dabei um eine posteriore Arthrolyse des oberen Sprunggelenks und

4.4 Sehneneingriffe am Rückfuß
Abb. 4-20 Transfer der
Tibialis-anterior-Sehne zur
Behandlung der Dysfunktion der Tibialis-­posterior-­
Sehne.
dabei um eine posteriore Arthrolyse des oberen Sprunggelenks und Subtalargelenks und eine Verlängerung der Wadenmuskulatur (Fuhrmann u.
Wagner 2009; De Marchi et al. 2000). Je nach Ergebnis der präoperativen
Untersuchung (Silfverskjöld-Test) ist eine indirekte Verlängerung der Wadenmuskulatur oder eine Achillessehnenverlängerung erforderlich.
Indikation
Zentrale oder schlaffe Lähmung der Fußheber.
OP-Technik
Über eine kleine Hautinzision am Os naviculare wird die Tibialis-posyy
terior-Sehne abgetrennt und mit einem Faden armiert (▶ Abb. 4-21a).
3–4 Querfinger oberhalb des Sprunggelenks und lateral der Tibiakanyy
te wird eine weitere Hautinzision angelegt.
Die Membrana interossea kann unter Sicht eröffnet und vorsichtig
yy
aufgeweitet werden.
In gleicher Höhe am Unterschenkel erfolgt medial eine Stichinzision,
yy
durch die das freie Ende der TP-Sehne nach proximal herausgezogen
wird.
Eine gebogene Klemme wird dann von der lateralen Inzision nach meyy
dial geführt, sodass die TP-Sehne von posterior durch die Membrana
interossea nach anterior geführt werden kann (▶ Abb. 4-21b).
Evtl. ist es erforderlich, die distalen Muskelanteile von der Sehne
yy
abzupräparieren.
In Neutralstellung des Fußes wird der Insertionspunkt der TP-Sehne
yy
auf dem Mittelfuß (Os cuneiforme intermedium oder laterale) festgelegt.
Nach Anlegen einer weiteren kleinen Inzision am Fußrücken wird die
yy
TP-Sehne unter dem Retinaculum extensorum nach distal ausgeleitet
und hier transossär refixiert (▶ Abb. 4.21c).
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228
4 Sehnenchirurgie
a
b
c
Abb. 4-21 Transfer der Tibialis-posterior-Sehne bei Lähmungsspitzfuß. Desinsertion der TP-Sehne am Os naviculare. Transfer des freien Sehnenzügels durch die Membrana interossea zum anterioren Unterschenkel. Transfer
des freien Sehnenzügels unter dem Retinaculum extensorum zur lateralen Fußwurzel.
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4.4 Sehneneingriffe am Rückfuß
Nachbehandlung
Immobilisation im zirkulären Unterschenkelcast über 6 Wochen unter
yy
schmerzadaptierter Vollbelastung.
Anschließend Übergehen auf einen Heidelberger Winkel, der für
yy
weitere 6 Wochen getragen werden muss und Beginn mit aktiven
Bewegungsübungen.
4.4.4 Erkrankungen der Peronealsehnen
Die peronaeale Muskelgruppe befindet sich im lateralen Kompartiment des
Unterschenkels. Die Innervation erfolgt durch den N. peroneus superficialis.
Der M. peroneus longus entspringt von den proximalen zwei Dritteln
der Fibula und vom Septum intermusculare. Der M. peroneus brevis entspringt von den distalen zwei Dritteln der Fibula, ventral des Ursprungs
des M. peroneus longus. In 20 % findet sich beim kaukasischen Typus
ein Os peroneum in der Sehne auf Höhe des Calcaneocuboidalgelenks.
Die Peroneus-longus- und -brevis-Sehnen verlaufen in einer gemeinsamen
Sehnenscheide, welche ca. 4 cm oberhalb der Spitze des Malleolus lateralis
beginnt und sich durch einen fibroossären Tunnel und die retromalleolare
Grube nach distal erstreckt.
Bei ca. 10–15 % der Bevölkerung ist ein M. peroneus tertius nicht nachweisbar. Er gehört entwicklungsgeschichtlich zu den Fußstreckern. Sein
Ursprung liegt im distalen ventralen Drittel der Fibula. Sein Muskelbauch
ist i. d. R. nicht vom Muskelbauch des M. extensor digitorum longus zu
separieren. Der Muskelbauch endet unmittelbar oberhalb des inferioren
Retinaculum extensorum.
