produktes auf Basis einzel­
ner Ereignisse (z. B. sicherheits­
kritische Fehler im Feld) ange­
passt, so wird dieses Anpassungs­
wissen selten für die Prüfplanung
ähnlicher Produkte oder nachfol­
gender Produktgenerationen ge­
nutzt. Es mangelt häufig an geeig­
neten Strukturen und Vorgehens­
weisen, um das Erfahrungswissen
aus der Herstellungsphase in die
entwicklungsbegleitende Prüf­
planung zu transferieren. Dies
führt dazu, dass Planungsfehler
wiederholt werden, die wiederum
unnötig hohe Qualitätskosten zur
Folge haben. Demzufolge bedarf
es der gezielten Übertragung von
Methoden und Werkzeugen des
Wissensmanagements, um Erfah­
rungswissen in der Prüfplanung
verfügbar zu machen und für
nachfolgende Planungsaktivitäten
zu nutzen.
Ganzheitliche Prüfplanung
Um den oben genannten Heraus­
forderungen zu begegnen, wurde
am Werkzeugmaschinenlabor
WZL der RWTH Aachen das pra­
xisnahe Forschungsprojekt «P² –
Nutzung reaktiver Prozessdaten
für eine ganzheitliche Prüfpla­
nung» durchgeführt. Ziel des Pro­
jekts war die Bereitstellung und
Nutzung von Daten reaktiver Pro­
zesse (z.B. Prüfdatenauswertung,
Fehlerabstellprozesse, Reklamati­
onsprozesse) in der Prüfplanung,
um eine kontinuierliche und um­
fassende Anpassung von Quali­
tätsprüfungen in der Herstel­
lungsphase vornehmen zu kön­
nen. Um eine lernende Prüfpla­
nung aufzubauen, galt es, das aus
der Anpassung entstehende Wis­
sen für die Prüfplanung nachfol­
gender Produkt- und Prozessent­
wicklungsprojekte bereitzustellen.
Im Rahmen des Forschungspro­
jektes wurde ein Prozesskonzept
für eine ganzheitliche Prüfpla­
nung entwickelt und ausgearbei­
tet, welches in der Abbildung dar­
gestellt ist. Dieses umfasst die
vier Prozessbereiche «entwick­
lungsbegleitende Prüfplanung»,
«herstellungsbegleitende Prüf­
planung», «Vernetzung der Prüf­
planungsprozesse» und «Verbes­
serungsmanagement».
Entwicklungsbegleitende
Prüfplanung
Die entwicklungsbegleitende Prüf­
planung umfasst die klassische
Prüfplanung, die initial im Zuge
der Produkt- und Prozessentwick­
lung durchgeführt wird. Die Aufga­
benschritte und Methoden werden
bereits umfassend in der Fachlite­
ratur des Qualitätsmanagements
beschrieben. Ergänzend zur beste­
henden Vorgehensweise der Prüf­
planung wurde im Rahmen des
Projekts ein umfassender ProzessMQ Management und Qualität 11/2015
QUALITÄT SICHERN
Geht das Produkt in die Herstel­
lungsphase über, existieren ver­
schiedene Beweggründe, Quali­
tätsprüfungen anzupassen. Dies
ist Aufgabe der herstellungsbe­
gleitenden Prüfplanung. Hierfür
wurde basierend auf bestehen­
den Prozesskonzepten des Ände­
rungsmanagements ein Refe­
renzprozess zur Anpassung von
bestehenden Prüfprozessen ent­
wickelt. Dieser ermöglicht es Un­
ternehmen, die Änderung von
Prüfprozessen auf Basis verschie­
dener Änderungsauslöser zu ini­
tiieren, eine Planung und Bewer­
tung potenzieller Änderungsopti­
Das Potenzial zur
Reduzierung der
Qualitätskosten bleibt
häufig ungenutzt.
onen vorzunehmen, die Ände­
rung zu detaillieren und zu erpro­
ben sowie die Prüfänderung im
Produktionsprozess zu imple­
mentieren. Hierdurch erweitert
das Konzept der ganzheitlichen
Prüfplanung den Anwendungs­
bereich der Prüfplanung auf die
Phase der Produktherstellung.
