„Öffentlicher Personennahverkehr in der Gemeinde Lehre“

Projektbericht:
„Öffentlicher Personennahverkehr in
der Gemeinde Lehre“
Eine Kooperation zwischen der
Gemeinde Lehre und der Hochschule Harz
am Fachbereich Verwaltungswissenschaften
Vision 2035
betreuende Dozentin:
Prof. Dr. Sabine Elfring
vorgelegt von:
Tobias Naumann
Danny Stieber
Maximilian Urban
Martin Waldeck
erstellt:
Januar 2016
Inhaltsverzeichnis
Seite
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................II
1. Einleitung .........................................................................................................1
2. Ausgangslage der öffentlichen Verkehrsanbindung in Lehre ............................2
2.1. Problematik der öffentlichen Verkehrsanbindung in Lehre.........................2
2.2. Zielstellungen der Arbeitsgruppe ...............................................................3
3. Bürgerbefragung zum Themenbereich ÖPNV ..................................................4
4. Mobilität mit dem Fahrrad ................................................................................4
4.1 Konzeptionelle Grundlagen zur Verbesserung der Mobilität .......................4
4.2 Handlungsempfehlungen für die zukünftige Fahrradmobilität .....................6
5. Mobilität infolge der Veränderungen durch die Sharing Economy .....................8
5.1 Konzepte zur Verbesserung der Mobilität...................................................8
5.2 Handlungsempfehlungen für die Sharing Economy ..................................10
6. Der Bürgerbus ................................................................................................11
6.1 Der Bürgerbus in der Gemeinde Lehre ....................................................12
6.2 Handlungsempfehlungen für einen Bürgerbus .........................................15
7. Fazit ...............................................................................................................15
Quellenangaben .................................................................................................17
II
1. Einleitung
Der vorliegende Bericht stellt das Ergebnis eines Teilprojektes dar, das auf Grundlage einer
Kooperation zwischen der Gemeinde Lehre und der Hochschule Harz zum Themenbereich
öffentlicher Personennahverkehr (im Folgenden „ÖPNV“) durchgeführt wurde. Um adäquate,
moderne und innovative Antworten bzw. Handlungsansätze auf die zukünftigen Herausforderungen rund um diesen Themenbereich zu finden, wurde der Begriff ÖPNV bewusst weit
gefasst. Der ÖPNV sieht sich, wie auch viele andere Bereiche, mit einer immer älter werdenden Gesellschaft konfrontiert. Der Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft wächst, jüngere Generationen zieht es immer öfter direkt in die Großstädte. Diese Entwicklung ist ebenfalls in der Gemeinde Lehre, wenn auch nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Regionen,
feststellbar. Zukünftig geht es nicht mehr darum, diesen Wandel aufzuhalten, sondern vielmehr darum, ihn mit bestmöglichen Anpassungsstrategien zu begleiten.
Die folgende Analyse fußt auch auf Erkenntnisse, die aus einem vorhergehenden Projekt
zwischen der Gemeinde und der Hochschule Harz gewonnen wurden. Bestandteil dieser
Kooperation war eine Evaluierung der Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger in Lehre.
Die im Mai 2014 durchgeführte Zufriedenheits- und Imageanalyse brachte ein umfangreiches
Meinungsbild zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Lebensbedingungen hervor. Unter anderem gaben die Befragten ihr Statement zu den öffentlichen Verkehrsanbindungen
ab. Hierbei ging es vor allem um Bus- und Bahnanbindungen von und nach Lehre. Diesbezüglich befanden 56 % der Befragten die öffentlichen Verkehrsanbindungen als zufriedenstellend, während weitere 21 % der befragten die Thematik mit befriedigend bewerteten. Ein
Gespräch über diese Thematik mit dem Bürgermeister Klaus Westphal veranlasste die Projektgruppe Stärken und Schwächen in einer SWOT-Analyse gegenüber zu stellen.
In Vorbereitung für das Fokusgruppengespräch mit dem Bürgermeister, den Ortsbürgermeistern und den Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderates Lehre im Mai 2015, in dem auch alle
anderen Arbeitsgruppen ihre Themenfelder vorstellten, entwickelte die Arbeitsgruppe Handlungsalternativen, mit dem Ziel, die Situation des ÖPNV in der Gemeinde zu verbessern.
In der am 25. November 2015 stattgefundenen Zukunftswerksatt wurden alle Handlungsansätze sowie das Nutzungsverhalten, auch unter Berücksichtigung zukünftiger Herausforderungen, mit den Teilnehmern diskutiert und erarbeitet. Um die Probleme des ÖPNV angemessen eruieren zu können, waren der Projektgruppe insbesondere die Meinungen, die Bedürfnisse und speziell das Nutzerverhalten der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Lehre äußerst wichtig.
Vorbereitend auf die Zukunftswerkstatt fand deshalb im Oktober 2015 folgerichtig eine Bürgerbefragung statt, in der die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinungen, Wünsche und auch
1
Anregungen zu diesem Themenbereich vorbringen konnten. Die gewonnenen Erkenntnisse
flossen direkt in die nachfolgend vorgestellten Handlungsansätze ein.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird im Folgenden zunächst die aktuelle Situation des
ÖPNV detailliert beschrieben. Weiterhin werden die aus der Zukunftswerkstatt gewonnen
Erkenntnisse analysiert und die daraus resultierenden Handlungsansätze vorgestellt. In diesem Zusammenhang werden für jede Alternative sowohl die rechtlichen als auch die organisatorischen Rahmenbedingungen erörtert. Dieser Bericht soll der Gemeinde Lehre dazu dienen, die strukturellen Voraussetzungen für einen leistungsstarken ÖPNV zu schaffen und
bürgerfreundliche, innovative und moderne Lösungen zu finden.
