Ganzheitliche Entwicklungsförderung im Kindergarten Informationsblatt über die pädagogische Arbeit der Schule Zumikon Liebe Leserin, lieber Leser Der Zumiker Kindergarten hat ein besonderes Merkmal: Alle Kinder sind in der Schulanlage Farlifang unter einem Dach. Sicher hatten die früheren Quartierkindergärten ihren Charme und für viele Kinder war der tägliche Weg überschaubarer. Die heutige Situation bietet jedoch viele Vorteile. Die Räumlichkeiten sind grosszügig und bieten den idealen Rahmen für einen zeitgemässen Unterricht. Die Kindergärtnerinnen haben beste Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im Team, weil sie nah beieinander sind. Interessante klassenübergreifende Projekte gehören zum Unterrichtsalltag. Die Aussenanlage ist weitläufig, und wenn in einigen Monaten die geplanten Spielgeräte installiert werden, können die Kindergartenkinder von einer kindgerechten und grosszügigen Infrastruktur profitieren. In den zwei wichtigen Jahren im Kindergarten machen die Kinder ihre ersten Lernerfahrungen und sie werden behutsam auf die Primarschulstufe vorbereitet. Im vorliegenden Schulblatt geben wir Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, einen vertieften Einblick in diese Schulstufe. Schulleitung Zumikon Philipp Apafi Im Kindergarten passieren entscheidende Schritte «Soziale Formen beherrschen, gehören zur Reife des Kindes» Alles muss geübt werden: Kinder lernen im Kindergarten nicht nur Reime und Zahlen, sondern auch Verhaltensregeln und den Gebrauch von Stiften und Papier. Häufig wird unterschätzt, was im Kindergarten geleistet wird. Im Spiel üben Kinder den sozialen Umgang. Kindergärtnerinnen achten auf eine ganzheitliche Entwicklung, die immer mehr verloren geht. Ein Mädchen und ein Knabe stapeln in der Bauecke Holzklötze. Was zu Beginn einfach ausgesehen hat, wird zu einer heiklen Angelegenheit. Konzentration, Phantasie und Feinmotorik sind Eigenschaften, die gefragt sind, um einen möglichst hohen Turm zu bauen. Der Knabe lässt sich bei der Arbeit kaum stören und gibt knapp Antwort: «Ich gehe fast immer in die Bauecke. Da bin ich am 1 liebsten, weil man selber bauen kann.» In einem anderen Raum spielen drei Kinder «Verkäuferlis» und ein Knabe hämmert ein Schwert. Im grossen Zimmer zählt ein Mädchen mit Kindergärtnerin Marina Collie ihre gestanzten Schneeflocken und ist mittlerweile bei 57 angelangt. Diese Szenen handeln im Kindergarten von Marina Collie und können sich ähnlich in anderen Zumiker Kindergärten abspielen. Alle 17 Kinder sind in eine Arbeit vertieft und die Kindergärtnerin sagt am Mittag: «Beim Spielen geschieht enorm viel.» Sie denkt an die Bäbiecke, wo die Kinder in die Lesen Sie auf Seite 2 weiter. Ganzheitliche Entwicklungsförderung im Kindergarten Rolle einer Familie schlüpfen, Marroniverkäuferin spielen oder als Ritter eine Burg stürmen. Damit diese Szenen friedlich ablaufen, müssen sich Kinder auf Regeln einigen, Rollen verteilen, einander zuhören und Entscheide treffen. Einmal übernehmen sie eine Rolle im Spiel, ein andermal begeben sie sich auf die Metaebene und planen und besprechen den weiteren Spielablauf. Spielen und Lernen Spielen fördert die Sozialkompetenz und ist für Kinder Lernen und Üben. Wie beim Mädchen, das unbedingt seine Schneeflocken zählen wollte. Als es zählte, kamen andere Kinder dazu, schauten auf die Flocken und hörten, wie sie Zahl an Zahl reihte. Spiele haben sich im Verlaufe der Zeit verändert. Früher reichten Bauklötze, die in der Fantasie einmal Bausteine waren, dann ein ganzes Haus oder ein Fahrzeug. Heute kann man sich Kinderzimmer nicht mehr ohne elektronische Spielgeräte vorstellen. Marina Collie ist nicht gegen die Elektronik, betont aber: «Für die Entwicklung des Kindes ist das ganzheitliche Spielen mit allen