151105 - Spitäler Schaffhausen

DONNERSTAG, 5. NOVEMBER 2015
Region 17
Kantonsgericht Vom Handtaschen-Raubversuch über Todesdrohungen bis zu Schwarzfahrerei
3 Fragen an:
«Es ist einfach alles schiefgelaufen»
32 Monate Freiheitsentzug
für zahlreiche Delikte:
Das ist die Quittung für
einen Mann, der sein Leben
nicht in den Griff bekommt.
VON MARTIN EDLIN
Zugeben tat er nur das, was ihm nachzuweisen war. Bei allem anderen war
es gar nicht so oder wenigstens nicht
ganz so, wie es die Anklageschrift auflistete. Und die war lang. Da hatte er,
wie es ihm Staatsanwalt Maurus Meier
vorhielt, einer älteren Dame, die mit
einer Freundin in einem Bushäuschen
wartete, die Handtasche zu entreissen
versucht, was nur deshalb nicht gelang, weil das Opfer nicht losliess, obwohl es von der Sitzbank stürzte und
über den Boden geschleift wurde. Oder
er drohte seiner eigenen Mutter, «sie
zu zerstückeln und in einem Sack zurück in die Türkei zu schicken», wenn
sie ihm kein Geld gebe. Auch hier kein
Erfolg und deshalb versuchte Erpressung. Im Sozialamt stellte er in Aussicht, den für ihn zuständigen Sachbearbeiter, der nicht mit ihm sprechen
wollte, auf der Strasse zu attackieren
und seine Kinder zu töten. Oder er
brach den Spind eines Kollegen in der
Garderobe des Arbeitgebers auf, angeblich nur, um nach einer Adresse zu
suchen, doch nahm er T-Shirts und
zwei Arbeitshosen mit. Apropos Hosen: Eine liess er in einem hiesigen Warenhaus mitlaufen. An der Wohnung
einer Bekannten («Ich wollte mit ihr
nur über ihren Freund reden, der mir
Geld schuldete») hinterliess er Einbruchsspuren, um dann noch eine halb
volle Bierdose in ihr Auto zu werfen.
Weiter wurde er an nur sechs Tagen
dreizehn Mal erwischt, als er ohne Billett mit der Bahn quer durch die
Schweiz reiste. Viermal passierte Gleiches in Bussen der städtischen Verkehrsbetriebe. Dass er noch zweimal
mit 0,1 Gramm Marihuana in eine Polizeikontrolle geriet, wäre eine Randno-
tiz, wenn sie nicht Indiz für sein Problem mit Hasch und auch Alkohol wäre.
Gefängnis, aber auch Therapie
Aber eben: Der 31-Jährige, der 2005
in die Schweiz gekommen war und als
anerkannter Flüchtling in Schaffhausen lebt, ohne Berufsausbildung, sich
mit Gelegenheitsjobs durchschlagend
oder Sozialhilfe beziehend, sah das
­alles etwas anders. Zum Beispiel: Mutter und Schwester würden die Drohungen nur behaupten, weil sie ihn im Gefängnis sehen möchten. Und so kommt
es auch: Das Kantonsgericht unter Vorsitz von Werner Oechslin und mit Eva
Bengtsson und Manuela Hardmeier als
Mitrichterinnen ordnete eine stationäre psychotherapeutische Massnahme in einer dafür geeigneten Justizvollzugsanstalt an, damit die von
einem Gutachter diagnostizierte «emotionale Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus» behandelt werden
kann. Ohne Therapie bestehe hohe
Rückfallgefahr. Damit wird die Gefängnisstrafe von 32 Monaten abzüglich
388 Tage Untersuchungshaft plus eine
Busse von tausend Franken aufgeschoben, ebenso der Widerruf einer bedingt
ausgesprochenen Geldvorstrafe sowie
eine in diesem Zusammenhang gefällte
Zusatzstrafe. Die stationäre Massnahme hatten sowohl der Staatsanwalt
wie auchder amtliche Verteidiger,
Rechtsanwalt Dieter Schilling, gefordert, Letzterer aber lediglich 26 Monate
Freiheitsentzug.
Urteil als Hoffnungsschimmer
Der Verurteilte, der von zwei Polizisten in Handschellen in den Gerichtssaal und dann ins Gefängnis zurückgeführt wurde, hatte, zu einem der Delikte befragt, mit «alles ist schiefgelaufen» geantwortet. Das gilt wohl für sein
ganzes bisheriges Leben. Der Psychotherapie sieht er deshalb positiv entgegen. Und dass seine Mutter und
seine Geschwister, die dem Prozess beiwohnten, sich nun wieder zu ihm stellen, mag ein Hoffnungsschimmer sein,
dass künftig weniger oder gar nichts
mehr schiefläuft.
