Drucksache 6/5312 - Landtag Mecklenburg Vorpommern

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/5312
06.04.2016
ANTRAG
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Preissprünge beim Mensa-Essen verhindern - Auskömmliche Finanzierung der
Studierendenwerke sicherstellen
Der Landtag möge beschließen:
I.
Der Landtag stellt fest, dass die Bereitstellung einer preiswerten und qualitätsvollen
Mittagsverpflegung für Studierende eine wichtige soziale Aufgabe der Studierendenwerke ist. Die Mensaversorgung ist ein Instrument, um die nach wie vor erheblichen
sozialen Hürden bei der Aufnahme und Absolvierung eines Studiums abzumildern.
II. Der Landtag kritisiert, dass die Landesförderung der Mensaverpflegung trotz steigender
Betriebskosten seit 2010 nicht mehr erhöht wurde und damit in naher Zukunft erhebliche
Steigerungen bei den Essenspreisen drohen. Ferner kritisiert der Landtag, dass durch die
stagnierende Landesförderung zusätzliche Hürden geschaffen werden, die Mensaverpflegung verstärkt auf regionale und nachhaltige Produkte umzustellen.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, Maßnahmen zur Verhinderung der
Preisanstiege zu ergreifen. Dabei sollen insbesondere folgende Vorgaben umgesetzt
werden:
1. Die Landeszuschüsse für die Essenversorgung der Studierendenwerke sind jährlich zu
dynamisieren. Die Dynamisierungsquote soll jeweils aus der durchschnittlichen
Kostensteigerung der vergangenen drei Jahre ermittelt werden.
2. Die somit ermittelten Dynamisierungsbeträge sind seit 2010 nachzuzahlen, soweit dies
zur Abwendung von Preissteigerungen notwendig ist.
3. Gemeinsam mit den Studierendenwerken sollen im Rahmen der Dynamisierung der
Landesförderung Maßnahmen ergriffen werden, die die Mensaverpflegung verstärkt
auf regionale und nachhaltige Produkte umstellt.
Drucksache 6/5312
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
IV. Der Landtag bekennt sich ausdrücklich dazu, dass auch die Essensversorgung für das
Personal der Hochschulen eine wichtige Aufgabe der Studierendenwerke darstellt. Der
Landtag bringt seine Sorge zum Ausdruck, dass einzelne Finanzämter - zum Beispiel in
der Hansestadt Rostock - seit Neuestem statt des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von
sieben Prozent die Berechnung des 19-prozentigen Steuersatzes für Personalessen verlangen und die Personalversorgung als eigenständigen Wirtschaftsbereich auffassen. Eine
solche Veranlagung gefährdet die Gesamtkalkulation der Studierendenwerke für die
Essensversorgung.
V. Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf, sich auf Bundesebene für eine
rechtliche Klarstellung und die Beibehaltung des ermäßigten Steuersatzes einzusetzen.
Jürgen Suhr, Johannes Saalfeld und Fraktion
Begründung:
Zu Ziffern I bis III
Die Leistungen der Studierendenwerke, zu denen auch die Essenversorgung gehört, werden
im Wesentlichen durch drei Säulen finanziert: Semesterbeiträge der Studierenden, Zuschüsse
des Landes sowie Verkaufserlöse oder Nutzungsentgelte. Während die Semesterbeiträge der
Studierenden kontinuierlich steigen, hat das Land seine Zuschüsse für die Essensversorgung
seit Jahren eingefroren. Die Kostensteigerungen der letzten Jahre können die Studierendenwerke inzwischen jedoch nicht mehr ohne einschneidende Maßnahmen ausgleichen. Allein
das Studierendenwerk in Rostock verzeichnet für die Essensversorgung eine Finanzierungslücke von mehreren Hunderttausend Euro. Damit drohen enorme Erhöhungen der Essenspreise bzw. der Semesterbeiträge - oder die Schließung von Einrichtungen und andere
Einschnitte. Alle Varianten schaden der Attraktivität des Hochschulstandortes MecklenburgVorpommern. Angesichts zuletzt sinkender Studienanfängerzahlen muss das Land aus Sicht
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dagegen ein großes Interesse daran haben,
angehenden Akademikerinnen und Akademikern gute Studien- und Lebensbedingungen
anzubieten. Die Essensversorgung ist auch unter sozialen Aspekten ein wichtiger Baustein,
um Studierenden und Mitarbeitenden eine kostengünstige Verpflegungsmöglichkeit zu bieten.