2. Ausgangslage der öffentlichen Verkehrsanbindung in
Lehre
Die im Landkreis Helmstedt gelegene Gemeinde Lehre ist das regionale Bindeglied zwischen den beiden Großstädten Brauschweig und Wolfsburg. Die Gemeinde, umgeben von
Wäldern und Naturschutzgebieten, hat trotz seiner Nähe zu den beiden Großstädten ihren
ländlichen Charakter, insbesondere in den Ortsteilen bewahrt. Die direkte Anbindung an die
Autobahnen A 2 und A 39 sowie der Anschluss an zwei Großstädte mit adäquater Infrastruktur (Bahnhof und Flughafen) bietet den Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Lehre grundsätzlich eine günstige überregionale Verkehrsanbindung.
Die Gemeinde Lehre besteht aus acht einzelnen Ortschaften. Wendhausen, Lehre und der
Ortsteil Flechtorf liegen direkt an der Hauptverkehrsader (Landesstraße L 295) zwischen
Braunschweig und Wolfsburg. Daraus resultiert eine gute Busanbindung durch die Linie 230
der Wolfsburger Verkehrs-GmbH. Weitaus problematischer stellt sich die Situation des
ÖPNV Anbindung für die kleineren Ortschaften Beienrode, Essehof, Essenrode, Groß und
Klein Brunsrode dar. Diese Ortschaft liegt nicht direkt an der Hauptverkehrsader.
2.1 Problematik der öffentlichen Verkehrsanbindung in Lehre
Um innerhalb der Gemeinde Lehre den ÖPNV zu nutzen, sind die Einwohner unter anderem
auf den Schulbusverkehr angewiesen. Für die Betroffenen sind die wenigen Fahrten am frühen Morgen und frühen Nachmittag sowie die langen Aufenthaltszeiten zwischen Hin- und
Rückfahrt suboptimal. Anderweitige Umsteigeverbindungen über Braunschweig und Wolfsburg stellen keine sinnvolle Alternative dar. Daraus resultieren sehr lange Reisezeiten und
keine effizienten Umsteigeverbindungen.
2
Das Lebensumfeld wird durch die unbefriedigende Situation der ÖPNV-Anbindung erheblich
beeinträchtigt. Dadurch sind Termine jeglicher Hinsicht nicht planbar. Zum Teil können elementare Angelegenheiten, wie z.B. Arztbesuche nur mit erheblichem Mehraufwand wahrgenommen werden.
Die Anpassung der Fahrpläne an die Nutzungsbedürfnisse mit dem öffentlichen Personennahverkehr obliegt dem Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB). Entsprechend des §
4 Abs. 1 Nr. 1 lit. b des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes ist der ZGB der Aufgabenträger für den ÖPNV. Eine der wesentlichen Aufgaben ist die Erstellung und die Umsetzung
eines Nahverkehrsplans. Die Konzessionen für die Verkehrsleistungen sind an rechtliche
Voraussetzungen geknüpft, die auf Grund ihrer komplexen Anforderungen in der Regel nur
durch ein Unternehmen erfüllt und dementsprechend beantragt werden kann. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH ist die zuständige Genehmigungsbehörde. Der
derzeit gültige Nahverkehrsplan definiert den öffentlichen Personennahverkehr von 2008 2015. Ein neuer Nahverkehrsplan tritt 2016 in Kraft. Entsprechend der gesetzlichen Regelungen ist der Einfluss auf die Mitgestaltung bei der Planung des Nahverkehrs sehr stark
begrenzt. Kommunen können zwar Anregungen einbringen, über die Berücksichtigung entscheidet letztlich der ZGB. Dadurch ist die Änderung bzw. die Mitgestaltung des Nahverkehrsplans durch die Arbeitsgruppe nicht möglich.
2.2 Zielstellungen der Arbeitsgruppe
Mit Hilfe der erarbeiteten Handlungsansätze verfolgte die Arbeitsgruppe das Ziel, das Nutzungsverhalten des ÖPNVs zu optimieren und durch weitergehende Alternativen zu ergänzen. Dadurch soll auch die Gesamtmobilität der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Lehre verbessert werden. Die Handlungsalternativen umfassen eine umfangreiche Betrachtung
der Mobilität mit dem Fahrrad, der Mobilität infolge der Veränderungen durch die Sharing
Economy und der möglichen Einführung eines Bürgerbusses.
Die verschiedenen Alternativen wurden so entwickelt, dass sie ein möglichst großes Spektrum des Mobilitätbedürfnisses der Bürgerinnen und Bürger abdecken. Die aufgezeigten
Handlungsansätze sollen insbesondere dazu dienen, die Defizite, die der öffentliche Personennahverkehr aufweist, zu schließen. Zur inhaltlichen Umsetzung der einzelnen Handlungsalternativen orientierte sich die Arbeitsgruppe an bereits bestehenden Konzepten. Auf
regionalen bzw. ländlichen Bezug der Konzepte wurde Wert gelegt. Dadurch soll die Anwendbarkeit auf die Gemeinde Lehre gewährleistet werden. Ein entscheidender Vorteil aller
Alternativen ist die Verlagerung der bestehenden Verkehrsmittel auf andere. Dies führt zu
einer Entlastung der Hauptverkehrsader zwischen den Großstädten Braunschweig und
Wolfsburg durch einen geringeren motorisierten Individualverkehr.
3
3. Bürgerbefragung zum Themenbereich ÖPNV
Die nachfolgend vorgestellten Handlungsalternativen
wurden unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der
Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Nutzung des
ÖPNV mit Hilfe eines Fragebogens ermittelt.
An der Befragung haben insgesamt 44 Bürgerinnen
und Bürger teilgenommen. 36 Personen sind sehr
bzw. teilweise auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Dabei benötigen 34 Personen die öffentlichen Verkehrsmittel um Einkaufswege zu erledigen.
28 Personen benutzen die öffentlichen Verkehrsmittel für Arztbesuche. Weiterhin werden die öffentlichen
Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit (13 Personen),
zur Schule (4 Personen) und für Besuche (6 Personen) in Anspruch genommen. 23 Personen nutzen
den ÖPNV auch für ihre Freizeit. Innerhalb der Woche lässt sich ein homogenes Nachfrageverhalten
feststellen. Eine leicht erhöhte Nachfrage ist von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 erkennbar.
Am Wochenende ist eine deutliche Tendenz hin zu den Abendstunden zu erkennen.
Eine Diskussion über das Mobilitätsverhalten mit den Bürgerinnen und Bürgern während der
Zukunftswerkstatt bestätigt, dass der ÖPNV zu den oben benannten Zwecken benutzt wird.
Die Mobilität mit dem Auto dient zwar ähnlichen Zwecken, wird aber im Unterschied dazu
insbesondere für Einkäufe mit großem Transportaufwand bevorzugt.
4. Mobilität mit dem Fahrrad
4.1 Konzeptionelle Grundlagen zur Verbesserung der Mobilität mit dem Fahrrad
Als ältester der heute zur Verfügung stehenden Verkehrsträger prägt das Fahrrad die Mobilität der Menschen seit mittlerweile fast 200 Jahren. Als bedeutsame Erfindung im frühen 19.
Jahrhundert hat das Fahrrad auch auf Grund der voranschreitenden Technologisierung als
Verkehrsträger innerhalb der Verkehrsmittelnutzung an Bedeutung verloren. Laut eines Abschlussberichts zur Mobilitätsuntersuchung des Zweckverband Großraum Braunschweig aus
dem Jahr 2013 liegt der Fahrradanteil an der Verkehrsmittelnutzung nur bei durchschnittlich
12,5 %. Unter dem Aspekt, dass 9 von 10 Personen über ein Fahrrad verfügen und die topografischen Bedingungen für den Radverkehr in der Gemeinde Lehre sehr günstig sind, kann
die Verkehrsmittelnutzung unter bestimmten Voraussetzungen zu Gunsten der Mobilität mit
4
dem Fahrrad verändert werden. Eine bedeutsame Rolle dabei spielt ein gut konzipiertes
Radverkehrskonzept.
Unter bestimmten konzeptionellen Voraussetzungen kann auch ein für die Gemeinde Lehre
entwickeltes Radverkehrskonzept dem steigenden Mobilitätsbedürfnis durch den Individualverkehr und durch einen bedarfsgerechten ÖPNV Rechnung tragen. In erster Linie muss ein
Radverkehrskonzept so aufgestellt sein, dass die Radinfrastruktur direkt an andere Verkehrsnetze angebunden ist. Ein bedeutender Faktor sind die Bike + Ride-Anlagen. Sie sind
eine Möglichkeit, die Flexibilität des Fahrrads als Zubringer und die Eignung des ÖPNV für
längere Distanzen und einer bequemen Beförderung bei schlechtem Wetter miteinander zu
kombinieren.
Diese Vernetzungszentren sollen neben
einer barrierefreien Erreichbarkeit über
Anschlussmöglichkeiten für alle Fahrradtypen verfügen. Weiterhin sollten die
Bike + Ride-Anlagen nutzungsfreundlich
gestaltet sein. Das heißt, es ist auf einen
ausreichenden Seitenabstand zu anderen Rädern zu achten um ein leichtes
Herein- und Herausnehmen zu gewährleisten. Überdachungen, gegebenenfalls auch Seiten- und Rückwände bieten einen gewissen Witterungsschutz. Damit die Fahrradfahrer bedenkenlos zu anderen Verkehrsträgern
umsteigen können, sollte ein standardmäßiger Schutz vor Vandalismus vorhanden sein. Gute Einsehbarkeit und ausreichend Beleuchtung sind dabei von elementarer Bedeutung. Den
größten Schutz vor Vandalismus bieten zusätzlich verschließbare Abstellmöglichkeiten, insbesondere Fahrradboxen.
Um den Radverkehr als ein System zu etablieren, ist auch eine fahrradfreundliche Infrastruktur erforderlich. Im Landkreis Helmstedt liegt der Schwerpunkt beim Freizeitradverkehr. Alltagsradler bevorzugen geringe Umwege, ebene, gut befestigte Oberflächen und sichere W ege, wenn sie vom Wohnort zur Arbeit, zum Sport, zum Einkaufen, zur Schule bzw. zur Ausbildung fahren.
Die Technologie hat auch das Fahrrad weiterentwickelt. Pedelec und E-Bike gehören zum
Verkehrsspektrum Elektromobilität und sind ein fester Bestandteil in der Fahrradlandschaft.
Pedelecs können Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht Fahrrad fahren können oder möchten, den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad erleichtern. Insbesondere Menschen mit geringer physischer Leistungsfähigkeit oder körperlichen Einschränkungen bieten
Pedelecs die Chance, ihre individuelle Mobilität wiederzugewinnen oder zu steigern.
In Deutschland wurden bisher 2,1 Millionen Pedelecs und E-Bikes verkauft. Die stetige Zunahme der Elektrofahrräder und die verkehrsrechtlichen Voraussetzungen stellen gesteigerte
5
Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur. Dazu zählen neben ausreichend breiten
Radwegen auch weite Kurvenradien, rutschfeste Beläge sowie die verstärkte Vermeidung
von Absperrpfosten, Umlaufsperren und Treppen.
Zukünftig werden E-Radschnellwege eine
bedeutende Rolle in der Radweggestaltung
einnehmen, um die zukünftige Vernetzung
aller Verkehrsmittel weiter zu optimieren
und um den steigenden Anforderungen an
die Radmobilität gerecht zu werden. Sie
sollen die Radverkehrsführung zunehmend
beschleunigen, sicherer machen und die
Verkehrsmittelwahl insbesondere bei Berufspendlern zu Gunsten des Radverkehrs
verlagern.
4.2 Handlungsempfehlungen für die zukünftige Fahrradmobilität in Lehre
Um das zukünftige Mobilitätsverhalten zugunsten des Radfahrens in der Gemeinde Lehre
zu verlagern und den motorisierten Individualverkehr zu entlasten, werden der Verwaltung
und den kommunalpolitischen Vertretern der Gemeinde Lehre im Folgenden entsprechende
Handlungsempfehlungen gegeben. Diese Empfehlungen resultieren aus den konzeptionellen
Ansätzen eines Radverkehrskonzeptes und aus den diskutierten Bedürfnissen der Teilnehmer der Zukunftswerkstatt ÖPNV.
Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt ordnen dem Fahrrad als Zubringer zum ÖPNV eine
eher untergeordnete Rolle zu. Dies resultiert daraus, dass die infrastrukturellen Voraussetzungen zum Teil nicht im adäquaten Maße vorhanden sind bzw. gänzlich fehlen. Bike- und
Ride-Anlagen sind als Vernetzungszentren wichtige Knotenpunkte zwischen dem Radverkehr und dem ÖPNV, so die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt. Die vermehrte Möglichkeit,
Fahrräder sicher, komfortabel und systematisch parken zu können, würde das Umsteigen in
den öffentlichen Personennahverkehr erleichtern und die Bereitschafft zur Nutzung des Fahrrads erhöhen. Besonders die Bewohner der von der Hauptverkehrsader (L295) abgelegenen
Ortschaften würden dies begrüßen, da dort die notwendigen Busverbindungen fehlen.
Aus diesem Grund sollte die Gemeinde die bestehenden Fahrradabstellanlagen an die in
Punkt 4.1 beschrieben Qualitätsanforderungen anpassen. Zusätzliche Fahrradabstellanlagen
sollten so konzipiert werden, dass sie an bedeutsamen Punkten als Bike- und Ride-Anlagen
fungieren können. Nur so kann die gewünschte Attraktivität des ÖPNV-Angebots im Wesentlichen gesteigert und das Einzugsgebiet von Haltestellen erweitert werden. Die Entfernung
zwischen Abstellanlage und Haltestelle sollte nicht mehr als 50 m betragen.
6
Bei dem Einsatz von Fahrradständer oder Anlehnsysteme sind folgende Produktqualitäten
zu berücksichtigen. Zum Schutz gegen Diebstahl sollten sowohl der Rahmen als auch das
Vorderrad angeschlossen werden können. Die Kompatibilität einer Fahrradabstellanlage
schließt sowohl Aufhängesysteme für längere Fahrräder als auch vorgefertigte Systeme für
das Einstellen der Gabel oder des Vorderrades aus. Systeme, bei dem das Fahrrad angehoben werden muss, werden seltener genutzt.
Eine einfache Lösung für alle Fahrradtypen ist
die umgekehrte U-Form, da der Fahrradrahmen
angelehnt wird und mit einem einzigen Schloss
angeschlossen werden kann. Neben der einfachen Montage ist es eine kostengünstige Variante mit minimaler Wartung. Für kleine Fahrräder
ist eine zusätzliche horizontale Stange sinnvoll.
Fahrradsysteme können innovativ und kunstvoll
gestaltet werden. Sie können zu einem optischen Blickfang im öffentlichen Raum werden.
Allerdings sollten die grundlegenden Qualitätskriterien immer erfüllt werden.
Des Weiteren würde man die vorhandenen Fahrradabstellmöglichkeiten vermehrt nutzen, wenn ein besserer Schutz
vor Vandalismus gegeben ist. Seitens der Teilnehmer der
Zukunftswerkstatt ist es wünschenswert, Fahrradeinzelbzw. Fahrradsammelboxen zu installieren. Um dem variablen Bedarf gerecht zu werden, wird die Installation von Einzelboxen empfohlen. Sie sind meist mobil und können jederzeit an einem anderen Ort aufgestellt werden. Einzelboxen sind die kostengünstigere Variante. Ist aus Gründen fehlender öffentlicher Flächen wenig Platz vorhanden, werden Sammelboxen empfohlen, da sie für mehrere Fahrräder zur
Verfügung stehen. Sie kosten zwar in der Anschaffung mehr als Einzelboxen, sind aber im
Verhältnis zwischen Kaufpreis und untergestellten Fahrrädern nur halb so teuer. Die Anschaffung und Verwaltung von Fahrradboxen kann seitens der Kommune durch Benutzungsgebühren kalkulatorisch gedeckt werden. Um die effiziente Nutzung der Fahrradboxen
zu gewährleisten, sollte eine Kurzzeitmiete für einen Monat in Betracht gezogen werden. Ziel
dieses weltweit angewandten Prinzips ist im Wesentlichen die Steigerung der Attraktivität
des öffentlichen Personennahverkehrsangebotes und die Erweiterung des Einzugsgebietes
von Bahnhöfen und Haltestellen.
Um die zukünftige Vernetzung aller Verkehrsmittel weiter zu optimieren und um den steigenden Anforderungen an die Radmobilität gerecht zu werden, wird der Gemeinde empfohlen,
sich bei zukünftigen Sanierungen, Neubebauungen oder Erweiterungen von Radwegen an
7
den Standards von E-Radschnellwegen zu orientieren. Aus verkehrsrechtlicher Sicht, werden solche Maßnahmen die zukünftige Mobilität mit Elektrofahrrädern sicherstellen und vorrausschauend Kosten einsparen. Für ähnliche Projekte wurden bereits Fördermittel über das
von der Bundesregierung genehmigte Projekt „Schaufenster Elektromobilität“ bereitgestellt.
Die direkte Verbindung zwischen den beiden Metropolen Braunschweig und Wolfsburg ist
eine bedeutsame infrastrukturelle Verkehrsader. Es sollten intensive Gespräche mit den politischen Verantwortlichen der beiden Städte geführt werden, um systematisch Einigkeit und
Zielstrebigkeit für ein Konzept E-Radschnellweg publik zu machen.
Sind Baumaßnahmen für neue Radwege aus finanziellen Gründen nicht möglich, kann die
Gemeinde Lehre auch landwirtschaftlich genutzte Wege in die Radinfrastruktur integrieren.
Um die Feldwege fahrradfreundlich und verkehrstauglich umzugestalten, müssen alle rechtlichen Belange mit den Feldmarkinhabern vereinbart sein. Entsprechend der Richtlinie über
die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung
(ZILE) kann der Ausbau landwirtschaftlicher Wege und nicht ausreichend befestigter Verbindungswege, aber auch Vorarbeiten, Untersuchungen und Konzepte für die notwendige Infrastruktur finanziert werden.
Grundsätzlich sollte die Gemeinde Lehre darauf achten, dass aus verkehrsrechtlicher Sicht
sicheres Fahrradfahren gewährleistet ist. Die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung sind
zwingend einzuhalten. Sicherheitslücken (z.B. Heinekamp) müssen verkehrssicher gestaltet
werden.
5. Mobilität infolge der Veränderungen durch die Sharing
Economy
5.1 Konzepte zur Verbesserung der Mobilität
Die Wirtschaft des Teilens (Sharing Economy) gilt
gerade im Bereich Mobilität für viele Ökologiebewegten heute als Hoffnungsträgerin für eine nachhaltige
Entwicklung. Darüber hinaus ist der stetige und rasante Anstieg der Nachfrage, ein Indiz für das Zukunftspotenzial in dieser Branche.
Im städtischen Bereich ist die Möglichkeit zum Teilen und Leihen von Autos und Fahrrädern
weit verbreitet. Im Bereich von Verbindungspunkten zum ÖPNV wie Bahnhöfen und Haltestellen gibt es immer mehr Angebote, mit wenig Geld mobil zu bleiben. Auch in ländlichen
Regionen, die der Gemeinde Lehre ähneln, steigt das Angebot und die Nachfrage an Sharing Economy. Charakteristisch sind eine unkomplizierte und flexible Angebotsstruktur. Ein
8
Grund für die steigende Nachfrage ist sicherlich der Verlust des Autos als eigenes Statussymbol bei der jüngeren Generation. So haben 75-% der 20- bis 29-jährigen Deutschen eine
Fahrerlaubnis, davon fahren 45-% kaum Auto. Es müssen Mitgliedschaften bzw. Rahmenverträge beim Car-Sharing abgeschlossen werden und neben der Fahrerlaubnis bei manchen Anbietern ein gewisses Maß an Fahrpraxis vorhanden sein. Doch vor allem für Menschen, die selten und/oder unregelmäßig fahren, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen, Verwaltungen, Institutionen, Freiberufler/-innen und Vereine eignet sich die Nutzung dieses Angebots. Durch den Verzicht auf das eigene Zweit- oder Drittfahrzeug können
Kosten gespart werden, und folglich wird die Umwelt geschont. Für Berufstätige ist aufgrund
der langen Standzeiten das Bike- und Car-Sharing-Angebot eher ungeeignet, da so unnötige
Kosten entstehen.
Ob ein Car-Sharing-Angebot letztendlich auch in kleineren Gemeinden entsteht, hängt von
der Bereitschaft der Bürger ab. Ohne eine Eigeninitiative zur Angebotsorganisiation ist die
Umsetzung nicht möglich. Ob es sich dauerhaft halten kann, hängt wiederum von der vorhersehbaren Nutzungsintensität der Interessenten ab. Außerdem können bestehende CarSharing-Anbieter ihr Angebot auf weitere Ortschaften ausdehnen, wenn sie in diesen eine
dauerhafte Nachfrage erwarten dürfen, um die anfallenden Kosten zu decken. Unterstützung
kann auch durch die Kommunen, gemeinnützige Einrichtungen, Unternehmen oder Energieversorger erfolgen. Die direkte Förderung durch Bereitstellung des Fahrzeuges, Sponsoring,
finanzielle und organisatorische Unterstützung, Öffentlichkeitsarbeit oder eine indirekte Förderung durch eigene Nutzung des Angebots für eine größere Auslastung sind Möglichkeiten
zur Unterstützung.
Zudem werden andere Formen der Sharing Economy schon in der Region Helmstedt unterstützt. So wurde als Ergebnis aus dem Projekt „mobil im Landkreis“ ein OnlineMobilitätsservice für die Region unter dem Dach des Zweckverbandes Großraum Braunschweig (ZGB) eingerichtet. Das sogenannte „Pendlerportal“ soll lediglich als Vermittler funktionieren und über angebotene Mitfahrgelegenheiten und mögliche Verbindungen im Öffentlichen Personennahverkehr (Bahn-, Bus- und Straßenbahnlinien) informieren. Das Ziel des
Pendlerportals ist die Förderung von Fahrgemeinschaften und damit die Entlastung der Umwelt. Subjektiv betrachtet können wiederum Kosten gespart werden. Das Portal soll dabei
nicht ausschließlich für Berufspendler gelten, sondern soll als Hilfe der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehen. Es eignet sich ideal für kurze Strecken zwischen einzelnen Ortschaften, zum Beispiel für Arztbesuche oder den Einkauf. Dabei funktioniert das System
ähnlich wie die klassischen Mitfahrportale und verfügt über eine kostenlose App.