Alte Tafeln erstrahlen in neuem Glanz
Die Schaffhauser Grenz-
tafeln sollen restauriert
werden. ­Zuletzt wurde
dies vor 20 Jahren gemacht.
Jetzt wurde Urs Wehrli
damit ­betraut.
VON MAXIMILIAN WIGGENHAUSER
BARGEN Der gebürtige Schaffhauser
l­ eitet schon seit 34 Jahren sein eigenes
Malerunternehmen. Doch dieses Jahr
bekam Urs Wehrli vom Tiefbauamt
Schaffhausen einen Auftrag der besonderen Art, nämlich die Restaurierung
der Grenztafeln im Kanton Schaffhausen. Der Maler hatte schon zuvor mit
dem Tiefbauamt zusammengearbeitet,
daher stellte er für diese Aufgabe die
erste Wahl dar. Es sei sehr wichtig,
dass bei dieser Art von Arbeit ein
Experte am Werk sei, betonte Herr
­
Müller, Vertreter des Tiefbauamtes.
Fünf verschiedene solcher Tafeln
befinden sich im Grenzgebiet von
Schaffhausen. Darunter finden sich drei
verschiedene Modelle, welche sich aber
­lediglich in ihrer Form unterscheiden.
Gebaut wurden sie alle 1879. Zwei ­davon
stehen in Bargen, zwei in Dörf­lingen
Neblig war es, als Urs Wehrli an der zweiten Tafel in Bargen arbeitete. Das Nach­
streichen der Farben gehört zu den Sanierungsarbeiten des Malers. Bild Selwyn Hoffmann
und eine in Schleitheim. Urs Wehrli soll
diese nun auffrischen. «Eine solche
Chance bekommt man nur einmal»,
merkt er an. Das Restaurieren dieser
Tafeln ist eine Geduldsarbeit, die viel
Zeit und Feinarbeit beansprucht. Bis zu
acht Stunden benötigt er durchschnittlich für eine solche ­
Renovation, also
einen ganzen Arbeitstag pro Tafel.
Dazu gehören das Entrosten, den Sockel sanieren, das Streichen, die Schrift
nachziehen sowie einen Schutzstrich
auftragen. Doch für ihn ist es eine
Freude, diese Arbeit zu verrichten.
Das Instandhalten dieser historischen Objekte ist Urs Wehrli eine
Herzens­angelegenheit. In seinen Augen
ist es wichtig, dass man sich um solche
Überbleibsel der regionalen Geschichte
kümmert und alte, kulturell bedeutsame
Dinge nicht verwahrlosen lässt. Zuletzt
Hand angelegt wurde bei diesen Grenztafeln vor 20 Jahren. Durch die Last der
Jahre stehen diese zum Teil schon etwas
krumm und gebückt am Strassenrand.
Die Säule einer ­Tafel, welche an einem
Strassengraben stehe, neige sich sogar
schon langsam in Richtung des besagten
Grabens. Doch das stört den Malerexperten nicht. Bei seiner Arbeit geht es
um ­Erhaltung, nicht um Korrektur. Und
schliesslich seien es ja das Alter und die
Geschichte um diese Grenztafeln, die
ihnen ihren Charme verliehen.
Mit Altersgebrechen leben lernen
Wir leben länger, doch
VON MARTIN EDLIN
Lebenserwartung 1900 noch 46,2 beziehungsweise bei den Frauen 48,9 Jahre,
stieg sie hundert Jahre später auf 80,3
respektive 84,7 Jahre. Waren es einst
häufig akute Krankheiten, die zum Tod
führten, ist es heute oft die Summe
chronischer Leiden (Multimorbidität),
die am Ende eines L
­ ebens stehen. Dadurch ergeben sich Einschränkungen,
die unter dem Begriff der Gebrechlichkeit das Selbstverständnis im Gestalten unseres Alltags ver­ändert.
José Ortega Y Gassets Einsicht, dass
«alt werden noch immer die einzige
Möglichkeit darstellt, länger zu leben»,
führt zu einer schmerzhaften Konsequenz: Mit dem Alter gehen auch
Krankheit, ­
Gebrechlichkeit und Abhängigkeit einher. Unabdingbar und
unumgänglich? Die Pflegeexpertin und
Pflegewissenschaftlerin Ursula Wiesli
formuliert es vorsichtig: Fakt ist, dass
wir immer älter werden; betrug die
Chronische Krankheiten nehmen zu
Ursula Wiesli war Referentin an
einer gut besuchten Informationsveranstaltung zum Thema «Alter und Gebrechlichkeit» am Dienstagabend im
Kantonsspital. Sie beschönigte nichts:
Das längere Leben, das wir verbesserter Hygiene, guter Ernährung und dem
medizinischen Fortschritt verdanken,
­
hat eine Kehrseite. Veränderungen in
der Umwelt und in der Lebensweise
damit nimmt auch die
Altersgebrechlichkeit zu.