Der tiefliegende Muskelbauch verursacht bei einem kleinen Anteil der
Patienten eine anterolaterale Schmerzsymptomatik und ein Schnappphänomen. Ein ähnliches Phänomen (Sehnenschnappen, Sehnensubluxation,
dorsolaterales Impingement) kann auch durch einen (in ca. 6–7 % vorhandenen) M. peroneus quartus verursacht werden. Dieser entspringt variabel aus
dem M. peroneus brevis, von dem er phylogenetisch abstammt, am distalen
Unterschenkel und läuft parallel zu diesem hinter dem Außenknöchel mit
ebenfalls variablem Ansatz zum Fußaußenrand. Die Perfusion der peronealen Muskelgruppe wird durch Äste der A. peronea sowie der A. tarsalis
medialis gewährleistet.
Funktionell arbeitet der M. peroneus brevis als Abduktor und Elevator
sowie als Plantarbeuger des Fußes. Der M. peroneus longus erfüllt funktionell ähnliche Funktionen, zusätzlich ist er für die Stabilisierung der medialen Fußwölbung während der Standphase des Fußes zuständig.
Die Peronealsehnen sind gemeinsam als dynamische Stabilisatoren und
Unterstützer des lateralen Bandapparats am OSG zu betrachten. Als Antagonisten fungieren: FHL, FDL, TA und TP.
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4 Sehnenchirurgie
Abb. 4-22 Klinisches Bild
einer Peronealsehnenluxation.
Unterschieden wird zwischen:
Peronealsehnentendinose,
yy
Peronealsehnenluxation (▶ Abb. 4-22),
yy
Ruptur der Peronealsehnen.
yy
Diagnostik
Hierzu zählt die klinische Inspektion des Gangbilds. Eine apparative Diagnostik umfasst den Ultraschall, das Röntgen, die MRT und Videoganganalyse sowie die EMG und die NLG.
Tendinose der Peronealsehnen
Die Manifestation einer Tendinose kann als akute oder chronische Form
(Beschwerdedauer > 6 Wochen) auftreten. Die Behandlung ist primär konservativ mit antiphlogistischer Medikation, Entlastung und Physiotherapie
mit frühzeitiger Dehnungsbehandlung. Nach neueren Erkenntnissen ist die
Injektion mit platelet-rich Plasma oder hyaluronsäurehaltigen Medikamenten eine mögliche Behandlungsalternative.
Bei Therapieresistenz über 3 Monate ist die Indikation einer operativen
Intervention zu prüfen.
Infrage kommen hierfür die folgenden Therapieoptionen:
Tenosynovialektomie,
yy
Ausschneiden von mukoiden Degenerationen oder Nekrosezonen.
yy
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch sind folgende Pathologien zu bedenken:
Kompartmentsyndrom des vorderen Unterschenkels,
yy
neurogene Muskel-Sehnen-Dysfunktion,
yy
Stressfraktur der Tibia,
yy
ischämischer Muskelinfarkt,
yy
vorderes Schienbeinkantensyndrom,
yy
virale Affektionen der Muskel-Sehnen-Einheit.
yy
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4.4 Sehneneingriffe am Rückfuß
Peronealsehnenluxation
Die erste Beschreibung einer Peronealsehnenluxation stammt von Monteggia aus dem Jahr 1803. Er beschrieb die Sehnenluxation bei einem Balletttänzer.
Der typische Unfallmechanismus besteht aus einer plötzlichen passiven
Dorsalextension im Sprunggelenk bei Inversion des Fußes. Differenzialdiagnostisch muss eine Sprunggelenksdistorsion in Erwägung gezogen werden.
Begünstigende Faktoren für eine Peronealsehnenluxation sind:
eine flache retromalleolare Gleitrinne,
yy
eine Verletzung oder Laxität des superioren Retinaculum peroneorum,
yy
eine chronische Außenbandinstabilität,
yy
ein Calcaneus varus.
yy
Unterschieden werden chronische oder akute Peronealsehnenluxationen.