Alternativen zur Daseinsversorgung im Alter sind aufgrund des anhaltenden demografischen
Wandels ein wichtiger Bereich der Mobilität der Zukunft. Eine niederschwellige Möglichkeit
ist ein mobiler Einkaufswagen, wie ihn zum Beispiel der Malteser Hilfsdienst e. V. in Lingen
betreibt. Hier nehmen erfahrene Ehrenamtliche vorab Kontakt mit Senioren auf, organisieren
und begleiten die gesamte Tour, vom Abholen vor der eigenen Wohnung über den Einkauf
und das gesellige Kaffeetrinken im Café des Einkaufszentrums bis hin zur Heimfahrt mit ei9
nem Bus vom Malteser Hilfsdienst. Neben der Mobilität und Versorgung bringt es für die Senioren auch soziale Aspekte mit sich, da sie sich zur Gemeinschaft zugehörig fühlen und ein
gewisses Maß an Selbstständigkeit so gewahrt bleibt (Quelle: http://www.malteserlingen.de).
5.2 Handlungsempfehlungen für die Sharing Economy
Die „Sharing Economy“ nimmt, wie auch in vielen anderen Bereichen, einen immer stärkeren
Einfluss auf die Mobilität. Dabei ist es wichtig, dass es von Seiten der Bevölkerung, der öffentlichen Verwaltung und Unternehmen des ÖPNV Akzeptanz erfährt und als Chance begriffen wird.
Car-Sharing ist auch im ländlichen Raum realisierbar. In der Gemeinde Lehre kommt dafür
möglicherweise zunächst das nachbarschaftliche Autoteilen in Frage. Jeder kennt den
Nachbarn und hätte, da das Auto nicht von einem komplett Fremden benutzt wird, so weniger Hemmnisse. Das nachbarschaftliche Autoteilen kann hierbei als kleiner Bruder des CarSharing umschrieben werden. Dabei schließen mehrere Personen (Nachbarn, Freunde,
Verwandte, Kollegen) einen Nachbarschaftsauto-Vertrag ab, mit denen auf privater Basis ein
oder mehrere Fahrzeuge geteilt werden. Dadurch würde man das Zusammenleben und den
Zusammenhalt in der Gemeinde Lehre stärken.
Doch zuvor müssten die bestehenden Hemmnisse überwunden werden, da der Großteil in
der Bevölkerung eine zu starke Bindung an das eigene Auto besitzt. Die junge Generation
hat dabei weniger Probleme, und so ist die Möglichkeit von Car-Sharing auch in der Gemeinde Lehre eine ernstzunehmende Mobilitätsmöglichkeit der Zukunft.
Die Einführung einer Bike-Sharing-Station an Verknüpfungspunkten zum ÖPNV bzw. anderen Verkehrsträgern wie beispielsweise in der Nähe einer Bushaltestelle ist eine weitere
sinnvolle Alternative. Dazu müsste die Gemeinde Kontakt zu einem in der Region ansässigen Bike-Sharing Anbieter aufnehmen und nach möglichen Standpunkten für eine Errichtung
suchen. Eine solche Maßnahme würde die Infrastruktur der Gemeinde verbessern.
Eine Möglichkeit, die mit wenig Aufwand verbunden ist, stellt das Pendlerportal dar. Das Portal ist vorhanden und wird durch den ZGB betreut. In der Zukunftswerkstatt stellte die Arbeitsgruppe vor allem das Unwissen der Bürger über diese Möglichkeit fest. Hier ist es der
Gemeinde zu empfehlen, besser über das Pendlerportal zu informieren und damit die Bekanntheit zu steigern. Ansätze wären beispielsweise das Auslegen von Flyern zum Pendlerportal im Rathaus und zentralen Anlaufstellen oder einer Verlinkung der Portalseite auf der
Homepage der Gemeinde.
Einen anderen Ansatz lieferten die Bürger selbst, die sich in der Zukunftswerkstatt durchaus
vorstellen konnten, eine stationäre Aushangtafel zu nutzen. Auf dieser Aushangtafel sollen
10
die Bürger die Möglichkeit bekommen, Angebote für Mitfahrgelegenheiten auszuhängen oder
Mitfahrgelegenheiten innerhalb der Gemeinde zu finden.
Gerade durch niederschwellige Mitfahrangebote
wie den mobilen Einkaufswagen kann man das
gemeinschaftliche Zusammengehörigkeitsgefühl
im ländlichen Raum optimal nutzen. Die Reaktionen der Bürger während der Zukunftswerkstatt
bestärkten diese Auffassung, diese äußerten sich
durchweg positiv gegenüber der Realisierbarkeit
von niederschwelligen Mitfahrangeboten.
6. Der Bürgerbus
„Bürger fahren für Bürger“ lautet das Motto der Bürgerbus-Vereine. Die Bürgerbus-Idee blickt
bereits auf eine längere Tradition zurück. Schon um 1939 gab es in Großbritannien erste
Projekte mit ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern. Dieses erfolgreiche Prinzip bzw. Konzept wurde auch in anderen europäischen Staaten wie z.B. in den Niederlanden kontinuierlich bis heute weiterverfolgt.
In der Bundesrepublik Deutschland wurde diese Idee erstmalig in Nordrhein-Westfalen aufgegriffen. 1985 wurde auf Initiative des dortigen Landesverkehrsministeriums in den westfälischen Gemeinden Heek und Legden der erste Bürgerbus ins Leben gerufen. Der Bürgerbus-Gedanke ist heute insbesondere in Nord- und Westdeutschland weit verbreitet. Alleine in
Niedersachsen gibt es derzeit über 45 Bürgerbusse.
