Transfer Pricing Perspective Deutschland Finale BEPS

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Transfer Pricing
Perspective Deutschland
Finale BEPS-Ergebnisse zu
Verrechnungspreisen
Aktuelles aus der
Praxis für die Praxis
Sonderausgabe,
Oktober 2015
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Inhalte
Editorial
03
Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen
Maßnahme 7: Betriebsstätten
Maßnahme 8: Immaterielle Wirtschaftsgüter
Maßnahme 8: Cost Contribution Arrangements
Maßnahme 9: Risiko und Kapital
Maßnahme 10: Profit-Split-Methode
Maßnahme 10: Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung
Maßnahme 10: Warentransaktionen mit öffentlicher Preisfestsetzung
Maßnahme 13: Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-Country-Reporting
Maßnahme 14: Verbesserung der Wirksamkeit von Streitbeilegungsmechanismen
Maßnahme 15: Multilaterales Instrument zur Modifikation bilateraler DBA
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Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
2
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
mit den am 5. Oktober 2015 veröffentlichten finalen Berichten der „Base Erosion and Profit
Shifting“ (BEPS) Initiative hat die OECD einen wahren Marathon beendet. Dabei ist dieser
„Abschluss“ keineswegs als endgültig zu verstehen, wie wir im Folgenden weiter ausführen.
Zweifels­ohne sind die Publikationen aber ein Meilenstein für die Verrechnungspreispraxis,
weshalb wir die Ihnen vorliegende Sonderausgabe erarbeitet haben.
Die Relevanz sowie die Notwendigkeit des gesamten BEPS-Projektes hat die OECD nach ihren
Ermittlungen auch mit Zahlen untermauert – laut den Ergebnissen einer ent­sprechenden
Analyse geht die OECD davon aus, dass jährlich ca. 4–10 % der globalen KörperschaftsteuerEinnahmen durch BEPS-Aktivitäten von Unternehmen entfallen (entspricht ca.
US$100–240 Mrd.)1.
Auch die G20-Finanzminister haben in einer Sitzung am 8. Oktober in Lima ihre volle
Unterstützung und Zustimmung zu der BEPS-Initiative ausgesprochen.
Diese Edition gibt Ihnen einen Überblick über die finalisierten OECD Papiere, mit Fokus auf
die Neuerungen und möglichen Auswirkungen auf die Praxis. Dabei konzentrieren wir uns
auf die für Verrechnungspreise relevanten Aspekte einschließlich möglicher Handlungs­
empfehlungen.
Mit der BEPS-Initiative um die Kernthemen Kohärenz, Transparenz und Substanz wollte die
OECD vor allem Maßnahmen zur stärkeren Koordination der internationalen Steuerpolitik
entwickeln. Dadurch sollten bis dato legale Möglichkeiten der Steuerplanung multinationaler
Konzerne eingeengt werden. Als Basis hierfür diente der OECD der in 2013 vorgestellte
Aktionsplan, der 15 Arbeitspunkte im Bereich des internationalen Steuerrechts und der
Verrechnungs­preise definierte.
Seit Beginn der Initiative hat die OECD nach eigenen Angaben insgesamt 23 Diskussions­
entwürfe vorgestellt und mehr als 12.000 Seiten an Kommentaren aus der Öffentlichkeit
1
2
3
OECD Webcast Unterlage 5.Oktober 2015 „Launch of the final BEPS Reports“, S.51.
Ibid, S.8.
Zu den hervorgehobenen Berichten finden Sie einen Beitrag in dieser Sonderausgabe.
erhalten und verarbeitet2. Eine vollständige Übersicht der nun erschienenen finalen Berichte
finden Sie am Ende dieses Editorials.3
Einschneidende Änderungen im Bereich der Verrechnungspreise
Die OECD hat den bei Beginn der Initiative im Kreuzfeuer stehenden Fremdvergleichs­
grundsatz bestätigt und damit alternativen Ansätzen wie der globalen Gewinnaufteilung
vorerst einen Riegel vorgeschoben. Damit scheint eine Aufteilung von Besteuerungsrechten
zwischen Staaten unter Anwendung von Allokations­schlüsseln wie Umsatz oder Mitarbeiter­
zahl zumindest bei den OECD-Mitgliedsstaaten zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anklang zu
finden.
Als Ergebnis der am 5. Oktober 2015 veröffentlichten Berichte stehen vor allem deutlich
überarbeitete Abschnitte der OECD Verrechnungspreisrichtlinien für Steuer­verwaltungen
und multinationale Unternehmen.
Durch deren Richtlinien-Charakter dürften hier die Änderungen immanent sein und sich in
deutlich geschärften Erwartungen der lokalen Steuerbehörden äußern. Dies bezieht sich z. B.
auf die Bewertung von Risiken und immateriellen Wirtschaftsgütern, die nicht mehr vor­
rangig nach vertraglichen Vereinbarungen beurteilt werden dürften.
Neben dieser veränderten Betrachtungsweise von konzern­internen Geschäftsbeziehungen
dürften auch die Empfehlungen der OECD zu lokalen Anforderungen an die Dokumentation
von Verrechnungspreisen einschneidende Auswirkungen auf die Praxis haben. Während
einige Länder mit der rechtlichen Umsetzung dieser Maßnahmen bereits weit fortgeschritten
sind (z. B. Spanien und Großbritannien), werden vom deutschen Gesetzgeber ebenfalls in
Kürze entsprechende Schritte erwartet (mehr dazu im ent­sprechenden Fokusartikel).
Zukünftige Entwicklungen
Bei einigen Themen hat sich die OECD weitere Arbeit vorbehalten – so beispielsweise im
Bereich der Profit-Split-Methode (Gewinnaufteilungsmethode). Hier war vorrangig durch
den erhöhten Fokus auf funktionale Wertschöpfung und globale Wertschöpfungsketten eine
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Kerndebatte um die zunehmende Anwendung dieser in der breiten Praxis bisher eher in
Ausnahmefällen angewendeten Methode auf­gekommen.
Zudem wird die OECD weitere Richtlinien zur Implementierung von Änderungen in Bezug
auf schwer zu bewertende immaterielle Wirtschaftsgüter und Dienst­leistungen mit geringer
Wertschöpfung erarbeiten und vorstellen. Auch ein aktives Monitoring der Umsetzung der
vorgeschlagenen Maßnahmen und der Einbeziehung von Entwicklungsländern wird in den
nächsten Monaten und Jahren im Fokus der OECD stehen.
PwC und BEPS
Wir werden Sie natürlich über die künftigen Entwicklungen auf dem Laufenden halten; auch
mit besonderem Fokus auf die Änderungen in der deutschen Verrechnungspreispraxis. Vom
Luftholen kann daher mitnichten die Rede sein.
Für eine individuelle Beratung steht Ihnen unser Team an Spezialisten übrigens an insgesamt
9 Standorten in Deutschland jederzeit zur Verfügung. Schreiben Sie uns einfach:
[email protected]
Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre!
Ihr Redaktionsteam
Maßnahme
Datum der Veröffentlichung
Veröffentlichungsformat/Bearbeitungsstufe
1 Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft
22. November 2013
Aufforderung zu Beiträgen
13. Januar 2014
Kommentierungen
24. März 2014
Entwurf
16. April 2014
Folge-Kommentierungen
23. April 2014
Beratung
16. September 2014
Empfehlungen
18. Dezember 2014
Folge-Entwurf
25. Februar 2015
Folge-Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
19. März 2014
Entwurf
  7. Mai 2014
Kommentierungen
16. September 2014
Empfehlungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
2 Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen
3 Stärkung der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung (sog. CFC-Rules)
4 B
egrenzung der Gewinnverkürzung durch Abzug von Zins- oder sonstigen
finanziellen Aufwendungen
  3. April 2015
Entwurf
  5. Mai 2015
Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
18. Dezember 2014
Entwurf
11. Februar 2015
Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme
Datum der Veröffentlichung
Veröffentlichungsformat/Bearbeitungsstufe
5 W
irksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung
von Transparenz und Substanz
16. September 2014
Empfehlungen
  6. Februar 2015
Vereinbarung
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
14. März 2014
Entwurf
11. April 2014
Kommentierungen
16. September 2014
Empfehlungen
21. November 2014
Folge-Entwurf
12. Januar 2015
Folge-Kommentierungen
22. Mai 2015
Abgeänderter Entwurf
18. Juni 2015
Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
31. Okober 2014
Entwurf
12. Januar 2015
Kommentierungen
15. Mai 2015
Folge-Entwurf
15. Juni 2015
Folge-Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
  1. Dezember 2014
Entwurf
10. Februar 2015
Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
30. Juli 2013
Entwurf
22. Oktober 2013
Kommentierungen
16. September 2014
Empfehlungen
29. April 2015
Entwurf
  1. Juni 2015
Kommentierungen
  4. Juni 2015
Entwurf
19. Juni 2015
Kommentierungen
6 Verhinderung von Abkommensmissbrauch
7 Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte
8 Immaterielle Wirtschaftsgüter
Maßnahme 8–10 (Risiken, Recharakterisierung, besondere Maßnahmen)
Immaterielle Wirtschaftsgüter
Umlagevereinbarungen
Schwer bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter
9 Risiken und Kapital
siehe Maßnahme 8 (Action 8–10: Risiken, Recharakterisierung, besondere Maßnahmen)
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme
Datum der Veröffentlichung
Veröffentlichungsformat/Bearbeitungsstufe
10 Sonstige (risikoreiche) Transaktionen
Intercompany-Dienstleistungen mit einem geringen Wertschöpfungs­
beitrag
  3. November 2014
Entwurf
20. Januar 2015
Kommentierungen
Grenzüberschreitende Warentransaktionen
16. Dezember 2014
Entwurf
10. Februar 2015
Kommentierungen
16.12.2014
Entwurf
10. Februar 2015
Kommentierungen
Profit Split
11 Entwicklung von Methoden zur Erfassung und Analyse von BEPS-Daten und
Gegen­maßnahmen
12 Offenlegung aggressiver Steuerplanungs­modelle
13 Überprüfung der Verrechnungspreis­dokumentation
14 Verbesserung der Effizienz von Streit­beilegungsmechanismen
15 Entwicklung eines multilateralen Instruments
  4. August 2014
Aufforderung zu Beiträgen
  7. Oktober 2014
Kommentierungen
16. April 2015
Entwurf
13. Mai 2015
Folge-Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
31. März 2015
Entwurf
  4. Mai 2015
Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
  3. Oktober 2013
Memorandum
30. Januar 2014
Entwurf
  3. März 2014
Kommentierungen
16. September 2014
Empfehlungen
  6. Februar 2015
Richtlinien
  8. Juni .2015
Implementierungspaket
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
18. Dezember 2014
Entwurf
19. Januar 2015
Kommentierungen
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
16. September 2014
Empfehlungen
  6. Februar 2015
Mandat
  5. Oktober 2015
Finaler Bericht
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen
Maßnahme 7: Betriebsstätten
Unternehmensgewinne sollen in demjenigen Staat
besteuert werden, in dem das Unternehmen seine
Betriebsstätten unterhält. Mithilfe künstlicher
Strukturen und durch Fragmentierung der
Geschäfts­tätigkeiten ist es jedoch in der
Vergangenheit zahlreichen Unternehmen gelungen,
die Begründung unerwünschter Betriebsstätten zu
vermeiden oder zu umgehen.
Unternehmen genutzt, indem sie eine Kommissionärs­
struktur gewählt haben, bei der lediglich der formelle
Ver­trags­abschluss dem Unternehmen vorbehalten war, ohne
die tatsächlichen Funktionen und Risiken des Kommissionärs
zu ändern.
