K A S S E L Nummer 3 1 2 . Ok tober 2015 3 8 . Jahr gang P VSt . DPAG H 2630 E n tg elt bez ahlt Medaillenjagd und Uni-Alltag Wie man Sport und Studium vereinbart Das neue Präsidium Wer was an der Uni-Spitze macht Engagement für Flüchtlinge Wie vier junge Frauen helfen STUDENTENJOB? JA, BITTE! Gemeinsam mehr Energie. Bei WINGAS ist keine Aufgabe wie die andere. Das mögen wir und das treibt uns an. Flexibilität, Kreativität und der Mut, Neues auszuprobieren, sind die Basis unseres Denkens und Handelns – frei nach dem Motto: Gemeinsam mehr Energie. Von der Aufbereitung von Vertragsdaten über den Aufbau und die Pflege von Datenbanksystemen bis hin zur Erstellung von Präsentations-Charts und „Sonderprojekten“ bieten sich Ihnen vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Und, ebenfalls nicht zu verachten: Der Stundenlohn stimmt. Gute Englischkenntnisse sind allerdings erforderlich. Haben Sie Fragen? Bitte melden Sie sich bei Katja Uthof, Telefon: 0561 99858-2373. 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Vor allem aber bringt dieses Wintersemester personelle Ver änderungen in der Hochschulleitung mit sich. Ich habe zum 1. Oktober die Präsidentschaft übernommen – es ist eine Auf gabe, auf die ich mich außerordentlich freue. In den zurück liegenden Wochen und Monaten habe ich viele Gespräche geführt: mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit Mitgliedern des akademischen Mittelbaus, mit Studierenden, mit Mitgliedern der Hochschulverwaltung und zentraler Ein richtungen. Diese Gespräche haben mir manche Wünsche, aber auch die Lebendigkeit, die Vielfalt, den Gestaltungs willen, den Ideenreichtum, kurz: die große Kraft und das große Potenzial dieser Hochschule vor Augen geführt. Ich freue mich darauf, mit Ihnen allen die Zukunft unserer Universität zu gestalten und ihr Profil in Lehre und Forschung weiter zuentwickeln. Sie – die Mitglieder der Universität ebenso wie unsere regionalen und internationalen Partner – stehen im Zentrum dieses Prozesses. Eine entscheidende Rolle werden dabei auch meine Kollegin und meine Kollegen im Präsidi um spielen. Nicht nur ich bin neu in diesem Gremium. Ein Beitrag in diesem Heft stellt alle Präsidiums-Mitglieder und ihre Zuständigkeiten vor und umreißt das Zusammenspiel mit einigen anderen wichtigen Institutionen. Und noch etwas ist außergewöhnlich in diesem Jahr: Kassel ist, wie andere Städte, zum Ziel vieler Menschen geworden, die vor Krieg, Verfolgung und Armut fliehen. Die Universi tät sieht sich verpflichtet, sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen und dabei zu helfen, ihnen neue Perspektiven zu bieten. Welches Engagement Mitglieder dieser Universi tät bereits jetzt zeigen, dafür finden Sie ein Beispiel in diesem Heft. Forschung 04„Sonnenfinsternis“ | Verschollenes Manuskript gefunden 06 Kassel der Aufklärung | Blick ins Besucherbuch des Fridericianums International 08 Flüchtlinge in Kassel | Vier Studentinnen helfen durch ein Projekt Campus 10 Leistungssport und Uni-Alltag | Fünf Studierende berichten 18 Jubiläum in Witzenhausen | 20 Jahre Studium Ökologische Landwirtschaft 22 Das Publizieren der Zukunft? | Open-AccessVeröffentlichungen 24 Corporate Design | Ein einheitliches Erscheinungs bild für die Uni Kassel Menschen 16 Das neue Präsidium | Die Uni-Spitze und ihre Aufgaben 26 Neue Professorinnen und Professoren 30 Was mich antreibt | Manuel Raabe Impressum Verlag und Herausgeber: Universität Kassel, Kommunikation, Presseund Öffentlichkeitsarbeit Redaktion: Sebastian Mense (verantwortlich), Beate Hentschel, Thomas Kossert Mönchebergstr. 19, 34109 Kassel | [email protected] Gestaltung: formkonfekt.de | Karen Marschinke Titelfoto: Andreas Fischer Druck: Druck- u. Verlagshaus Thiele & Schwarz GmbH | Kassel-Waldau Anzeigen: Thiele & Schwarz, Helmut Wiegand | Tel. (0561) 95925-0 | www.thiele-schwarz.de Erscheinungsweise: viermal jährlich, Bezugspreis 9,- Euro jährlich. Namentlich gezeichnete Beiträge stimmen nicht unbedingt mit der Prof. Dr. Reiner Finkeldey Präsident der Universität Kassel Auffassung der Redaktion überein. Bei Nachdruck Belegexemplar erwünscht. 3 publik 03 / 15 | Forschung Schatzfund im Archiv Ein Kasseler Doktorand hat das verloren geglaubte Original-Manuskript des Romans „Sonnenfinsternis“ von Arthur Koestler entdeckt TEXT Sebastian Mense FOTOS Fred Stein (dpa) / Sebastian Mense Arthur Koestler, hier eine Aufnahme aus den 60er Jahren, wurde besonders im angelsächsischen Raum als Autor bekannt. Der deutsche Originaltext von „Sonnenfinsternis“ könnte ihn auch wieder in das Blickfeld der Germanistik rücken. 4 Das Werk war bislang nur als Rücküber setzung aus dem Englischen bekannt. Der Originaltext lässt neue Schlüsse auf die Entstehungsgeschichte des einsti gen internationalen Bestsellers zu. Der Kasseler Germanist Matthias Weßel (32) entdeckte das Manuskript in der Zentralbibliothek Zürich im Zuge der Recherchen für seine Doktorarbeit. Dort werden Unterlagen des Europa-Verlags aufbewahrt, bei dem der österreichischungarische Schriftsteller in den 30er-Jah ren kurzzeitig veröffentlichte. auch zu einem der umstrittensten eng lischsprachigen Schriftsteller seiner Zeit. In „Sonnenfinsternis“ – seinem bekann testen Werk – rechnet Koestler (1905 bis 1983) mit dem Kommunismus ab. Bislang war man davon ausgegangen, dass der Originaltext verloren ging, als er 1940 unter abenteuerlichen Umständen aus Frankreich vor den Nazis nach Eng land flüchtete. Zuvor hatte Koestler eine englische Übersetzung anfertigen und in London veröffentlichen lassen. Unter dem Titel „Darkness at Noon“ wurde das Werk insbesondere im angelsäch sischen Raum ein Bestseller. Erst 1946 erschien eine deutsche Fassung, die auf einer Rückübersetzung Koestlers beruht. Koestler wurde zu einem der erfolg reichsten, in der späten Lebensphase „Interessant ist, dass etwa die Hälfte des vermeintlich rückübersetzten deutschen Texts deckungsgleich mit dem Original manuskript ist“, berichtet Weßel. „Erst in der zweiten Hälfte weicht der Text deutlich ab und beispielsweise verän dern bestimmte Begriffe in der Über setzung erst ins Englische und dann ins Deutsche ihren Sinn leicht. Das bedeu tet, dass Koestler entgegen seiner eige nen Darstellung noch über einen Teil des Originaltextes verfügt haben muss.“ Das jetzt aufgetauchte Dokument ist ein maschinengeschriebener Text mit hand schriftlichen Korrekturen und Einfügun gen Koestlers. Es lagert im Archiv unter dem Titel „Rubaschow: Roman“ und ist mit März 1940 datiert. Rubaschow ist der Name des Protagonisten von „Sonnenfinsternis“. Wie das Dokument den Weg zum Verlag und damit in das Archiv fand, ist noch unklar. Laut Weßel hat der Originaltext einen „ästhetischen Mehrwert“, weil er aus einem Guss ist. Vor allem aber können Germanisten nun anhand des komplet Matthias Weßel. ten Textes seine Entstehungsgeschichte sowie die gestalterischen Ideen des Autors besser nachvollziehen und den Roman als Teil der deutschsprachi gen Literatur würdigen. Prof. Dr. Peter Seibert, Doktorvater von Weßel und Professor im Ruhestand der Universität Kassel, nennt Sonnenfinsternis „in mehr facher Hinsicht einen Schlüsseltext des Exils, um den es entsprechend Ringen um Deutung gegeben hat. Umso wich tiger, dass endlich die Ursprungsfassung gefunden wurde. Nachvollziehbar sind nun die Entstehungsstufen bis hin zur Edition beziehungsweise den Überset zungen.“ Im Bestandskatalog des „Verlagsarchiv Oprecht / Europa-Verlag“ ist der Text mit dem folgenden Eintrag verzeichnet: „Koestler, Arthur. Rubaschow : Roman. Typoskript, März 1940, 326 Seiten.“ 5 publik 03 / 15 | Forschung „Cassel und Göttingen nützen sich wechselweise“ Was das Besucherbuch des Fridericianums verrät Das Fridericianum in Kassel zog bereits zu Zeiten der Aufklärung namhafte Besucher an. TEXT Thomas Kossert FOTOS Kassel Marketing / Pia Malmus Dr. Andrea Linnebach hat das histori sche Besucherbuch des Ottoneums und des späteren Museum Fridericianum aus den Jahren 1769 bis 1796 ausgewer tet und in digitalisierter Form öffentlich zugänglich gemacht. Damit hat die Kas seler Kunsthistorikerin eine einzigartige historische Quelle erschlossen, die rei che Einblicke in die Zeit der Aufklärung gewährt. Das „Fremdenbuch“, wie das Besucher buch im Original heißt, wurde vom Universalgelehrten Rudolf Erich Raspe (1736 - 1794) angelegt. Raspe, der uns heute vor allem als Autor der Erzählun gen rund um den Lügenbaron Münch hausen bekannt ist, arbeitete zunächst als Kustos der im Ottoneum eingerichte ten Kunstkammer und als Professor für Altertumswissenschaften am Collegium Carolinum, dem Vorläufer der heutigen Universität. In dieser Doppelfunktion plante er unter anderem die Neuordnung der fürstlichen Sammlungen, katalogi sierte die Münzsammlung und begann auch die Besucher zu zählen. Zunächst 6 im Ottoneum und dann im Fridericia num: Nicht weniger als 14.000 Unter schriften auf 449 Seiten kamen dabei zusammen, die Linnebach im Rahmen eines DFG-Projektes aufbereitet hat. Weit mehr als 90 Prozent konnte die aus Karlsruhe stammende Wissenschaftlerin dabei auswerten. Im Spiegel des Besucherbuchs lassen sich viele Rückschlüsse auf den Wandel von der fürstlichen Kunstkammer hin zu einem öffentlichen Museum heutiger Prägung ziehen. In Kassel – so scheint es – gaben sich alle namhaften Aufklä rer beim Besuch des Fridericianums regelrecht die Klinke in die Hand. Auch Goethe stattete der nordhessischen Residenzstadt mindestens drei Mal einen Besuch ab. Andere Schriftsteller wie Herder und Hölderlin oder Physi ker wie Georg Christoph Lichtenberg und Alessandro Volta waren ebenfalls in Kassel zu Gast. Viele Vertreter des euro päischen Hochadels kamen auf ihrer Bildungsreise, der „Grand Tour“, eben so vorbei, wie ranghohe Diplomaten. Aber auch Handwerker, Offiziere und Studenten statteten Kassel oft und gerne einen Besuch ab, um den unendlichen „Vorrath von Seltenheiten“ der fürstli chen Sammlungen zu bewundern. Die Kasseler Kunsthistorikerin Dr. Andrea Linnebach gewährt Einblicke ins historische Besucherbuch des Fridericianums. Besonders bemerkenswert sind die engen Verbindungen, die zwischen der damals noch jungen Georg-August-Uni versität Göttingen und den Sammlun gen in Kassel bestanden. Enge Verbindungen zwischen Göttingen und Kassel Göttinger Studenten, Professoren und andere Gelehrte gehören zu den häufig anzutreffenden Besuchergruppen. Der Göttinger Professor August Ludwig von Schlözer brachte dies 1781 mit den folgenden Worten zum Ausdruck: „Cassel und Göttingen nützen sich wechselweise, und mancher illustre Reisende würde nicht in unsere Gegen den kommen, wenn nicht beyde Städte so nahe Nachbarinnen wären.“ Dieser Befund spiegelt sich auch im Besucher buch wider, denn viele der Gäste statte ten sowohl Göttingen, als auch Kassel einen Besuch ab. Auch ohne eine eigene Universität konnte sich damit in Kassel eine beson dere aufklärerische Wissens- und Gelehrtenkultur entwickeln. Linnebach spricht in diesem Zusammenhang von einem Kasseler Sonderweg der Auf klärung und zitiert nochmals Schlözer: „Nun Cassel ist der Stoltz von uns Deut schen im Kleinen, wie Paris der Stoltz der Franzosen im Großen.“ Die vielfäl tigen internationalen Besucher scheinen Schlözer Recht zu geben und zeigen, welche zentrale Rolle Kassel im territo rial zersplitterten Heiligen Römischen Reich deutscher Nation hatte. Während die anderen Zentren der Aufklärung wie Halle, Erfurt oder Weimar in der Ver gangenheit in vielfältiger Weise wissen schaftlich analysiert und gewürdigt wurden, steht eine umfassende Unter suchung Kassels als Zentrum der Auf klärung noch aus. Das Buch „Das Museum der Aufklärung und sein Publikum“ ist bei Kassel University Press erhältlich (ISBN: 978-3-86219880-1). Die Datenbank ist im Internet unter www.ub.unikassel.de/besucherbuch abrufbar. Linnebach liefert mit der Auswertung und Bereitstellung des Besucherbuches einen ersten wichtigen Baustein zu die ser dringend notwendigen Neubewer tung Kassels in der Aufklärungszeit. 7 publik 03 / 15 | International Studentinnen geben jungen Flüchtlingen eine Stimme An der Uni Kassel engagieren sich zahlreiche Menschen für Flüchtlinge – zum Beispiel vier DaFZ-Studentinnen anzukommen. Durch unser Projekt sollen die Schüler Kassel von einer ganz anderen Seite kennenlernen und ihre po sitiven Erfahrungen auch an andere Flüchtlinge weiter geben“, erzählt sie. Der 14-jährige Saare aus Eritrea findet den Ausflug cool: „Die Spiele, Freunde treffen, der Herkules – macht alles Spaß“, erzählt er in gebrochenem Deutsch. Auch Vimansani Pathirana aus Sri Lanka ist zufrieden. „Ich freue mich, dass so viele gekommen sind und trotz belas tender familiärer Probleme mitgemacht haben“, erzählt sie. TEXT Christina Reis Zur Vertiefung des Gelernten stand für die Jugendlichen eine Woche später dann noch eine Tour durch die Fuldaaue an. Die Kameras, Arbeitsmaterialien und Lunchpakete für die beiden Ausflüge haben Astrid Lange und ihre Kolle ginnen durch Spenden von der Alfred-Röver-Stiftung und der Kasseler Sparkasse finanziert. Von Seiten der Universität wurde das Integrationsprojekt zudem von Prof. Dr. Karin Aguado und Jun.-Prof. Dr. Christine Czinglar gefördert. Zum Abschluss des Projektes kamen die Jugendlichen noch einmal selbst zu Wort. Bei einer Vernissage im Institut für Sprachen präsentierten sie ihre Fotos der beiden Ausflüge Mitschülern, Lehrkräften und interessierten Gästen. Zuvor hatten sie die besten Schnappschüsse im Unterricht ge meinsam ausgesucht und schriftlich kommentiert. „Anfangs waren viele Schüler noch sehr zurückhaltend, denn offenen Unterricht kennen sie nicht aus ihrer Heimat. Doch wenn man dann sieht, wie sie immer mehr aus sich herauskommen und an so einem Projekt auch als Person wachsen, ist das für uns die beste Motivation“, resümiert Astrid Lange. Astrid Lange zählt zu den Initiatorinnen des Projekts. Der 15-jährige Altin aus Albanien steht mit 35 anderen Jugendlichen aus Afghanistan, Syrien, Eritrea und Somalia auf der Wiese unterhalb des Herkules und wedelt mit einem Postkartenschnipsel. Bevor es hinauf zum Herkules geht, muss erst jede Schülerin und jeder Schüler eine Arbeits gruppe finden. Alle, die einen Schnipsel der gleichen Post karte mit Bergparkmotiven haben, gehören zusammen. Da wird laut gerufen und gelacht. Das erste Ziel dieses Deutschunterrichts ist damit schon mal erreicht: Jungs und Mädchen aus ganz unterschiedlichen Kulturen kommuni zieren miteinander, lernen sich besser kennen und haben Spaß. Die Jugendlichen, die zu dem gemeinsamen Aus flug in den Bergpark gekommen sind, lernen am Institut für Sprachen (IfS) Deutsch und werden dort u. a. von den vier Kasseler Studentinnen Astrid Lange, Linda Alphei, Vimansani Pathirana und Kelly de Oliviera unterrichtet. Im August haben die vier jungen Frauen, die Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (DaFZ) auf Master studieren, für ihre Schülerinnen und Schüler ein besonderes Projekt auf gesetzt: Unter dem Motto „Eine Stimme, die jeder versteht“ lernten die Jugendlichen die Stadt Kassel kennen und hielten ihre Eindrücke mit der Kamera fest. Das Projekt sollte den jungen Menschen eine ganz neue Lernerfahrung an inter 8 essanten Orten bieten und sie zum Deutschsprechen moti vieren: Darum hatten die Studentinnen vorher