der Vortrag zum Ausdrucken

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte euch heute einen kleinen Einblick in das Thema
„Giftige Kleidung – schmutzige Löhne“ geben.
1. Dumpingpreise
Die großen Discounter wie z.B. KIK, Primark, Aldi, Lidl etc. haben Billigbekleidung in ihr Sortiment aufgenommen.
Eine Jeanshose für 9,99 Euro, ein T-Shirt für 3,99 oder eine Jacke für 29,99 sind
Regelpreise.
Diese Billiganbieter üben einen enormen Druck auf die klassischen Markenanbieter wie Gelco, Gerry Weber, Esprit aus, die Jeanshosen ab 69 Euro, Shirts ab 39
Euro und Jacken ab 89 Euro anbieten.
Als Konsequenz aus diesem Preiskampf mussten viele namhafte Bekleidungshersteller (z.B. die Steilmann Gruppe) ihre Firma schließen. Die übrige Branche
kämpft ums Überleben.
Wie jedoch können Billiganbieter so günstig Ihre Bekleidung anbieten?
Ein Vorteil ist ein bestehendes Filialnetz, große Ordermengen und keinerlei Servicekosten wie z.B. Umkleidekabinen, Verkaufspersonal etc.).
Ich möchte euch heute über 2 weitere Hauptfaktoren informieren, die es den
Discountern ermöglichen, Bekleidung so extrem günstig anzubieten.
Auf der einen Seite werden minderwertige Rohmaterialien eingesetzt, und auf
der anderen Seite wird unter teilweise menschenunwürdigen und gesundheitsschädlichen Bedingungen die Billigware produziert.
2. Schadstoffe
In der billigen Bekleidung stecken sehr häufig verbotene Chemikalien,
Gifte, Krankheitserreger, Allergene Stoffe.
Hier eine kleine Auswahl die sich häufig in Billigware nachweisen lässt:
Ein häufig eingesetztes Rohmaterial in der Bekleidungsproduktion ist die Baumwolle. Bei Bekleidung kann man entweder hochwertige/teure Biobaumwolle oder
minderwertige/billige Baumwolle einsetzen.
Bei der Bio Baumwolle wird keine genveränderte Baumwolle angepflanzt. Es
werden nur biologische ungefährliche Mittel (z.B. Insekten) zur Bekämpfung
von Schädlingen eingesetzt.
Bei der billigen Baumwolle wird genverändertes Saatgut verwendet und zusätzlich werden die Felder massiv mit Pestiziden überzogen, um Schädlingsbefall zu
verhindern. In einer Saison wird ein Feld 20-30 Mal mit einer chemischen Giftdusche behandelt. Diese Pestizide sind noch über Jahre in der Billigbaumwolle
nachweisbar.
Referat von Dirk Walpuski anlässlich der Diskussionsveranstaltung
"Giftige Kleidung - schmutzige Löhne! Was trage ich auf meiner Haut?" am 13. Mai 2015 im Haus der IG Metall
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In Europa verbotene Farbstoffe:
Azo Farbstoffe:
Der Einsatz von Azofarbstoffen ist in Europa gesetzlich verboten, da diese Stoffe in Verdacht stehen, Krebserkrankungen auszulösen.
Die Azofarbstoffe sind sehr preisgünstig und farbbeständig.
Gesundheitlich unbedenkliche Farbstoffe sind bis zu 100 %
teurer und die Farben waschen sich leichter aus den Textilien.
Chlor:
Wird zum Bleichen und Veredeln von Textilien eingesetzt.
Schädigt vor allen Dingen die Gesundheit der Arbeiter und
die Umwelt in den Produktionsländern.
Formaldehyd:
In Europa verboten!! Krebserregend, Allergieauslöser!!!
Gibt’s nicht doch!!! Knitterfreie Hemden dank Formaldehyd.
Gesundheitlich unbedenkliche Alternativen gibt es – diese
sind jedoch extrem teuer.
Phtalate
(Weichmacher):
Wer möchte schon Bekleidung, die kratzt oder hart wie ein
Brett ist?