Ziel der Maßnahme 7 der 2013 initiierten OECD-BEPSInitiative war es daher, die Kriterien für die Begründung
einer Betriebsstätte im OECD-Musterabkommen (OECD-MA)
weiter und klarer zu fassen, um eine Umgehung der Voraus­
setzungen zur Begründung einer Betriebsstätte zu ver­
hindern. In ihrem Abschlussbericht hat die Arbeitsgruppe im
Wesentlichen fünf Strategien zur Vermeidung einer Betriebs­
stättenbegründung identifiziert und Änderungen des
OECD-MA angekündigt. Der Fokus der vorgeschlagenen
Änderungen liegt auf der Definition einer Betriebsstätte im
Hinblick auf den Einsatz von Kommissionärsstrukturen
(Art. 5 Abs. 6 OECD-MA) und die Inanspruchnahme der
Aus­nahme­regelungen für bestimmte Tätigkeiten (Art. 5
Abs. 4 OECD-MA).
Ziel war es daher, der künstlichen Gestaltung von
Kommissionärs­strukturen Einhalt zu gebieten. Nach der
geplanten neuen Fassung des Art. 5 Abs. 5 OECD-MA soll
eine Betriebsstätte dann begründet werden, wenn (1) eine
Person gewöhnlich Verträge schließt oder (2) gewöhnlich die
wesentliche Rolle zum Abschluss von Verträgen übernimmt,
die regelmäßig ohne substanzielle Änderungen vom Unter­
nehmen abgeschlossen werden, und die betroffenen Verträge
im Namen des Unternehmens geschlossen werden oder den
Austausch von Gütern oder Dienstleistungen oder Nutzungs­
rechten zum Gegenstand haben. Anstelle der bisherigen
Fokussierung auf das Vorliegen einer formellen Abschluss­
vollmacht ist nunmehr entscheidend, wer wirtschaftlich
betrachtet in den Vertragsabschluss eingebunden ist. Die
wesentliche Rolle beim Abschluss von Verträgen ist nach dem
geänderten Wortlaut des OECD-Musterkommentars der
Person zuzuordnen, die den fremden Dritten überzeugt,
einen Vertrag mit dem Unternehmen abzuschließen. Das
Fehlen einer formellen Abschlussvollmacht ist demnach
nicht mehr entscheidend.
Vertreterbetriebsstätte
Die aktuelle Regelung in Art. 5 OECD-MA sieht vor, dass eine
Person, die für ein Unternehmen tätig ist und auch die Voll­macht besitzt, für das Unternehmen Verträge ab­zuschließen
(Art. 5 Abs. 5 OECD-MA), als Betriebsstätte zu behandeln ist.
Ausnahmen gelten für Makler, Kommissionäre oder andere
unabhängige Vertreter. Diese Ausnahme­regelung haben
Die Neufassung des Art. 5 Abs. 5 OECD-MA soll dann nicht
gelten, wenn eine unabhängige Person auftritt (Art. 5 Abs. 6
OECD-MA). Das Kriterium der Unabhängigkeit soll allerdings
per se nicht mehr erfüllt sein, wenn der Vertreter aus­
schließlich oder nahezu ausschließlich für ein Unternehmen
tätig wird. Dabei bleibt das zugrunde liegende vertragliche
Konstrukt weitgehend unberücksichtigt. Vielmehr soll
primär geprüft werden, wie unabhängig der Kommissionär
letztendlich agiert.
Die Möglichkeit, eine Betriebsstätte durch eine
Kommissionärsstruktur zu vermeiden, wird durch die
Neuregelungen deutlich eingeschränkt. Für die Praxis ist
daher zu empfehlen, bestehende Kommissionärsstrukturen
auf (1) die inhärente Einbindung in die Vertrags­
verhandlungen sowie (2) deren Abhängigkeitsverhältnis zum
Prinzipal zu prüfen. Klarstellend sei darauf hingewiesen,
dass unabhängige Kommissionärsstrukturen nach dem
Abkommensrecht weiterhin nicht als Betriebsstätte
qualifiziert werden.
Ausweitung des Kriteriums „vorbereitende oder
Hilfstätigkeiten“
Nebentätigkeiten, die generell als „unschädlich“ erachtet
werden, wie zum Beispiel Lagerung, Ausstellung und
Auslieferung von Waren und Gütern, oder solche, die nur
dem Einkauf von Gütern und Waren dienen, begründen nach
momentaner Lesart bisher keine Betriebsstätte, sondern
fallen unter den sogenannten Ausnahmekatalog (Art. 5
Abs. 4 lit. a–d OECD-MA). Darüber hinaus begründen feste
Geschäftseinrichtungen, die für das Unternehmen andere
Tätigkeiten ausführen, keine Betriebsstätte, sofern es sich um
vorbereitende oder Hilfstätigkeiten handelt (Art. 5 Abs. 4
lit. e–f OECD-MA).
Die Kriterien einer vorbereitenden oder Hilfstätigkeit sollen
auf sämtliche in Art. 5 Abs. 4 OECD-MA vorgesehenen
Ausnahmetätigkeiten angewandt werden. Dies bedeutet,
dass auch bei Lagerung, Ausstellung und Auslieferung oder
dem Einkauf von Gütern und Waren nur dann keine
Betriebs­stätte begründet werden soll, wenn es sich insgesamt
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
7
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
um vorbereitende und Hilfstätigkeiten handelt. Der
Anwendungsbereich der unschädlichen Nebentätigkeiten
wird somit deutlich eingeschränkt. Für die Praxis bedeutet
dies, in Fällen der Anwendung des Ausnahmekatalogs (Art. 5
Abs. 4 lit. a–d OECD-MA) die zugrunde liegende Tätigkeit
auf den Charakter einer vorbereitenden oder Hilfstätigkeit
hin zu prüfen. Denn nur wenn eine vorbereitende oder
Hilfstätigkeit zu bejahen ist, kann weiterhin von einer nicht
bestehenden Betriebsstätte ausgegangen werden.
Aufteilung von Geschäftstätigkeiten – Einführung
einer Antifragmentierungsregelung
Die oben genannte Regelung zur Ausweitung des Kriteriums
„vorbereitende oder Hilfstätigkeiten“ soll auch durch einen
neu eingeführten Abs. 4.1 (Antifragmentierungsregelung)
bekräftigt werden. Danach findet der Ausnahmekatalog des
Abs. 4 keine Anwendung auf die feste Geschäftseinrichtung
eines Unternehmens, wenn dieses oder ein verbundenes
Unternehmen in dem betreffenden Vertragsstaat bereits
Geschäftstätigkeiten ausübt, die (1) eine Betriebsstätte
unter Art. 5 OCED-MA begründen, oder (2) die aus der
Kombination der beiden Tätigkeiten resultierende Gesamt­
tätigkeit keine „vorbereitende oder Hilfstätigkeit“ ist. In
einem solchen Fall begründet die Geschäftseinrichtung auch
dann eine Betriebsstätte, wenn sie nur vorbereitende und
Hilfstätigkeiten durchführt. Der Möglichkeit, durch eine
Aufteilung von Aktivitäten in mehrere „vorbereitende oder
Hilfstätigkeiten“ keine Betriebsstätte zu begründen, werden
hierdurch enge Grenzen gesetzt. Bei einem solchen Fall
könnten neben betriebs­wirtschaftlichen Gründen nunmehr
auch steuerrechtliche Motive die Zusammenlegung von
Geschäftseinrichtungen implizieren, um Redundanzen durch
mehrere begründete Betriebsstätten zu vermeiden bzw.
wenigstens zu minimieren.
Definition von Bau- und Montagebetriebsstätten
Eine Bauausführung oder Montage hat bislang nur dann eine
Betriebsstätte begründet, wenn ihre Dauer zwölf Monate
überschritten hat (Art. 5 Abs. 3 OECD-MA). Dies hat teil­
weise zu der Praxis geführt, dass Verträge künstlich in
Verträge mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten
aufgeteilt und die Leistungen über mehrere verbundene
Unternehmen verteilt wurden. Nunmehr soll der sogenannte
Principal Purpose Test (PPT) als Bestandteil des OECD-MA
eine derartige Umgehung verhindern. Zentrale Aussage des
PPT ist es, dass ein abkommensberechtigter Steuerpflichtiger
keine Vorteile aus einem Doppelbesteuerungsabkommen
erzielen kann, wenn vertretbare Gründe dafür vorliegen,
dass eine Vereinbarung oder eine Transaktion nur deswegen
durchgeführt wurde, um ebendiesen Vorteil zu erlangen.
Aufgrund der Anwendung des PPT bedurfte es keiner
weiteren Änderung des Art. 5 Abs. 3 OECD-MA. Darüber
hinaus soll die entsprechende Kommentierung in der Form
angepasst werden, dass für die Bestimmung der Zwölf­
monatsfrist Zeiten der Tätigkeiten des gleichen Unter­
nehmens oder anderer verbundener Unternehmen am
gleichen Projekt zusammengerechnet werden, das heißt
ganzheitlich zu betrachten sind. Um Härtefälle zu
vermeiden, ist jedoch eine Mindestanwesenheitsdauer im
jeweiligen Land von 30 Tagen innerhalb von zwölf Monaten
notwendig. In der Praxis sollte dann insbesondere geprüft
werden, ob die Leistungen der Gruppe innerhalb der
Zwölfmonatsfrist erbracht werden oder diese überschreiten.
Soweit möglich, sollten Unternehmen ihre Vertrags­
gestaltung an die geänderten Fristen anpassen.
Spezielle Regelungen für Unternehmen der
Versicherungsbranche
Spezielle Regelungen für die Versicherungsbranche im
Bereich der Betriebsstätten sollen letztlich trotz
Thematisierung in den vorherigen Diskussionsentwürfen
nicht erlassen werden. Nach Auffassung der Arbeitsgruppe
ist es nicht notwendig, gesonderte Regelungen zu erlassen,
die von den bisherigen Regelungen abweichen. Vielmehr
finden die Regelungen der geänderten Art. 5 Abs. 5 und
Abs. 6 auch auf Versicherungsunternehmen Anwendung.
Fazit
Die OECD hat sich der Problematik angenommen, dass in
der Praxis die Begründung einer Betriebsstätte durch zum
Teil künstliche (jedoch legale) Vertragsgestaltungen
umgangen werden konnte. Die Änderungen des Art. 5
OECD-MA sollen dieses Vorgehen eindämmen und
scheinen die formulierte Zielsetzung zu erfüllen. Ins­gesamt
wurde der abkommens­rechtliche Anwendungs­tatbestand
der Betriebsstätte aus­geweitet und etwaige Ausnahme- und
Sondertatbestände wurden deutlich eingegrenzt. Für die
Praxis bedeutet dies, dass eine bisher gewählte (Vertrags-)
Struktur nicht mehr gewährleisten kann, dass weiterhin
keine Betriebsstätte mit nicht möglicher Zuordnung von
Besteuerungsrechten vorliegt. Es bietet sich daher an,
derartige Vertrags­konstruktionen auf ihren Bestand und
ihre Relevanz kritisch zu überprüfen.
