Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode –1– Drucksache 18/XXXX Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) (Einzelplan 14) 48 Bundeswehr plant Neubau für nicht ausgelastete Werkstatt Kat. B (Kapitel 1409 Titel 553 10) 48.0 Die Bundeswehr betreibt im Marinearsenal eine Tischlerei. Diese war in der Vergangenheit nicht ausgelastet, obwohl sie mit hohem Aufwand repräsentative Gegenstände erstellte und sachfremde Aufgaben erfüllte. Private Anbieter hätten diese Leistungen weit günstiger erbringen können. Zudem ist zweifelhaft, ob die aufwendige Gestaltung der Gebrauchsgegenstände notwendig war. Das Marinearsenal plant, für die Tischlerei und mehrere andere Werkstätten neue Gebäude zu errichten. Vor dem Neubau der Werkstätten sollte die Bundeswehr untersuchen, welche Tischlerleistungen sie benötigt und ob eine eigene Tischlerei wirtschaftlich ist. 48.1 Werkstätten des Marinearsenals Die Bundeswehr setzt ihre Schiffe und Boote teilweise selbst instand. Zu diesem Zweck betreibt das Marinearsenal in Wilhelmshaven mehrere Werkstätten. Hierzu gehören neben einer Tischlerei eine Schweißerei, eine Schlosserei, eine Taklerei, eine Maler- und Lackiererei sowie eine Werkstatt für Dreh-, Bohr- und Gravierarbeiten. Da diese überwiegend in baufälligen Gebäuden untergebracht sind, beabsichtigt das Marinearsenal, neue Werkstattgebäude zu errichten. Tätigkeiten der Tischlerei In der Tischlerei waren in den Jahren 2012 bis 2014 anfänglich dreizehn, zuletzt sechs Mitarbeiter beschäftigt. Sie unterstützten die Instandsetzung von Schiffen und Booten durch Holz- und Metallarbeiten an Möbeln und Ausrüstungsteilen. Weiterhin fertigten sie repräsentative Ausrüstungsgegenstände für Schiffe und Dienststellen wie Kisbys (Ständer zum Aufhängen eines Rettungsrings, vgl. Abbildung 48.1), Anwesenheitsboards, ein Rednerpult und zahlreiche Wappen und Erinnerungsgaben. In einem Fall fertigte sie eine Glockenhalterung für eine Fregatte, die acht Wochen später außer Dienst gestellt wurde. Dabei verwendete die Tischlerei erhebliche Mengen hochwertiger Materialien wie Mahagoniholz, Kupfer und Messing. Hierfür verfügt sie über ein großes Edelholzlager. Drucksache 18/XXXX –2– Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Abbildung 48.1 Kisby (Ständer zum Aufhängen eines Rettungsrings) Quelle: Prüfungsamt des Bundes Hannover. Daneben unterstützten die Mitarbeiter der Tischlerei z. B. die maritime Großveranstaltung „Wochenende an der Jade“ oder erbrachten Leistungen zur Instandhaltung der Liegenschaft. In den Jahren 2012 bis 2014 erbrachte die Tischlerei, teilweise mit Unterstützung anderer Werkstätten, z. B. folgende Leistungen (s. Tabelle 48.1): Tabelle 48.1 Beispiele für Aufträge der Tischlerei Leistungsempfänger Leistung Kosten in Euroa Korvette Oldenburg Anfertigung eines Kisbys 14 000b Fregatte Bayern Anfertigung und Instandsetzung mehrerer Anwesenheitsboards 66 500b Fregatten Karlsruhe, Grundüberholung von Kisby, Wappenständer und Niedersachsen, Anwesenheitsboards Augsburg und Lübeck 30 000 je Schiff Fregatte Köln Anfertigung einer Glockenhalterung, fertiggestellt acht Wochen vor der Außerdienststellung des Schiffs 8 000 Fregatte Emden Anfertigung einer 6 m langen Strickleiter 7 000 Fregatte Hamburg Anfertigung von Holzstufen für zwei Strickleitern 9 200 Marineunterstützungs-kommando Anfertigung von 20 Wappen 3 200b Anfertigung eines Rednerpultes aus Mahagoniholz 7 100b Marinearsenal Anfertigung von 50 Kupferplatten als Erinnerungsgabe für 40 Jahre Dienst im Marinearsenal 17 000b Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Fregatte MecklenburgVorpommern Erläuterungen: b a –3– Anfertigung von 50 (Erinnerungsmünzen) Drucksache 18/XXXX 8 600b Einschließlich der Kosten unterstützender Werkstätten. Ohne Materialkosten. Quelle: Kosten- und Leistungsrechnung des Marinearsenals. Vergleichbare Dienstleistungen und Produkte konnten auch bei privaten