Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück Dienstsitz Oppenheim Gruppe Oenologie und Kellertechnik Telefon Zentrale 06133 / 930 -0 -160, -161, -162, -165, -197 Labor -151 Fax -103 www.dlr-rnh.rlp.de KELLERWIRTSCHAFTLICHER INFORMATIONS-SERVICE (KIS) Nr. 12 Rheinhessen 2015 14.10.2015 VERGÄRUNG HOHER MOSTGEWICHTE (BA, TBA) , ABSTICH, SO2, BSA I. Vergärung von Mosten mit hohen Mostgewichten Wie im letzten KIS beschrieben, besteht in diesem Jahr die Besonderheit Weine im gehobenen Restsüßesegment (Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese) zu ernten. Diese Moste bedürfen natürlich einer ganz besonderen Ausbauweise. Je dichter die Moste (Zuckerkonzentrierung), umso mehr Restrub wird auch vorhanden sein, denn eine blanke Filtration ist fast unmöglich, z. T. auch nicht notwendig. Wichtig ist, dass Sie eine schnelle Verarbeitungslinie, bzw. eine zügige Angärung erreichen. Bei Mostgewichten über 150°Oe ist es evtl. ratsam, den Hefeansatz zu verdünnen, um eine schnelle Angärphase zu erhalten. Dieser Ansatz kann dann täglich und zügig verlängert werden. Damit hat die Hefe ein besseres Milieu zum „Arbeiten“. In dem unten aufgeführten Beispiel wurde ein Hefeansatz mit EC 1118 durchgeführt, der aber dem Most ohne Verdünnung direkt zugegeben wurde. Zu erkennen ist, dass nach der Lese am 02.10. und der anschließenden Verarbeitung, die Gärung zügig nach der Hefezugabe eingesetzt hat. Interessanterweise nimmt die flüchtige Säure während der Gärung und der Alkoholbildung nicht zu, sondern wieder ab. Wir sprechen natürlich von einer ausgelesenen „gesunden“ Botrytis in 2015. Dieses Phänomen der Reduzierung der flüchtigen hatten wir auch in dem Problemjahrgang 2014 oft zu beobachten. Wie und mit welchem Restzuckergehalt sollten diese Weine gestoppt werden? Diese Frage kann und muss individuell je nach Betriebsphilosophie geklärt werden. Das stoppen dieser Weine funktioniert am besten unter Kälte (siehe Beispiel – Kühlzelle am 09.10.). Der Restzuckergehalt sollte natürlich in Abhängigkeit der Säure eingestellt werden. Als Faustwert kann bei einer Beerenauslese gelten: Ausgangsmostgewicht in °Oe ungefähr Restzuckergehalt im Wein in g/l. Bei einer Trockenbeerenauslese kann und sollte der Restzuckergehalt auch höher sein. Oft ist hier der begrenzende Faktor der erreichte Alkoholgehalt, denn die Gäraktivität ist eher gering. Genauso wichtig ist aber die sensorische Kontrolle, bzw. die Einstellung nach der „Harmonie“ des Weines. Die Zugabe und die Höhe des SO2 sollten am sinnvollsten im Labor über einen SO2-Bedarf ermittelt werden. Vorher kann natürlich über eine Rahnprobe der ungefähre Zeitpunkt ermittelt werden. 2015er Weißburgunder Beerenauslese Lese am 02.10.2015 Ausgangsmostgewicht 147°Oe, 6,3 g/l Gesamtsäure Mostsäuerung um 1,5 g/l Gärende nach stoppen mit Kühlzelle am 11.10.2015 5.10. Mostgewicht °Oe Restzucker g/l Alk. Vol% fl. Säure g/l 323,4 0,63 0,83 06.10. 07.10. 08.10. 09.10. 10.10. 11.10. 116,0 106,0 237,8 5,41 0,77 94,0 206,1 7,7 0,7 83,0 200 8,09 0,68 81,0 75,0 180,7 9,44 0,62 II. Abstich, Schwefelung und Säureharmonisierung Was ist in den nächsten Wochen zu beachten? 