Ihre Ansprechpartner
Martin Renz
PwC Stuttgart
Tel.: +49 711 25034-5268
E-Mail: [email protected]
Oliver Liche
PwC Berlin
Tel.: +49 30 2636-5268
E-Mail: [email protected]
Gerrit Halbach
PwC Berlin
Tel.: +49 30 2636-3583
E-Mail: [email protected]
Dr. Andreas Westermeier
PwC Düsseldorf
Tel.: +49 211 981-1577
E-Mail: [email protected]
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 8: Immaterielle
Wirtschaftsgüter
Als Teil der Ergebnisse der BEPS-Maßnahmen 8–10
hat die OECD am 5. Oktober 2015 die finale Fassung
der Richtlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern
(iWG) veröffentlicht und ersetzt damit die bisher
geltenden Regelungen des Kapitels VI der OECDVerrechnungspreisrichtlinien. Neben überarbeiteten
Vorgaben zur Definition und Abgrenzung des
Begriffs „immaterielles Wirtschaftsgut“, aus­
führlichen Vorgaben zur Zuordnung von Erträgen
auf Basis der für die Wertschöpfung relevanten
Funktionen und Neuerungen zur Behandlung von
Ex-post-Abweichungen macht die OECD auch
besondere Vorgaben in Bezug auf schwer zu
bewertende iWGs. Die Neuerungen zielen – wie alle
anderen verrechnungspreisrelevanten BEPS-Maß­
nahmen – insbesondere darauf ab, Gewinne im
Einklang mit Wertschöpfung und Substanz
zuzuordnen. Als Folge zeigt sich, dass die Durch­
führung einer umfassenden, präzisen Funktionsund Risikoanalyse und entsprechender Gewinn­
zuordnung weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Einführung
Das Kapitel VI der OECD-Richtlinien ist speziell darauf
zugeschnitten, die Bedingungen für einen Fremdvergleich
bei Transaktionen zu bestimmen, die den Gebrauch oder
die Übertragung von iWG betreffen. Alle wesentlichen
Neuerungen aus dem am 16. September 2014 ver­
öffentlichten Bericht wurden in die finale Fassung über­
nommen. Darüber hinaus wird den Ergebnissen aus dem
Kapitel zu Risiko und Recharakterisierung (Änderungen an
Kapitel I der Richtlinien) Rechnung getragen und es werden
einige Punkte (z. B. Materialitätsschwellen) konkretisiert.
Definition und Abgrenzung
Die OECD versucht in den neuen Richtlinien die Definition
der iWG zu konkretisieren. Demnach ist ein Wirtschaftsgut
als iWG definiert, wenn
•es keinen materiellen oder finanziellen Vermögens­
gegenstand darstellt,
•mittels dessen Besitz oder Gebrauch gewerbliche Zwecke
verfolgt werden können,
•dessen Gebrauch oder Überlassung an einen unabhängigen
Dritten vergütet werden müsste.
Neben der Definition werden in der Richtlinie ein Reihe von
Beispielen aufgeführt, die häufig als iWG im Verrechnungs­
preiskontext genannt werden (u. a. Patente, Knowhow und
Marken). Diese Liste ist weder als vollständig anzusehen
noch kann sie eine fallspezifische Analyse ersetzen. Folglich
sollte zum Zwecke der Verrechnungspreisanalyse für die
Ermittlung der besonderen Merkmale eines iWG eine
Funktions- und Risikoanalyse durchgeführt werden, die
aufzeigt, (1) welcher Wertbeitrag geleistet wird, (2) welche
wichtigen Funktionen und besonderen Risiken im
Zusammen­hang mit Entwicklung, Weiterentwicklung,
Pflege, Schutz und Verwendung des iWG getragen werden
und (3) wie in Verbindung mit anderen materiellen und
immateriellen Wirtschaftsgütern sowie Geschäftsaktivitäten
ein Mehrwert geschaffen wird.
Eigentum an iWG
Die angepasste Richtlinie für iWG befasst sich ausführlich
mit der Frage des Eigentums an einem iWG und den ent­
sprechenden Transaktionen einschließlich Entwicklung,
Weiterentwicklung, Pflege, Schutz und Verwendung von
iWG. Der zentrale Aspekt in diesem Abschnitt ist, dass der
mittels eines iWG entstandene Gewinn unter den betroffenen
Parteien innerhalb eines multinationalen Unternehmens
gemäß ihrer Funktion, ihrem Einsatz von Wirtschaftsgütern
und den übernommenen Risiken aufgeteilt werden soll.
Dabei ist darauf zu achten, dass vertragliche Vereinbarungen
zwischen diesen Transaktionspartnern als Ausgangspunkt
für die Verrechnungspreisanalyse dienen, aber letztendlich
die tatsächlich ausgeübten Funktionen bzw. deren Kontrolle,
der Einsatz von Wirtschaftsgütern und die übernommenen
Risiken die entscheidenden Kriterien zur Gewinnaufteilung
darstellen.
Das in der Richtlinie aufgezeigte Grundkonzept zur Ver­
rechnungs­preisanalyse für Transaktionen mit iWG besteht
hauptsächlich darin, dass die in der Transaktion ver­
wendeten oder übertragenen iWG, die rechtlichen Eigen­
tümer sowie die spezifischen wirtschaftlich signifikanten
Funktionen und Risiken in Bezug auf Entwicklung,
Weiterentwicklung, Pflege, Schutz und Verwendung des iWG
zu identifizieren sind. Dieses Vorgehen schließt auch die
Vorgaben des ebenfalls im Zuge der BEPS-Initiative
überarbeiteten Kapitels I der OECD-Richtlinien ein. Dabei
steht insbesondere die Frage im Vordergrund, inwieweit die
an der Transaktion beteiligten Parteien die zugrunde
liegenden Risiken kontrollieren und die finanzielle Kapazität
zum Tragen der Risiken beitragen. Dadurch soll sichergestellt
werden, dass der Verrechnungspreis konsistent mit den
Beiträgen der jeweiligen Parteien hinsichtlich ausgeübter
Funktionen, verwendeter Vermögensgegenstände und
übernommener Risiken ist.
In diesem Zusammenhang besagt die Richtlinie, dass dem
rechtlichen Eigentümer nicht notwendigerweise die Erträge
aus iWG zustehen, und hebt die entscheidende Rolle
wesentlicher Funktionen hervor (z. B. die Gestaltung von
Forschungs- und Marketingprogrammen, das Setzen von
Prioritäten, die Entscheidung über Budgets). Weiterhin wird
auf die für die Verrechnungspreisanalyse wesentliche
Fragestellung hingewiesen, ob eine bestimmte Gesellschaft
imstande ist, zentrale Funktionen zu steuern oder bestimmte
Steuerungs­funktionen auszuführen. Wenn der rechtliche
Eigentümer wesentliche Funktionen nicht ausführt oder
steuert, steht der Ertrag nach Abzug der Kompensations­
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
zahlung an den Eigen­tümer für dessen Funktionen, dessen
Einsatz von Wirtschaftsgütern und aufgenommenes Risiko
denjenigen Parteien zu, die die wesentlichen Funktionen
steuern und das Risiko tragen. Deshalb erklärt die aktuelle
Version der Richtlinien, unter welchen Umständen nicht der
rechtliche Eigentümer Anspruch auf das Residualeinkommen
hat, sondern diejenigen Parteien, die die wesentlichen
Funktionen ausüben und steuern. Wenn eine Gesellschaft
nur das Finanzierungsrisiko trägt, steht ihr ein dem Risiko
angemessener Anteil am erwarteten Ertrag zu.
Bestimmung des Fremdvergleichs im Falle von iWG
Wie schon der Diskussionsentwurf enthält die finale Fassung
Erläuterungen dazu, wie die Grundsätze zur Bestimmung der
Fremdvergleichsbedingungen aus den (teilweise) über­
arbeiteten Kapiteln I bis III der OECD-Richtlinien auch für
Transaktionen mit iWG angewendet werden sollen. Im
Speziellen wird dargelegt, dass der dort vorgestellte neun­
stufige Prozess hilfreich bei der Bestimmung fremd­üblicher
Verrechnungspreise für Transaktionen mit iWG ist. Dennoch
wird deutlich, dass die Grundsätze aus den Kapiteln I bis III
in manchen Fällen nur schwierig bei Transaktionen mit
iWG angewendet werden können, da diese spezielle
Charakteristika aufweisen, die die Suche nach Vergleichs­
transaktionen und das Festsetzen von Verrechnungspreisen
zum Zeitpunkt der Transaktion in manchen Fällen
erschweren.
Die OECD weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass
bei Anwendung der gesamten Grundsätze bei iWG die für
jede Partei realistisch verfügbaren Optionen zu prüfen sind.
Bei der Durchführung einer Vergleichsanalyse beim Transfer
von iWG ist es essenziell, die Einzigartigkeit eines iWG zu
berücksichtigen. Hierzu beschreibt die OECD einige
spezifische Merkmale von iWG, die bei einer solchen
Vergleichs­analyse geprüft werden sollten. Diese schließen
ein: (1) Exklusivität, (2) Umfang und Dauer eines
rechtlichen Schutzes, (3) räumliche Ausdehnung, (4)
Nutzungs­dauer, (5) Entwicklungsstadium, (6) Rechte zur
Weiterentwickelung, Überarbeitung und Aktualisierung und
(7) erwarteter künftiger Ertrag. Für die Vergleichsanalyse
müssen alle diese Merkmale bedacht und auf ihre Relevanz
geprüft werden.
Bei der Durchführung einer Vergleichsanalyse muss die
Existenz von Risiken im Vergleich zur Wahrscheinlichkeit
eines späteren wirtschaftlichen Ertrags durch den Transfer
eines iWG berücksichtigt werden.
Abhängig von den spezifischen Umständen könnte jede der
fünf von der OECD in Kapitel II beschriebenen Verrechnungs­
preismethoden die am besten geeignete Methode sein, um
die Nutzung oder Übertragung eines oder mehrerer iWG
oder deren Rechte zwischen verbundenen Unternehmen zu
beurteilen.
Die Verrechnungspreismethoden, die beim Transfer eines
oder mehrerer iWG oder deren Rechte wahrscheinlich am
hilfreichsten sind, sind die CUP-Methode und die trans­
aktionsbezogene Gewinnaufteilungsmethode. Die OECD
schlussfolgert, dass in Fällen, in denen verlässliche Ver­
gleichs­daten zwischen unverbundenen Unternehmen
vorliegen, die CUP-Methode angewendet werden kann, um
Fremdvergleichsbedingungen für einen Transfer von iWG
oder den Rechten an ihnen zu bestimmen. Insgesamt wird
die Verwendung von Datenbankanalysen und einseitigen
Verrechnungspreismethoden aufgrund der Einzigartigkeit
von iWG jedoch kritisch gesehen, ebenso wie die Anwendung
kostenbasierter Ansätze bei der Übertragung von iWG, da oft
kaum ein Zusammenhang zwischen Kosten und Wert des
iWG bestehe.
Die Richtlinie befasst sich daher auch mit der Anwendung
von Bewertungsverfahren – insbesondere mit den ein­
kommensbezogenen Methoden (Barwertverfahren basierend
auf Einkommen oder Cashflows) – in Fällen, in denen andere
Methoden nicht sinnvoll angewandt werden können. Vor
allem die Verlässlichkeit der Annahmen sollte laut OECD
im Vordergrund stehen. Bei Bewertungsverfahren sollten
ins­besondere folgende Parameter begründet werden:
Genauigkeit der budgetierten Finanzdaten, Wachstumsraten,
Diskontierungssätze, Nutzungsdauer/terminal value, Steuern
(die auf Ebene des Verkäufers und des Käufers berücksichtigt
werden müssen) und die Art der Zahlung (Barwert der
Raten­zahlungen oder Einmalzahlung).