Wir müssten sie in unser
Leben integrieren, sagt
Pflegeexpertin Ursula Wiesli.
­ aben die chronischen Krankheiten im
h
Alterungsprozess gefördert. Und diese
stellen nicht nur für Ärzte und Pflegende eine Herausforderung dar, sondern ebenso für die Betroffenen und
ihre ­Angehörigen. Es geht darum, «solche Erkrankungen und damit die Gebrechlichkeit ins eigene Leben zu integrieren».
Prioritäten setzen
Natürlich gibt es auch schützende
Faktoren gegen das Frailty-Syndrom,
wie der Fachbegriff für altersbedingte
gesundheitliche Hinfälligkeit lautet.
Dazu gehören ein gesundheitsförderndes Verhalten, Pflege der sozialen Ressourcen, auch die Bildung, die geistige
und die körperliche Aktivität oder die
Sinnerfüllung und das Streben nach
Wohlbefinden, welches das Setzen von
Prioritäten verlangt. Leichter gesagt
als getan, wenn das Frailty-Syndrom
sich mit hochgradig geschwundener
Reservekapazität, erhöhter Verletzlichkeit, Gewichtsverlust, muskulärer
Schwäche oder reduzierter Ganggeschwindigkeit manifestiert! Ursula
Wiesli präsentierte denn auch keine
Patentrezepte. Aber sie rät, sich zu fragen: «Was will ich?», und darauf gestützt ein vielleicht noch so minimal erscheinendes Ziel anzustreben. Hilfe
dazu ist nicht weit: Die Spitäler Schaffhausen warten mit einem breiten Angebot auf, das von der spezialisierten
Akutbehandlung über Rehabilitation,
Ernährungsberatung, Psychogeriatrie,
Langzeitpflege und Physiotherapie bis
zum Sozialdienst reicht.
Die zum Schluss nochmals gestellte
Frage, ob Krankheit und Gebrechlichkeit zum Alter(n) gehören, wird vom
Publikum wiederum mit unterschiedlich grossen Anteilen von Ja- und NeinStimmen beantwortet. Aber dem Ja
war etwas von seinem Schrecken genommen.
E Angelika Dreher, 37
Präsidentin Contempo-Verein
1
Der Contempo-Verein hatte
in vergangener Zeit mit einem
Mitgliederschwund zu kämpfen.
Wie sieht derzeit die Lage aus?
Das Contempo-Fest 2015 war ein
grosser Erfolg – und wir konnten
bereits einige neue Mitglieder gewinnen. Was die aktuellen Zahlen
betrifft, können wir erst im Frühjahr nach Eingang der Jahresbeiträge mehr Auskunft geben.
2
Wie sehen die neuen Projekte
des Contempo-Vereins aus?
Wir haben dieses Jahr mehrere Massnahmen ergriffen, um
den Contempo-Verein und damit
die Mitgliedschaft noch attraktiver zu machen. Dazu gehören die
Präsenz in der Kammgarn sowie
die Aufwertung des ContempoPreises.
3
Können Sie uns einen kleinen
Blick in die Zukunft gewähren?
Wie denken Sie, wird es mit
dem Contempo-Verein weitergehen?
Der Vorstand besteht aktuell aus
einem motivierten, vielseitigen
Team. Unsere Ziele sind definiert,
und wir werden nach einiger Zeit
auch erste Rückschlüsse ziehen
können. Dafür ist es aber jetzt
noch zu früh. Kulturförderung ist
ein wichtiger gesellschaftlicher
Aspekt, der Herzblut benötigt.
Wir freuen uns daher über jede
Unterstützung. (mwi)
Ausgehtipp
E Donnerstag, 5. November
Die Nachbarn von früher
Die Stadt Schaffhausen mit ihren
alten Gebäuden zeugt auf den ersten Blick von Geschichte. Manch
einer hat sich vielleicht schon gefragt, wie das Stadtleben früher
ausgesehen hat oder wer damals
auf den Strassen umherwandelte.
Erkenntnisse zu diesen Fragen
bringt heute Abend Kurt Bänteli
seinem Publikum näher, indem er
jahrelang gesammeltes Daten­
material präsentiert, dass einen
Einblick in die Bewohnerschaft
des Mittelalters und in deren
­Tätigkeit aufzeigt.
Anlass: «Stadt Schaffhausen
neu ­entdeckt»
Ort: Schaffhausen, Schneiderstube
Zeit: 18.15 Uhr
SMS-Umfrage
Frage der Woche:
Strukturreform:
Sollen die Gemeinden
aufgelöst werden?
So funktioniert es: SMS mit dem
Betreff SNFRAGE A für die Antwort Ja
oder SNFRAGE B für die Antwort Nein
an die Nummer 9889 schicken
(50 Rappen pro SMS).