Nach Eckert und Davis (1976) wird die Einteilung in 3 Schweregrade vorgenommen (▶ Abb. 4-23), die durch das Ausmaß der Luxationstasche bzw.
den knöchernen Ausriss des Retinaculum peroneorum superius definiert
werden.
Diagnostik
Zur Diagnostik zählen:
Röntgen OSG in 2 Ebenen und Mortise view (knöcherne Retinaculum­
yy
ausrisse),
Saltzman-Aufnahme (Bestimmung der Calcaneusachse),
yy
Ultraschall,
yy
MRT, falls möglich dynamisches MRT,
yy
CT (Beurteilung der Gleitrinne).
yy
Therapie
Prinzipiell wird bei akuter wie auch chronischer Sehnenluxation ein operativer Eingriff empfohlen (Saxena 2012).
Die Ausnahme stellt hier ein Peronealsehnenschnappen beim Säugling
oder Kleinkind dar, das mit einer Gipsruhigstellung behandelt wird.
Abb. 4-23 Einteilung
der Peronealsehnenluxationen nach Eckert und
Davis (Grad I–III von links
nach rechts).
Grad I
Grad II
Grad III
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4 Sehnenchirurgie
232
a
b
c
Abb. 4-24 (a, b) Verschiebeplastik mit Knochenspan und (c) Vertiefung der retromalleolaren Gleitrinne zur
Therapie der Peronealsehnenluxation.
OP-Technik
Refixation
yy
des Retinaculum peroneorum superius (v. a. bei akuter
Verletzung).
Rekonstruktion des Retinaculum peroneorum superius mit ortsstänyy
digem Gewebe.
Vertiefen der retromalleolaren Gleitrinne (bei Dysplasie).
yy
Schaffen eines Luxationshindernisses (z. B. Knochenverschiebung)
yy
(▶ Abb. 4-24).
Rezentrierung der Peronealsehnen hinter dem Lig. fibulocalcaneare
yy
(Ogawa u. Thordarson 2007).
Nachbehandlung
14 Tage Unterschenkelgipsschiene.
yy
14 Tage Unterschenkelgehgips mit ca. 20 kg Teilbelastung.
yy
14 Tage Unterschenkelwalker mit zunehmender Aufbelastung, Beginn
yy
mit Physiotherapie.
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4.4 Sehneneingriffe am Rückfuß
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7 Tage Vollbelastung im Walker.
yy
Anschließend Vollbelastung in
yy
stabilem, knöchelübergreifendem
Schuhwerk.
Radfahren und Schwimmen: erlaubt ab Ende der 6. Woche.
yy
Wiederaufnahme bisheriger Sportaktivität nach Ablauf des 4. postopeyy
rativen Monats.
Peronealsehnenrupturen
Rupturen der Peronealsehnen (▶ Abb. 4-25) treten selten als Folge eines akuten Traumas auf. Häufig entstehen sie aufgrund einer chronischen Instabilität mit oder ohne Subluxation der Peronealsehnen oder einer chronischen
Lockerung des Retinaculum peroneorum superius.
Rupturen der Peroneus-longus-Sehne treten gehäuft auf bei Cavovarus-Deformität und/oder einer Rückfuß-Inversions-Deformität. Rupturen
der Peroneus-brevis-Sehne sind häufig Folge chronischer Subluxationen
oder eines hypertrophen Tuberculum peroneale (Proc. peroneorum) an
der Seitenwand des Calcaneus (▶ Abb. 4-26). Dorsalextensionsverletzungen
im OSG können zu Ausrissverletzungen der Peroneus-brevis-Sehne an der
Basis des Os metatarsale V führen.
Von Sobel und Mizel werden die Rupturhöhen eingeteilt in:
Zone I: proximale Sehnenverletzungen (oberhalb Außenknöchelspitze),
yy
meist M. peroneus brevis;
Zone II: distale Sehnenverletzungen (distal der Außenknöchelspitze,
yy
inkl. Os peroneum), meist M. peroneus longus;
Besonderheit: POPS (painful os peroneum syndrome).
yy
Abb. 4-25 Ruptur der Peronealsehnen.
Abb. 4-26 Hypertrophes
Tuberculum peroneale
mit klinisch manifester
­Prominenz über der lateralen Fersenbeinwand.
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