Sinnen im dreidimensionalen Raum enorm wichtig.» Laut der Kindergärtnerin darf es ruhig vorkommen, dass sich Kinder einmal langweilen, weil sie gerade nicht wissen, was sie spielen sollen. Oft entstehen nach solchen Phasen die besten Spielideen. Entwicklung braucht seine Zeit Kinder brauchen unterschiedlich Zeit, um sich zu entwickeln. Von Frühförderung hält die Kindergärtnerin nicht viel, ausser die Eltern «Kinder sollen Gelegenheit haben, Dinge selber zu probieren» Die Kinder von Jennifer Brameier sind am frühen Freitagnachmittag längst zu Hause. Der Kindergarten wirkt ohne die Kinder leer, obwohl viele Zeichnungen und Bastelarbeiten aufgehängt sind. Die Kindergärtnerin legt auf ein Kindertischchen ihre Diplomarbeit mit dem Titel «Positive Entwicklungsförderung im Kindergarten», die sie für die Pädagogische Hochschule Zürich (PHZH) geschrieben hat. In ihrer Arbeit weist sie auf die Selbstwirksamkeit, die bei der Entwicklung des Kindes eine entscheidende Rolle spielt. «Kinder sollen möglichst oft die Gelegenheit haben, Dinge selber zu probieren. So erleben sie ihre Stärken und Schwächen», sagt Jennifer Brameier und denkt beispielsweise an das Anziehen einer Skijacke. Jennifer Brameier nicht. «Wenn Kinder inaktiv sind, heisst das nicht, dass sie nichts tun. Oft läuft im Kopf in diesen Phasen viel ab.» Gemäss der Kindergärtnerin geht es für die Eltern und Kinder darum, Langeweile auszuhalten. Während dieser Zeit verarbeiten die Kinder Erfahrungen und bereiten sich für neue Taten vor. Kindergärtnerin Jennifer Brameier Aus Fehlern lernen Viele Kinder sind entmutigt und haben Angst, Fehler zu machen. Es lohnt sich nicht, die Kinder zu schonen und ihnen die Arbeit abzunehmen. «Aus Fehlern lernt man», sagt die Pädagogin. Im KinGanzheitliche Entwicklungsförderung im Kindergarten sehen, dass ihr Kind ganz besondere Begabungen hat. «Kinder sollen an der frischen Luft sein und mit anderen spielen.» Wenn ein Kind rund um die Uhr Aktivitäten und Förderstunden hat, spricht sie mit den Eltern. Bei ihren Aussagen hält Marina Collie immer die ganzheitliche Entwicklung des Kindes vor Augen und den Eintritt in die erste Klasse. Einen Stift richtig halten, einen Sinn für Anfangslaute und Reime haben, klingen einfach, müssen aber geübt werden. Ob zum Beispiel ein Kindergartenschüler bis Hundert zählen kann, ist weniger wichtig. Auf den Mengenbegriff kommt es an. Die Kinder müssen ihrer Meinung nach ganz alltägliches Verhalten beherrschen. «Soziale Formen wie die Handschuhe ausziehen beim Grüssen oder ein Blick in die Augen des Gegenübers gehören zu einer gewissen Reife.» Fit für die Schule: Ausdauer üben dergarten erklärt sie, wie man in den Ärmel schlüpft und den Reissverschluss hochzieht. Es brauche seine Zeit, sagt Jennifer Brameier. «Kinder, die sich selber anziehen, sind stolz auf ihre Fähigkeit und helfen gerne den Kameraden.» Dieses positive Gefühl nach einer erfolgreichen Handlung überträgt sich auf andere Lebensbereiche und aufs Lernen. Wenn Kinder einen Auftrag umsetzen müssen, hört die Kindergärtnerin immer wieder: «Ich kann das nicht, können Sie das für mich machen.» Die zu erledigende Arbeit dauert viel länger als bei Kindern, die sich gewöhnt sind, selber nach Lösungen zu suchen. Um den Kindern mehr Raum zu geben, kann durchaus bedeuten, dass die Eltern für ihre Kinder weniger Freizeitaktivitäten organisieren. Dass sich die Kinder deswegen weniger gut entwickeln, befürchtet Kinder, die ununterbrochen ein Programm haben und mit Aktivitäten gesättigt sind, können sich gemäss Jennifer Brameier weniger gut im Kindergarten konzentrieren. Es fehlt ihnen die Ruhe und sie haben bei der Arbeit weniger Ausdauer. Ausdauernd bei der Arbeit sein, kann laut Jennifer Brameier trainiert werden. Von Kindern des ersten Kindergartens kann erwartet werden, dass sie sich 15 bis 20 Minuten vertieft beschäftigen können; im zweiten Kindergarten sollten 30 bis 45 Minuten möglich sein. Die Kindergärtnerin weiss: Eltern wollen das Beste für ihre Kinder. Manchmal müssen sie ertragen können, wenn ihre Kinder unbeholfen und langsam einer Tätigkeit nachgehen. 