Auch hier bietet die Chemie Abhilfe - eine Behandlung/Wäsche mit billigen Weichmachern schafft
schnell Abhilfe – dumm nur, dass diese Weichmacher das
Erbmaterial nachweislich verändern und deshalb in Europa
verboten sind.
Und wenn diese kleine Runde euch schon geschockt hat, noch eine weitere
Info für euch. Jedes Kleidungsstück wird vor dem Transport per Schiff oder Flugzeug nach Deutschland begast.
Ein massiver Giftcocktail soll verhindern, dass die Kleidungsstücke auf dem
Transportweg von Schädlingen befallen werden.
Wenn man nun auch noch bedenkt, dass diese Bekleidung direkten Hautkontakt
hat, wirken sich diese Schadstoffe direkt auf unsere Gesundheit aus. Gerade weil
die meisten Giftstoffe wasserlöslich sind, können diese Stoffe z.B. wenn wir
schwitzen, gut über die Poren in unseren Organismus eindringen.
Leider sind die chemischen Giftstoffe unsichtbar – auf jeden Fall sollte man
aber folgende Grundregeln beachten:
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Kommt man in einen Laden und riecht schon einen Chemiecocktail aus
Plastik- und Farbgerüchen sollte man den Laden schnellstmöglich verlassen.
Bekleidung immer vor dem ersten Tragen mindestens dreimal waschen besonders bei Baumwolle oder ähnlichen Naturfasern. Dumm nur, dass
man dann das Billig-T-Shirt oder Hose schon meistens wegschmeißen
kann.
Referat von Dirk Walpuski anlässlich der Diskussionsveranstaltung
"Giftige Kleidung - schmutzige Löhne! Was trage ich auf meiner Haut?" am 13. Mai 2015 im Haus der IG Metall
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Öko-Tex-Siegel 100; Dieses Qualitätssiegel ist in die Bekleidung eingenäht. Bei dieser Bekleidung kann man davon ausgehen das sich keine
gesundheitsschädlichen Stoffe in den Textilien befinden.
Kommen wir nun zu dem zweiten Hauptgrund für die Dumpingpreise
der Billiganbieter:
2. Arbeitsbedingungen in den Herstellungsländern
a)
Die Baumwollplantagen:
Während ein baumwollenes Kleidungsstück nur wenige Euro kostet, bezahlen viele Feldarbeiter und Bauern einen ungleich höheren Preis. Baumwolle
kann Sie Ihre Gesundheit kosten. Ohne den Einsatz von Pestiziden würden
Schädlinge große Mengen der Baumwollernte vernichten. Also werden die
Felder mit großen Mengen toxischer Pflanzenschutzmittel besprüht. Es
kommt vor, dass Flugzeuge „Giftduschen“ abgeben, während sich die Arbeiter auf den Feldern befinden.
Häufig müssen die Feldarbeiter die Pestizide per Hand auf die Pflanzen
sprühen. Angemessene Schutzkleidung oder Atemmasken können sich die
Feldarbeiter nicht leisten und werden auch nicht gestellt.
An den Folgen von Pestizid-Vergiftungen sterben nach Auskunft der WHO
jährlich 40.000 Feldarbeiter.
Weit mehr Feldarbeiter tragen schlimme gesundheitliche Schäden davon.
Sie leiden an Erkrankungen der Atemwege, der Haut, der Augen und der
Nerven. Außerdem haben sie ein hohes Risiko, Krebs zu bekommen, unfruchtbar zu werden oder Babys mit Missbildungen zu bekommen.
Arbeiter von Baumwollplantagen haben eine Lebenserwartung von 40 Jahren.
Besonders zerstörerisch wirken Pestizide auf die noch nicht ausgewachsenen Organe von Kindern, die häufig auf Baumwollplantagen arbeiten müssen.
b) Das klassische Billiglohnland China wird für Textilindustrie zunehmend uninteressant. Steigende Löhne, von der Regierung eingeführte soziale Mindeststandards lassen die Karawane der Ausbeuter nach Indien, Myanmar, Bangladesch ziehen.