1. Weißweine Im Allgemeinen muss ausreichend Zeit zwischen Gärende und Schwefelzugabe verbleiben (ca. 10 Tage), um das restliche Acetaldehyd abzubauen. Zu hohe Schwefelgaben behindern die Entwicklung der Weine und führen zu verschlossenen Weintypen. Eine Abschwefelung nach Gärende auf die „Hefe“ bei spundvollem Gebinde, kann einen frühzeitigen Abstich ersetzen. Dafür ist eine gute Mostvorklärung vorauszusetzen. Der 1. Abstich kann dann mit der 1. Kieselgurfiltration im Dezember oder Januar zusammengelegt werden. Hierbei ist zu beachten, dass die mögliche Abstich und SO2-Zeitpunkt - Variationen „Hefe“ gesund ist, und SO2-Dosage Zeitpunkt die weitere Entwicklung mg/l des Weines nur positiv faules Lesegut 100 - max. 120 zügig 3-8 Tage nach Gärende fördert. gesundes Lesegut 80 a) 8-10 Tage nach Gärende Durch die Rahnprobe bzw. gute Vorklärung b) vor weiterer chem. Entsäuerung kann der gesundes Lesegut keine BSA-Einleitung Schwefelzeitpunkt des v.a. Burgunder direkt Jungweines weiterhin gesundes Lesegut 60 differenzierte Feinhefelagerung optimiert werden. mit und ohne Aufrühren, Je nach gewünschtem bei niedrigem pH-Wert Ausbaustil und Vorsicht möglicher spontaner BSA eventuell vorgesehener Feinhefelagerung sollten die Betriebsleiter ihre Schwefelmengen variieren. So sind SO2 Gaben von 60 mg/l bis 100 mg/l zuzugeben, je nach gewünschtem Effekt. Eine geringe Zugabe von 60 mg/l zur besseren Autolyse und Entwicklung der Jungweine erfordert natürlich eine ständige sensorische und/oder analytische Kontrolle, damit keine unerwünschten Veränderungen (BSA, Oxydation) entstehen. Diese Differenzierung der Schwefelung hat sich in den letzten Jahren etabliert, und zeigt positive Auswirkungen auf die weitere Weinentwicklung. Sie ist nur sinnvoll bei „stabilen“ Weinen bezüglich Säure, pH-Wert und evtl. BSA. Der Einsatz von Kälte hemmt natürlich unerwünschte Veränderungen. Bei einer Zugabe von 100 mg/l SO2 ist in der Regel eine Sicherheit bis Weihnachten und oft darüber hinaus gegeben. Es sollte aber die Regel sein, die Schwefelstabilität 2-3 Tage nach der Zugabe zu überprüfen. In den letzten Jahren konnte festgestellt werden, dass die Jungweine recht stabil waren, d.h. nach einer Gabe von 80 mg/l SO2 wurden nach 3 Tagen noch 45 mg/l freie SO2 gemessen. Gründe hierfür waren gesunde Trauben und die Vergärung mit Vitamin B1. Inwieweit das auch für den 2015 er Jahrgang gelten kann, wird zu überprüfen sein. 2. Säureharmonisierung Ist die Säure im Wein (sensorisch und/oder analytisch) noch unharmonisch, sollte eine Säurereduzierung oder vereinzelt auch Säureerhöhung ins Auge gefasst werden. Eine frühzeitige Reduzierung, bzw. Erhöhung hat den Vorteil der schnellen Stabilisierung und Harmonisierung und lässt sich gut zusammen mit einem Abstich durchführen. Hierzu sind aber zunächst Kenntnisse über Wein- und Äpfelsäuregehalte notwendig. Vorversuche hierzu erscheinen in jedem Fall sinnvoll. Dabei ist aber die begrenzte sensorische Beurteilungsfähigkeit hefetrüber Wein zu berücksichtigen. Fazit: Das Geheimnis, bzw. die Qualitätsphilosophie eines Weingutes liegt sicher in einer differenzierten Betrachtungsweise der jeweiligen Weinstilistik und des jeweiligen Ausbaus. III. BiOLOGISCHER