Sonderdruck aus Heft 9/2015 vom 14.09.2015 · www.sap-port.de SAP BW auf SAP HANA Die Risiken beim Umstieg im Griff Quelle: Camelot ITLab Potenzielle Chancen und Risiken bei der BW-auf-HANA Einführung SAP BW auf SAP HANA (kurz BW-auf-HANA) vereint die Funktionen von SAP BW mit den Geschwindigkeitsvorteilen von SAP HANA. Im Vergleich zu einem klassischen SAP BW-System beschleunigt BW-auf-HANA unter anderem die Berichtsausführung. Kommen jedoch bei der BW-auf-HANA-Einführung strategische Überlegungen zu kurz und werden Optimierungspotenziale nicht ausgeschöpft, können auch Risiken entstehen. Von Dr. Matthias Merz* *Dr. Matthias Merz ist Head of Center of Excellence HANA bei Camelot ITLab. ie mit einer BW-auf-HANA-Einführung verbundenen Chancen und Risiken skizziert Abbildung 1. Ohne die Anpassung bestehender Konzepte, Strategien und Datenmodelle ergeben sich potenzielle Risiken in Zusammenhang mit der Beherrschbarkeit künftiger Datenmengen, der Konsistenz von Datenmodellen und nicht realisierten Optimierungspotenzialen. Demgegenüber lassen sich mit einem geeigneten Datenhaltungskonzept, dem Anpassen von Strategien und Leitlinien an BWauf-HANA sowie mit dem Optimieren bestehender Datenmodelle neue Chancen nutzen und zeitgleich die potenziellen Risiken minimieren. D Das Datenhaltungskonzept Bereits vor der Einführung von BW-aufHANA ist es sinnvoll, ein individuelles und langfristiges Datenhaltungskonzept zu erarbeiten. Zwar werden die Datenbestände in SAP HANA stark komprimiert, wodurch das Datenvolumen zunächst sinkt. Dennoch muss auch das Datenwachstum der nächsten Jahre im Auge behalten werden. Schließlich ist der limitierende Faktor zur effektiven Nutzung der In-Memory-Technik der verfügbare Hauptspeicher. Hier kann beispielsweise ein Near Line Storage (NLS) helfen, die steigenden Datenmengen langfristig zu beherrschen. Die Daten, die seltener für Auswertungen benötigt werden, können dann in das kostengünstigere NLS verschoben werden. Der Online-Zugriff auf die archivierten Daten bleibt dabei erhalten. So ist ein Reporting auf Basis archivierter Daten jederzeit möglich, ohne dass Daten zuvor in das BW zurückgeladen werden müssen. Lediglich die Zugriffszeit erhöht sich in diesem Fall. Da jedoch nur selten genutzte Daten archiviert werden, sind höhere Zugriffszeiten hier meist vertretbar. Mit dem passenden Datenhaltungskonzept, das eine regelmäßige Archivierung von Daten berücksichtigt, kann auch langfristig auf die wachsenden Datenmengen flexibel reagiert werden. Zudem lassen sich mit dem Einsatz eines NLS idealerweise sogar Kosten sparen, etwa dann, wenn damit eine teure Scale-Out-Lösung vermieden werden kann. Strategien und Leitlinien Auch die Strategien und Leitlinien werden nicht immer an die neuen HANA-spezifischen Gegebenheiten angepasst. Dabei erschließen sich die vollen Potenziale von BW-auf-HANA erst durch Nutzung neuer Funktionen. Diese setzen meist den Einsatz der neuen BW-Modellierungsobjekte voraus: 䡲 SAP HANA CompositeProvider (HCPR): Mit diesem Modellierungsobjekt können die Daten anderer InfoProvider besonders performant über JOIN- und UNION-Operationen zusammengeführt werden. 䡲 Open ODS View: Ermöglicht den Zugriff auf Daten externer Systeme, so dass eine zusätz-liche Datenablage im BW nicht erforderlich ist. 