Gegenstand der Prüfplanung ist
somit nicht mehr bloss die Pla­
nung von Prüfungen im Rahmen
des Produktentstehungsprozes­
ses, sondern auch die Anpassung
der Qualitätsprüfungen bei Än­
derungsbedarf in der Produktion.
Vernetzung der
Prüfplanungsprozesse
Bei der Anpassung von Qualitäts­
prüfungen in der Herstellungs­
MQ Management und Qualität 11/2015
Ganzheitliche Prüfplanung
Forderungen
© WZL/Fraunhofer IPT
phase wird prüfplanungsrele­
vantes Wissen erzeugt, welches
für ähnliche Produkte oder zu­
künftige Entwicklungsprojekte
genutzt werden kann. Es gilt da­
her, die Prozesse der Prüfplanung
in der Herstellungsphase und
dem Produktentstehungsprozess
so zu verknüpfen, dass das gene­
rierte Wissen gespeichert, verteilt
und genutzt werden kann. Hier­
für wurde basierend auf Vorge­
hensweisen und Modellen des
Wissensmanagements ein Ord­
nungsrahmen abgeleitet, der ge­
zielte Handlungsempfehlungen
für die Erzeugung, Speicherung,
Verteilung und Anwendung von
Erfahrungswissen in der Prüfpla­
nung bereitstellt.
Verbesserungsmanagement
Zur Unterstützung der unterneh­
mensspezifischen Einführung
der Referenzprozesse wurde die
ganzheitliche Prüfplanung um
den Bereich des Verbesserungs­
managements ergänzt. Durch die
Anwendung des PDCA-Zyklus
(Plan, Do, Check, Act) können
Schwachstellen bei der Umset­
zung oder im Betrieb der Prüfpla­
nungsprozesse identifiziert und
abgestellt werden, was zu einer
kontinuierlichen Optimierung
der Prüfplanungsprozesse in der
Entwicklung und in der Herstel­
lung führt.
Entwicklungsbegleitende
Prüfplanung
Produkte
Vernetzung der Prozesse
Herstellungsbegleitende
Prüfplanung
Erfahrungen
Markt/Kunde
Herstellungsbegleitende
Prüfplanung
Markt/Kunde
und Datenkatalog mit prüfpla­
nungsrelevanten Eingangsdaten
aus unterschiedlichen Phasen der
Produktentstehung entwickelt,
welcher die Informationsbeschaf­
fung und -bereitstellung für die
Prüfplanung vereinfacht.
Seite 1
Optimierte Qualitätsprüfung
Durch die Überwachung und
Analyse von reaktiven Prozess­
daten in der Herstellungsphase
eines Produktes können Unter­
nehmen den Nutzen und den
Aufwand für die Anpassung von
Qualitätsprüfungen abschätzen
und mithilfe einer geeigneten
Methodik umsetzen. Neben der
systematischen Anpassung von
Qualitätsprüfungen in der Her­
Wiederholungsfehler
vermeiden.
stellungsphase wurde im Projekt
untersucht, inwiefern Metho­
den und Werkzeuge des Wis­
sensmanagements auf die Prüf­
planung übertragen werden
können, um das aus der Anpas­
sung von Qualitätsprüfungen
entstehende Erfahrungswissen
für Beteiligte der Prüfplanung in
der Produkt- und Prozessent­
wicklung bereitzustellen. Durch
einen kontinuierlichen Wissen­
stransfer und Verankerung die­
ses Wissens in der Prüfplanung
lassen sich Wiederholungsfehler
in der Planung und Gestaltung
von Qualitätsprüfungen vermei­
den und somit unnötige Anpas­
sungen von Prüfprozessen in
der Herstellungsphase einspa­
ren.