Bürgerbusse verkehren dort, wo sich öffentlich finanzierter ÖPNV auf Grund wirtschaftlicher
Gesichtspunkte oder der örtlichen infrastrukturellen Gegebenheiten nicht lohnt bzw. nicht
möglich ist. Dabei kann es sich beispielsweise um entlegene Ortsteile einer Gemeinde handeln.
Das Wichtigste bei der Umsetzung der Bürgerbus-Idee ist das Vorhandensein eines ausreichenden bürgerschaftlichen Engagements. Der Bürgerbus-Verein ist zwingend auf breite
bürgerschaftliche Zustimmung angewiesen, die Initiative zur Gründung dieses Vereins muss
regelmäßig aus deren Mitte kommen.
Wichtig ist außerdem, generell klarzustellen, dass ein Bürgerbus niemals den klassischen
ÖPNV ersetzten kann. Konzepte von bestehenden Bürgerbussen zielen häufig darauf ab,
den Bürgerbus so zu konzipieren, dass ein Übergang zu dem bestehenden ÖPNV möglich
ist. Um sich hierbei möglichst nahtlos in das ÖPNV Netz einzufügen und somit unkomplizier11
te Umsteigemöglichkeiten zu Bus und Bahn zu schaffen, ist es ratsam, einen Bürgerbus in
die örtliche Tarifstruktur zu integrieren. Diese Einbindung ist vorteilhaft, jedoch nicht zwingend erforderlich.
Ohne im weiteren Bericht detaillierter darauf einzugehen, sei erwähnt, dass der Bürgerbus in
vollem Umfang den gesetzlichen Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)
unterliegt. Dies hat verschiedene rechtliche Konsequenzen bzw. Anforderungen an den Betrieb eines Bürgerbusses zu Folge. Bei dessen Betrieb handelt es sich um Linienverkehr.
Hierfür bedarf es grundsätzlich einer Konzession, die in Niedersachsen bei der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) zu beantragen ist. Diese Konzession kann nur
von einem Unternehmer beantragt werden. Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, dass
der Bürgerbus-Verein im vollen Umfang als eigenständiges Busunternehmen fungiert und
eine eigene Konzession nach dem PBefG beantragt. Hierfür müssen jedoch eine Reihe nicht
einfach zu erbringender Voraussetzungen (u.a. Sach- und Fachkundeprüfung für Straßenpersonenkraftverkehr) erfüllt sein. Ratsam ist es daher, den Bürgerbus in Kooperation mit
einem Verkehrsunternehmen zu betreiben, dass sodann die Konzession beantragt. Dies hat
weitere Vorteile, so kann beispielsweise das dort vorhandene „Knowhow“ für den Bürgerbusverein äußerst nützlich sein.
Die Tatsache, dass die meisten Bürgerbus-Vereine in Deutschland in Kooperation oder als
Subunternehmer fahren, zeigt, dass diese Variante durchaus sinnvoll ist.
6.1 Der Bürgerbus in der Gemeinde Lehre
Generell kann als Erkenntnis aus der stattgefunden Zukunftswerkstatt festgehhalten werden,
dass die Einführung eines Bürgerbusses in der Gemeinde Lehre durchaus einen sinnvollen
Ansatz darstellt.
Den größtmöglichen Vorteil kann ein Bürgerbus in Lehre dadurch entfalten, wenn er als Zubringer zu den bestehenden ÖPNV Linien konzipiert wird. Wie bereits im oberen Teil des
Berichtes aufgezeigt, besteht insbesondere in den Ortsteilen abseits der großen Verkehrsströme zwischen den Großstädten Braunschweig und Wolfsburg, wie in den Ortschaften
Klein und Groß Brunsrode, eine suboptimale ÖPNV Anbindung. Dies bestätigte auch die
durchgeführte Bürgerbefragung.
Das anlässlich der Zukunftswerkstatt vorgestellte Fahrplankonzept sieht vor, eine Anbindung
an den bestehenden ÖPNV, insbesondere an die großen Buslinie 230, zu schaffen sowie
gleichzeitig die einzelnen Ortsteile an Lehre anzubinden und eine Verbindung untereinander
zu schaffen.
12
Quelle: Google Maps
Das Bild zeigt eine von der Arbeitsgruppe ÖPNV entwickelte Linie. Eine Ringlinie dieser Art
ermöglicht auch die Anbindung an das nahgelegene Fachmarktzentrum in Wolfsburg.
Für das aufgezeigte Modell – Bürgerbus verkehrt Montag bis Freitag in der Zeit von 07.00 bis
20.00 Uhr /Samstag verkürzt; pro Fahrer i.d.R. vier Stunden Schichtzeit pro Woche – werden
mit Reserven ca. 22 Ehrenamtliche benötigt.
Bei einem Kleinbus mit bis zu 8 Sitzplätzen reicht der normale PKW-Führerschein. Unabdingbar ist jedoch ein Personenbeförderungsschein.
zusammengefasst:
•
3 Fahrer je Tag (Mo – Fr)
4-Stunden-Schicht
•
2-3 Fahrer am Samstag
•
Reserve
•
insgesamt ca. 22 Fahrer
13
Die Darstellungen zeigen einen von der Arbeitsgruppe ÖPNV entwickelten Linienfahrplan für
den Bürgerbus in Lehre. Er soll als Anregung dienen und könnte so oder in ähnlicher Weise
gestaltet werden.
14
6.2 Handlungsempfehlungen für einen Bürgerbus
Wie bereits im oberen Teil des Berichts erwähnt, bedarf die Umsetzung der Bürgerbus-Idee
eines sehr großen bürgerschaftlichen Engagements. Man kann nicht häufig genug betonen,
dass ein Bürgerbus ausschließlich von ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern betrieben
wird. Die Aufgabe der Gemeinde Lehre liegt insbesondere darin, die Vorteile eines Bürgerbusses zu kommunizieren und um ehrenamtliche Bürgerinnen und Bürger zu werben.
