Eine Analyse zum Endspiel Turm und Randbauer gegen Läufer

Eine Analyse zum Endspiel Turm und Randbauer gegen Läufer
erläutert von Siegfried Hornecker
Im Endspiel von Dr. Eisert 1976 bzw. 2008 erreicht Schwarz in einer Verführung folgende Stellung mit Weiß
am Zug:
Die Frage ist, wie diese Stellung für Schwarz zu gewinnen ist. An dieser Stelle muss eine größere und keinen
Anspruch auf Vollständigkeit erhebende Betrachtung des Endspiels Turm und Randbauer gegen Läufer erfolgen.
Der offensichtliche Plan des Weißen, den Bauern sofort zu erobern, scheitert sofort, doch auch eine daraus
entstehende Blockadesituation nutzt Weiß nicht.
1. f8D+ Txf8 2. Lc4 Ta8!
In der Folge wird Schwarz zunächst seinen König nach c5 überführen. Weiß tut gut daran, seinen Läufer
nach b5 zu überführen, doch auch Anderes führt zu ähnlichen Situationen (die Zugzählung beginnt neu ab
dem folgenden Diagramm).
Hier stehen Schwarz zwei Gewinnwege zur Verfügung. Der erste besteht in 1...Kb6 mit Abdrängung des
weißen Königs auf die erste Reihe, wozu wir später noch kommen werden. Der zweite besteht im
Bauernopfer 1...Tb7! 2. La6 Tb4+! 3. Kxa5 Tb1 mit Läufergewinn. Auf 3. Ka3 würde erneut die
Abdrängung folgen, während der weiße Läufer keine anderen Züge nach 1...Tb7 hat, um entweder der Gabel
oder dem gezeigten Spieß zu entkommen.
Kehren wir zurück zum oberen Diagramm. Der bessere Verteidigungsweg besteht im Abwarten, wonach
Schwarz genaue Züge zeigen muss.
1. Kb3 Kg7 2. Ka3(!) Kf8 3. Ka4 Ta7(!) 4. Kb3 Td7 5. Ka4 Td5
Zu beachten ist, dass auf 5. Kc4 Tb7 mit leichtem Gewinn folgt.
Nach dem Textzug bestehen erneut zwei Verteidigungsmöglichkeiten. Die nach unserer jetzt bekannten
Lektion zum zweiten Diagramm schwächere ist 6. Lh7 Kxf7 7. Lc2 Ke7 8. Lb3 Tc5 9. Ld1 Kd6 10. Le2
Tf5(!) 11. Lb5 Tf4+!! (oder Zugumstellung durch 11...Kc5) 12. Kxa5 Kc5 und die Kombination der
Diagrammstellung 2 dringt durch: 13. Ka6 Tf6+! 14. Ka5 Tb6! 15. La6 Tb1 oder 15. La4 Tb8 mit
Läufergewinn. Die stärkere Verteidigung ist:
6. Kb3 Td4
Ein guter Zwischenzug, obwohl der sofortige Hauptplan auch durchdringen würde.
7. Ka3 Tf4 8. Kb3 Ke7 9. Ka3 Kd6 10. Kb3 Kc5
Zu Recht stellt der Computer fest, dass stattdessen der taktische Trick 10...Tf3+ noch besser ist, um eine
Stellung ähnlich derer in Diagramm 2 herbeizuführen, da 11. Kc4 an a4 scheitert. Nach 11. Ka2 folgt dann
die Hauptvariante. Dennoch wollen wir hier die schematische Variante betrachten. Hier kann nämlich
einfacher 11. Ka3 Tf3+ 12. Ka4 Kb6 mit Zugzwang folgen. Die weiße Verteidigung wird jedoch zu
außergewöhnlichen Maßnahmen zwingen.
11. Kc3 Tf3+ 12. Kc2!! Kd4! 13. Kb2
Hier verliert 13...Kc4?? natürlich wegen 14. f8D+ - richtig ist deshalb ein äußerst schwierig zu sehender
taktischer Trick:
13...Tf2+!!
Für die Berechtigung der Existenz des Tricks müssen wir die Hauptvariante betrachten. Die Nebenvariante
endet aber auch recht bald: 14. Kb1 Kc3 15. Ka1 Tf3! 16. Kb1! Tf4! 17. Ka1 Kc2 oder 17. Ka2 Tf1 mit
Gewinn des Bauern f7. Der Rest ist dann Sache der Technik, zu der wir später eine Betrachtung anstellen
wollen. Nun kann auf 14. Ka3 in die Nebenvariante eingelenkt werden: 14...Kc3 15. Ka4 Tf5! 16. Ka3 Tf4!
17. Ka2 Tf1 mit Gewinn. Deshalb...
14. Kb3 Kc5 15. Kc3!
Auf 15. Ka3 Tf3+! 16. Kb2 Kb4 hätte Schwarz sein Ziel erneut erreicht (siehe Diagramm unten). 16. Ka4
Kb6 würde hingegen den Bf7 und die Partie gewinnen.