Ich möchte euch den Arbeitsalltag von Kolleginnen und Kollegen in Bangladesch
aufzeigen:
Bangladesch gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. es hat eine Bevölkerung
von 165 Mio. Menschen, 65 Mio. davon leben unterhalb der Armutsgrenze von
2.000 Kalorien pro Tag!!!!!
Die Bekleidungsindustrie ist der größte Devisenbringer für das bitterarme Land.
Der Wert der Textilexporte stieg 600 Mio. US Dollar 1990 auf 15 Milliarden US
Dollar in 2013.
Die Bekleidungsindustrie in Bangladesch beschäftigt in rund 5.000 Fabriken rund
2.200.000 Menschen. 87 % sind junge Frauen unter 35 – Frauen über 35 gelten
als zu alt und nicht mehr geeignet für diesen Knochenjob.
Referat von Dirk Walpuski anlässlich der Diskussionsveranstaltung
"Giftige Kleidung - schmutzige Löhne! Was trage ich auf meiner Haut?" am 13. Mai 2015 im Haus der IG Metall
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Hier bekommt ihr einen Eindruck warum man dieses Sklavenjob nicht
lange aushält:
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Arbeitszeit 12-16 Stunden täglich bei einer 6 Tage Woche.
Festgelegter Arbeitssoll – bei Nichterreichen müssen unbezahlte Überstunden geleistet werden.
Bei Krankheit erfolgt sofortiger Lohnabzug!
Kein bezahlter Urlaub (bei Abwesenheit Lohnabzug und Beschimpfungen)
Die Lohnspanne liegt zwischen 27 – 51 Euro pro Monat.
(Eine 3- Köpfige Familie benötigt ca. 150 Euro zum nackten Überleben)
Gesundheit/Sicherheit/Sanitäranlagen
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keine oder verschlossenen Notausgänge
keine Brandmelder oder Feuerlöscher oder Brandschutzübungen
in fast jeder Fabrik ist es schon zu kleineren Bränden gekommen und leider auch schon zu großen tragischen Bränden mit Hunderten von Toten
Ohne Sachverstand gebaute Fabriken- fehlende statische Berechnungen!
Einsturzgefahr!!!
Keine vorhandene Be- und Entlüftung – Mitarbeiter leiden unter extrem
hoher Feinstaubbelastung. Von einer Klimaanlage reden wir gar nicht –
Temperaturen von 40 Grad sind leider die Regel.
Sanitäranlagen meist im schlechten Zustand – 1 Toilettengang pro Schicht
ist gestattet- jeder weitere Toilettengang wird mit Lohnabzug bestraft.
Geschlechtsbedingte Diskriminierung
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Besonders Frauen werden von den männlichen Vorarbeitern, gedemütigt,
schikaniert und häufig auch sexuell genötigt. Jede 2. befragte Frau hat von
solchen Erfahrungen berichtet.
Gewerkschaften
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es gibt keine Gewerkschaften!
Jeder Versuch von Arbeiterinnen sich zu organisieren wird durch sofortige
Kündigung, gewaltsame Übergriffe durch bezahlte Schläger verhindert.
Per Gesetz ist jede Fabrik verpflichtet, ein Arbeitskomitee zu gründen, um
die Rechte der Arbeitnehmer zu überwachen. In der Praxis bestehen diese
Komitees leider aus Vorarbeitern und Mitglieder der Fabrikleitung.
Durch diese katastrophalen Arbeitsbedingungen sind die Kolleginnen mit spätestens 35 Jahren nicht mehr in der Lage diese Qual zu ertragen.
Es gibt natürlich keine offiziellen Zahlen über die Erkrankungen (physischer und
psychischer Natur) und Todesfälle, aber seriöse Schätzungen gehen davon aus,
dass jede 2. Frau ihren 50. Geburtstag nicht erlebt.