Bereits jetzt bieten beide Studierendenwerke sogenannte 'Freitischkarten' an, um finanziell
benachteiligten Studierenden die Möglichkeit zu bieten, das Verpflegungsangebot zu nutzen.
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Drucksache 6/5312
Aus diesem Grund ist das Land aufgefordert, durch eine Dynamisierung der Zuschüsse seinen
Beitrag für stabile Essenspreise zu leisten. Die entstandenen Finanzlücken können jedoch
nicht allein durch künftige Beteiligungen an Kostensteigerungen ausgeglichen werden. Daher
wird die Landesregierung aufgefordert, die Dynamisierung rückwirkend ab 2010 zu zahlen.
Die Nachzahlung soll aber nur in dem Maße erfolgen, das zur Deckung der durch allgemeine
Kostensteigerungen entstandenen Finanzierungslücken noch erforderlich ist. Ebenso könnte
durch die Dynamisierung der Zuschüsse verstärkt eine Umstellung auf eine regionale und
nachhaltige Mensaverpflegung erreicht werden. Das Land würde damit die Studierendenwerke befähigen, einen wichtigen ökologischen Beitrag zu leisten, und darüber hinaus stärkt
die Umstellung regionale Wirtschafts- und Versorgungskreisläufe.
Zu Ziffern IV bis V
Mehrere deutsche Finanzämter, darunter das Finanzamt Rostock, vertreten neuerdings den
Standpunkt, dass für die Essensversorgung von Hochschulbediensteten durch die Studierendenwerke der volle Umsatzsteuersatz von 19 Prozent zu berechnen und an das Finanzamt
abzuführen ist.
Das Studierendenwerk in Rostock musste daher im Februar die Preise für das Personalessen
um zwölf Prozent anheben. Zugleich drohen Nachzahlungen sowie die Erhebung von
Körperschafts- und Gewerbesteuer, weil die Personalversorgung durch diese Finanzämter
nunmehr als eigenständiger Betriebsteil aufgefasst wird. Die Personalversorgung trägt jedoch
einen wichtigen Anteil zur Finanzierung der Infrastruktur für die Essensversorgung und der
Beschäftigten bei. Eine getrennte Veranlagung würde die bisherigen Kalkulationsmodelle der
Studierendenwerke grundsätzlich gefährden. Sie steht auch im Widerspruch zu den
Anwendungserlassen für Studierendenwerke zum Umsatzsteuergesetz. Das Verhalten der
Finanzämter ist jedoch Ausdruck einer mehrjährigen und zum Teil widersprüchlichen Debatte
zur Umsatzbesteuerung von Mensen auf Bundesebene. Darum ist es dringend notwendig,
gemeinsam mit dem Bund eine Einigung im Sinne der Studierendenwerke und damit der
Studierenden und des Hochschulpersonals zu erzielen.
Im Anbetracht genereller Preissteigerungen im Zuge der fehlenden Dynamisierung der
Landesförderung kann sich das Preisangebot der Studierendenwerke für die Personalversorgung derart verschlechtern, dass eine verstärkte Ausweichmöglichkeiten der Essensversorgung an den Hochschulstandorten einsetzt. Reagiert die Landesregierung hier nicht
entsprechend, drohen weitere finanzielle Einbußen im Bereich Verpflegen bei den Studierendenwerken im Land.
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