15... a4! 16. Kd3
Eine heimtückische Falle! Das Endspiel nach dem äußerst verlockenden 16...a3 17. Ke3 Tf6 18. Kd3 ist
remis. Weiß kommt gerade noch rechtzeitig, um den schwarzen Bauern aufzuhalten, zum Beispiel nach 18...
Kd6 19. Kc2! Ke7 20. Kb3 Ta6 21. Ka2 Kf8 22. Kb1.
16... Kd6!! 17. Kc3 a3 18. Kb4! Tf3!
Nun ist 19. Ka4 Kc5 sofort verloren, da sich der schwarze Bauer selbst verteidigt: 20. f8D+ Txf8 21. La2
Kd4!! 22. Kb3 Tb8+! 23. Kxa3 Kc3, und der Trick der Stellung aus dem zweiten Diagramm ist erreicht und
der weiße Läufer geht verloren. Es bleibt nur die Zugumstellung
19. f8D+ Txf8 20. La2 Ta8 21. Kb5 Ke5 22. Kb4 Kd4 23. Kb3 Tb8+ 24. Kxa3 Kc3 mit Gewinn.
Diese Stellung entstünde nach der weißen Abweichung im 15. Zug. Mit einem schwarzen Bauern auf a4
statt a5 wäre die Stellung remis, wie die Löser der Schwalbe richtig bemerkten. Dass es mit dem Bauern auf
a5 gewonnen ist, ist deshalb nicht einfach zu sehen. Erneut liegt es daran, wie Schwarz den Bauern erobert.
Hier hat Weiß drei Varianten: Die Konsequenzen von 17. Ka2 Kc3 sind uns bereits bekannt, also bietet sich
eine andere Variante an:
17. Kc2
Nun ist nicht zu sehen, wie Schwarz vorankommen soll. Er kann jedoch die oben gezeigte
Zugzwangstellung herbeiführen.
17...Ka3!! 18. Kb1 Tf2 19. Kc1 Kb4 20. Kb1 Kc3 21. Ka1 Tf3 22. Kb1 Tf4 imd Schwarz gewinnt erneut
den Bauern.
Nachdem alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, muss sich also Weiß durch die dritte Variante in
die Niederlage fügen.
17. f8D+ Txf8 18. La2 Tf2+ 19. Kb1 Ka3 20. Ld5 Tb2+
21.Kc1
21. Ka1 erledigt sich einfacher: 21...a4. Der weiße Läufer wird nun nach b1 gedrängt und dann folgt Kb4
und a3. Der weiße König wird dann durch ein Turmschach auf der zweiten Reihe wieder abgedrängt und
Schwarz kann Kb3 und a2 durchsetzen. Zum Beispiel: 21...a4 22. Le6 Te2 23. Lf5 Te1+ 24. Lb1 Kb4 25.
Ka2 a3 26. Ld3 Te3 27. Lb1 Te2+ 28. Ka1 Kb3 29. Le4 a2 30. Ld5+ Ka3 mit schwarzem Gewinn. Stünde
hier der schwarze Turm auf h2, würde Weiß durch 30. Ld5+! Ka3 31.Lg2 remisieren, aber nach 30.Lg2?
Ka3 verlieren. Das Pattmanöver zeigte Mouterde 1923 in Nation Belge.
21...Tb4 22. Kc2 Tb6!!
Der weiße König musste zunächst auf die zweite Reihe gelockt werden, da Schwarz nach 21...Tb6 22. Lf7
mit gegenseitigem Zugzwang nicht richtig ohne Stellungswiederholung vorankommen würde. Der schwarze
Turm muss unbedingt auf b4 stehen, wenn Schwarz nach b5 geht. Dazu sind jedoch zwei Tempoverluste
nötig, da der weiße König auch nach c3 gelockt werden muss.
23. Lf7(!) Ka4! 24. Kc3
Nach 24. Kc1 Tb4 25. Kc2 Kb5 hätte Schwarz sein Ziel erreicht. Der schwarze König könnte aktiv
mitwirken, nach d4 marschieren und nach schwarzem a3 und Tb2+ wäre es leicht gewonnen. Doch auch so
musste Weiß durch den Zugzwang seine Stellung verschlechtern. Erstaunlich ist hier, dass Weiß tatsächlich
nur eine optimale Aufstellung hat, die durch den Zugzwang aufgegeben werden muss. 24. Ld5 würde
beispielsweise den Läufer in den Einfluss des schwarzen Königs bringen, was 24...Kb4 zulässt.
24...Tb4 25. Lc4
Natürlich ist 25. Le8+ Ka3 26. Lf7 Tb7 nebst 27...Tc7+ leicht gewonnen.
25...Ka3 26. Le6 Tb6 27. Ld5 Tb5 28. Lc4 Tc5
Es ist vollbracht. Am einfachsten opfert sich der Turm im nächsten Zug gegen den Läufer, wonach der
Bauer sich umwandelt. Schwarz hat gewonnen!