SÄUREABBAU (BSA) Bereits vergorene und abgepresste Rotweine sollten auf Ihren Alkoholgehalt überprüft werden. Eine eventuell notwendige Nachjustierung kann/muss direkt nach der Kelterung (Maischegärung) vorgenommen werden. Nach Abkühlung des Weines und erneutem Zuckerzusatz kann es zu Problemen mit der Endvergärung kommen. Bei beginnendem BSA kann die Glucose durch Milchsäurebakterien zu Essigsäure umgesetzt werden. Wird der BSA eingeleitet, sind auf jeden Fall die Bedingungen zu optimieren, damit er zügig verlaufen kann. Denken Sie auch an evtl. durchgeführte hohe Maischeschwefelungen, die den BSA behindern können. Bestehen keine Anwärmmöglichkeiten sollte die Restwärme der Gärung für den BSA-Start ausgenutzt werden, direkt nach der Gärung beimpft und der Abstich erst nach vollständigem BSA erfolgen. Sauerstoffzufuhr im BSA kann die Bakterienflora drastisch reduzieren. Eine analytische Bestimmung der Äpfelsäure gibt Aufschluss über die zu erwartende Säurereduktion durch den BSA. Die Säurereduktion ergibt nach dem BSA eine Verminderung der Gesamtsäure im Umfang: Äpfelsäure x 0,5. Eine schwefelfreie Lagerung kann sich mit wöchentlicher sensorischer Kontrolle zur Gerbstoffpolymerisation dann anschließen. Falls Rotweine nach Konzentrierung sehr hohe Alkoholgehalte aufweisen, kann zum Beispiel mit dem Stamm Lalvin VP 41 (hohe Alkoholtoleranz) beimpft werden. Diese Eigenschaft weisen mittlerweile mehrere Bakterienstämme auf. Eine unzureichende Nährstoffsituation der Bakterien aufgrund von Mangelmosten oder starkem Nährstoffkonsum durch die Hefen kann zu Problemen mit dem Start des BSA führen. Hier kann das Aufrühren der Hefe oder ein Zusatz von Hefezellwandpräparaten hilfreich sein. Reines Diammoniumphosphat hilft dabei nur wenig. Die Risiken beim BSA, wie z.B. Zähwerden, Essigstich oder Mäuselton, sind in erster Linie auf die Aktivität von Milchsäurebakterien der Gattung Lactobacillus oder Pediococcus bei pHWerten über 3,5 zurückzuführen. Durch die Einhaltung der Grundbedingungen für den BSA und die richtige Handhabung der Starterkulturen können diese Risiken aber auf ein Minimum reduziert werden. Der Einsatz von Starterkulturen führt durchgängig zu reintönigeren Weinen und reduziert auch den Gehalt an biogenen Aminen. Dabei kann mittlerweile auf Citrat negative Bakterien zurückgegriffen werden, die wenig oder kein Diacetyl produzieren. Diese Stämme sollten dann eingesetzt werden, wenn keine buttrigen Aromaattribute im Wein gewünscht sind. Die wichtigsten Anforderungen zur Durchführung eines gelungenen BSA: Temperatur Milchsäurebakterien zeigen in ihrem Wachstum eine starke Abhängigkeit von der Temperatur. So ist das Wachstum bei 15°C deutlich geringer als bei 25°C. Das Optimum für Oenococcus oenii liegt z.B. zwischen 20°C und 25°C. Temperaturschwankungen sollten auf ein Minimum reduziert werden, da die Milchsäurebakterien auf wechselnde Temperaturen sehr empfindlich reagieren. Die Temperierung lässt sich mit Wärmeaustauschern, Heizstäben oder Infravin-Geräten, die evtl. mit einer Zeitschaltuhr oder einem Universal-Thermometer (Conrad) kombiniert geschaltet werden, in der Praxis umsetzen. Bei stärkerer