Deutsche und Niederländer ticken anders – die Mischung sorgt für

_0V44G_340512_s0010_K4.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 01.Dec 2015 13:32:38; PDF-CMYK für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
Titelthema
GrenzInfoPunkte für Personalmarketing
Um die Chancen des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes künftig noch besser nutzbar zu machen, wird
ab 2016 ein Netzwerk von „GrenzInfoPunkten“ entlang der gesamten deutsch-niederländisch-belgischen
Grenzregion entstehen. Dieser Verbund wird Arbeitgeber bei der Einstellung von Personal aus dem
Nachbarland und Arbeitnehmer, die einer Erwerbstätigkeit im Nachbarland nachgehen möchten, unterstützen. Professionalisiert durch ein gemeinsames Marketing, eine gemeinsame Onlineplattform und
die intensive Zusammenarbeit der arbeitsmarktpolitischen Hauptakteure im Grenzraum wird das Beratungsangebot entlang des gesamten deutsch-niederländischen Grenzraums intensiviert und optimiert.
Deutsche und Niederländer ticken anders –
die Mischung sorgt für eine Top-Performance
„Ich liebe das Deutsche, es ist alles geregelt“.
Das Unternehmen Q-Railing in Emmerich wird in der zweiten Generation
von Ronald Guliker geleitet. Er setzt
auf gemischte deutsch-niederländische Teams, sei es nun in der Projektabteilung oder im Vertrieb. Q-Railing
ist Spezialist für Geländersysteme
weltweit und hat seinen Sitz im
deutsch-niederländischen Grenzgebiet. In Emmerich sind 125 MitarbeiIm Gespräch mit Ronald Guliker,
ter beschäftigt, hinzu kommen weltGeschäftsführer von Q-Railing.
weit noch einmal 95 weitere. Der
Niederländer Ronald Guliker (44) leitet die Firma in zweiter Generation. Er sprach mit der TW-Redaktion über die Vorteile eines Standorts in der Grenzregion.
Herr Guliker, was sind für Sie die besonderen Standortvorteile einer Grenzregion?
Man hat zwei Heimatmärkte direkt vor der Haustür. Und eine Ansiedlung in der Grenzregion war damals wichtig – wegen der Zollformalitäten. Für die Personalbeschaffung haben wir zwei Länder
und können die Kunden in ihrer Sprache bedienen – allerdings sprechen die Holländer als Handelsvolk alle Sprachen. Sehen Sie, ich bin
Holländer, ich mag die holländische Mentalität, dieses Lockere, Offene. Und ich liebe das Deutsche, es ist alles geregelt. – Das ist es,
warum wir hier am Standort bleiben.
Was hat Sie bewogen, auf gemischte deutsch-niederländische
Teams zu setzen?
Es sind die unterschiedlichen Fähigkeiten: die deutsche Gründlichkeit und die holländische Flexibilität. Diese Kombination ist als
Team super; wir stellen die Teams so zusammen, weil sie sich besser auf den Kunden einstellen können. Denn zwischen uns und
dem Kunden muss die Chemie stimmen – verkaufen ist erst mal
gönnen, da ist das Produkt noch zweitrangig. Ohne das Menschliche gehts Gott sei Dank nicht.
Seite 10 • Dezember 2015
Was unterscheidet den typisch deutschen vom typisch niederländischen Arbeitnehmer?
Hier an der Grenze gibts keinen krassen Unterschied. Aber wenn
wir deutsche Manager einstellen, müssen die sich erst mal an unsere Unternehmenskultur gewöhnen: Bei uns werden alle geduzt.
Und viel wichtiger als die Unterschiede ist das Ziel, die richtigen
Leute hier am Niederrhein zu halten. Deshalb arbeiten wir eng mit
den Hochschulen in Kleve und Gelsenkirchen-Bocholt zusammen.
Noch einmal zurück: Wie setzen Sie die Unterschiede in Ihrem Unternehmen ein?
Wir profitieren von der unterschiedlichen Ausbildung, beispielsweise im Marketing. In Holland wird das Marketing anders genutzt als in Deutschland. In Deutschland werden die
Unternehmen vom Vertrieb gesteuert, in Holland vom Marketing. Die Niederländer sind forscher, sind etwas mutiger.
Was war die beste Erfahrung?
Das kann ich so nicht sagen. Vielleicht, dass wir hier sind?
Welche Veränderungen müssen noch stattfinden, damit Sie Niederländer genau so leicht einstellen können wie Deutsche?
Ein Problem sind die Krankenkassen – es sind zwei unterschiedliche Systeme. Der Mitarbeiter, der in den Niederlanden wohnt, erhält nur das Basispaket, obwohl er den deutschen Preis bezahlt.
Oder beim Hausbau: Ein Niederländer kann die Zinsen von der
Hypothek von der Steuer absetzen – aber wenn er bei uns arbeitet,
gehts nicht. Und in Holland reicht es, dass ein Paar zusammenlebt,
um Steuervorteile zu erhalten, in Deutschland muss man verheiratet sein. An diesen Punkten ist Europa noch nicht vereint.
Was empfehlen Sie anderen Unternehmen?
Man muss in sein Umfeld investieren, damit qualifiziertes Personal hierbleibt oder aber hierher gelockt wird. Ich gehe davon aus,
dass wir bald für Löhne und Personalbeschaffung die gleichen
Kosten haben werden.
Text/Foto: hr