Danksagung
Die Vorgehensweise wurde im
Rahmen des Forschungsprojekts
«P² – Nutzung reaktiver Prozess­
daten für eine ganzheitliche Prüf­
planung (17 584 N)» erarbeitet,
welches von der AiF Arbeitsge­
meinschaft industrieller For­
schungsvereinigungen «Otto von
Guericke» e.V. gefördert wurde.
Betreut wurde das Vorhaben
durch die Forschungsgemein­
schaft Qualität FQS der Deut­
schen Gesellschaft für Qualität
e.V. (DGQ). Die Stimme der Praxis
wurde im Projekt durch einen
projektbegleitenden Ausschuss
vertreten, dem verschiedene Un­
ternehmen angehörten. Zu den
Mitgliedern zählten unter ande­
rem die DORMA Deutschland
GmbH, die Franz Kessler GmbH,
die Heim&Haus Produktionsge­
sellschaft mbH, die Ph-MECHA­
NIK GmbH & Co. KG sowie die
Rhein-Getriebe GmbH (Nennun­
gen in alphabetischer Reihenfol­
ge). Die Autoren möchten allen
Beteiligten für die sehr gute und
erfolgreiche Zusammenarbeit
danken.
■
27
PRODUKTENEWS
Qualifikation als Medizintechnik-Berater
«Modul Risikomanagement» von ConSense GmbH
Einhergehend mit der wachsenden Komplexität im Schweizer Gesundheitssektor sind die Anforderungen an die Medtech-Mitarbeitenden mit Kundenkontakt
gestiegen. FASMED lanciert zusammen mit shqa eine Verbandsprüfung, die
erstmals diesen November stattfindet. Die swiss health quality association
(shqa) wurde 2006 gegründet und ist ein Non-Profit-Verein mit 51 Mitgliedsfirmen und dem Ziel, führender Anbieter von Lösungen zur Qualitäts-Steigerung
und -Sicherung im Schweizer Gesundheitswesen zu werden. Seit Mai 2015
können Medtech-Mitarbeitende via E-Learning das dafür nötige, fundierte
Fachwissen erwerben. Das Zertifikat für das neue, aber doch komplexe Berufsprofil wird von den Medtech-Firmen in der Schweiz als Grundqualifikation breit
anerkannt. Das im Auftrag von FASMED durch eine im Schweizer Gesundheitsmarkt erfahrene Anbieterin entwickelte E-Learning führt die Lernenden gezielt
an die anspruchsvolle dreistündige schriftliche Prüfung heran.
Die Aachener ConSense GmbH bietet mit ihrem neu entwickelten «Modul Risikomanagement» eine systematische Risikoanalyse und -bewertung. Dieses Modul
ist daher ein wichtiges Element für das Management von Kontrollen (IKS) für die
Planung und Durchführung wirksamer Massnahmen. Das Modul unterstützt verschiedene Regelwerke, darunter – nur exemplarisch – die ISO 9001 und die ISO
31000. Auf Wunsch kann das neue Modul durch ein Internes Kontrollsystem
(IKS) ergänzt werden, welches auf Basis definierter Kontrollaktivitäten die Risikoüberwachung durchführt. Eine automatische Eskalation gewährleistet eine frühzeitige Risikoerkennung. So lassen sich rechtzeitig notwendige Massnahmen
einleiten, die automatische Workflows durchlaufen – beispielsweise durch ein
ConSense-Massnahmenmanagement.
__Infos: www.fasmed.ch
__Infos: www.consense-gmbh.de
Öffentliche Schweizer IT-Ausschreibungen
Die Firmen Schreiber IT Consulting und Noematica GmbH lancieren mit it-beschaffung.ch ein Portal zum öffentlichen IT-Beschaffungswesen in der Schweiz.