Anbietern erworben werden. Dort waren sie preiswerter als bei eigener Herstellung. So waren individuelle Erinnerungsmünzen ab einem Stückpreis von 4 Euro erhältlich; die Fertigungskosten im Marinearsenal lagen bei 172 Euro je Stück. Strickleitern kosteten bei Fachhändlern etwa 300 Euro; die Fertigungskosten im Marinearsenal lagen bei 7 000 Euro. Auslastung der Tischlerei Nach der Kostenrechnung des Marinearsenals erledigte die Tischlerei im Zeitraum Januar 2012 bis September 2014 Aufträge mit rund 32 000 Arbeitsstunden. Dies entsprach 75 % der verfügbaren Arbeitszeit von rund 43 000 Arbeitsstunden der dort eingesetzten Mitarbeiter. Auf die Instandsetzung von Schiffen und Booten entfielen davon rund 20 000 Arbeitsstunden. 48.2 Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass die Tischlerei mit ihren originären Aufgaben nicht ausgelastet war. Das Marinearsenal hatte die Mitarbeiter der Tischlerei mit Aufgaben außerhalb ihrer Zuständigkeit beauftragt. Es hatte ihnen z. B. Tätigkeiten in der Bauunterhaltung oder Öffentlichkeitsarbeit zugewiesen. Zudem hatte es hingenommen, dass die Mitarbeiter der Tischlerei mit hohem Aufwand Gegenstände mit überwiegend repräsentativem Charakter fertigten. Ohne diese Aufträge wäre die Tischlerei nur zu knapp 50 % ausgelastet gewesen. Die durch die Mitarbeiter der Tischlerei erbrachten Leistungen und gefertigten Gegenstände sind weitgehend am Markt verfügbar. Sie könnten durch private Anbieter preiswerter erbracht werden. Die mit hohem Aufwand in Einzelfertigung hergestellten Repräsentationsgegenstände sind in dieser Form dienstlich nicht notwendig. Der Bundesrechnungshof hält es für unnötig, für 8 000 Euro eine Glockenhalterung für ein Schiff zu fertigen, dass unmittelbar darauf außer Dienst gestellt wurde. Der Bundesrechnungshof hat die Bundeswehr aufgefordert, vor dem Neubau der Werkstatt zu prüfen, in welchem Umfang sie Tischlerleistungen für die Reparatur ihrer Schiffe und Boote benötigt. Sodann sollte sie prüfen, wie sie diesen Bedarf decken kann und ob eine eigene Tischlerei wirtschaftlich ist. Die Ausgaben für einen Umzug sind dabei zu berücksichtigen. Der Bundesrechnungshof hat zudem empfohlen, überwiegend repräsentative Ausrüstungsgegenstände nicht oder weniger aufwendig zu erstellen. 48.3 Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (Bundesamt) hat dargelegt, die Bundeswehr halte die Tischlerei für Fertigungs- und Instandsetzungsaufgaben vor. Es hat eingeräumt, dass diese Leistungen nicht gleichbleibend nachgefragt werden. Um die Mitarbeiter auszulasten, habe das Marinearsenal zugelassen, dass die Tischlerei auch Aufgaben außerhalb ihrer originären Zuständigkeit wahrnahm. Zudem sei beabsichtigt, die Anzahl der Mitarbeiter in der Tischlerei zu reduzieren. Die Zahl der besetzbaren Dienstposten soll von acht auf fünf verringert werden. Das Bundesamt hält die in der Tischlerei gefertigten repräsentativen Ausrüstungsgegenstände für dienstlich notwendig. Es handele sich z. B. bei den Anwesenheitsboards und den Kisbys nicht um Serienanfertigungen, deshalb sei der hierfür entstandene Aufwand angemessen. Drucksache 18/XXXX –4– Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 48.4 Der Bundesrechnungshof bezweifelt, dass die Tischlerei ausgelastet wird, wenn die Bundeswehr die Anzahl ihrer Mitarbeiter wie vorgesehen reduziert. Da bereits heute nur sechs Dienstposten besetzt sind, bliebe die Personalsituation in der Tischlerei weitgehend erhalten. Der Bundesrechnungshof hält an seinen Empfehlungen fest. Er erwartet, dass die Bundeswehr prüft, ob die Tischlerei notwendig ist und wirtschaftlich arbeiten kann, bevor neue Werkstattgebäude errichtet werden. Gleiches gilt für die weiteren Werkstätten des Marinearsenals. Der Bundesrechnungshof hält es für geboten, die Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit vor jeder Baußmaßnahme zu prüfen.
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