Ausweitung des Biologischen Säureabbaus im Betrieb, muss hier gegebenenfalls entsprechend investiert werden. pH-Wert Oenococcus oeni-Stämme besitzen ein Aktivitäts-Minimum von pH 3,1 bis 3,2. Das mikrobielle Risiko durch Bakterien der Gattung Lactobacillus und Pediococcus steigt ab pH 3,5. Eine chemische Entsäuerung vor dem BSA ist nur dann zu empfehlen wenn der ursprüngliche pH-Wert unter 3,2 liegt, und der angestrebte Säuregehalt nicht durch einen vollständigen BSA zu erzielen ist (1 g/l Gesamtsäure erhöht etwa um 0,1-0,2 pH Einheiten). Keine schweflige Säure Der BSA kommt nur in Gang wenn auf eine Schwefelung beim Abstich verzichtet wurde! Dies gilt auch bei einer Entscheidung zum BSA für Teilpartien, daher muss dies bereits zum Abstich entschieden sein. Der Schwefel aus der Maischeschweflung bis 50 mg/l bei Rotwein-Maischegärung ist in der Regel abgebunden und stellt dann keine Hürde mehr für die Bakterien dar. Alkoholgehalt Der Alkoholgehalt ist ein weiterer reduzierender Faktor. Die Wachstumsraten von Oenococcus oeni-Stämmen erreichen ihr Maximum bei Alkoholkonzentrationen von ca. 5-6 Volumenprozent. Bei Weinen mit Alkoholgehalten von über 13,5 % Vol. sind alkoholtolerante Stämme zu empfehlen (siehe Übersichtstabelle). Kein vorliegender Restzucker Die Weine, die in den BSA gehen, sollten keinen Restzucker aufweisen, da die Milchsäurebakterien nach Abbau der Äpfelsäure zu Milchsäure auch vorhandene Glucose verstoffwechseln, und daraus Essigsäure bilden können. Die gärbegleitenden Maßnahmen (Hefeauswahl, Temperaturführung) sollten daher bereits zu trockenen Weinen führen (Clinitest). Übersicht Milchsäurebakterienkulturen: (Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit) Vertrieb 2BFermControl Breisach; Schliessman Schwäbisch Hall ; Fa.Gauch Bad Kreuznach Begerow/Eaton, Langenlohnsheim Deutscher WeinanalytikerVerband Erbslöh, Geisenheim Keller, Mannheim Laffort, mit KiKK GmbH Föhren pH – Wert Maximaler Minimum Temperatur Alkoholgehalt Wenn der Wein/Most beinahe die Grenze von mehr als einem Faktor erreicht hat, kann der BSA verzögert oder verhindert werden. Bezeichnung citrat-negativ MaloBacti CN1 ja 3,2 16° - max. 26°C 14% MaloBacti HF 2 nein 3,0 13° - max. 26°C 16% MaloBacti AF 3 nein 3,2 15° - max. 26°C 17% Viniflora oenos Viniflora CH 11 Viniflora CH 16 nein nein nein 3,1 3,0 3,3 17° - max. 25°C 14° - max 25°C 15° - max. 25°C 14% 15% 14% Viniflora CH 35 Viniflora CiNe nein ja 3,0 3,2 15° - max. 25°C 16° - max. 25°C 16% 14% Lalvin VP 41 Uvaferm alpha Uvaferm beta nein nein nein 3,1 3,2 3,2 16° - max. 24°C 13° - max. 25°C 14° - max. 25°C 15% 14% 14,5% Lalvin 49A1 Biostart SK 11 Biostart SK2 Biostart SK55 LittoMaloStar fruit LittoMaloStar cream nein nein nein nein 3,1 3,0 3,0 ? 15° - max. 25°C 16° - max. 25°C 15° - max. 25°C ? - max. 25°C 13,5% 16% 14,5% ?? ja 3,2 16° - max. 26°C 14% nein 3,1 16° - max. 24°C 15,5% Keller-BSA LACTOENOS 350 PreAc® nein nein 3,0 15° - max. 26°C 13,5% nein 15° - max. 25°C 16° - max. 25°C 16% LACTOENOS 450 PreAc® 2,9 3,5 LACTOENOS SB3 Instant LACTOENOS B16 Standard 17% nein 3,3 16° - max. 25°C 15% 3,1 16° - max. 25°C 16% nein
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