2 Rhythmisierung nimmt zentrale Rolle ein Gezielte Arbeit im Kindergarten Tagesstruktur gibt Halt und Orientierung An der Wand des Kindergartens von Marina Collie hängt ein Plakat mit Wörtern und Kinderzeichnungen zum Thema Winter. Die Kinder haben zu diesem Thema Wörter zusammengetragen und illustriert. Das Thema Wortschatz gehört zu einem der vielen Bereiche, die im Lehrplan der Kindergartenstufe festgelegt sind. Marina Collie sagt: «Der Lehrplan ist für uns ein gutes und wichtiges Instrument. Bei der Jahresplanung wählen wir die übergeordneten Themen und schauen, dass alle Bereiche abgedeckt sind.» Der Lehrplan umfasst die Bereiche • Kommunikation, Sprache und Medien, Konzentriert bei der Arbeit: Kurze Unterrichtssequenzen erhöhen die Aufmerksamkeit bei den Kindern. • Natur, Technik und Mathematik, Kindergärtnern fehlt der Zeitbegriff. Sie orientieren sich an rhythmischen Abläufen. Diese geben ihnen Sicherheit und erhöhen die Konzentration. • Identität, Soziales und Werte, Vorbereitung auf die Schule • Wahrnehmung, Gestaltung und Marina Collie denkt bei der Rhythmisierung an alle Kinder und sagt: «Gleiche Abläufe geben den Kindern generell eine Sicherheit. Die Kinder haben noch keinen Zeitbegriff und orientieren sich an den einzelnen Sequenzen.» Die Abschnitte werden bei älteren Kindern zeitlich ausgedehnt. Sobald die Kinder vor dem Übertritt in die erste Klasse stehen, arbeiten die Kindergärtnerinnen bewusst an der Ausdauer, weil dort diese Sequenzen nochmals länger sein werden. Wie wichtig die Rhythmisierung den Kindern ist, zeigt ein Beispiel, das Marina Collie mit ihnen erlebte: Sie nahm sich im letzten Jahr vor, vom Sommer bis zum Herbst immer mit Bücher anschauen zu beginnen. Als sie das nach den Herbstferien ändern wollte, sagten ihr die Kinder, dass sie diesen Einstieg beibehalten wollen. Der Wunsch zeigt: Kinder halten sich an Kontinuität und müssen nicht mit ständig neuen Aktivitäten beschäftigt werden. Sanft bewegt Marina Collie die Klangstäbe. Es ist das Zeichen für die Kinder, dass sie eine Einheit beenden und aufräumen müssen. Die Kindergärtnerin sitzt in den Kreis, weitere Kinder stossen dazu und bald singen die ersten ein Lied. Später sagt Marina Collie: «Ich gestalte die einzelnen Unterrichtssequenzen kurz, damit die Konzentration der Kinder möglichst über den ganzen Morgen hinweg hoch bleibt.» Im Lehrplan der Kindergartenstufe (siehe Kasten rechts) nimmt die Rhythmisierung eine zentrale Rolle ein. Es steht: «Die Kinder brauchen Orientierung. Sie müssen und wollen wissen, was festgelegt ist und was von ihnen erwartet wird. Kinder, die sich nur schwer auf etwas einlassen ... können, erhalten durch Tagesstrukturen Halt und Sicherheit.» 3 Künste sowie • Körper, Bewegung und Gesundheit. Zu jedem Bereich sind verschiedene Lernziele formuliert. Verlagerung des Schwerpunktes In der Regel beginnen die Kindergärtnerinnen das Schuljahr mit dem Bereich Identität, Soziales und Werte und achten vor dem Übertritt in die erste Klasse auf Ausdauer, Sprache und Mathematik. Klare Vorgaben Im Lehrplan sind nicht nur die Lernziele und die Aufgaben festgelegt, sondern auch Rahmenbedingungen. Dazu gehört beispielsweise die Zusammenarbeit im Team und mit den Eltern. Das 37-seitige Werk zeigt: Die Arbeit der Kindergärtnerinnen ist keine Willkür, sondern ein gezieltes Schaffen mit den Kindern. Ganzheitliche Entwicklungsförderung im Kindergarten Schulinstruktion im Bezirk