䡲 Advanced DataStore-Object (ADSO): Das ADSO soll zum zentralen Modellierungsobjekt im BW werden und sämtliche InfoProvider mit eigenständiger Datenhaltung ablösen. Ein ADSO kann wahlweise aus Feldern oder InfoObjekten aufgebaut sein. Im Vergleich zu klassischen DSOs weist es schnellere Aktivierungs- und Ladezeiten auf. Bevor mögliche Strategien im Umgang mit den neuen BW-Modellierungsobjekten zur Sprache kommen, soll zunächst deren Verwendung erläutert werden. Abbildung 2 basiert auf einer Vorlage von SAP (http://scn.sap.com/docs/DOC63681, Seite 15) und wurde geringfügig erweitert. Sie stellt den heute verwendeten InfoProvidern das jeweils neue, korrespondierende BW-Modellierungsobjekt gegenüber. Demnach soll der HCPR den klassischen CompositeProvider (COPR), den MultiProvider, das InfoSet sowie den TransientProvider ablösen. Der Open ODS View wird den VirtualProvider ersetzen. Keine Veränderungen sind derzeit beim Einsatz von InfoObjekten vorgesehen. Alle weiteren InfoProvider mit eigenständiger Datenhaltung, wie In- foCubes oder DSOs, sollen mittel- bis langfristig vom ADSO abgelöst werden. Übergangsweise können InfoCubes aber auch in SAP HANA optimierte InfoCubes konvertiert werden, um direkt von den schnelleren Lade- und Reporting-Zeiten zu profitieren. Ein Muss: Richtlinien für Entwickler Die neuen BW-Modellierungsobjekte beschleunigen Berechnen und Ausführen von BW-Queries, bieten eine höhere Flexibilität bei der Datenhaltung und verkürzen die Zeiten der Datenladeprozesse. Entsprechend groß ist der Reiz für BW-Entwickler, diese Objekte sofort in den laufenden Projekten einzusetzen. Um zu verhindern, dass die klassisch verwendeten InfoProvider und die neuen Modellierungsobjekte quasi zufällig nach den persönlichen Vorlieben einzelner Personen eingesetzt werden, müssen auch die Entwicklerrichtlinien an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Nur so lässt sich verhindern, dass es zu Inkonsistenzen („Wildwuchs“) in den Datenmodellen kommt. Andernfalls könnte dies die Wartung und Erweiterung von BW-Applikationen mittel- bis langfristig erschweren, wodurch entsprechend die Aufwände und folglich auch die Kosten steigen. Eine mögliche Strategie ist, bei Anpassungen bestehender BW-Modelle ausschließlich klassische BW-Objekte zu verwenden. Schließlich sind die Datenflüsse meist über Jahre gewachsen und die etablierten Datenbeladungsvorgänge laufen stabil. Modifikationen können ohne die neuen BW-Modellierungsobjekte dann in der Regel effizienter durchgeführt werden und führen nicht zu potenziellen neuen Problemen. Anders sieht es jedoch beim Aufbau neuer BW-Applikationen aus. Hier sollte generell entschieden werden, ob und wann die neuen Modellierungsobjekte zum Einsatz kommen. Diese Entscheidung ist individuell zu fällen und sollte erst nach sorgfältiger Prüfung erfolgen. Dabei ist etwa zu berücksichtigen, dass ein Teil der neuen Objekte nur mit Hilfe der BW-Modelling-Tools in Eclipse bearbeitet werden können. Diese Tools müssen dann allen erforderlichen Mitarbeitern zur Verfügung stehen und das notwendige Know-how muss aufgebaut sein. Zudem sind aktuell auch Restriktionen zu berücksichtigen, beispielsweise dass ein ADSO derzeit weder für Planungszwecke eingesetzt noch in semantisch partitionierten Objekten (SPOs) genutzt werden kann. Je nach Fall kann es daher durchaus sinnvoll sein, mit dem Einsatz der neuen Modellierungsobjekte noch eine