Schwer zu bewertende iWG
Weitere Abschnitte der Richtlinie gehen auf die Problematik
der Verrechnungspreisfestsetzung bei besonders schwer zu
bewertenden iWG (hard-to-value intangibles) ein. Hierbei
stellt die finale Fassung insbesondere Situationen dar, in
denen entweder Ex-ante- oder Ex-post-Werte für die iWG
angesetzt werden sollen.
Aufgrund ihrer speziellen Merkmale ist es häufig schwierig,
Vergleichswerte für iWG zu finden und deren Wert zu
bestimmen. Die OECD schlägt daher vor, die Bewertung
an­hand des zu erwartenden Nutzens unter Berücksichtigung
zukünftiger vorhersehbarer Entwicklungen zu bestimmen.
In der finalen Fassung der Richtlinie wird dabei darauf
hin­gewiesen, dass sich fremde Dritte in Fällen hoher
Unsicherheit bezüglich zukünftiger Entwicklungen mit
Preis­mechanismen (z. B. kürzere Laufzeiten, Preis­
anpassungs­klauseln, bedingte Preisvereinbarungen)
absichern würden.
Aufgrund der bestehenden Informationsasymmetrie
zwischen Steuerbehörde und Steuerpflichtigen wird in
der finalen Fassung der Richtlinie die Überprüfung der
fest­gelegten Preise von iWG durch tatsächlich eintretende
(Ex-post-)Entwicklungen thematisiert. Der Unterschied
zwischen den prognostizierten zukünftigen Gewinnen, die
in die Bewertung des iWG eingeflossen sind, und den
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
10
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
tat­sächlich eingetretenen Gewinnen könnte dann ein
Hinweis darauf sein, dass vorhersehbare zukünftige
Entwicklungen nicht adäquat in der Bewertung
berücksichtigt wurden.
Somit können nachträglich gewonnene Informationen einen
Beleg für die Zuverlässigkeit der Informationen liefern, die
der Bewertung zugrunde liegen. Ein iWG kann zum Beispiel
als schwer zu bewerten kategorisiert werden, wenn
•es zum Zeitpunkt des Transfers nur teilweise entwickelt ist,
•seine kommerzielle Nutzung für einige Jahre nach der
Transaktion nicht geplant ist,
•seine antizipierte Nutzung zum Zeitpunkt des Transfers
neuartig ist und das Fehlen von Nachweisen für die
Entwicklung oder Verwendung von ähnlichen IWGs nur
sehr unsichere Prognosen ermöglicht.
Im Falle von schwer zu bewertenden iWG sollen die Finanz­
behörden entsprechend der finalen Fassung der Richtlinie
auf Ex-post-Finanzergebnisse zurückgreifen können, um
die Angemessenheit der ex ante bestimmten Preis­
vereinbarungen zu prüfen. Eine Anpassung soll jedoch nur
dann erfolgen, wenn die tatsächlichen Ex-post-Ergebnisse
von der Ex-ante-Budgetierung signifikant abweichen. Dabei
sieht die Richtlinie eine Ausnahme der Anwendung von
Ex-post-Informationen vor, wenn (1) der Steuerzahler
um­fassende Angaben zu den Ex-ante-Prognosen und
-An­nahmen macht, die der Bestimmung der Preis­
vereinbarung zugrunde liegen; (2) der Steuerzahler aus­
reichende Nachweise darüber erbringt, dass signifikante
Unterschiede zwischen den prognostizierten und den
tatsächlichen Finanzzahlen a) aufgrund von unvorher­
sehbaren und außergewöhnlichen Entwicklungen zustande
kamen oder b) auf die Eintrittswahrscheinlichkeit von
vorhersehbaren Entwicklungen zurückzuführen sind und
diese Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Transaktion
nicht signifikant über- oder unterschätzt wurde; (3) die
Übertragung des schwer zu bewertenden iWG durch ein
bilaterales oder multilaterales Advance Pricing Agreement
zwischen den Ländern des Erwerbers und des Veräußerers
für den infrage stehenden Zeitraum abgedeckt ist; (4)
jeglicher signifikanter Unterschied zwischen den
prognostizierten und den tatsächlichen Finanzzahlen sich
nicht in Form einer Verminderung oder Erhöhung in Höhe
von 20 Prozent des zum Zeitpunkt der Transaktion fest­
gelegten Ausgleichsbetrags für das schwer zu bewertende
iWG auswirkt; (5) eine Kommerzialisierungsphase von
fünf Jahren vergangen ist – beginnend nach dem Jahr, in
dem der Erwerber des schwer zu bewertenden iWG erstmalig
Umsätze mit fremden Dritten generiert hat – und jeglicher
signifikanter Unterschied zwischen den prognostizierten und
den tatsächlichen Finanzzahlen nicht größer als 20 Prozent
der Prognose für diese Kommerzialisierungsphase war.
Darüber hinaus wird in der Richtlinie betont, dass eine
Doppel­besteuerung, die durch Anwendung des oben
beschriebenen Ansatzes für schwer zu bewertende iWG
zustande gekommen ist, mittels eines Verständigungs­
verfahrens beseitigt werden sollte.
Fazit
In Übereinstimmung mit dem Grundthema der BEPS
Aktionspunkte 8-10, dem Zusammenhang zwischen
Funktionen, Kontrolle und Risiken, setzt die OECD ihre
Grundlinie auch hinsichtlich iWG fort, das heißt, die
wirtschaftliche Substanz einer Transaktion wird deutlich
stärker gegenüber der vertraglichen Vereinbarung in den
Vordergrund gerückt. Auch hier treten traditionelle
einseitige Verrechnungspreismethoden gegenüber
zweiseitigen Methoden und Bewertungsmethoden stärker
in den Hintergrund. Steuerpflichtige müssen in Zukunft
daher verstärkt damit rechnen, dass die Verrechnungspreisgestaltung zum Beispiel bei Auftragsforschungs­
modellen (z. B. in Prinzipalstrukturen) und die Über­
tragung von iWG immer schwieriger und komplexer
werden als bisher.
Im Hinblick auf schwer zu bewertende iWG hat die OECD
etliche Neuerungen formuliert. Da die Vorhersage von
Finanzdaten und der Nachweis, was vorhersehbar und
nicht vorhersehbar ist, in der Praxis in vielen Fällen
schwierig sein wird, wird damit zu rechnen sein, dass
Steuer­behörden in Zukunft vermehrt die Überprüfung
anhand von Ex-post-Informationen vornehmen und
Verrechnungspreise anpassen werden. Für den Steuerpflichtigen bedeutet dies, der Bewertung und
Dokumentation von Transaktionen im Zusammenhang
mit iWG mehr Aufmerksamkeit zu widmen, um glaubhaft
darstellen zu können, dass die Ex-post-Entwicklungen
zum Zeitpunkt der Preisbestimmung nicht vorhersehbar
waren.
Ihre Ansprechpartner
Dr. Simon Renaud
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Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
11
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 8: Cost Contribution
Arrangements
Als Teil der Ergebnisse der BEPS-Maßnahme 8 hat
die OECD am 5. Oktober 2015 die finale Fassung der
Richtlinien zu Cost Contribution Arrangements
(CCA) veröffentlicht und ersetzt damit die bisher
geltenden Regelungen des Kapitels VIII der OECDRichtlinien. Die wesentlichen Änderungen betreffen
die Bestimmung der Teil­nehmer eines CCA und die
Messung der Beiträge zu einem CCA.
Einführung
Die Neuerungen zu CCA zielen – wie alle anderen ver­
rechnungspreisrelevanten BEPS-Maßnahmen – darauf ab,
die Gewinne im Einklang mit Wertschöpfung und Substanz
zuzuordnen. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass die
Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in Bezug auf
Transaktionen, bei denen immaterielle Wirtschaftsgüter oder
die Übernahme von Risiken im Vordergrund stehen, nicht
durch die Verwendung von CCA umgangen werden kann.
Insbesondere soll es in Zukunft für ein verbundenes Unter­
nehmen nicht mehr möglich sein, an einem CCA teil­
zunehmen, wenn es keine Kontrolle über die mit dem CCA
verbundenen Risiken hat oder lediglich finanzielle Mittel
bereitstellt. Darüber hinaus soll die Messung der Beiträge zu
einem CCA auf Kostenbasis nicht mehr den Regelfall dar­
stellen, sondern die Ausnahme.
Bestimmung der Teilnehmer
Wie bisher kann ein verbundenes Unternehmen nur dann
Teil­nehmer eines CCA sein, wenn es eine angemessene
Er­wartung hat, von den Zielen der CCA-Aktivität zu
profitieren. Anders als bisher wird jedoch die Übernahme
und Kontrolle von Risiken als notwendige Bedingung für die
Teilnahme an einem CCA angesehen. Dies folgt aus der Tat­
sache, dass per Definition jeder Teilnehmer eines CCA Risiken
übernimmt und somit gemäß des ebenfalls im Zuge der
BEPS-Initiative überarbeiteten Kapitels I der OECD-Richt­
linien Kontrolle über die Risiken ausüben kann und die
ent­sprechenden finanziellen Mittel dazu hat, genauso wie es
von einem fremden Dritten zu erwarten wäre. In diesem
Zusammenhang enthält die finale Fassung im Vergleich zu
dem im April 2015 veröffentlichten Diskussionsentwurf
zudem die neue Vorgabe, dass die vertragliche Gestaltung
(lediglich) den Ausgangspunkt für die Feststellung der
Kontrolle über die Risiken bildet und durch Nachweise über
das tatsächliche Verhalten der Teilnehmer ergänzt werden
kann.
Bewertung der Beiträge zu einem CCA
Nach dem bisherigen Verständnis werden die Beiträge zu
einem CCA meist auf Basis der dem CCA zugrunde gelegten
Kosten (ohne Gewinnelement) auf alle Teilnehmer nach
Maßstab des erwarteten Nutzens aufgeteilt. Diese Heran­
gehensweise wird nun durch die Vorgabe abgelöst, dass der
Wert des Beitrags eines Teilnehmers im Allgemeinen mit dem
Wert konsistent sein muss, den ein unabhängiges Unter­
nehmen bei Berücksichtigung des gesamten erwarteten
Nutzens unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätte.
Mit anderen Worten: Die Beiträge zu einem CCA werden mit
dem Marktpreis gemessen, der meist nicht den Kosten
zuzüglich Gewinnaufschlag entsprechen wird. Diese
Regelung gilt vor allem für die Kategorie der „EntwicklungsCCA“, während bei „Dienstleistungs-CCA“ aus praktischen
Gründen ein kostenbasierter Ansatz als akzeptabel an­
gesehen wird, sofern es sich um Dienstleistungen mit
geringer Wertschöpfung (low-value adding services) handelt.
Fazit
Die Bedingung, dass jeder Teilnehmer Kontrolle über die
jeweils mit dem CCA verbundenen Risiken haben muss,
und die Vorgabe, dass die Beiträge zu einem CCA in der
Regel mit dem jeweiligen Wertbeitrag gemessen werden
anstatt mit den Kosten, stellen fundamentale Änderungen
im Vergleich zum bisherigen CCA-Konzept dar. Von daher
sollten Konzerne ihre derzeitigen Ansätze bzw. Ver­
einbarungen unter den genannten Gesichtspunkten genau
überprüfen, um steuerliche Risiken zu vermeiden. Vor
allem die Anwendung einer konsequent durchgeführten
Funktions- und Risikoanalyse der an einem CCA teil­
nehmenden Unternehmen ist zu diesem Zweck
unabdingbar.