Zum Schluss muss ich noch erklären, wie in Bangladesch unsere Jeanshosen
produziert werden. Die Rohware (Baumwolle) muss ja blau eingefärbt werden Bahnen von 200 Meter werden in riesige mit blauer Farbe gefüllte Bottiche zum
Färben gelegt.
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In diese Bottiche steigen nun Arbeiter, die diese Bahnen in Bewegung halten,
damit die Farbe gleichmäßig in den Stoff kommt.
Die Arbeiter stehen bis zum Kopf in blauer Farbe!!!
Die Arbeiter steigen im der Regel ohne Schutzanzüge in diese Bottiche die gesundheitlichen Schäden sind enorm.
Nun möchten wir aber auch alle Designer-Jeans – Used-Look ist in.
Der Used-Look bei Jeans ist kein Inhaltsstoff oder Färbung im eigentlichen Sinn.
Die Abreibung (Gebrauchsspuren) auf der Jeans wird durch Sandstrahlung erzeugt und gehört zum Schlimmsten, was die Textilindustrie an Veredelungsverfahren hervorgebracht hat.
Bei der Bestrahlung der Jeans mit Quarzsand entstehen große Mengen Feinstaub,
der extrem gesundheitsschädlich für die Arbeiter ist.
Die Methode ist seit 2009 auf Grund von zahlreichen Todesfällen in der Türkei
und Europa verboten worden. Sogar in China ist diese Methode nur noch unter
Einhaltung strengster Sicherheitsvorkehrungen erlaubt.
Der Used-Look kann auch nachträglich durch verschiedene Waschverfahren erzielt werden – diese Verfahren sind relativ teuer und erfordern einen großen Maschinenpark, teurere Chemikalien(Enzyme) und gut ausgebildete Waschexperten.
Allein die Veredelung einer Hose würde zusätzlich ca. 2 Euro kosten.
Daher werden diese Jeanshosen fast ausschließlich in Ländern wie Bangladesch
gefertigt. Ohne persönliche Schutzausrüstung werden Arbeiter den tödlichen
Feinstaubbelastungen ausgesetzt.
Daher kostet eine Jeans in der Türkei rund 10 Euro, in China 7 Euro und in Bangladesch nur 4 Euro.
Mittlerweile kommen über 50% der in Deutschland verkauften Jeanshosen aus
Bangladesch.
Nur durch die systematische Ausbeutung von Kolleginnen und Kollegen und unter
Gefährdung eurer Gesundheit können Billiganbieter den deutschen Markt mit
Jeans für 9,99 und T-Shirts für 3,99 überschwemmen.
Das Hauptargument der Billiganbieter, um sich aus der Verantwortung zu stehlen, ist der Verweis auf ein Vollgeschäft.
Billiganbieter kaufen ein fertiges Teil – auf Produktionsbedingungen der Stoffe
und Arbeitsbedingungen hätten Sie keinen Einfluss.
Es gibt viele blumige Absichtserklärungen seitens der Bekleidungsindustriewirklich geändert hat sich nichts.
Markenanbieter haben häufig eigene Produktionsstätten, in denen auch auf die
Arbeitsbedingungen geachtet wird. Eine medizinische Grundversorgung, vernünftige Unterkünfte und gutes Essen werden den Arbeiterinnen geboten. Hinsichtlich
Überstunden und Bezahlung gibt es sicherlich auch hier Kritikpunkte.
Die eingesetzten Stoffe sind qualitativ einwandfrei und werden auch permanent
getestet. Ihr könnt also bei den Markenanbietern sicher sein, gesundheitlich unbedenkliche Bekleidung zu kaufen.
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Ich kann abschließend nur an euch appellieren, diese Billiganbieter
zu meiden und dort nicht Bekleidung zu kaufen.
Eure Gesundheit wird es euch danken und Ihr macht euch nicht mitschuldig an
der Ausbeutung von Menschen weltweit.
Wer sich weiter mit dem Thema beschäftigen möchte, dem kann ich die Kampagne für Saubere Bekleidung empfehlen.
www.saubere-kleidung.de
Hier findet Ihr viele nützliche und gute Informationen zu diesem Thema.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit