Blatt 3 - Professur für Theoretische Informatik

Diskrete Modellierung
Wintersemester 2015/2016
Dipl.-Inf. Bert Besser
Mario Holldack
Prof. Dr. Georg Schnitger
Hannes Seiwert, M.Sc.
Institut für Informatik
AG Theoretische Informatik
Ausgabe: 29.10.15
Abgabe: 05.11.15
Übung 3
Aufgabe 3.1.
modellieru­1: Der Zwergenschatz
(7+2+4+4+8 = 25 Punkte)
Die Zwergenseherin Bhærtlan (Bh’èrtlân) hatte eine Vision, in der ihr die Bedeutung der geheimen
Runen ihrer Ahnen (¬, ∨, ∧, →, ↔ und ⊕) offenbart wurde. Somit war sie in der Lage, die Legende
einer uralten Karte zu entziffern, auf der der Weg zu einem unermesslichen Zwergenschatz eingezeichnet ist. Leider liegt der Schatz in einer Höhle weit unter dem mächtigen Berg Erebor und wird
von einem gefährlichen Drachen bewacht. Manchmal verlässt der Drache jedoch die Höhle, um Feuer
zu spucken, tapfere Krieger zu fressen und weitere Schätze zu rauben.
Bh’èrtlâns Übersetzung der uralten Karte ergab die folgenden Aussagen:
1. „Wenn der Drache in der Höhle liegt, dann wird der Schatz nicht erobert.“
2. Der Sage nach bringen feuerfeste Schilde Glück oder Gefahr. „Tragt ihr feuerfeste Schilde, so
gilt: Ihr erobert den Schatz oder der Drache liegt in der Höhle, aber auf keinen Fall wird beides
eintreten.“
3. „Der Schatz wird erobert oder der Drache liegt in der Höhle.“
a a) Übersetzen Sie die Aussagen 1 bis 3 in aussagenlogische Formeln ϕ1 , ϕ2 und ϕ3 . Benutzen Sie
dazu die aussagenlogischen Variablen D, F und S mit der Bedeutung, dass der Drache in der
Höhle liegt, Feuerfeste Schilde getragen werden und der Schatz erobert wird.
b b) Geben Sie eine aussagenlogische Formel ϕ an, die ausdrückt, dass die Aussagen 1 bis 3 gelten.
c c) Stellen Sie eine Wahrheitstafel für
folgende Vorlage:
D
..
.
ϕ auf. Benutzen Sie für die Kopfzeile der Wahrheitstafel
F
..
.
ϕ1
..
.
S
..
.
ϕ2
..
.
ϕ3
..
.
ϕ
..
.
d d) Geben Sie für Ihre Formel ϕ aus b) alle erfüllenden Belegungen B : {D, F, S} → {0, 1} an, für
die der Schatz erobert werden kann.
e e) gammli (Gammli) fragt: „Feuerfeste Schilde spielen doch überhaupt keine Rolle, oder?
Bhærtlan hat wohl zu lange am Hochofen geschnüffelt!“
Zeigen Sie, dass die Vermutung des Zwerges gammli richtig ist, indem Sie eine aussagenlogische
Formel ψ mit ψ ≡ ϕ und Var(ψ) ⊆ {D, S} angeben.
Bitte wenden!
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siehe http://www.maths.lth.se/~carl/allrunes/, Anglo-Frisian runes
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Aufgabe 3.2. Notation aussagenlogischer Formeln
(6+4+8+7 = 25 Punkte)
Oftmals stolpert man in der Literatur über eine aussagenlogische Formel, die in einer vereinfachten Notation angegeben wird, d.h. die Syntax der Formel entspricht nicht der in Kapitel 3.2 im
Skript definierten Syntax. Wenn eine vereinfachte Notation verwendet wird, dann muss natürlich
sichergestellt werden, dass die Bedeutung einer Formel „eindeutig“ ist – andernfalls ist die Formel
unbrauchbar.
In dieser Aufgabe erforschen wir, wie weit man bei der Vereinfachung der Notation gehen darf. Wir
nennen eine Zeichenkette ϕ
• eine Formel, wenn ϕ ∈ AL gilt, wobei AL wie in Kapitel 3.2 definiert ist.
• eine Fast-Formel, wenn alle Klammerungen von ϕ logisch äquivalent sind: Eine Klammerung k(ϕ) ist eine Formel, die aus ϕ erzeugt werden kann, indem zusätzliche Klammern (aber
keine Variablen, Junktoren, etc.) in ϕ eingesetzt werden.
• eine Nicht-Formel, wenn ϕ keine Formel und keine Fast-Formel ist.
Klassifizieren Sie die folgenden Zeichenketten jeweils als Formel, als Fast-Formel bzw. als NichtFormel. Geben Sie für jede Formel den Syntaxbaum an. Weisen Sie für jede Fast-Formel die Äquivalenz aller Klammerungen nach. Zeigen Sie auch für jede Nicht-Formel, dass Ihre Antwort korrekt
ist.
a) (V3 ∨ ((¬V1 ∨ V2 ) → (¬V2 ∧ V3 )))
c) V1 → V2 → V3
b) V1 V2
d) (V1 ∨ V2 ) ∧ (V1 ∨ V3 ) ∧ (V2 ∨ V3 )
Aufgabe 3.3. Rechnen mit Aussagenlogik
(10+15 = 25 Punkte)
a) Geben Sie für jede der folgenden aussagenlogischen Formeln ϕi an, ob sie
• allgemeingültig,
• unerfüllbar oder
• sowohl erfüllbar als auch falsifizierbar
ist. Geben Sie für jede Formel, die erfüllbar und falsifizierbar ist, sowohl eine erfüllende als
auch eine falsifizierende Belegung an. Andernfalls ist keine Begründung nötig.
i) ϕ1 := ¬X
iv) ϕ4 := (¬A ↔ B) ⊕ ¬(A ↔ B)
v) ϕ5 := A → (A → B) → (A → B)
ii) ϕ2 := (1 → P ) ∧ (P → 0)
iii) ϕ3 := (A → B) ∨ (B → A)
b) Bestimmen Sie für jede der folgenden aussagenlogischen Formeln ψi die Menge aller erfüllenden
Belegungen B mit Def(B) = Var(ψi ).
i) ψ1 := (1 ∧ B) ↔ (1 ∨ A)
iii) ψ3 :=
n
V
Vi → Vi+1 für n ∈ N>0
i=1
ii) ψ2 := X ↔ (Y ↔ (Z ↔ W ))
Bitte wenden!
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Aufgabe 3.4. Ein Ring, sie zu knechten
(4+4+5+7+5 = 25 Punkte)
In dieser Aufgabe arbeiten wir zuerst mit der Implikation.
a) Zeigen Sie, dass für die Formel ψ = (¬a ∨ b) mit Var(ψ) = {a, b} die Äquivalenz
ψ ≡ (a → b)
gilt.
b) Zeigen Sie, dass auch (¬b → ¬a) ≡ (a → b) gilt.
c) Zeigen Sie nun, dass für die Formeln
ϕ = (a → b) ∧ (¬b ∨ c) ∧ (¬d → ¬c) ∧ (¬d ∨ a)
ξ = (a → b) ∧ (b → c) ∧ (c → d) ∧ (d → a)
mit Var(ϕ) = Var(ξ) = {a, b, c, d} gilt:
ϕ ≡ ξ.
Wir arbeiten weiter mit der Formel ξ aus Aufgabenteil c).
d) Zeigen Sie
ξ |= (a → b) ∧ (b → a) .
Damit haben Sie die Äquivalenz (a ↔ b) aus ϕ hergeleitet!
e) Gilt auch ξ |= (d ↔ b)? Warum?
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und