Ein gesetzlicher Entwurf bzw. ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in Bezug auf die
zukünftige Berücksichtigung dieser Änderungen liegt
der­zeit noch nicht vor. Allerdings erscheint es wahr­
scheinlich, dass beispielsweise die vom BMF im Jahr 1999
veröffentlichten Verwaltungsgrundsätze-Umlageverträge
entsprechend ergänzt oder ersetzt werden.
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Simon Renaud
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Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
12
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 9: Risiko und Kapital
Kern des Aktionspunkts 9 ist die Vermeidung von
BEPS durch die Übertragung von Risiken zwischen
Gruppenmitgliedern oder die übermäßige
Kapitalausstattung einzelner Gruppenmitglieder.
Des Weiteren soll BEPS durch strukturell
fremdunübliche Transaktionen verhindert werden.
Die finale Version
Im Vergleich zu ihrem ersten Entwurf des Papiers zu Aktions­
punkt 9 (Dezember 2014) konkretisiert die OECD im finalen
Dokument einige ihrer Empfehlungen für die Verrechnungs­
preisanalyse. Es werden klarere Definitionen als im
bisherigen Entwurf (u. a. in Bezug auf die Konzepte Risiko­
übernahme, Risikomanagement, Kontrolle des Risikos) und
ein Rahmenwerk für Risikoanalysen geliefert.
Nachfolgend werden einige wesentliche Kernaussagen des
finalen Papiers zusammengefasst.
Ökonomische Realität
Die OECD möchte sicherstellen, dass die tatsächlichen
Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen
sauber identifiziert werden und Verrechnungspreise
zukünftig nicht auf vertraglichen Vereinbarungen basieren,
die die ökonomische Realität nicht widerspiegeln.
Vereinbarungen und tatsächliche Entscheidungs­
prozesse
Das Papier diskutiert umfassend, welche Rolle formelle
Vereinbarungen zwischen verbundenen Unternehmen haben
(sollen). Wichtig sei bei der Beurteilung einer Transaktion,
dass ein Vertrag ein Ausdruck ökonomischer Interessen ist
(und zudem betonte die OECD, dass unabhängige Parteien
zumeist in einem Interessenskonflikt zueinander stehen).
Wenn Zweifel über die vereinbarte Transaktion bestehen, sei
es notwendig, die Transaktion genauer zu untersuchen.
Besteht keine schriftliche Vereinbarung müsse der
Steuerzahler Evidenz für die Substanz der Transaktion
erbringen.
Kapital ohne Funktion
Auch der Wertbeitrag eines Unternehmens, das als reiner
Kapitalgeber agiert, wird von der OECD diskutiert. Ein
Kapitalgeber, der keine Kontrolle über das Investitionsrisiko
habe und auch sonst keine mit dem Kapital verbundenen
Funktion erfülle, die eine Risikoprämie rechtfertigen würde,
solle nicht mehr als einen risikofreien Beitrag erwarten.
Konkret zielt diese Aussage auf sogenannte cash boxes ab.
Wirtschaftliche Rationalität und Nichtanerkennung
Zukünftig soll es Steuerbehörden erlaubt sein, Transaktionen
zwischen verbundenen Unternehmen dann nicht
anzuerkennen, wenn sie als ökonomisch irrational eingestuft
werden. Eine Transaktion darf dabei aber nicht allein
aufgrund der Tatsache, dass es keine beobachtbare
Fremdvergleichstransaktion gibt, nicht anerkannt werden.
Erweitertes Rahmenwerk zur Risikoanalyse
In Zukunft müssen Risiken bzw. Risikoallokationen genau
und umfangreich beschrieben, analysiert und dokumentiert
werden. Ausgangspunkt einer solchen Analyse ist die Frage,
welche Partei das Risiko tatsächlich trägt. Die OECD vertritt
hierbei die Sichtweise, dass derjenige, der die Kontrolle über
das Risiko und die finanziellen Mittel hat, um dieses Risiko
zu tragen, das Risiko für Verrechnungspreiszwecke
zugordnet bekommen soll.
Der konkrete Prozess, um die mit der Transaktion
verbundenen Risiken zu analysieren, besteht aus folgenden
Schritten:
1. genaue Identifizierung der ökonomischen Risiken,
2.Bestimmung der vertraglich vereinbarten, ökonomischen
Risiken,
3.Analyse der operativen Tätigkeit der Akteure in Bezug auf
Risikoübernahme und -management,
4.Interpretation und Beurteilung der Übereinstimmung der
vertraglichen Vereinbarung und des tatsächlichen
Verhaltens,
5.Anwendung der Richtlinien zur Risikoallokation, falls ein
Risikoträger nicht die Kontrolle über das Risiko oder nicht
die finanzielle Kapazität hat, um das Risiko zu tragen,
6.Bewertung der tatsächlichen Transaktionen unter
Berücksichtigung der Konsequenzen der Risiko­
übernahme.
Fazit
Bei einigen Diskussionspunkten, zum Beispiel in Bezug
auf den Themenbereich der Nichtanerkennung von
Transkationen und der Risikoallokation, können die
Sichtweisen der OECD als Re-Interpretation des
Fremdvergleichs angesehen werden. Es bleibt aber
abzuwarten, wie Finanzverwaltungen in diesen Fragen
zukünftig agieren, da durch das Lesen des Papiers
zugleich deutlich wird, dass die OECD mit ihren
Ausführungen teilweise „extreme“ Konstruktionen im
Blick hatte – die unmittelbaren Auswirkungen auf weniger
extreme Strukturen sind daher schwer zu antizipieren.
Ihre Ansprechpartner
Dirk Wilcke
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Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
13
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 10: Profit-Split-Methode
Mit den BEPS-Veröffentlichungen am 5. Oktober
2015 hat die OECD weitere Ankündigungen zu
geplanten Änderungen der Richtlinien für die
Anwendung der Profit-Split-Methode (PSM)
gemacht. Im Gegensatz zu den anderen
verrechnungspreisrelevanten BEPS-Maßnahmen
stellt dieser Teil der Veröffentlichung keine finalen
Ergebnisse vor, sondern gibt lediglich eine
Zusammenfassung des Diskussionsstands und einen
Ausblick auf die wesentlichen Punkte der noch
ausstehenden Überarbeitungen. Die Ergebnisse
werden somit zum derzeitigen Zeitpunkt zu keinen
konkreten Anpassungen der OECD-Verrechnungs­
preisrichtlinien führen. Vielmehr dient dieser Teil
des BEPS-Papiers dazu, den Umfang und die Inhalte
der noch ausstehenden Arbeiten abzustecken.
Hintergrund
Um weitere Hinweise für die Anwendung der trans­aktions­
bezogenen PSM zur Diskussion zu stellen, ver­öffentlichte die
OECD am 16. Dezember 2014 einen Diskussions­entwurf, der
insbesondere eine Reihe von Fragen hinsichtlich der
praktischen Anwendung von Profit Splits aufgeworfen hat.
Obwohl der Diskussionsentwurf keine Vorschläge für eine
überarbeitete Richtlinie enthielt, erstreckten sich die hierzu
eingereichten Kommentare auf über 500 Seiten, und die
öffentliche Konsultation im März 2015 zog erhebliches
Interesse auf sich. Zu den wichtigsten Themen, die aus dem
Konsultationsprozess und der im Anschluss innerhalb der
OECD geführten Diskussion hervorgegangen sind, gehören
insbesondere die Klarstellung, Verbesserung und Ergänzung
der OECD-Verrechnungs­preis­richtlinien hinsichtlich der
Frage, in welchen Fällen die PSM angewendet und wie die
Anwendung praktisch durchgeführt werden kann,
insbesondere welche Gewinnteilungsansätze angewendet
werden können.
Geplantes Arbeitsprogramm
Die folgenden Punkte stehen auf der Arbeitsagenda der
OECD für das kommende Jahr.
•Unter welchen Bedingungen ist die PSM als angemessenste
Methode (most appropriate method) anzusehen? Stellt sie
eine mögliche Alternative dar, wenn keine geeigneten
Vergleichsunternehmen existieren? Wie kann verhindert
werden, dass insbesondere Finanzverwaltungen die PSM
wegen fehlender bzw. (vermeintlich) ungeeigneter
Vergleichsunternehmen anwenden, in Fällen, in denen die
PSM eigentlich keinen angemessenen Ansatz darstellt?
•Anwendung der PSM bei hoch integrierten Geschäfts­
modellen (highly integrated business operations): Die
meisten multinationalen Unternehmensgruppen operieren
mehr oder weniger integriert, sodass dieses Kriterium zu
konkretisieren ist.
•Anwendung der PSM für den Fall, dass mehrere Parteien
einzigartige und werthaltige Beiträge (unique and valuable
contributions) leisten: Abgesehen von Beiträgen in Form
von immateriellen Wirtschaftsgütern ist bisher nicht klar,
welche Beiträge als einzigartig und werthaltig eingestuft
werden könnten.
•Umgang mit Synergievorteilen (synergistic benefits): Im
Diskussionsentwurf wurde ein Geschäftsmodell aus der
digitalen Wirtschaft dargestellt, dessen Vorteile im
Wesentlichen auf Synergievorteilen und weniger auf einem
besonderen Merkmal der digitalen Wirtschaft selbst
basieren. Als Gewinnaufteilungsmaßstab müsste bestimmt
werden, wie die Beiträge, die die einzelnen Geschäfts­
einheiten zu den Synergievorteilen leisten, gemessen
werden können.
•Bestimmung der Ansätze für die Gewinnaufteilung (profit
splitting factors): Während es Übereinstimmung darüber
gibt, dass die Gewinnaufteilung auf einer
Funktionsanalyse, insbesondere einer Analyse der
jeweiligen Wertschöpfungsbeiträge der Gesellschaften,
beruhen sollte, sind die Ansätze, mit denen der Wert der
jeweiligen Beiträge gemessen werden kann, zumeist nicht
klar und bedürfen der Konkretisierung.
•Verwendung von PSM-Ansätzen zur Ermittlung von
Nettomargen für Routinefunktionen (Transactional Net
Margin Method – TNMM) oder zur Bestimmung von
Lizenzsätzen: In diesem Kontext sollen Hinweise hin­
sichtlich der Bedingungen für eine Anwendung und die
konkrete Umsetzung gegeben werden.
Ausblick
Eine überarbeitete Richtlinie zur Anwendung der
transaktionsbezogenen PSM sollte klarstellen, unter welchen
Bedingungen diese Methode die angemessenste Methode ist,
und sollte Ansätze beschreiben, mit denen Gewinne auf eine
verlässliche Art und Weise aufgeteilt werden können. Um
dies zu erreichen, will die OECD insbesondere auch die
Ergebnisse der anderen BEPS-Maßnahmen berücksichtigen,
wodurch die Durchführung einer umfassenden, präzisen
Funktions- und Risikoanalyse weiter an Bedeutung gewinnen
wird. Die Schlussfolgerungen aus dem Bericht Addressing
the Tax Challenges of the Digital Economy (Action 1), die
sich explizit auf die Anwendung der PSM im Fall hoch
integrierter Geschäftsmodelle beziehen, werden ebenfalls
Berücksichtigung finden. Als Zeitplan hat die OECD
angekündigt, einen Diskussionsentwurf in der ersten Hälfte
des Jahres 2016 zu veröffentlichen und eine öffentliche
Konsultation hierzu im Mai 2016 abzuhalten. Die
Finalisierung der Richtlinie ist für die erste Hälfte des Jahres
2017 angesetzt.
