Ein Drittel der Flüchtlingskinder ist psychisch krank

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Gesundheit
1. September 2015, 14:15 Studie über syrische Flüchtlinge
Ein Drittel der Flüchtlingskinder ist
psychisch krank
◾ Münchner Mediziner haben den Gesundheitszustand von syrischen
Flüchtlingskindern untersucht. Ein Drittel litt an seelischen Krankheiten, vor allem
an Postraumatischen Belastungsstörungen.
◾ Mehr als 80 Prozent haben körperliche Krankheiten, die meisten von ihnen
Zahnprobleme.
◾ Die Ärzte warnen, dass eine schlechte Versorgung die Kinder weiter gefährde.
Von Berit Uhlmann
Sie waren tagelang zum Meer gelaufen, hatten in überfüllten Flüchtlingsbooten
ausgeharrt, mussten sich in Lastwagen zwischen Kisten verstecken. Sie durften nicht
schreien, egal wie viel Angst sie hatten, egal wie krank sie sich fühlten, egal wie übel
ihnen war. Dutzendfach hörten Ärzte diese Schicksale, als sie 100 syrische
Flüchtlingskinder unmittelbar nach ihrer Ankunft in München befragten. Im Schnitt
zehn Monate lang waren die jungen Menschen unterwegs gewesen, eine Zeit, die
Spuren in ihrer Seele hinterließ.
Bei 22 Prozent diagnostizierten Mediziner der Technischen Universität München eine
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Konzentrationsprobleme,
Verhaltensauffälligkeiten, Schlafschwierigkeiten und Einnässen sind typische
Symptome bei Kindern. Weitere 16 Prozent erfüllten die Kriterien einer
Anpassungsstörung, die die Ärzte als Vorstufe für die PTBS betrachten.
Diese Zahlen mögen im Vergleich zum Erlebten auf den ersten Blick niedrig wirken,
optimistisch bewertet Studienautor Volker Mall die Daten jedoch nicht. Viele der
Kinder haben ein hohes Risiko, später noch ein seelisches Leiden zu entwickeln. Die
bereits Erkrankten sind in Gefahr, dass ihre PTBS chronisch wird, sagt der
Sozialpädiater. Denn es ist eben nicht so, dass nach der Flucht nach Deutschland die
Probleme zwangsläufig vorbei wären. Fast 60 Prozent der Kinder berichteten von
Gefühlen der Isolation nach ihrer Ankunft in der Bundesrepublik. 25 Prozent erlebten
Diskriminierung. "Solche Erfahrungen können zu einer Retraumatisierung führen",
warnt Mall.
Vieles könnte man tun, um zu vermeiden, dass die kindlichen Seelen noch mehr
leiden. Eine "Willkommenskultur" kann nach Malls Worten "präventiv" wirken,
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02.09.2015
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ebenso wie Kurzinterventionen für gefährdete Kinder und eine gesonderte
Unterbringung von Familien. Doch viele deutsche Aufnahmeeinrichtungen sind in
diesem Sommer weit davon entfernt, eine solche Versorgung zu gewährleisten,
zumal die Kinder auch körperliche Leiden haben. Insgesamt 82 Prozent leiden an
einer behandlungsbedürftigen somatischen Krankheit - die meisten von ihnen an
Karies; auch Atemwegserkrankungen kommen häufig vor. 41 Prozent sind nicht
ausreichend geimpft.
Mall fordert, das Augenmerk viel stärker auf die Kinder zu legen. Immerhin ein
Drittel aller Flüchtlinge sind minderjährig. Von der Aufmerksamkeit für die
Heranwachsenden können auch deren Angehörige profitieren. Denn auch das hat die
Studie ergeben: Die meisten Familien verlassen ihr Heimatland, weil sie ihren
Kindern eine Zukunft ermöglichen wollen.
Für die Studie wurden 100 syrische Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren untersucht. Sie
wurde am Dienstag im Vorfeld des Kinder- und Jugendärztekongresse präsentiert,
der von Mittwoch bis Samstag in München stattfindet.
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