Aus allen täglichen simap.ch- (mit rund 9500 Schlüsselbegriffen) Meldungen
werden die aus Expertensicht IT-relevanten Ausschreibungen, Berichtigungen
und Zuschläge tagesaktuell herausgefiltert. Besonders Gross- und Klein-Firmen
aus der IT- und Beratungsbranche möchte it-beschaffung.ch bei der Suche
nach öffentlichen IT-Ausschreibungen unterstützen. Die Schlüsselbegriffe wer-
den nach ihrer IT-Relevanz überprüft und benutzerfreundlich angezeigt. Dokumentinhalte werden logisch gruppiert, mehrsprachige Duplikate und Kurz­
berichte zu einem Dokument vereint (die Titel von diversen Codes befreit). Die
Abonnenten werden per E-Mail täglich über neue Ausschreibungen sowie Zusagen und Abbrüche informiert.
__Infos: www.it-beschaffung.ch
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Geschäftsprozesse hier begonnen.
Das Ziel war, anderen Bereichen anhand konkreter Beispiele zu zeigen,
wie man mit der gewählten Vorge-
zeigt, profitierten von der Erfahrung
von Axon.ivy, mussten aber dennoch selbst an der Definition der
Wertschöpfung und Geschäftsprozesse arbeiten und konnten diese
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in die Wege leiten zu können,
braucht es eine strategiekonforme
Zielsetzung und ein Commitment
der Konzernleitung – schliesslich
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Tagung für Sicherheit, Qualität und Umwelt
18. November 2015, Glattbrugg
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Excellence – Talk November 2015
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18. November 2015, Luzern
Auskunft: www.swiss-excellence-forum.ch
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Wie Sie die ISO 31000 in der Praxis
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20. November 2015,
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23. November 2015, Zürich
Auskunft: www.gesundheitsfoerderung-zh.ch
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auftragte, Chemikalienansprechpersonen,
Lagerverantwortliche, Laborleiter
25. November 2015, Spreitenbach
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und Verantwortlichen des Betrieblichen
Datenschutzverantwortlichen
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Governance, Risiko und
Compliance Management
der öffentlichen Hand
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Kantonen und Gemeinden.
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Neue Systemnorm zum Arbeits- und
Gesundheitsschutzmanagement
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Die Aufgaben eines Krisenmanagers erlernen
14. bis 18. Dezember, Olten
Auskunft: www.infosec.ch
Grossrevision der DIN EN ISO 9001:2015
Auswirkungen auf bestehende QM-Systeme
11. Januar, Sulzbach
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Thüringen
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Fallbeispielen
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Modul 1/Modul 2
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Führungsinstrumente zur Implementierung
der Excellence
26. Januar 2016, Luzern
Auskunft: www.swiss-excellence-forum.ch
Meet Swiss Infosec
Aktuelle Tendenzen und Lösungen
in integraler Sicherheit
27. Januar 2016, Zürich Flughafen
Auskunft: www.infosec.ch
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Weiterbildung per Fernstudium
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manager TÜV, Qualitätsauditor TÜV
Beginn jederzeit
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24./25. November 2015,
Frankfurt a. Main
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Die neue ISO 9001:2015 (2016) –
Mit aktuellem Normenwissen punkten
12. Januar, Zwickau
25. Januar, München
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Das Magazin für integrierte
Managementsysteme
45. Jahrgang
erscheint 10x jährlich
Schweiz: ISSN 1422-6634
Deutschland: ISSN 1862-2623
Ausgezeichnet mit dem
Gütesiegel «Q-Publikation»
der Fach- und Spezialpresse.
Herausgeber
SAQ/galledia verlag ag
Verlagsleitung: Rehné Herzig
Druckauflage
6970 Ex.
Verkaufte Auflage 2620 Ex.
(wemf-beglaubigt)
Redaktion
Thomas Berner, lic. phil. I (MA)
Burgauerstrasse 50, 9230 Flawil
T 058 344 93 61, F 058 344 93 62
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Michael Merz
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Produktion
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