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
14
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Fazit
Einerseits ist es mit Blick auf die mit Unsicherheit
behaftete Situation hinsichtlich der zukünftigen
Entwicklung für die Steuerpflichtigen enttäuschend, dass
die OECD zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine um­
fassende Überarbeitung der OECD-Verrechnungs­preis­
richtlinien zu Profit Splits vorzulegen vermag. Anderer­
seits hat die umfassende Diskussion im Rahmen des
Konsultations­prozesses gezeigt, dass hier noch
erheblicher Diskussionsbedarf besteht und dass das
Thema für die Steuerpflichtigen eine hohe Bedeutung hat.
Insofern ist die Absicht der OECD, eine umfassende
Klärung der offenen Fragen sowie eine grundlegende
Überarbeitung der Richtlinien zu diesem Thema
vorzunehmen, als positiv anzusehen.
Ihre Ansprechpartner
Dr. Roman Dawid
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15
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 10: Dienstleistungen
mit geringer Wertschöpfung
Die OECD hatte am 3. November 2014 einen Entwurf
zu Änderungen an Kapitel VII der Verrechnungs­preis­
richtlinien zu konzerninternen Dienstleistungen mit
geringem Wertschöpfungsbeitrag veröffentlicht.
Nach Auswertung und Diskussion der erhaltenen
Stellungnahmen legte die OECD nunmehr den
finalen Bericht vor, dessen Kernregelungen und
Auswirkungen im Folgenden kurz dargestellt werden.
Gegenstand und Ziel
Der Bericht enthält als maßgebliche Neuerung zur bisherigen
OECD-Rechtslage Ausführungen zu einem optionalen
vereinfachten Ansatz zur Berechnung der Verrechnungspreise
für konzerninterne Dienstleistungen mit geringem Wert­
schöpfungsbeitrag. Ziel ist es, insbesondere auf Wunsch von
Entwicklungsländern, dazu beizutragen, ein Gleichgewicht
zwischen einer angemessenen Vergütung für solche Dienst­
leistungen und der Sicherung von Besteuerungssubstrat in
den dienstleistungsempfangenden Staaten zu erreichen.
Dieses Ziel soll erreicht werden, indem
•eine weit gefasste Kategorie von üblichen Dienstleistungen
mit einem sehr geringen Gewinnaufschlag identifiziert
wird;
•ein konsistenter Allokationsschlüssel für alle Dienst­
leistungs­empfänger angewandt wird;
•eine größere Transparenz durch spezifische
­Anforderungen an das Reporting einschließlich
­Dokumentation erreicht wird.
Definition und Abgrenzung
Dienstleistungen mit geringem Wertschöpfungsbeitrag sind
dann gegeben, wenn sie unterstützend sind, keinen Teil des
Kerngeschäfts des Konzerns darstellen, die Nutzung von
immateriellen Vermögenswerten nicht benötigen und auch
nicht zu deren Entstehung beitragen sowie keine Ein­
beziehung, Entstehung oder Kontrolle substanzieller oder
signifikanter Risiken erforderlich ist. Darüber hinaus enthält
der Bericht auch eine Negativabgrenzung sowie einige
Regelbeispiele.
Vereinfachter Ansatz
Die Anwendung des optionalen vereinfachten Ansatzes setzt
voraus, dass dieser konsistent und konzernweit in allen
operativ tätigen Landesgesellschaften erfolgt. Bei dem
vereinfachten Ansatz werden die Kosten für Dienstleistungen
mit geringem Wertschöpfungsbeitrag in einem dreistufigen
Verfahren den Gesellschaftseinheiten zugeordnet, die
Empfänger der jeweiligen Dienstleistungen sind. Sodann soll
ein einheitlicher Gewinnaufschlag auf alle Kosten in Höhe
von 5 Prozent vorgenommen werden (der Diskussions­
entwurf hatte hier noch eine Bandbreite zwischen 2 und
5 Prozent vorgesehen). Im Rahmen des vereinfachten
Ansatzes bedarf es explizit keines weiteren Nachweises der
Fremd­üblichkeit des Gewinnaufschlags mittels einer
Benchmarking-Studie. Einschränkend wird aber darauf
hin­gewiesen, dass dieser einheitliche Gewinnaufschlag nicht
ohne weitere Prüfung für andere konzerninterne Dienst­
leistungen anzuwenden ist.
Im Rahmen des vereinfachten Ansatzes soll der Aufwand der
Nutzendokumentation (sog. Benefit Test) für den Leistungs­
empfänger auf ein vernünftiges Maß reduziert werden,
sodass bei Erfüllung der vorgesehenen Dokumentations­
anforderungen eine jährliche Rechnung genügen würde, aus
der die Beschreibung der Dienstleistungskategorie hervor­
geht.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, ob und wie der vereinfachte Ansatz
in der Praxis von den Finanzverwaltungen tatsächlich
akzeptiert wird. Überdies ist zu hoffen, dass sich die
Compliance-Anforderungen an den Steuerpflichtigen
insbesondere im Hinblick auf die Nutzendokumentation
minimieren. Dem Steuerpflichtigen entsteht im Rahmen
von aktuellen Betriebsprüfungen diesbezüglich oftmals
ein unverhältnismäßig hoher administrativer Aufwand.
Schließlich bleibt festzustellen, dass die OECD und das
EU Joint Transfer Pricing Forum für Dienstleistungen mit
geringer Wertschöpfung unterschiedliche Gewinn­
aufschläge als angemessen ansehen (die EU-Leitlinien
sehen hier eine Bandbreite von 3 bis 10 Prozent vor).
Auch in Betriebsprüfungen hat sich diese Bandbreite
etabliert. Eine vereinheitlichte Beaufschlagung mit
5 Prozent führt zwar zu einer administrativen
­Vereinfachung, jedoch kann die starre Festlegung für
einige Länder und auch Industrien zu unangemessenen
Vergütungen führen.
Ihre Ansprechpartner
Carsten Hüning
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Ronald Steinert
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Im Vergleich zum Diskussionsentwurf enthält der finale
Bericht die Möglichkeit der Festlegung eines Schwellen­
wertes für die steuerliche Anerkennung der Optierung zum
vereinfachten Ansatz.
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
16
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 10: Warentransaktionen
mit öffentlicher Preisfestsetzung
Im Rahmen des BEPS-Aktionspunkts 10 (Ergänzung
des Kapitels II der OECD-Verrechnungspreis­
richtlinien) wurde die Preisvergleichsmethode als
vorrangig anzuwendende Methode unter Heran­
ziehung eines notierten Preises als Vergleichspreis
für Warentransaktionen mit öffentlicher Preis­
festsetzung („commodity transactions“) festgelegt.
Gegenüber dem ersten Diskussionsentwurf wurden
insbesondere die Anforderungen an die
Verrechnungs­preisdokumentation sowie die
­Anwendung des „deemed pricing date“ spezifiziert.
Anwendung der Preisvergleichsmethode
Die Ergänzungen der Tz. 2.16A bis 2.16E der OECD-­
Richtlinien finden Anwendung auf sogenannte commodity
transactions. Hierbei handelt es sich um Warentransaktionen,
für die voneinander unabhängige Dritte zur Preisfestsetzung
auf einen notierten Preis (Referenzpreis) Bezug nehmen. Als
Referenzpreis dient ein an einer nationalen oder inter­
nationalen Börse notierter Preis für die Ware bzw. ein durch
sonstige anerkannte Notierungen, etwa durch (amtliche)
statistische Agenturen bekannt gegebener, öffentlich
verfügbarer Preis.
Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze zur Auswahl
einer geeigneten Verrechnungspreismethode ist die Preis­
vergleichsmethode als vorrangige Verrechnungspreis­
methode auf die vorgenannten Transaktionen anzuwenden.
Der Referenzpreis ist einem aus Vergleichstransaktionen
ermittelten Preis als Preisvergleich vorzuziehen. Voraus­
setzungen für die Anwendung der Preisvergleichsmethode
sind, dass in der betreffenden Industrie die Preissetzung
zwischen fremden Dritten unter Bezugnahme auf solche
Referenzpreise erfolgt, und dass die relevanten konzern­
internen Bedingungen mit den relevanten externen
­Bedingungen wirtschaftlich vergleichbar sind. Zu den
relevanten ­Bedingungen zählen physische Gegebenheiten
und Qualität der Ware, Vertragsbedingungen der konzerninternen Transaktion wie vereinbarte Menge, Laufzeit der
Verein­barung, Zeitpunkt der Lieferung sowie Liefer­
bedingungen, Transport, Versicherung und Fremdwährungs­
verein­barungen. Sofern die Bedingungen, die der konzerninternen Transaktion zugrunde liegen, von denen abweichen,
die den Transaktionen zugrunde liegen, aus denen sich der
Referenzpreis bestimmt, sind entsprechende Anpassungen
vor­zunehmen.
Maßgeblicher Zeitpunkt und Dokumentation
Wird durch die Transaktionspartner ein zuverlässiger Nach­
weis dafür erbracht, dass für die Preisbestimmung ein
bestimmtes Datum maßgeblich ist (zum Beispiel durch
Vorlage eines Angebots), und soweit das tatsächliche
Verhalten der Transaktionspartner der Vereinbarung
entspricht, ist der vereinbarte Zeitpunkt grundsätzlich als
maßgeblicher Zeitpunkt anzuerkennen. Sofern ein solcher
Nachweis nicht erbracht wird, kann die Finanzverwaltung
basierend auf den ihr vorliegenden Informationen einen
abweichenden maßgeblichen Zeitpunkt (sogenannte deemed
pricing date) festlegen. Dieser Zeitpunkt kann der Tag des
Versands der Ware sein. Somit wurde die Anwendung des
deemed pricing date gegenüber dem Diskussionsentwurf
spezifiziert und eingeschränkt. Darüber hinaus sind in der
Endfassung die im Rahmen der Verrechnungspreis­
dokumentation zu dokumentierenden Informationen –
insbesondere die zugrunde liegende Preissetzungspolitik
hinsichtlich solcher Warentransaktionen, die Begründung
etwaiger Anpassungen sowie der maßgebliche Zeitpunkt und
sonstige wesentliche Informationen spezifiziert worden.
Fazit
Die Definition von Warentransaktionen mit öffentlicher
Preisfestsetzung ist sehr weit gefasst. Daher ist vor der
Anwendung der Preisvergleichsmethode auf Waren­
transaktionen mit öffentlicher Preisfestsetzung genau zu
überprüfen, ob ein Referenzpreis vor dem Hintergrund
allgemeiner Verrechnungspreisregelungen tatsächlich als
Preisvergleich geeignet ist. Darüber hinaus haben Steuerpflichtige hinsichtlich solcher Waren­transaktionen
gesteigerte Mitwirkungspflichten, was die Anwendung der
Preisvergleichsmethode, die Begründung einer möglichen
Abweichung vom Referenzpreis sowie die Auswahl des für
die Preisbestimmung maßgeblichen Zeitpunkts betrifft.
Insbesondere Steuerpflichtigen, die den Verrechnungspreis bisher anhand einer anderen Methodik bestimmt
haben, ist es anzuraten zu dokumentieren, warum diese
Methodik zu einer fremdüblichen Preis­bestimmung führt
und dem Bezug auf einen Referenzpreis vorzuziehen ist.
Ihre Ansprechpartner
Kati Fiehler
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Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 13: Verrechnungs­preisdokumentation und Country-byCountry-Reporting
Die OECD hat am 5. Oktober 2015 als Ergebnis der
Maßnahme 13 die finale Version des neuen Kapitels V
der OECD-Richtlinien zur Dokumentation von
Ver­rechnungspreisen veröffentlicht. Gegenüber den
bisherigen Entwürfen weist die finale Fassung keine
substanziellen Änderungen auf. Das neue Kapitel V
wird zukünftig zu deutlich höherem
Dokumentations­­aufwand führen. Eine zeitnahe
Umsetzung in nationales Recht wird erwartet.