gewisse Zeit zu warten. Dennoch können Unternehmen auch in diesem Fall von den wesentlichen Vorzügen von BW-auf-HANA profitieren. Dann sind jedoch Anpassungen an den bestehenden Datenmodellen erforderlich, die im folgenden Abschnitt aufgezeigt werden. Existierende Datenmodelle In der Praxis werden nach Einführung von BW-auf-HANA häufig keine Optimierungen an existierenden Datenmodellen durchgeführt – zu kostspielig erscheinen manchem Verantwortlichen solche Maßnahmen. Dass sich im Gegenzug die Total Cost of Ownership (TCO) reduzieren lassen, wenn etwa das Datenvolumen sinkt, weniger InfoProvider gewartet werden müssen oder sich Ladezeiten verkürzen, findet nur gelegentlich Beachtung. Das Optimierungspotenzial bei der Datenmodellierung ergibt sich aus den neuen Leistungseigenschaften von BW-aufHANA. So werden beispielsweise BWQueries, die auf DSOs basieren, unter BW-auf-HANA genauso schnell ausgeführt wie diejenigen, die auf InfoCubes aufsetzen. Aus Performancegründen gibt es daher keine Veranlassung mehr, Daten in einen InfoCube fortzuschreiben. Werden Daten im bestehenden Datenmodell unverändert von einem DSO in einen InfoCube übertragen, kann dieser in der Regel eliminiert werden. Hierdurch reduzieren sich die Beladungszeiten und das Datenvolumen sinkt. Ist das Entfernen von InfoCubes nicht überall möglich, bietet es sich an, die verbleibenden InfoCubes in SAP HANA optimierte InfoCubes zu konvertieren. Dies sollte zwar zunächst im Entwicklungssystem getestet werden, verursacht aber im Allgemeinen keine größeren Schwierigkeiten. So können Anwender auch ohne den Einsatz von ADSOs von den schnelleren Lade- und ReportingZeiten profitieren. Dies ist insofern hervorzuheben, weil derzeit noch Migrationswerkzeuge zur Konvertierung zusammenhängender Datenmodelle fehlen (vgl. http://scn.sap.com/docs/DOC-64718). Frühe Diskussion, verbindliches Festschreiben Weiter lohnt sich auch der Blick auf Transformationen. Werden hier bestimmte Regeln eingehalten, kann der Lade- Quelle: Camelot ITLab Ablösung klassischer InfoProvider durch neue BW-Modellierungsobjekte vorgang zur Beschleunigung mittels CodePushdown in die SAP HANA-Datenbank verlagert werden. Daher kann es ratsam sein, besonders performance-kritische Ladevorgänge zu analysieren und die Transformationen so anzupassen, dass im DTP die SAP HANA-Ausführung aktiviert werden kann. Ganz gleich, welches Datenhaltungskonzept Unternehmen erarbeiten, welche strategischen Entscheidungen sie treffen und ob oder wie sie bestehende Datenmodelle optimieren – wichtig ist, dass die erläuterten Fragen frühzeitig diskutiert und Ergebnisse verbindlich festgeschrieben werden. Nur so können Verantwortliche die künftige Ausrichtung ihres BW-Systems gezielt lenken, die potenziellen Risiken minimieren und gleichzeitig die Chancen optimal nutzen. In absehbarer Zeit werden sich die Unternehmen ohnehin noch intensiver mit sol- chen Themen beschäftigen dürfen. Denn SAP hat für künftige BW-Versionen einen speziellen Modus „BW run simple mode“ angekündigt (http://scn.sap.com/docs/ DOC-63681, Seite 36), in dem sich ausschließlich die neuen Modellierungsobjekte nutzen lassen. Dann rücken die Fragen in den Mittelpunkt, ob, wie und wann bestehende Datenmodelle auf die neuen Modellierungsobjekte überführt werden sollen. (ur) @
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