Berner Zeitung - Marieke Kruit

Mittwoch
11. Februar 2015
BERNER INNENSTADT
KAMPF UM DETAILHANDELSFLÄCHEN
Spanische Kleiderl<ette verdrängt Apothel<e
Internationale Ketten treiben
Noyer. «Wir waren in keinen Pla­
die Mieten in der Berner Alt­
nungsschritt involviert.» So be­
stadt in horrende Höhen. Und
ansprucht Inditex für den neuen
verdrängen alteingesessene
Massimo-Dutti-Laden
Firmen von ihrem ange­
Quadratmeter der
stammten Platz . Zum Beispiel
räume.
die Apotheke Dr. Noyer.
sichere Zugangslaube wird ver­
Die
e1mge
Apotheken­
komfortable
und
schwinden, und der künftige Lie­
Die Apotheke Dr. Noyer im Haus
feranteneingang wird gerrau ne­
an der Marktgasse 63/65 muss
ben dem heutigen Haupteingang
der
Kleidermarke
der Apotheke mit der Nr. 65 lie­
Massimo Dutti weichen. Dabei
gen und diesen verdecken. Dass
ist die Familie Noyer bereits seit
sich die zahlreichen Dr.-Noyer­
vierzig Jahren Mieterirr in dem
Kunden, die pro Tag die Markt­
imposanten Gebäude gleich beim
gasse aufsuchen, über den Weg
spanischen
Käfigturm. Der Hauptsitz derun­
verstellende Lieferwagen nicht
abhängigen Berner Apotheken­
freuen würden,
gruppe nimmt dort grosse Teile
Hand. «Diese Umbaumassnah­
der Räumlichkeiten ein.
men hätten unseren Standort
liegt
auf
der
stark abgewertet», nennt Alain
Kein Chance gegen lnditex
Noyer einen weiteren Grund für
den Wegzug. Bitter: Erst 2011
«Wir sind förmlich von Massimo
Dutti verdrängt worden», sagt
hatten die Noyers die Apotheke
Alain Noyer. Der Mitinhaber der
sowie Räumlichkeiten
Dr.-Noyer-Apotheken geht nun
Herstellung und den Versand von
damit erstmals an die Öffentlich­
Medikamenten umgebaut. «Die
für die
keit. Der Kleiderladen wird in die
Kosten haben sich noch nicht
frei gewordenen Räume des Ge­
amortisiert», sagt der 58-Jährige.
bäudes einziehen, die direkt an
der Marktgasse liegen. Früher
«Die mit dem Ein­
waren dort die Accessoire-Bou­
zug von Massimo
tique Claire's und eine Pizzeria
Dutti verbundenen
untergebracht.
Hinter Massimo Dutti steckt
Inditex, das Textilunternehmen
des Spaniers Amancio Ortega.
Der reichste Mann Spaniens hat
mit der Kette Zara längst die
gefragtesten Einkaufslagen der
Umbaumassnah­
men hätten unseren
Standort stark
abgewertet.»
Wer die Nachmieter der Räu­
me sein werden, in denen sich
jetzt noch die Apotheke befindet,
ist unklar. Bei der Rolf Reber Im­
mobilien Verwaltungen GmbH in
Muri, die mit dem Gebäude be­
traut ist, war auf Anfrage keine
Stellungnahme zu erhalten.
Neustart in der Neuengasse
Nach dem 3. März 2014 begann
Welt erobert. In einer Art zwei­
Alain Noyer, Mitinhaber
für die Noyers und ihre Mitarbei­
ten Invasion eröffnet er nun eine
Dr.-Noyer-Apotheken
ter eine unruhige Zeit. Es galt ein
Filiale der Zweitmarke Massimo
Gebäude in der Innenstadt zu
Dutti nach der anderen. Egal wie
finden, in dem sich sowohl eine
hoch die Mieten sind, Inditex
kann sie bezahlen. Andere kön­
NEUE FILIALE IM POST-PARC
grasszügige Apotheke, ein Lager
und Räume für die Herstellung
nen da nicht mehr mithalten, wie
Im Februar 2016 eröffnen die
und den Versand von Arzneimit­
jetzt die Apotheke Dr. Noyer.
Dr.-Noyer-Apotheken ein neu­
teln der Traditionellen Chinesi­
es Geschäft im Berner Post­
schen Medizin (TCM) unterbrin­
gesamt eine Million Franken pro
Parc. « ln enger Zusammenarbeit
gen liessen. Dafür ist Dr. Noyer
Jahr für 750 Quadratmeter in­
mit City-Notfall wird ein neuarti­
schweizweit bekannt.
Deren Besitzer berappen ins­
klusive aller Nebenräume in der
ges Konzept angeboten», sagt
Marktgasse 65. Das entspricht im
Alain Noyer. Er ist Mitinhaber der
Am l. Juni wird die neue Dr.-Noy­
Schnitt 1333 Franken Miete pro
unabhängigen Berner Apothe­
er-Apotheke auf 520 Quadratme­
einzelnem
kengru ppe. Der Empfang für
tern an der Neuengasse 15 eröff­
Quadratmeter.
Die
Noch für kurze Zeit im Haus an der Marktgasse 63/65: Alain Noyer und seine Schwester Anne Laurence in der Abteilung für
Schliesslich wurde man fündig.
Die SP will «tote» Schaufenster
Marktgasse gehört mittlerweile
Notfallpatienten wird sich im
net. Dort befand sich früher der
zu den drei teuersten Strassen
Erdgeschoss mitten in den
Schuhladen
Aufgegeben
Zu viele Grossbanken, zu we­
der
der Schweiz.
Räumlichkeiten der Apotheke
wird die F iliale an der Marktgas­
nig Kleingewerbe: Die Stadt­
Fenster, die gar nicht oder bloss
Bata.
«traurigen
Sterilität»
der
berner SP kämpft mit einem
mit Monitoren bestückt seien.
nungen gehören
Vorstoss gegen «toten Schau­
«Diese Erscheinungen gehören
fenster in der Altstadt.
zu Betrieben, die finanziell derart
zu Betrieben, die
Wie viel Inditex für die Toplage
befinden, wasvoraussichtlich
se
bezahlt, ist nicht bekannt. Es
fürviel Laufkundschaftsorgen
schule
muss viel sein. Im Zuge dessen
wird. Die Behandlungsräume der
Miete dort sei mit 3000 Franken
kamen die Hausbesitzer auf den
Notfallpraxis liegen im ersten
pro Quadratmeter und Jahr zu
Geschmack und wollten auch die
Stock. Ein sogenannter«Fiying
hoch, so Noyer. Das Personal
Die Credit Suisse an der Markt­
nelle Gewerbe ausstechen kön­
Miete für die Apothekenräume
Doctom wird in der Apotheke
wird in verschiedene Standorte
gasse, die Bank AEK auf der
nen», schreiben die Sozialdemo­
stark erhöhen. Darauf beschlos­
präsentsein und in derCity-Not­
integriert. Das TCM-Labor zieht
Westseite des Kornhausplatzes
kratinnen in ihrer Motion, die sie
sen die Noyers auszuziehen.
faii-«Medi Box» kleinere Eingriffe
von der Marktgasse 65 in die Ei­
oder die Banca Popolare di San­
im Stadtparlament eingereicht
erledigen.
gerstrasse 2. An Ort und Stelle
drio an der Kramgasse - in der
haben.
Bei der Planung übergangen
44 zwischen
und
Migros-Klub­
Melectronics.
Die
potent sind, dass sie das traditio­
bleibt die Apotheke Dr. Noyer
Berner Altstadt sind in den letz­
im Post-ParcMitte hältAiain Noy­
Pfötli, in der Schauplatzgasse 7.
ten Jahren zahlreiche Filialen
SP will Bauordnung ändern
wunderte, war die Art und Weise,
er für ideal. Sie wird in unmittel­
Und im Februar 2016 eröffnen
von Banken eröffnet worden.
Mit dem Vorstoss soll der Ge­
wie ihnen der neue Mieter Indi­
barer Nähe der künftigen
die Noyers eine weitere Apothe­
tex und dessen einschneidende
Hauptpost und des Busbahn­
ke (siehe Box) im Post-Parc.
Umbaupläne
Zu viele, findet die SP der Stadt
meinderat
beauftragt
werden,
Bern. Banken und andere Dienst­
die Bauordnung zu ändern. Darin
soll festgehalten werden, dass die
wur­
hofs liegen. Nur ein paarSchritte
Mittlerweile sind Alain Noyer
leistungsbetriebe würden in der
den. «Die Hausbesitzer und der
entfernt, befinden sich mit einem
und die Familie dazu übergegan­
Altstadt für «tote» Schaufenster
Lauben- und Parterregeschosse
Immobilienverwalter
grossen Parkplatz sowie mit Coop
gen, das anfängliche Problem als
sorgen, bemängeln die SP-Stadt­
in der unteren Altstadt dem De­
uns am 3. März 2014 einfach vor
und McDonald's weitereviel fre­
Chance zur Neuausrichtung zu
rätinnen Katharina Altas und
tailhandel, dem Gast- und Klein­
vollendete Tatsachen», sagt Alain
quentierte Punkte. jl
sehen.
Marieke Kruit. Sie stören sich an
gewerbe
stellten
Juliane Lutz
finanziell derart
potent sind, dass
sie das traditionelle
Gewerbe ausste­
chen können.»
Die Lage der neuen Apotheke
Was die langjährigen Mieter ver­
präsentiert
«Diese Erschei­
sowie
Kulturlokalen
Aus der SP-Motion
Bern
Dr. Noyer
verhindern
vorbehalten sind. Für die obere
Altstadt gebe
einen
es zwar bereits
entsprechenden
Passus,
dennoch habe die es an bester
Passantenlage
Räume
mieten
können, kritisiert die SP. Die gel­
tende Bauordnung hält in Artikel
80 fest, dass die untere Altstadt
und die Matte «mit geschäftli­
chen und kulturellen Nutzungen
durchmischte
Wohnquartiere»
sein müssen. Eine explizite Rege­
lung, wie es sie für die obere Alt­
stadt gebe, fehle aber.
Der SP missfällt nicht nur das
Erscheinungsbild der Dienstleis­
tungsbetriebe. Es widerspreche
den Richtlinien für das Unesco­
Weltkulturerbe, wenn das tradi­
tionelle Gewerbe aus der Altstadt
verdrängt werde.
mm
Im Postparc eröffnen die Dr.-Noyer-Apotheken ein neu es Geschäft.
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