Unter dem Titel Transfer Pricing Documentation and Countryby-Country Reporting hat die OECD am 5. Oktober 2015 die
finale Fassung des Kapitels V der OECD-Richtlinien ver­
öffentlicht. In dieser Fassung wurden die beiden bislang
vorliegenden Entwürfe zu diesem Thema inhaltlich zu einem
Dokument zusammengefasst. Gegenüber den Entwürfen
weist die finale Fassung des Kapitels V keine substanziellen
Änderungen auf. In Annex III wurden bezüglich der
allgemeinen Vorgaben jedoch marginale Anpassungen bzw.
Ergänzungen vorgenommen.
Zielsetzung und dreistufiger Ansatz
Mit der Maßnahme 13 werden die Richtlinien zur Erstellung
von Verrechnungspreisdokumentationen modernisiert und
weiterentwickelt. Die OECD will dabei das Transparenz­
bedürfnis der Steuerbehörden auf der einen Seite und die
Compliance-Kosten für die Steuerzahler auf der anderen
Seite berücksichtigen. Hierbei dürfte auch das Ziel der
Vereinheitlichung der bereits bestehenden nationalen
Dokumentationsvorschriften eine Rolle spielen.
Das neue Kapitel V definiert hierzu folgende Leitlinien der
Verrechnungspreisdokumentation:
•Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei der
Preisfestsetzung sowie bei der Überprüfung der Fremd­
üblichkeit; hierbei wird insbesondere Wert auf die
Preisermittlung im Vorhinein (Ex-ante-Ansatz) gelegt;
•Bereitstellung von Informationen, die eine angemessene
Risikoabschätzung und damit die Auswahl von Prüf­
feldern durch die Steuerbehörden ermöglichen sollen;
•Bereitstellung von Informationen, die eine eingehende
Prüfung von Verrechnungspreissachverhalten durch die
Steuerbehörden ermöglichen.
Um dies standardisiert umzusetzen, wird seitens der OECD
ein dreistufiger Dokumentationsansatz vorgeschlagen:
1. Master File: Stammdokumentation von standardisierten
Informationen, die für alle Unternehmen der Gruppe von
Bedeutung sind, wie zum Beispiel Informationen zu
Organisationsstruktur, Geschäftsmodell, immateriellen
Wirtschaftsgütern, Finanzierungen, und Beschreibung
aller im Konzern vorhandenen Advance Pricing
Agreements und sonstiger verbindlicher Auskünfte durch
die Finanzverwaltungen.
2.Local File: detaillierte landesspezifische Dokumentation,
die vornehmlich die relevanten Informationen für die
Verrechnungspreisanalyse konzerninterner Transaktionen
zwischen der lokalen Einheit und verbundenen Unter­
nehmen liefert.
3.Country-by-Country-Report (CbCR): eine
Aufstellung der globalen Verteilung bestimmter Kenn­
zahlen wie Umsatz, Vorsteuerergebnis, gezahlte Ertrag­
steuern, materielle Wirtschaftsgüter, Mitarbeiter etc.,
gegliedert nach Steuerhoheitsgebieten (Tabelle 1); zudem
eine Aufstellung der Geschäftstätigkeiten aller Geschäfts­
einheiten (Tabelle 2) sowie sonstige zusätzlich relevante
Informationen (Tabelle 3). Der CbCR ist für Unter­nehmen
mit einem jährlichen Konzernumsatz von mehr als
750 Millionen Euro zu erstellen. Die Anforderungen sollen
nach dem Willen der OECD für alle Wirtschafts­jahre, die
am oder nach dem 1. Januar 2016 beginnen, gelten.
Umsetzung des neuen Ansatzes
Folgende Punkte sind hinsichtlich der Umsetzung des neuen
Ansatzes insbesondere zu beachten:
•Die OECD schlägt einen Ex-ante-Ansatz vor, durch den der
Steuerpflichtige gehalten ist, die Angemessenheit der
Verrechnungspreisbildung anhand der Informationen
vorzunehmen, die zum Zeitpunkt der Transaktion
verfügbar sind. Diese sind dann zum Zeitpunkt der
Erstellung der Steuererklärung erneut zu überprüfen.
•Die Bedeutung von Wesentlichkeitsgrenzen, zum Beispiel
für zu dokumentierende Transaktionsvolumina, wird von
der OECD zwar im Grundsatz betont, allerdings fehlen
diesbezüglich konkrete Vorgaben und es wird auf die
jeweilige Umsetzung in nationales Recht verwiesen.
•Die Sprache der Verrechnungspreisdokumentation soll
der jeweiligen Amtssprache entsprechen. Die OECD
empfiehlt jedoch, dass die Abgabe in einer international
gebräuchlichen Sprache (z. B. Englisch) ermöglicht
werden sollte.
•Master File und Local File sollen spätestens zum
Zeitpunkt der Abgabe von Steuererklärungen vorhanden
sein. Der CbCR soll innerhalb von zwölf Monaten nach
Ende eines Wirtschaftsjahres erstellt und eingereicht
werden. Angenommen, das Wirtschaftsjahr entspricht
dem Kalenderjahr, so ist der erste CbCR spätestens am
31. Dezember 2017 abzugeben.
•Der CbCR soll von der Konzernobergesellschaft ein­
gereicht werden. Ist die Konzernobergesellschaft in ihrem
Ansässigkeitsstaat nicht zur Abgabe verpflichtet, soll eine
Ersatzgesellschaft bestimmt werden, die in ihrem
Ansässig­keitsstaat den CbCR für die Gruppe abgibt.
•Die OECD hat in den Anhängen I bis III Anleitungen zur
Erstellung der Dokumentation sowie des CbCR bereit­
gestellt. Hier werden auch Definitionen der Kennzahlen
zum CbCR aufgeführt.
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
18
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
•Master File und Local File sollen jährlich überprüft und,
sofern notwendig, aktualisiert werden. Datenbankstudien
sollen alle drei Jahre neu erstellt werden. Die Finanz­
informationen der Vergleichsunternehmen sind jedoch
jährlich zu aktualisieren. Die OECD empfiehlt (sofern
möglich) die Nutzung lokaler Vergleichsdaten. Sie lässt
aber auch die Nutzung regionaler Studien zu, sofern
lokale Vergleichsdaten nicht verfügbar sind.
•Der CbCR darf von den Steuerverwaltungen als Basis für
eine erste Risikoeinschätzung und weiterführende
Unter­suchungen genutzt werden, nicht aber für
Anpassungen.
•Der automatische Austausch des CbCR zwischen den
Steuerverwaltungen der Länder, in denen die Gruppe
tätig ist, soll mittels bestehender Mechanismen, zum
Beispiel Vereinbarung eines automatischen Informations­
austauschs bezüglich steuerlich relevanter Sachverhalte,
Tax Information Exchange Agreements, Doppel­
besteuerungs­abkommen etc., erfolgen. Ist ein solcher
Mechanismus nicht vorhanden bzw. noch nicht
umgesetzt, können „sekundäre Mechanismen“ wie etwa
die lokale Abgabe des CbCR durch Tochtergesellschaften
angewandt werden.
•Die OECD betont die Wahrung des Steuergeheimnisses
durch die Steuerbehörden.
•Um die einheitliche Implementierung der neuen Regeln in
lokales Recht zu ermöglichen sowie einen reibungslosen
Informationsaustausch zu gewährleisten, hat die OECD
Empfehlungen für die Implementierung entwickelt. Diese
enthalten Mustertexte für die Umsetzung in nationales
Recht (Model Legislation) sowie alternative Muster­
abkommen für den Informationsaustausch der durch
CbCR erhobenen Daten (Model Competent Authority
Agreements).
4
Vgl. Ditz/Quilitzsch, DStR 2014, 127 (129).
Würdigung und Herausforderungen
Die Standardisierung der Regeln zur Erstellung von
Verrechnungspreisdokumentationen ist grundsätzlich zu
begrüßen. Die mehrfach betonte notwendige Ausgewogen­
heit zwischen einem begründeten Interesse der Steuer­
verwaltungen an mehr Transparenz einerseits und den
erhöhten Kosten für die Erstellung der Verrechnungs­
preisdokumentation für Steuerzahler andererseits wird
jedoch durch die Richtlinie nicht ausreichend erfüllt. Im
Rahmen des Master File müssen weitreichende Gruppen­
informationen zur Verfügung gestellt werden, wobei der
Steuerpflichtige im Sinne des ordentlichen und gewissen­
haften Geschäftsleiters entscheiden muss, welche
Informationen im Master File zur Verfügung gestellt werden
sollen. Interessenkonflikte sind hier vorprogrammiert.
Auch die Bereitstellung von Daten für den CbCR wird mit
erheblichem Aufwand und Schwierigkeiten verbunden sein.
Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass verschiedene
Positionen im CbCR auf unterschiedliche Weise aufbereitet
werden können, da sie nicht eindeutig definiert sind.
Zudem ist die Aussagekraft der im CbCR aggregierten
Informationen hinsichtlich der Beurteilung von möglichen
Gewinn­verlagerungen wohl nur sehr eingeschränkt. Dies
liegt vor allem daran, dass in den Länderkennzahlen unter­
schiedliche Gesellschaften, Geschäftsmodelle, Routine­
unternehmen und Strategieträger, Teilkonzerne, Business
Units etc. kumuliert werden können. Es ist zudem
wahrscheinlich, dass gerade Schwellenländer zusätzliche
Daten im Rahmen des CbCR wie zum Beispiel transaktions­
bezogene Detailinformationen zu Zinszahlungen, Lizenz­
zahlungen und Dienstleistungs­gebühren anfordern werden.
Im schlimmsten Fall können die Daten zu einer formelhaften
Gewinnaufteilung genutzt und dadurch Doppel­
besteuerungen herbeigeführt werden.
Darüber hinaus lässt die OECD eine Reihe von Fragen
unbeantwortet, wie zum Beispiel die Wahl der Datenquelle,
den zu verwendenden Rechnungslegungsstandard oder wie
die Unterschiede zwischen handelsbilanzieller und steuer­
bilanzieller Betrachtung von Daten vereinbart werden sollen.
Außerdem müssen vielfach Daten nicht nur systemgeneriert,
sondern auch manuell erhoben werden. All dies kann in der
Praxis zu einer uneinheitlichen Umsetzung des CbCR führen,
wodurch die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Daten
weiter eingeschränkt wird.
Zunächst erscheint es begrüßenswert, die Abgabe des CbCR
auf einen Zwölfmonatszeitraum nach Ende des Geschäfts­
jahres auszudehnen. Allerdings werden das Master File und
das Local File bereits mit Abgabe der Steuererklärung
gefordert. Zur Wahrung der Konsistenz kann es daher Sinn
machen, die Informationen zum CbCR bereits zu diesem
Zeitpunkt verfügbar zu haben.
Die Betonung des Steuergeheimnisses und der Verschwiegen­
heitsverpflichtungen der Steuerbehörden wird in der Praxis
aufgrund der deutlich unterschiedlichen nationalen
Rechtslagen nicht durchgängig sicherzustellen sein, da in
einigen Staaten wie zum Beispiel Frankreich, Finnland,
Norwegen und Schweden eine Offenlegung steuerlicher
Information zulässig ist.4
Obwohl die Empfehlungen der OECD für die
Implementierung mit den Model Competent Authority
Agreements eine Basis für den internationalen Informations­
austausch schaffen möchten, wird die Umsetzung mit
erheblichem Aufwand verbunden sein. Es ist fraglich, ob eine
zeitgerechte Umsetzung mit allen Staaten möglich sein wird.