Meilen «Kinder sind keine kleinen Erwachsenen» Kinder im Kindergartenalter können im Verkehr weder Distanzen noch Geschwindigkeiten der Fahrzeuge einschätzen. Sie lernen in diesem Bereich nicht über den Verstand, sondern durch praktisches Tun. Herr Tamborini, was sind Ihre Aufgaben bei der Verkehrserziehung in der Primarschule Zumikon? Fw mbA Bruno Tamborini, Fachlehrer für Verkehr: Als Schulinstruktor arbeite ich in sieben Gemeinden des Bezirks Meilen und betreue sämtliche Klassen, von der Kindergarten- bis zur dritten Sekundarstufe. Bei Kindergärtnern und Erstklässlern steht das Verhalten als Fussgänger im Strassenverkehr im Vordergrund. Mit den älteren Primarschülern erörtere ich die Verkehrsregeln und das korrekte Verhalten im Strassenverkehr, sei es mit einem fahrzeugähnlichen Gerät, wie Minitrottinetts, Inlineskates oder dem Fahrrad. In der fünften Primarklasse werden Fahrradübungen auf den Strassen von Zumikon durchgeführt; Abschluss bildet die alljährliche Fahrradprüfung in Küsnacht. Können Sie genauer sagen, was die Kindergärtner von Ihnen erfahren? Bei den Kindergärtnern steht das Verhalten als Fussgänger im Vordergrund. Dabei hat der altbekannte Spruch «warte, luege, lose, laufe» noch nichts von seiner Gültigkeit eingebüsst und entspricht dem kindlichen Handlungsmuster. Was ist das A und O, das alle Eltern wissen müssen, wenn sie Herausgeberin: Primarschule Zumikon Produktion: Bruno Fuchs, Textfuchs, Wangen Rad steht, Kind geht: Bruno Tamborini, Fachlehrer für Verkehr, instruiert zwei Kinder, worauf sie beim Überqueren der Strasse achten müssen. mit ihren Kindern auf der Strasse unterwegs sind. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen! Im Kindergartenalter ist die Schulung ganz zentral vom Verhaltenstraining bestimmt. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Kinder in diesem Alter weder Distanzen noch Geschwindigkeiten einschätzen können. Das Kind soll die Fahrbahn erst betreten, wenn die Räder der Fahrzeuge still stehen. «Rad steht, Kind geht». Diese Handlungsanweisung wird zu Schulbeginn den Fahrzeuglenkenden wieder in Erinnerung gerufen. Kinder lernen also nicht über den Verstand, sondern durch das praktische Tun. Wir können dieses Ziel aber nur erreichen, wenn Erwachsene die Strasse korrekt queren und so ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Wie sicher sind die Schulwege in Zumikon für die Kinder in den Kindergarten und die Primarschule? In der Gemeinde Zumikon, wie in allen Gemeinden des Bezirks, misst man der Schulwegsicherung einen hohen Stellenwert zu. So werden Schulwege überprüft und bauliche Massnahmen bei ausgewiesenen Sicherheitsmängeln an- Ganzheitliche Entwicklungsförderung im Kindergarten 4 geordnet. Gefahren lauern immer dort, wo Kinder als Fussgänger nicht rechtzeitig erkannt werden. Es gibt Eltern, die denken, es ist einfacher, wenn ich mein Kind in die Schule fahre. Was halten Sie davon? Der Schulweg, welcher eingeübt werden muss, ist wichtig! Dies gehört zu einer gesunden Einwicklung eines Kindes. Der Schulweg ist auch ein Erlebnis für die Kinder und ist zugleich ein Verkehrstraining. Da entwickeln sich Kompetenzen, wie das Vertrauen in die eigene Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. Sind die «Mamataxis» ein Problem in Zumikon? Man hört aus anderen Gemeinden, dass das Ein- und Aussteigen der Kinder ein Chaos auslöst und Verkehrsteilnehmer gefährdet. Der Wunsch der Eltern, ihre Kinder vor Verkehrsunfällen zu schützen, ist verständlich. Mit Taxidiensten schränken die Eltern die persönliche Entwicklung ihrer Kinder ein und gefährden zudem andere Kinder im Schulhausbereich. Ich denke dabei an parkierte Fahrzeuge, sowie das Ein- oder Ausladen vor dem Schulhaus.
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