Arbeitsblätter mit Sprachaufgaben wie „Stufen zählen“ oder „Schilder lesen“ ausgearbeitet, die die Schüler während der Tour im Bergpark lösen sollten. Mit Einwegkameras hielten sie ihre persönlichen Eindrücke fest. „Man hört so viel über Flücht linge, aber sie kommen nie selbst zu Wort. Wir möchten, dass sie sehen, dass wir uns auch für ihre Erfahrungen inte ressieren“, erklärt Linda Alphei die Idee mit den Kameras. Auf der Besucherterrasse des Herkules haben die jungen Leute an diesem Spätsommertag sichtlich Spaß. Bilal aus Afghanistan posiert ausgelassen vor der Kamera für seine Freunde, während Mohammed aus Somalia und seine Gruppe sich die schmale Wendeltreppe bis zum Fuß der Herkulesstatue hochkämpfen. Ein paar Jungs haben das Münzfernrohr entdeckt und gleich begeistert einen Euro eingeworfen. Doch Kelly de Oliviera drängt zum Auf bruch, denn auf dem Plan stehen noch ein gemütliches Picknick vor dem Schloss Wilhelmshöhe und mehrere Sprachstationen mit Bergpark-Memory und Bilderrätseln. „Als Brasilianerin kann ich gut nachfühlen, wie schwierig es für die Jugendlichen ist, Deutsch zu lernen und hier erstmal 9 publik 03 / 15 | Campus Zwischen Training und Tutorien Seit zehn Jahren ist die Universität Kassel „Partnerhochschule des Spitzensports“. Fünf Sportlerinnen und Sportler berichten, wie sich Leistungssport und Unialltag vereinbaren lassen Steven Müller (1990) – Der Maschinen- Jan-Martin Speer (1987) – Der Bob-An- Marc Schröder (1990) – Der angehende baustudent spielte zwölf Jahre Football, schieber und Lehramtsstudent für Sport und Wirtschaftsingenieur für erneuerbare bevor er von einem Leichtathletik-Trainer Arbeitslehre reiste 2014 als Ersatzmann zu Energien überwindet für sein Leben gerne gescoutet wurde und seine Leidenschaft den Olympischen Spielen von Sotschi und Hindernisse mit seinem Trial-Rad und nahm für das Laufen entdeckte. Er ist amtierender war damit der einzige hessische Sportler im zuletzt 2013 bei der Weltmeisterschaft in Deutscher Hochschulmeister über 100 und deutschen Team. Südafrika teil. 200 Meter. TEXT Thomas Kossert FOTOS Andreas Fischer / Artur Worobiow / Kasseler Sparkasse / privat Hannah Auth (1995) – Die Kunstradfahrerin Hannah Auth studiert in Kassel Sport und Wenn Steven Müller morgens zur Uni geht, hat er – im Gegensatz zu den meisten seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen – oft schon eine schweißtreibende Trainingseinheit hinter sich. Der 25-jährige Leichtathlet studiert Maschinenbau in Kassel und trainiert nahezu täglich. Müller ist ein Sprinter und im Sport sehr schnell unterwegs: Er hat sich auf die 100- und 200-MeterDistanz spezialisiert. Im Studium braucht er einen längeren Atem, denn neben seinem Training hat Müller auch noch einen Job in der Cafeteria Pavillon. „Nach einem Arbeitstag und zwei Trainingseinheiten bin ich immer ziemlich platt“, sagt der amtierende Deutsche Hochschulmeister lachend. Er belegt daher weniger Kurse als andere, um die Dreifachbelastung aus Leistungssport, Studium und Studentenjob bewältigen zu können. Biologie auf Lehramt und errang neben zahlreichen nationalen Titeln im Jahr 2011 die Vize-Europameisterschaft. 10 Auch für den Bobfahrer Jan-Martin Speer, der in Kassel Sport und Arbeitslehre auf Lehramt studiert, ist es nicht immer einfach, Studium und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. „Offiziell bin ich schon im 16. Semester, tatsächlich aber erst im achten. Da ich Wintersport mache, kann ich eigentlich nur im Sommersemester studieren. Im Wintersemester sind wir die ganze Zeit im Trainingslager oder auf Wettkämpfen“, sagt der 28-Jährige, der bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 als einziger Hesse dabei war. Für den Anschieber eines Viererbobs kam das Partnerprogramm für den Spitzensport wie gerufen. „Am Anfang wusste ich noch nichts von dem Programm und wurde wegen meiner vielen Fehlzeiten von einigen Klausuren ausgeschlossen“, erklärt der aus dem nordhessischen Diemelsee stammende Athlet. Erst als Speer einen Hinweis von einem Kommilitonen erhielt, wandte er sich an den Hochschulsportbeauftragten der Uni Kassel, Gerhard Blömeke-Rumpf. Er koordiniert das Spitzensportprogramm der Uni und möchte am liebsten 11 publik 03 / 15 | Campus publik 03 / 15 | Campus Bereits seit 1999 gibt es das Projekt „Partnerhochschule des Spitzensports“ des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands (adh). Im Rahmen dieser Kooperationsvereinbarungen wird für derzeit circa 1.200 studierende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler an rund 90 adh-Mitgliedshochschulen ein Verbundsystem zum Ausgleich spezifischer Nachteile bereitgestellt. Die Kooperationspartner, in der Regel der adh, Hochschulen, Olympiastützpunkte, Studentenwerke und Fachverbände, ermöglichen den Studierenden, dass sie ihre akademische Ausbildung trotz der hohen zeitlichen Belastungen des Spitzensports erfolgreich absolvieren können. Rebecca Partsch (1993) – Die Ultimate-FrisbeeSpielerin studiert Mathe und Sport gar nicht von einem „Programm“ sprechen: „Bislang sind Spitzensportler an unserer Uni noch marginal, so dass wir erst eine Handvoll Sportler betreuen“, sagt Blömeke-Rumpf, der von 1977 bis 1983 selbst Sportwissenschaften in Kassel studiert hat. Meist wird er gerufen, wenn ein Sportler eine Klausur oder eine andere wichtige Prüfungsleistung für die Teilnahme an Wettkämpfen oder Trainingslagern schieben muss. Die meisten Dozenten und Professoren seien auch kooperativ, so dass es in den zehn Jahren kaum zu Konflikten gekommen sei. „Nur einmal“, erinnert sich BlömekeRumpf, „hatten wir Probleme bei der Beurlaubung für die Teilnahme eines Sportlers bei einer Weltmeisterschaft.“ Der Trialradfahrer Marc Schröder, der ebenfalls in Kassel studiert, wollte an der WM 2013 in Südafrika teilnehmen. Doch auch in diesem Fall konnte BlömekeRumpf vermitteln, so dass Schröder den versäumten Stoff nachholen und seine Klausuren nachschreiben konnte. Sportarten, so dass es keine Förderung vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gibt. Vieles muss die U23-Nationalspielerin daher aus eigener Tasche bezahlen. Beispielsweise die Reise zu den U23-Weltmeisterschaften im kanadischen Toronto. Hier stößt die Spitzensport-Förderung der Uni oft an ihre Grenzen: „Eine finanzielle Unterstützung können wir nur gewähren, wenn die Sportlerinnen und Sportler auch für die Universität starten. Zum Beispiel bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften oder anderen Uni-Liga-Wettbewerben“, erklärt Blömeke-Rumpf. In aller Regel starten die Athletinnen und Athleten aber für auf Lehramt und ist seit 2010 Mitglied der deutschen U-23Nationalmannschaft. Bei der diesjährigen Ultimate-FrisbeeWeltmeisterschaft in London belegte sie mit ihrem Team den fünften Platz. 12 Für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bietet der Allgemeine Hochschulsport eine vergünstigte Mitgliedschaft im Unisport an, so dass sie beispielsweise das unieigene Fitnessstudio in den Freistunden zum Training nutzen können. Leichtathlet Steven Müller stemmt hier oft und gerne seine Gewichte und auch die Ultimate-FrisbeeSpielerin Rebecca Partsch ist ein gerngesehener Gast im UNIfit. Für Partsch sind solche Vergünstigungen wichtig, denn Ultimate Frisbee gehört zu den nichtolympischen Der Hochschulsportbeauftragte Gerhard Blömeke-Rumpf koordiniert das Spitzensportprogramm der Uni Kassel. 13 publik 03 / 15 | Campus publik 03 / 15 | Campus Die Universität Kassel ist seit 2005 offizielle Partnerhochschule des Spitzensports. Ein großer Teil der Unterstützung durch das Hochschulsport-Team besteht darin, unkomplizierte Lösungen zur Flexibilisierung der Anwesenheitszeiten zu finden, insbesondere wenn es darum geht, Fehlzeiten nachzuarbeiten. Zudem können Kaderangehörige in Teilzeit studieren oder für wichtige Meisterschaften und Wettkämpfe ein Urlaubssemester nehmen. Auch das Studentenwerk stellt studierenden Spitzensportlerinnen und -sportlern ein Kontingent an Hannah Auth. Wohnheimsplätzen zur Verfügung. Weitere Details zur individuellen Förderung können A-, B- oder C-Kader beim Hochschulsport erfragen: [email protected] 2014 fuhr Jan-Martin Speer im Viererbob von Manuel Machata. Anzeige ihre Heimatvereine, die auch die Trainer und das Material stellen. Partsch spielt für die „Himmelsstürmer“, die an die TSG 1887 Kassel-Niederzwehren angegliedert sind. Den noch konnte Blömeke-Rumpf der jungen Nationalspielerin helfen und stellte den Kontakt zu einem Sponsor her. Gerne würden Blömeke-Rumpf und sein Team noch häufiger helfen, aber oft wisse man gar nichts voneinander: „In den nichtolympischen Sportarten ist meist gar nicht bekannt, dass studentische Kaderathletinnen und -athle ten an unserer Uni eine gezielte Förderung und gewisse Erleichterungen erhalten, um ihnen den Spagat zwischen Studium und Leistungssport zu erleichtern“, stellt BlömekeRumpf fest. Meist erfahre er nur zufällig von einem Sport ler, beispielsweise wenn dieser auch für die Uni starten möchte oder ohnehin Sportwissenschaften studiere. Die Kunstradfahrerin Hannah Auth suchte vor ihrem Wechsel von Kaiserslautern nach Kassel den direkten Kontakt zum Team des Hochschulsports. Entsprechend den geltenden Vereinbarungen zur Förderung studierender Spitzensportlerinnen und -sportler konnte der B-Kader athletin und Vize-Europameisterin von 2011 der Sein Einsatz ist unbezahlbar. Deshalb braucht er Ihre Spende. Sporteignungstest für das Sportstudium erlassen werden. Ein Entgegenkommen, das die 21-Jährige angesichts von etwa zwanzig Wettkämpfen im Jahr und zahlreichen Trainingslagern zu schätzen weiß. Auch bei der Kurswahl werden Auth und die anderen Spitzenathleten in der Regel bevorzugt behandelt. Bobfahrer Jan-Martin Speer konnte dadurch viele Kurse bereits zu Beginn des Studiums belegen, so dass nun mehr Zeit für das Training vorhanden ist. Leistungssport und Studium? Muss da nicht zwangsläufig etwas auf der Strecke bleiben? Ganz und gar nicht, meint Leichtathlet Steven Müller: „Ich habe lange Zeit Football gespielt, bis mich mein heutiger Trainer Otmar Velte ent deckt und für die Leichtathletik begeistert hat. Seitdem sind meine Noten deutlich besser geworden, da ich durch den Leistungssport gezwungen bin, meinen Tag genau zu strukturieren.“ Und auch mit seiner sportlichen Leistung muss sich der 25-jährige Maschinenbaustudent nicht ver stecken: Auch wenn es in diesem Jahr bei der Deutschen Meisterschaft nicht ganz nach Plan lief, konnte sich Müller bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften sowohl über 100 Meter als auch über die 200 Meter souverän den Titel sichern. www.seenotretter.de Die Seenotretter_DGzRS_230x144_Version1_4c.indd 1 14 24.07.14 15:39 15 publik 03 / 15 | Menschen Das neue Präsidium Die Uni Kassel startet mit einem nahezu runderneuerten Präsidium in das Wintersemester Der Hochschulrat berät An der Spitze steht seit dem 1. Oktober Prof. Dr. Reiner Finkeldey, ihn hatte die publik bereits im Frühjahr nach seiner Wahl interviewt: www.uni-kassel.de/go/int_finkeldey. Wir stellen vor, wer was im neuen Präsidium macht – und was das Präsidium als Ganzes für Aufgaben hat. Finkeldey war bislang Vizepräsident der Uni Göttingen, im Februar wurde der Forstwissenschaftler an die Spitze der Uni Kassel gewählt. Als Präsident verfügt er über die Richtlinienkompetenz. Er leitet das Präsidium und vertritt die Universität nach außen. Außerdem hat er im Präsidium u. a. den Bereich Gleichstellung und die Profilbildung der Kunsthochschule und des Fachbereichs Agrarwissenschaften übernommen. Zudem führt der Präsident den Vorsitz im Dr. Senat (hat dort aber kein Stimmrecht) und Oliver Fromm in der Gemeinsamen Erörterung (einer Bereits seit dem 15. Juli ist Dr. Besprechung v. a. mit den Dekanen Oliver Fromm der neue Kanzler der der Fachbereiche). Universität. Fromm war zuvor für die Prof. Dr. Reiner Finkeldey Zusammenarbeit der Uni mit Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft zuständig, u. a. als Geschäftsführer von UniKasselTransfer. Als Kanzler leitet er die Hochschulverwaltung, ist zuständig für die Finanzen der Universität, die Personal- und Organisationsentwicklung Das Präsidium ist gewissermaßen die im Verwaltungsbereich und nimmt die Rechtsangelegenheiten wahr. Außerdem Regierung der Universität. Es leitet die kümmert Fromm sich im Präsidium Hochschule und fördert mit den anderen weiterhin um das Thema Organen und den Fachbereichen ihre innere Wissenstransfer. wählt und kontrolliert Prof. Dr. Reiner Finkeldey Das Präsidium Dr. Oliver Fromm Prof. Dr. Ute Clement Die Berufspädagogin Clement wurde im Juli zur Vizepräsidentin gewählt und hat ihr Amt zum Oktober angetreten. Clement ist im Präsidium schwerpunktmäßig für Personalentwicklung und Organisationskultur im Wissenschaftsbereich, inklusive Nachwuchsförderung, zuständig. Außerdem kümmert sie sich u. a. um die Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft und die Profilbildung der Fachbereiche Geistesund Kulturwissenschaften sowie Gesellschaftswissenschaften. und äußere Entwicklung. Dazu gehören beispielsweise die Schwerpunktentwicklung in der Forschung, die Qualitätsentwicklung für Lehre und Studium, aber auch die Stärkung des Wissenstransfers oder die Internationalisierung der Uni. Das Präsidium stellt außerdem den Haushalt auf. Prof. Dr. Ute Clement Der Hochschulrat „begleitet“ die Uni, wie es im Gesetz heißt. Er gibt Empfehlungen etwa zur Studiengangsplanung und nimmt Stellung bspw. zum Entwurf der Grundordnung und zum Budgetplan. Er wirkt an der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl einer Präsidentin oder eines Präsidenten mit. Der Hochschulrat der Uni Kassel hat derzeit acht Mitglieder und ein beratendes Mitglied. Die Mitglieder werden im Zusammenspiel von Präsidium, Senat und Ministerium benannt. Der Senat Ist das Präsidium die Regierung, dann ist der Senat in etwa mit einem Parlament vergleichbar: Er kontrolliert die Geschäftsführung des Präsidiums. Zudem ist der Senat zuständig für die Allgemeinen Bestimmungen für Prüfungsordnungen sowie die Grundordnung und wirkt mit in Angelegenheiten von Forschung, Lehre und Studium, die die gesamte Hochschule betreffen oder von grundsätzlicher Bedeutung sind. Der Senat hat 17 Mitglieder (neun Professorinnen und Professoren, drei Studierende, drei wissenschaftliche Mitarbeitende, zwei administrativ-technische Mitarbeitende), die gewählt werden. Als sogenannter Erweiterter Senat (nämlich mit allen Senats-Mitgliedern plus deren Stellvertreterinnen und Stellvertretern) wählt er die Präsidentin oder den Präsidenten und die Vizepräsidentinnen bzw. Vizepräsidenten. Prof. Dr. Arno Ehresmann Prof. Dr. Arno Ehresmann Prof. Dr. Andreas Hänlein Ehresmann wurde wie Clement im Juli zum Vizepräsidenten gewählt und auch er hat sein Amt zum Oktober angetreten. In das Aufgabengebiet des Experimentalphysikers Ehresmann fällt unter anderem der Bereich Forschung, aber auch die Fachbereiche Mathematik und Naturwissenschaften, Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen, Maschinenbau und Elektrotechnik / Informatik. wählen Mitglieder der Universität Prof. Dr. Andreas Hänlein Hänlein ist als Einziger schon eine Weile Mitglied des Präsidiums: 2011 wurde der Rechtswissenschaftler erstmals zum Vizepräsidenten gewählt, im vergangenen Jahr bis 2017 bestätigt. Er ist zuständig für Fragen des Studiums und der Lehre, Evaluierung von Leistungen der Hochschule, Profilbildung der Fachbereiche Humanwissenschaften, Architektur, Stadtplanung und Landschaftsplanung sowie Wirtschaftswissenschaften, Angelegenheiten der behinderten Studierenden und Fragen der Lehrerbildung. TEXT Sebastian Mense FOTOS Sonja Rode / Nikolaus Frank publik 03 / 15 | Campus Einst exotisch, jetzt begehrt Vor zwanzig Jahren begannen junge Menschen an der Universität Kassel erstmals ein Studium der Ökologischen Landwirtschaft Ökologische Landwirtschaft wurde vor zwanzig Jahren als weltweit erster universitärer Studiengang dieser Art gegründet. Wurden die ersten Studierenden und Lehrenden noch als Exoten belächelt, gelten die Witzenhäuser Agrarwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler heute als Experten für globale Zukunftsfragen – mit weltweiter Ausstrahlung. TEXT Sebastian Mense FOTOS Paavo Blåfield / Gregor Polster (Visio360) / Uni Kassel U m den internationalen Stellen wert der Kasseler Agrarwissen schaften zu erkennen, reicht ein Blick ins Stadtbild von Witzenhausen. In dieser Kleinstadt rund 35 Kilometer östlich von Kassel hat der Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften sei nen Sitz, eine Außenstelle der Universität Kassel. Von den rund 1000 Studierenden in Witzenhausen kommt jeder fünfte aus dem Ausland, in den englischspra chigen und international ausgerichteten Masterstudiengängen sind es mehr als die Hälfte. Internationale und deutsche Studierende bilden eine Gemeinschaft, die auch das kulturelle Leben in der Kleinstadt prägt. In diesem Jahr gibt es ein Jubiläum zu feiern: Zum Herbst 1995 wurde der Studiengang Ökologische Landwirt schaft eingeführt; es war weltweit der erste Studiengang dieser Art an einer Universität. Mit seiner Ausrichtung auf ausschließlich ökologische Agrarwissen schaften und nachhaltiges Wirtschaften stellt der Fachbereich in Witzenhausen eine weltweite Besonderheit dar. Vom Ackerboden über die Tierzucht bis zur Vermarktung landwirtschaftlicher Pro dukte erforschen die Wissenschaft lerinnen und Wissenschaftler an 20 Fachgebieten Aspekte nachhaltiger und gerechter Ernährungs- und Energie kreisläufe. Entwicklungen made in Witzenhausen reichen von der Bioton ne über Spielzeug für Mastschweine bis zu Methoden ökologischer Schädlings bekämpfung. Auch beispielsweise die Entdeckung einer alten Bananenart in 18 Arabien ist Witzenhäuser Forschergeist zu verdanken, denn einige Fachgebiete widmen sich der Landwirtschaft in den Tropen und Subtropen. Daher unter hält der Fachbereich für Lehr- und For schungszwecke ein Tropengewächshaus mit über 400 Nutzpflanzen. Für For schung und Lehre zu Ackerbau und Viehzucht unserer Breiten bewirtschaf tet die Universität darüber hinaus die Hessische Staatsdomäne Frankenhausen als 340 ha großen Ökobetrieb, unweit von Kassel gelegen. F ür die Studierenden gehören praktische Übungen in Ställen oder auf dem Feld, im Gewächs haus oder im Labor dazu. Das Ange bot an Studiengängen hat sich mit der Umstellung auf das Bachelor-/MasterSystem inzwischen aufgefächert und spezialisiert: Neben einem Bachelor und einem Master Ökologische Landwirt schaft umfasst es die englischsprachigen Master-Studiengänge Sustainable Inter national Agriculture (in Kooperation mit der Universität Göttingen) sowie International Food Business and Con sumer Studies (in Kooperation mit der Hochschule Fulda). In diesem Herbst startet der Fachbereich mit dem eben falls englischsprachigen Studiengang Sustainable Food Systems eine Koope ration mit fünf weiteren europäischen Universitäten. Zusätzlich wird ein Dua les Studium Landwirtschaft angeboten, in dem zur Vernetzung von Praxis und Theorie nebeneinander eine landwirt schaftliche Lehre und das Bachelor studium absolviert werden. Studium mit Kuh: Eine Studentin bei praktischen Arbeiten im Stall des Lehr- und Versuchsbetriebs Frankenhausen. 19 publik 03 / 15 | Campus publik 03 / 15 | Campus 01 02 Exzellente Karriere- Perspektiven Die Beschäftigungsaussichten nach dem Abschluss sind sehr gut. „Die Einsicht, dass ein ökologischer Landbau ein Gewinn für Umwelt, Tier und Mensch sein kann, hat sich inzwischen in weiten Teilen der Welt durchgesetzt“, sagt der Dekan des Fachbereichs, Prof. Dr. Peter von Fragstein und Niemsdorff. „Mit unse ren Studiengängen bieten wir eine wis senschaftlich exzellente Ausbildung für all jene, die die Entwicklung hin zu einer ökologischen Landwirtschaft mit prägen oder sie in ihrem weiteren Werdegang selbst leben wollen.“ Erhebungen der Universität Kassel haben ergeben, dass ein Jahr nach dem Abschluss neun von zehn Absolventen eine Beschäftigung gefunden haben. Nur rund drei Prozent sind anderthalb Jahre nach Abschluss erwerbslos (andere studieren beispiels 20 weise weiter oder promovieren). Rund ein Drittel der beschäftigten Absol ventinnen und Absolventen arbeitet in Land- und Forstwirtschaft, rund ein Viertel im Dienstleistungssektor. Viele gestalten in Verbänden (acht Prozent) oder in der öffentlichen Verwaltung (sechs Prozent) die Agrarpolitik mit. Zu den Absolventen gehört etwa Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft. D ie Einrichtung des Studiengangs Ökologische Landwirtschaft folgte 1995 einer Entwicklungs linie, die bis ins Kaiserreich zurückgeht: 1898 wurde in Witzenhausen die Deut sche Kolonialschule gegründet, die Sied ler auf das landwirtschaftliche Leben in den Kolonien vorbereiten sollte und bis 1944 bestand. In den 60er Jahren rich teten Bund und Land in Witzenhau sen Ingenieurschulen für Ausländische und Inländische Landwirtschaft ein, die 1971 bei der Gründung der Gesamt hochschule (heute Universität) Kassel Teil dieser neuen Institution wurden. 1993 vereinigten sich die beiden Fach bereiche Landwirtschaft und Internati onale Agrarwissenschaft zum heutigen Fachbereich Ökologische Agrarwissen schaften. Zum Herbst 1995 schließlich wurde der Studiengang Ökologische Landwirtschaft eingeführt, damals als Diplomstudiengang; es war weltweit der erste universitäre Studiengang die ser Art. Dem war die Gründung des Fachgebietes Methoden des Alternati ven Landbaus im Jahr 1981 vorausge gangen (heute Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau), was sich als wesentlicher Motor dieser Entwicklung herausstellte. Die Einschreibungen für den neuen Studiengang begannen im Sommer 1995. „Der ökologische Land bau hatte sich damals zwar in der Praxis schon etabliert“, erinnert sich Holger Mittelstraß, Studienkoordinator des Fachbereichs, „er füllte aber eher eine Nische aus, und eine wissenschaftliche Auseinandersetzung damit fand kaum statt. Entsprechend galten die ersten Absolventinnen und Absolventen noch als Exoten. Inzwischen hat sich gezeigt, wie weitsichtig die Entscheidung war.“ 01 Das Tropengewächshaus beherbergt seltene Arten, darunter Bananenpflanzen. 02Das gotische Wilhelmitenkloster bildet einen Kern des Fachbereichs Ökologische Agrarwissenschaften. 21 publik 03 / 15 | Campus „Open Access ist die Zukunft“ Bibliotheks-Referent Tobias Pohlmann wirbt für frei verfügbare Publikationen TEXT und FOTO Sophia Nürnberger Vor mir sitzt ein Idealist. Dr. Tobias Pohlmann steht hinter dem, was er tut. Der Ingenieur ist Fachreferent an der Universitätsbibliothek Kassel und An sprechpartner für Open-Access-Veröf fentlichungen. Er ist Teil der Open-Ac cess-Bewegung, die sich dafür einsetzt, dass Wissen aus öffentlich finanzierter Forschung digital frei verfügbar wird: „Open Access befindet sich im Ausbau und wird das Publizieren der Zukunft.“ Standards der Zeitschrift, nicht davon, ob es Open Access ist oder nicht. Zweitens, Open-Access-Zeitschriften sind sehr jung und müssen sich ihren Impactfaktor erst erarbeiten, es gibt dennoch in vielen Fällen bereits qua litativ hochwertige Zeitschriften. Dr. Tobias Pohlmann, Ansprechpartner für Es ist ein Vorhaben, das politisch vor angetrieben wird und dem, allein schon aus diesem Grunde, Skepsis entgegenschlägt. Pohlmann ist sich aber sicher: „Wenn man die Zusam menhänge erst einmal versteht, liegt es im Interesse der Wissenschaftle rinnen und Wissenschaftler, auch per Open Access zu veröffentlichen.“ Die Universität Kassel hat daher einen Publikationsfonds mit Hilfe der DFG eingerichtet, der für dieses Jahr ver doppelt wurde. Die Nachfrage steigt, insbesondere Physiker, Natur- und Agrarwissenschaftlerinnen und -wissen schaftler nutzen das Angebot. Gerne würde Pohlmann auch Akademike rinnen und Akademiker anderer Dis ziplinen unterstützen. Jeder Univer sitätsangehörige, der in einer reinen Open-Access-Zeitschrift mit PeerReview-Verfahren einen Artikel ver öffentlichen möchte, kann den Publi kationsfonds nutzen und die Rechnung bei ihm einreichen, sofern die Autoren gebühr 2000 Euro nicht übersteigt. Es spricht laut Pohlmann viel für Open-Access-Publikationen, wenn einem zwei Dinge bewusst sind: Ers tens, das Renommee eines Artikels hängt von dessen Stringenz ab und den 22 Open-Access-Veröffentlichungen in der Bibliothek. Es lohne sich, auf die Alternative Open Access zu setzen, denn die Autorinnen und Autoren behalten die Verwer tungsrechte am Text, betont Pohlmann. Die Sichtbarkeit der Artikel ist höher und die Zitationshäufigkeit steigt. Außerdem sind Länder mit schwacher Bibliotheksinfrastruktur nicht vom Diskurs ausgeschlossen. Die wissen schaftliche Kommunikation erhalte hier Vorrang vor kommerziellen Profiten. Die universitären Einrichtungen profitierten davon ebenso wie die Studierenden, denn die Lage der Informationsversorgung an den Hoch schulen sei zunehmend kritisch. „Die Online-Journale werden immer teurer, mit jährlichen Preissteigerungen von fünf Prozent jenseits der Inflationsrate, weil der Markt sich in immer weniger, große Verlagshäuser bündelt, und die diktieren die Preise. Sie schröpfen die Uni-Bibliotheken“, resümiert Pohlmann. Bibliotheken sind gezwungen, ganze Pakete zu abonnieren. Bei gleichblei bendem Etat bedeutet das eine Finan zierung auf Kosten von Bücheranschaf fungen und Zeitschriftenabonnements kleinerer Verlage. Es geht nicht mehr danach, was gelesen und genutzt wird, sondern wie die Konditionen bei der Lizenzvergabe aussehen. So wird heute bestimmt, welche Informationen vor Ort zugänglich sind. Dass dies nicht förderlich für die Lehre ist, leuchtet ein. „Leider spielen wissenschaftspolitische Auch der Uni-Verlag kassel university press (kup) hat ein Open-Access-Angebot nach dem sogenannten »Goldenen Weg«, also der Erstveröffentlichung eines Textes als Open-Access-Dokument. Damit verbunden ist ein flexibles Angebot, was Fragen wie Embargofristen, eISB- bzw. eISSNummern, Langzeitarchivierung, Fachdatenbanken und Lizenzen angeht. Alle Publikationen können auch in Buchform erscheinen. Auf Wunsch der Autorinnen und Autoren werden einige Bücher, die originär in Printform erschienen sind, als Zweitveröffentlichung auf dem Bibliotheksserver KOBRA abgelegt (sogenannter »Grüner Weg«). Die kup übernimmt dabei die Erstellung der Druckdatei und liefert diese dann an die Universitätsbibliothek weiter. Mehr Informationen unter www.uni-kassel.de/einrichtungen/de/kassel-university-press „Open Access: Wissenschaftliches Publizieren im Wandel“ Podiumsdiskussion: Am 5. November im Senatssaal, Raum 2101, Sophie-Henschel-Haus, Mönchebergstr. 3 Überlegungen oft keine Rolle, wenn es um die eigenen Veröf fentlichungen geht“, meint die Physikerin Prof. Dr. Christiane Koch. Sie war eine der ersten, die den Fonds genutzt hat, um per Open Access zu veröffentlichen: „Viele machen sich nicht bewusst, dass wir mit unserem eigenen Verhalten die Ent wicklung der Publikationskultur steuern. Da würde ich mir ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein wünschen“, sagt sie in einem Statement, das die Bibliothek veröffentlicht hat. Info und Kontakt: uni-kassel.de/ub/publizieren/openaccess.html 23 publik 03 / 15 | Campus „Ordnung schaffen und Gemeinschaft bilden“ Erneuerung für das visuelle Erscheinungsbild der Uni Kassel TEXT Beate Hentschel FOTO Andreas Fischer Manche verunsichert das Logo der Uni versität Kassel auf den ersten Blick. UNI KASSEL? VERSITÄT? Mit dieser be wussten Irritation ist das typografische Logo zum unverwechselbaren Mar kenzeichen der nordhessischen Uni versität geworden. Unterstützt wird der Schriftzug durch das satte Magenta. Doch seit das Erscheinungsbild 2003 mit dem Übergang der Gesamthochschule zur Universität eingeführt wurde, hat sich vieles an Gestaltung drum herum entwi ckelt, die mal mehr mal weniger nah an der „Marke“ Universität Kassel ist. Jetzt war es Zeit für eine Überarbeitung. Die Stabsstelle Kommunikation, Presseund Öffentlichkeitsarbeit sowie Studie rende der Visuellen Kommunikation an der Kunsthochschule Kassel unter der Leitung von Prof. Bernard Stein haben sich dafür zwei Semester lang mit dem visuellen Auftritt der Universität befasst. Vorhandene Schwachstellen wurden analysiert und es wurde eine Dachmar kenstrategie entwickelt, die der Ge samtuniversität größere Sichtbarkeit sichert. Die Ergebnisse wurden in ein neues Corporate-Design-Handbuch 24 umgesetzt, das Christian Rudewig, Ab solvent der Kunsthochschule Kassel, ge meinsam mit der Uni-Pressestelle erar beitete. Unter dem Dach der Universität ver sammeln sich zahlreiche Einrichtungen, teilweise mit eigenem Erscheinungsbild. Beim neuen visuellen Auftritt werden Schritt für Schritt zentrale Einrich tungen der Universität, wie die Biblio thek, das ITS, die Graduiertenakademie und der e-campus nah an das Erschei nungsbild der Universität herangerückt. Erstmals erhalten auch die Fachbereiche als Kerneinrichtungen für Forschung und Lehre abgestimmte Logos, die den eindeutigen Bezug zum Uni-KasselSchriftzug herstellen. Diese Dachmar kenstrategie soll die Universität Kassel vor allem auch überregional als Einheit erkennbar machen. Im kommenden Jahr wird der Internet-Auftritt mit einer an gepassten Optik folgen. Auch die pu blik, deren neueste Ausgabe Sie in den Händen halten, hat sich dem neuen Er scheinungsbild bereits angenähert und wird das Design in den kommenden Ausgaben sukzessive übernehmen. Der Grafikprofessor Bernard Stein lehrte 18 Jahre an der Kunsthochschule Kassel und nahm großen Einfluss auf das visuelle Bild der Universität. Prof. Stein räumt beim Thema Gestal tung vor allem mit einer Fehleinschät zung auf: „Viele denken, bei Gestaltung ginge es darum, etwas zu verschönern.“ Das, so der Grafik-Professor, der 18 Jahre an der Kunsthochschule Kassel lehrte und gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Nicolaus Ott 2003 den Uni-KasselSchriftzug entwarf, sei eine weit verbrei tete Fehleinschätzung. „Gestaltung oder – in unserem Fall – Corporate Design hat immer zwei Funktionen: Ordnung zu schaffen und Gemeinschaft zu bilden. Es geht um die Frage, welche visuelle Aus sage getroffen werden soll, um das zu erreichen“, so Stein. Warum passt diese reduzierte Gestaltung zur Universität Kassel, die sich vor allem in dem SchriftLogo zeigt? Dazu der Gestalter: „Es hat etwas damit zu tun, dass die Bildwelt von Universitäten fast immer traditionell ist. Man arbeitet mit Siegeln oder Emb lemen. Diese akademische Tradition gab es ja in Kassel so nicht, stattdessen gab es etwas Neues, etwas Modernes. Das Ein fache, Nicht-Protzende, das Vorhandene passt gut zu Kassel und die zurückhal tende Typografie vermittelt diese gute innere Haltung der Universität.“ Neben den jetzt klar gefassten Regeln zum Umgang mit dem Schriftzug der Universität enthält das Handbuch zahl reiche Grundlagen für Printpublikati onen, Flyer oder Roll-Ups sowie Vor lagen für eine PowerPoint-Präsentation, Visitenkarten und Geschäftsausstattung. Wichtig war, ein flexibles Baukasten system an Gestaltungselementen zu schaffen, das viel Raum für Kreativität lässt. Dazu wurde die Farbpalette der Magenta-Töne und Grauschattierungen um drei Grüntöne, Hellblau und Gold gelb ergänzt. Als Gestaltungselement wird das bisher teilweise eingesetzte Linienspiel auf eine Linie reduziert, die man einsetzen kann, aber nicht muss. Fotos bilden den Campus in seinen Alltagssituationen ab oder sind authen tische Symbolbilder. Mit diesem CD-Regelwerk in der All tagsarbeit attraktive Produkte zu ge stalten und angemessene Lösungen zu finden, darin liegt die eigentliche Her ausforderung. Damit das gelingt, baut die Stabsstelle Kommunikation, Presseund Öffentlichkeitsarbeit derzeit ihren Medienservice auf der Homepage der Universität aus. Unter der Adresse www.uni-kassel.de/go/gestaltung werden in den kommenden Wochen sukzessive Vorlagen und Templates ein gestellt, die zur Verwendung herunterge laden werden können. Ein web-to-print Angebot, bei dem man online Visiten karten mit den persönlichen Daten be füllen und bei einer Druckerei bestellen kann, ist ebenfalls im Gespräch. Für Ge staltungsprofis gibt es das fast 90 Seiten dicke Handbuch mit Vermaßungen und Gestaltungsdetails. Ein Flyer erläutert die wichtigsten Gestaltungselemente und Grundregeln ihres Einsatzes. Er ist in der Pressestelle erhältlich. Prof. Stein und Christian Rudewig un terstreichen die Bedeutung eines ab gestimmten visuellen Auftritts: „Auch damit sorgen die Mitglieder der Univer sität täglich dafür, dass sich die Univer sität Kassel in ihrer Außenwahrnehmung als qualitativ hochwertige akademische Einrichtung präsentiert.“ 25 publik 03 / 15 | Menschen Neue Professorinnen und Professoren Willkommen an der Uni Kassel! Prof. Dr. Verena Freytag | Humanwissenschaften Prof. Dr. Julia Hauser | Gesellschaftswissenschaften Dr. Verena Freytag ist Professorin für Ästhetische Bildung und Bewegungserziehung. Nach Abschluss des ersten und zweiten Staatsexamens in den Fächern Deutsch und Sport arbeitete sie als Lehrkraft für besondere Aufgaben zunächst in Düsseldorf und Gießen. Bis 2013 war sie anschließend am Department Sport und Gesundheit der Universität Paderborn in der Sportpädagogik/- Didaktik tätig und leitete den Bereich „Gestalten, Tanzen, Darstellen“. Dort promovierte sie 2011 über tänzerische Gestaltungsprozesse. Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt liegt in der interpretativen Unterrichtsforschung in der Tanzpäda gogik. Sie interessiert sich besonders für Ge- und Misslingensbedingungen von Tanzprojekten an Schulen sowie das Erleben von Freude im Tanz. Dr. Julia Hauser hat zum Wintersemester 2014 die Juniorprofessur für „Globalgeschichte und Geschichte von Globalisierungsprozessen“ übernommen. Sie studierte Mittlere und Neuere Geschichte, Englische Philologie und Kunstgeschichte an den Universitäten Bonn und Göttingen und promovierte in Göttin gen zur Tätigkeit Kaiserswerther Diakonissen im spätosmanischen Beirut. Forschungsaufenthalte führten sie in die USA, nach Frankreich und Beirut. Sie war als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte und als Postdoc an der Graduiertenschule für Geisteswissenschaften an der Universität Göttingen tätig. Dr. Hauser beschäftigt sich mit der „entangled history“ Europas und des Nahen Ostens und der Geschichte kultureller Verflechtungsprozesse auf dem Gebiet des Wissens, der Religion, der Geschlechtergeschichte und der Ernährung. Sie ist Mitglied der Arab-German Young Aca demy for Sciences and Humanities. Prof. Dr. Matthias Gaßmann | Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen Dr. Matthias Gaßmann ist seit April Juniorprofessor und leitet das neu geschaffene Fachgebiet Wasser gütewirtschaft – Modellbildung und Simulation. Er studierte Hydrologie an der Universität Freiburg und arbeitete anschließend an den Universitäten Hannover und Lüneburg als wissenschaftlicher Mitarbeiter in mehreren internationalen Projekten. 2013 hat er zum Thema der Modellierung des Umweltverhaltens von Pflanzenschutzmitteln und deren Abbauprodukten an der Universität Freiburg promoviert. Danach beschäftigte er sich als Postdoc an der Universität Lüneburg mit der Simulation des Verhaltens von Veteri närantibiotika in Böden. In Forschung und Lehre sind seine Schwerpunkte die Analyse und Modellierung des reaktiven Transports von Chemikalien in aquatischen Systemen. Prof. Dr. Brigitte Halbfas | Wirtschaftswissenschaften Dr. Brigitte Halbfas ist seit Januar Professorin für Entrepreneurship Education. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftspädagogik sowie der spanischen Sprache an den Universitäten zu Köln und Sevilla promovierte sie an der Universität Wuppertal. Als stellvertretende Geschäftsführerin des Instituts für Gründungs- und Innovationsforschung war sie dort bis Ende 2014 in Forschung und Leh re tätig. Neben der Leitung des Fachgebiets Entrepreneurship Education an der Universität Kassel ist sie leitende Direktorin des hochschulweiten Forschungs- und Lehrzentrums für unternehmerisches Denken und Handeln. Hier bringt sie ihre umfassende Erfahrung im Bereich der fakultätsübergreifenden, inno vativen Gründungsqualifizierung ein. Forschungsgebiete sind die Qualifizierung für unternehmerisches Denken und Handeln, Women Entrepreneurship sowie Entrepreneurship und Diversity. 26 Prof. Dr. Hartmut Hetzler | Maschinenbau Dr. Hartmut Hetzler hat zum Wintersemester 2014 die Professur „Technische Dynamik“ am Institut für Mechanik übernommen. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der Universität Karlsruhe hat er 2008 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Bereich Technische Mechanik zum Thema reibungs erregte Schwingungen promoviert. Im Rahmen einer Kooperation zwischen der Robert Bosch GmbH und dem KIT hatte er von 2008 bis 2012 die Shared KIT Industry Fellowship „Nichtlineare Struktur dynamik“ inne und leitete dort eine verteilte Arbeitsgruppe. Zuletzt war er Akademischer Rat am Institut für Technische Mechanik des KIT. Seine Interessen in Forschung und Lehre gelten insbesondere der Modellierung und Analyse mechanischer Systeme mit multi-physikalischen Wechselwirkungen, wobei ein Schwerpunkt auf dem nichtlinearen Schwingungsverhalten sowie dem Stabilitäts- und Verzweigungs verhalten von Maschinen und Rotorsystemen liegt. Prof. Dr. Gerrit Hornung | Wirtschaftswissenschaften Dr. Gerrit Hornung ist Professor für Öffentliches Recht, IT-Recht und Umweltrecht. Er studierte Rechts wissenschaften und Philosophie an den Universitäten Freiburg und Edinburgh und promovierte 2005 an der Universität Kassel über Rechtsfragen von Chipkartenausweisen. Nach dem Referendariat am Hanse atischen Oberlandesgericht war er von 2006 bis 2011 Geschäftsführer der Projektgruppe verfassungsver trägliche Technikgestaltung und habilitierte sich dort 2013 mit der Arbeit „Grundrechtsinnovationen“. 2011 bis 2015 war er Professor für Öffentliches Recht, IT-Recht und Rechtsinformatik an der Universität Passau und Sprecher des interfakultären Instituts für IT-Sicherheit und Sicherheitsrecht. Zu seinen For schungsgebieten gehören das IT-Recht aus öffentlich-rechtlicher Perspektive (insbesondere Grundrechte, Electronic Government, Datenschutzrecht, IT-Sicherheitsrecht) sowie die rechtswissenschaftliche Inno vationstheorie. 27 publik 03 / 15 | Menschen Neue Professorinnen und Professoren Willkommen an der Uni Kassel! Prof. Dr. Ulrike Tikvah Kissmann | Humanwissenschaften Prof. Dr. Anke Ortlepp | Gesellschaftswissenschaften Dr. Ulrike Tikvah Kissmann hat die Professur für sozialwissnschaftliche Methodologie qualitativ-rekon struktiver Forschung angetreten. Die Schwerpunkte ihrer Forschungsarbeiten liegen in der Theorie von Visualität, der Methodologie und Methode der Video-Interaktionsanalyse und in dem Strukturwandel von Arbeit im Krankenhaus. Nach einem Doppelstudium in Physik und Philosophie an der Technischen Universität Berlin und einem Aufbaustudium in Wissenschafts- und Technikforschung an der University of Edinburgh hat sie an der Universität Kassel im Bereich der Biographieforschung promoviert. Die Venia Legendi in Soziologie erlangte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Habilitationsschrift „Die Sozialität des Visuellen: Fundierung der hermeneutischen Videoanalyse und materiale Untersuchungen“. Sie leitete eine DFG-Nachwuchsgruppe und lehrte als Vertretungsprofessorin an der Katholischen Uni versität Eichstätt-Ingolstadt. Dr. Anke Ortlepp ist bereits seit 2014 Professorin für die Geschichte Großbritanniens und Nordameri kas. Nach dem Studium der Amerikanischen Geschichte und Amerikanistik an der Universität zu Köln und der Harvard University promovierte sie 2000 an der Universität zu Köln zu einem Thema aus der amerikanischen Frauengeschichte. Danach war sie als Postdoktorandin an der Universität Bonn und dem Deutschen Historischen Institut in Washington, D.C. tätig, dessen kommissarische Leitung sie zeitweilig übernahm. Auf die Habilitation folgte der Ruf an das Amerika-Institut der LMU München, wo sie von 2010 bis 2014 die Professur für Amerikanische Kulturgeschichte innehatte. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der amerikanischen Frauen- und Geschlechtergeschichte, der Reise- und Tourismusgeschichte und der Geschichte des amerikanischen Rassismus. red Prof. Dr. Barbara Koch | Humanwissenschaften Dr. Barbara Koch ist seit September Professorin für Schulpädagogik. Nach dem Studium der Erziehungs wissenschaft an der Universität Bielefeld leitete sie dort Modellversuche zur Schulentwicklung im Ar beitsfeld der Studien- und Berufsorientierung. Danach war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und aka demische Rätin in der Wissenschaftlichen Einrichtung Laborschule. In ihrer Promotion befasste sie sich mit der Frage, wie Innovationen in die Schule gelangen können. Als Postdoc vertrat sie die Professuren für empirische Schulforschung an der Universität Bielefeld und für Schulpädagogik an der Universität Lüneburg. Zuletzt arbeitete sie zum Praxissemester im Rahmen der Lehrerbildung an der Universität Bielefeld. Sie forscht und lehrt zur Schul- und Unterrichtsentwicklung im Kontext von Inklusion u.a. mit den Schwerpunkten Didaktik, Berufsorientierung und Transfer. Ein hochschuldidaktischer Schwerpunkt liegt beim Forschenden Lernen. Prof. Dr. Arno Müller | Mathematik und Naturwissenschaften Dr. Arno Müller hat zum Wintersemester 2015 die Professur für Entwicklungsgenetik am Institut für Biologie übernommen. Er studierte Biologie an der Friedrich-Wilhelms Universität Bonn, arbeitete von 1990-1994 am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie und promovierte 1992 an der EberhardKarls Universität Tübingen. 1994 hat er am Department of Molecular Biology der Princeton University Forschungsarbeiten im Rahmen eines Postdoktorandenstipendiums der DFG durchgeführt. 1997 ging er als wissenschaftlicher Assistent und später als Hochschuldozent an das Institut für Genetik der HeinrichHeine Universität Düsseldorf und habilitierte sich dort 2001 im Fach Genetik. Mit einem Senior Research Fellowship des Medical Research Councils verlegte er 2006 seine Forschungsarbeiten an das College of Life Sciences der University of Dundee. Ein Forschungsschwerpunkt ist die zelluläre Signalvermittlung in der Embryonalentwicklung. 28 Anzeige Leben retten ist unser Dauerauftrag: 365 Tage im Jahr, 24 Stunden täglich, weltweit. Um in Kriegsgebieten oder nach Naturkatastrophen schnell und effektiv handeln zu können, brauchen wir Ihre Hilfe. Unterstützen Sie uns langfristig: Werden Sie Dauerspender. www.aerzte-ohne-grenzen.de/dauerspende Spendenkonto • Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE72 3702 0500 0009 7097 00 • BIC: BFSWDE33XXX Südsudan +++ Flüchtlingslager Batil +++ Gandhi Pant (47) +++ Krankenpfleger aus Australien +++ 2. Mission +++ 300 Patienten pro Tag +++ © Nichole Sobecki 29 » App zum Was mich antreibt Kasseler Promovierende und ihre Themen Manuel Raabe (29), Das Böse und die Gottesfrage in der Rock- und Metal-Musik „Ich habe katholische Theologie und Geschichte auf Lehramt hier in Kassel studiert. Und das habe ich gern gemacht, denn die Uni Kassel ist hervorragend in der Lehrerausbildung. Momentan bin ich Promotionsstipendiat im Studien kolleg der sdw (Stiftung der Deutschen Wirtschaft). Mein Promotionsthema entstand in einem längeren Prozess. Im Studium habe ich mich viel mit der Theodizeefrage beschäftigt, also stark vereinfacht: ‚Wie können wir an einen guten Gott glauben, wenn es gleichzei tig so viel unschuldiges Leid in der Welt gibt?‘ Den Anstoß für mein Projekt gab aber ein Theologieseminar, das sich unter anderem mit Satanismus beschäftigte. In der Literatur dazu gab es gegenüber der Metal-Musik die krudesten Vorwür fe. Also begann ich, aktuellere Literatur zu lesen und nach und nach fielen mir theologische und besonders theodizee tragende Parallelen in der Lyrik einschlä gig bekannter Metalbands auf, die ich persönlich auch sehr gern höre. Ich habe dann meiner Chefin, Frau Prof. Johanna Rahner, vorgeschlagen, diese Parallelen zu erforschen, und sie war einverstan den. Meine Arbeit trägt den vorläufigen Titel ‚God hates us all? But maybe there’s hope in hell‘. Klingt natürlich cool, aber der Untertitel verrät mehr, denn es geht um ‚das Böse und die Gottesfrage in der Rock- und Metal-Musik‘. Meine Beob achtung ist, dass in den Texten – z. B. der Band Motörhead – sehr oft Gott ver misst wird. Offenbar werten die Musiker den Teufel auf, weil sie von einem des interessierten Gott enttäuscht sind. Sie empfinden Gott als ungerecht und frei heitsraubend. Eine interessante Parallele, wie sie oft auch in Theodizeeversuchen vorkommt, die besonders Auschwitz ins Zentrum ihrer Reflektionen stellen. Vor allem hinsichtlich der Fragen: Hat Gott uns verlassen? Ist Gott böse?“ aufgezeichnet von Victoria Dröll 30 Ticketkauf! Hol dir die NVV-App! Mit der Möglichkeit zum mobilen Ticketkauf via Smartphone. Und natürlich mit allen wichtigen Informationen, da wo man sie braucht – unterwegs. QR-Code scannen und App downloaden. Falls kein QR-Code-Reader vorhanden, einfach in Ihrem App-Store herunterladen. Sparkassen-Finanzgruppe Alfons Scheitz, Geschäftsführer von Impuls Soziales Management GmbH & Co. KG und Kunde der Kasseler Sparkasse Tamara Kaspar, Studentin für Personalmanagement und Kundin der Kasseler Sparkasse Für alles, was ist, und für alles, was kommt! Erfolgreiche Menschen brauchen einen Partner, der mit ihnen mithält. Vor, während und auch nach dem Studium ist die Kasseler Sparkasse der richtige Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Finanzplanung. Qualifizierter Beweis: Alfons Scheitz, Geschäftsführer von Impuls Soziales Management GmbH & Co. KG. 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