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
19
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Fazit
Die finale Fassung des Kapitels V der OECD-Richtlinien
erhöht die Dokumentationsanforderungen deutlich,
sodass Steuerpflichtige in Zukunft mehr Informationen
bereitstellen müssen. Diese Anforderungen werden durch
die Einführung des CbCR verschärft. Aber selbst wenn
Steuerpflichtige unter die Wesentlichkeitsgrenze des
CbCR fallen, müssen sie den Steuerbehörden in Zukunft
regelmäßig weiter gehende Informationen zur Verfügung
stellen.
Ihre Ansprechpartner
Dr. Ludger Wellens
PwC Düsseldorf
Tel.: +49 211 981-2237
E-Mail: [email protected]
Steuerpflichtige werden sich daher mit den folgenden
zentralen Fragestellungen beschäftigen müssen:
(1) Wie kann die bestehende Dokumentation über­
arbeitet werden, um den quantitativ und qualitativ
höheren Anforderungen gerecht zu werden?
(2) Sind die für das CbCR notwendigen Daten vorhanden
und wie bzw. wo (zentral/dezentral) können diese
effizient erhoben werden?
(3) Welches Risikopotenzial birgt die Bereit­stellung der
CbCR-Daten?
Sevda Eker
PwC München
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Arundhati Pandeya
PwC München
Tel.: +49 89 5790-6829
E-Mail: [email protected]
Es ist damit zu rechnen, dass mit Abschluss der Arbeiten
an Maßnahme 13 weitere Staaten der Empfehlung zur
Umsetzung folgen werden. Auch das Bundesministerium
der Finanzen arbeitet derzeit an der Überarbeitung bzw.
Erweiterung des § 90 AO.
Detaillierte Informationen zur geplanten Umsetzung
erwarten Sie in unserer nächsten Ausgabe, die Ende
November erscheint.
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
20
Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 14: Verbesserung der
Wirksamkeit von Streitbeilegungs­
mechanismen
Am 18. Dezember 2014 veröffentlichte die OECD
einen Entwurf zur Effektivitätssteigerung von
Streitbeilegungsmechanismen. Nach Auswertung
und Diskussion der erhaltenen Stellungnahmen
legte die OECD nunmehr den finalen Bericht vor,
dessen Kernregelungen und Auswirkungen im
Folgenden kurz dargestellt werden.
Gegenstand und Ziel
Das Hauptaugenmerk des Berichts ist auf die Beseitigung von
Hindernissen bei der Durchführung von Verständigungs­
verfahren gerichtet sowie auf die Tatsache, dass zahlreiche
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) keine Schieds­
verfahrensregularien enthalten und somit der Zugang zu
Schiedsverfahren teilweise verwehrt ist.
•Sicherstellung, dass Steuerpflichtige Verständigungs­
verfahren anstreben können, sofern angemessen.
Demzufolge beinhaltet der Mindeststandard insbesondere ein
starkes politisches Engagement für die wirksame und
zeitnahe Streitbeilegung im Wege des Verständigungs­
verfahrens. So sollen zum Beispiel ausreichend Ressourcen
zur Verfügung gestellt werden, um Best-Practice-Ansätze
umzusetzen, die von der OECD in Ergänzung zum Mindest­
standard entwickelt worden sind. Ein Überprüfungs­
mechanismus (Monitoring) soll gewährleisten, dass die
Staaten Fortschritte in ihren politischen Verpflichtungen
erzielen und der Mindeststandard eingehalten wird.
Darüber hinaus hat sich eine Gruppe von 20 Ländern
(inklusive Deutschland) auf ein Maßnahmenpaket
verständigt, um unter anderem zeitnah ein zwingendes und
verbindliches Schiedsverfahren in ihre bilateralen DBA
aufzunehmen. Gemäß der OECD würde dies ca. 90 Prozent
der ausstehenden Verständigungsverfahren abdecken.
Statistik über Verständigungsverfahren Deutschlands
Es ist damit zu rechnen, dass die im Rahmen des BEPS-­
Projekts vorgenommenen Änderungen in der Praxis zu
abweichenden Interpretationen in der Anwendung und somit
zu einer weiteren Zunahme von Konfliktsituationen zwischen
Staaten und Steuerpflichtigen führen können. Daher wurde
im Rahmen der Maßnahme 14 nunmehr ein Mindest­standard
im Hinblick auf die Streitbeilegung festgelegt.
Mindeststandard, Best Practices und Monitoring
Der Mindeststandard soll Folgendes gewährleisten:
•Sicherstellung, dass die Abkommensverpflichtungen in
Bezug auf Verständigungsverfahren vollständig nach den
Grundsätzen von Treu und Glauben implementiert sind
und die Streitfälle zeitnah gelöst werden,
•Sicherstellung der Implementierung administrativer
Prozesse, die die Vermeidung und zeitnahe Lösung von
Streitfällen fördern,
900
600
500
483
400
300
200
306
150
209
Ihre Ansprechpartner
Katharina Mitsuyo Engelmayer
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E-Mail: [email protected]
702
700
Hilfreiche Impulse bzw. praktische Änderungen am
Streitbeilegungsmechanismus aus der BEPS-Maßnahme
14 werden erwartet.
858
787
800
Fazit
Die Zahl der Verständigungsverfahren beim Bundes­
zentralamt für Steuern hat sich in den letzten Jahren
signifikant erhöht: von 483 offenen Verfahren Ende 2010
auf 858 Verfahren Ende 2013. Es ist absehbar, dass es als
Folge des BEPS-Projekts zu einem weiteren deutlichen
Anstieg der Verfahren kommen wird.
277
150
267
158
138
100
0
2010
2011
Endbestand 31.12.
2012
Zugang pro Jahr
2013
erledigte Fälle
Quelle: Mutual Agreement Procedure Statistics 2006–2013 der OECD für Deutschland
Transfer Pricing Perspective Deutschland Oktober 2015
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Editorial | Finale BEPS-Ergebnisse zu Verrechnungspreisen | Service
Maßnahme 15: Multilaterales
Instrument zur Modifikation
bilateraler DBA
BEPS 15, der letzte in der Reihe der BEPS-Aktions­
punkte, befasst sich mit formalen Fragestellungen
und scheint daher auf den ersten Blick nicht
besonders spannend. Dieser Eindruck täuscht
jedoch. Letztlich wird es wesentlich von BEPS 15
abhängen, ob und wie lange die zu den einzelnen
BEPS-Projekten vereinbarten Maßnahmen Absichts­
erklärungen bleiben, oder ob sie schon bald für viele
Steuerpflichtige Realität werden.
Aufgabenstellung für BEPS 15
Die einzelnen, zu den jeweiligen BEPS-Projekten
vereinbarten Maßnahmen entfalten in den betreffenden
Staaten nicht ohne Weiteres rechtliche Wirkung. Sie müssen
vielmehr in bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen
(DBA) bzw. nationalen Steuergesetzen umgesetzt werden.
Die BEPS-Initiative zielt darauf ab, Gewinnverkürzungen und
Gewinnverlagerungen bei grenzüberschreitenden Trans­
aktionen zu verhindern. Daher ist ein Teil der BEPSMaßnahmen direkt auf die Anpassung bzw. Änderung von
DBA gerichtet. Beispiele sind die Definition von für die
Besteuerung erheblichen Tatbeständen (z. B. Betriebsstätten)
oder die steuerliche Kostenzurechnung bei Zinsausgaben.
Doch auch bei der Umsetzung in nationale Steuergesetze
können DBA betroffen sein, wenn die nationalen Regelungen
zu den DBA-Regelungen im Widerspruch stehen.
Umsetzung durch ein multilaterales Instrument
Die Akteure gehen davon aus, dass insgesamt über
3.000 DBA von den vereinbarten BEPS-Maßnahmen
betroffen sind. Nach derzeitiger Rechtslage müssten diese
einzeln angepasst werden – ein mühseliges und zeit­
aufwendiges Unterfangen. Hier soll das multilaterale
Instrument Abhilfe schaffen. Es wird nur einmal multilateral
verhandelt und es existiert nur ein für alle Beteiligten
verbindlicher Wortlaut. Das multi­laterale Instrument tritt
neben die bestehenden bilateralen DBA und modifiziert die
dort getroffenen Regelungen, in dem Umfang, in dem die
BEPS-Maßnahmen Konsens gefunden haben. Abgrenzungs­
konflikte lassen sich durch sogenannte „Vereinbarkeits-“ oder
„Vorrangigkeits­klauseln“ lösen.
Daneben soll durch das multilaterale Instrument und
entsprechende Kommentierungen eine möglichst
einheitliche Auslegung und Anwendung der beschlossenen
BEPS-Maßnahmen erreicht werden.
Ad-hoc-Gruppe und weitere Schritte
Der finale Report zu BEPS 15 vom 5. Oktober 2015 bekräftigt,
dass die Einführung eines multilateralen Instruments
wünschenswert und realisierbar ist, und diskutiert diverse
Instrumentarien. Er enthält jedoch keine konkreten
Umsetzungsvorschläge hinsichtlich einzelner BEPS-Aktions­
punkte. Seit Mai 2015 beschäftigt sich eine „Ad-hoc-Gruppe“
mit dieser Aufgabe, die bis zum 31. Dezember 2016 ihre
Arbeiten abschließen und ein unterschriftsreifes Dokument
zum multinationalen Instrument vorlegen soll. Nach Unter­
zeichnung muss dieses dann die nationalen Ratifikations­
verfahren durchlaufen, um in den Vertragsstaaten wirksam
zu werden.
Steuerautonomie und Flexibilität
Eine einheitliche, für alle Staaten verbindliche Regelung
steht im Spannungsfeld zur Steuerautonomie dieser Staaten.
Letztere ist ein wichtiges Grundprinzip, das durch BEPS nicht
aufgegeben werden soll. Daher ist es für die Akzeptanz
wichtig, dass es den Staaten ermöglicht wird, ihre
Verpflichtungen aus dem multilateralen Instrument –
solange nicht zentrale Bestimmungen betroffen sind – in
vorab festgelegten Fällen individuell anzupassen (z. B. über
sog. „Opt-in-“ und „Opt-out-Klauseln“, nach denen
bestimmte Regelungen ausgeschlossen oder hinzugenommen
werden können).
Multilaterale Verständigungsverfahren
Die Einführung eines multilateralen Instruments bietet noch
weitere Möglichkeiten. Die aus BEPS-Sicht unerwünschten
Besteuerungskonflikte beruhen in der Regel auf einer hohen
Faktormobilität und globalen Wertschöpfungsketten und
betreffen oftmals mehr als zwei Staaten. Solche multi­
lateralen Konflikte lassen sich meist leichter multilateral als
in bilateralen Verhandlungen lösen. Daher sieht BEPS 15
auch die Einführung multilateraler Verständigungsverfahren
vor.
Fazit
Das multilaterale Instrument greift die derzeitige
politische Dynamik des BEPS-Projekts auf und setzt die
vorgeschlagenen Maßnahmen zeitnah in den einzelnen
Ländern um. Die Einführung des multilateralen
Instruments ist politisch gewollt und aus heutiger Sicht
beschlossene Sache. Spannend wird es noch einmal, wenn
die Ad-hoc-Gruppe im Dezember 2016 konkrete
Umsetzungsvorschläge hinsichtlich einzelner BEPSAktionspunkte präsentiert.
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