Des Weiteren muss klar sein: Einen Bürgerbus gibt es, ungeachtet des auf Ehrenamtlichkeit
basierenden Konzepts, nicht zum Nulltarif. Die Anschaffungskosten für einen NiederflurBürgerbus mit behindertengerechter Einstiegshilfe beispielsweise betragen 86.000 Euro. Die
Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) bezuschusst diese maximal zuwendungsfähigen Ausgaben gemäß derzeit geltender Zuwendungsrichtlinie mit 75 Prozent
(67.500 Euro). Der Restbetrag kann bspw. durch Sponsoren aufgebracht werden. In den
ersten Jahren können durch die zu erbringenden Eigenleistungen Defizite entstehen.
Diese Betriebsdefizite werden im Regelfall von den jeweiligen Gemeinden getragen. Die
Aufgabe des Rates der Gemeinde Lehre wird dementsprechend darin bestehen, sich beschlussmäßig zu verpflichten, etwaig anfallende Betriebsdefizite zu übernehmen.
Elementar ist in diesem Zusammenhang auch eine Tarifstruktur, die einerseits als angemessen betrachtet wird und sich andererseits in die vorhandene Struktur einfügt. Dabei müssen
auch die vorhandenen Verkehrsgesellschaften die Bürgerbus-Idee als sinnvolle und notwendige Ergänzung betrachten. Dies zu kommunizieren, wird Aufgabe der Gemeinde und aller
Beteiligten sein. Ein Bürgerbus stellt, wie bereits erwähnt, generell keine Konkurrenz zu den
bestehenden ÖPNV-Verbindungen dar, sondern gereicht aller Beteiligten im Sinne einer sogenannten „Win-Win-Situation“ zum Vorteil.
7. Fazit
Insgesamt waren sich die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt einig, dass durchaus die Bereitschaft besteht, vom Individualverkehr auf den ÖPNV umzusteigen, unter der Voraussetzung,
dass das ÖPNV Angebot verbessert bzw. planbarer wird. Die derzeitige Situation zwingt sie
förmlich zur Nutzung des Autos.
Generell muss das Ziel sein, einen größtmöglichen Umstieg vom Individualverkehr zur Nutzung des ÖPNV zu erreichen. Unter den bestehenden Voraussetzungen ist dies aber nur
eingeschränkt möglich. Vielmehr stellt dies für Personen, die aus verschiedenen Gründen
auf den ÖPNV zwingend angewiesen sind, ein erhebliches Problem dar.
15
Um diesem Zustand bestmöglich zu begegnen, sind alle drei vorgestellten Alternativen als
sinnvoll und komplementär zu betrachten.
Die finanziellen und infrastrukturellen Gegebenheiten zur Verbesserung der Mobilität liegen
in der Gemeinde Lehre grundsätzlich vor.
Wie bereits im oberen Teil des Berichtes ausgeführt, kommt es beispielsweise beim nachbarschaftlichen Autoteilen und insbesondere bei der Einführung eines Bürgerbusses zwingend auf ehrenamtliches Engagement an. Fraglich ist, ob dieses ehrenamtliche Engagement
im benötigten Umfang in der Bevölkerung der Gemeinde Lehre vorhanden ist.
Prinzipiell ist feststellbar, dass die Bereitschaft in der Gesamtbevölkerung abnimmt, sich in
die Gesellschafft ehrenamtlich einzubringen.
Daher ist es von besonderer Wichtigkeit, die Unentbehrlichkeit dieses ehrenamtlichen Engagements angemessen in der Öffentlichkeit zu kommunizieren und vorhandenes Engagement
gebührend zu würdigen.
16
Quellenangaben
Car-Sharing, auf: http://carsharing.de/, zuletzt aufgerufen: 19.12.15
E-Radschnellwege, auf: http://www.eradschnellweg.de, zuletzt aufgerufen: 10.12.2015
Fahrradparkplätze und Abstellmöglichkeiten, auf:
http://www.eltis.org/sites/eltis/files/trainingmaterials/12_presto_infrastruktur_fahrradparkpltze
_und_abestellmglichkeiten.pdf , zuletzt aufgerufen: 11.12.2015
Handbuch Bürgerbus (Stand 24.Mai 2012), Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, zuletzt
aufgerufen: 17.12.15
Jugend und Mobilität, auf http://www.tfactory.com/0500news-10_04_06.html, zuletzt aufgerufen: 16.12.15
Mobiler Einkaufswagen, auf: https://www.malteser.de/sozialstark/mobilereinkaufswagen.html, zuletzt aufgerufen: 16.12.15
Pendlerportal, auf:
http://www.helmstedt.de/pics/medien/1_1429607250/Flyer_Pendlerportal.pdf, zuletzt aufgerufen: 18.12.15
Pro Bürgerbus Niedersachsen, auf: http://www.pro-buergerbus-nds.de/, zuletzt aufgerufen:
17.12.15
Radportal Großraum Braunschweig, auf: http://www.radportal-zgb.de/startseite/, zuletzt aufgerufen: 12.12.15
Radtourismus um Großraum Braunschweig, auf: http://www.adfcbraunschweig.de/fileadmin/redaktion/media/Radtourismus/ADFC_Braunschweig__Positionspapier_Radtourismus.pdf, zuletzt aufgerufen: 09.12.2015
17
Bildquellen
Fahrradständer und Fahrradboxen:
http://www.news-online.at/members/berichtebilder/4502park_ride_anlage.jpg, zuletzt aufgerufen: 21.12.2015, abgebildet auf Seite 5
http://www.eltis.org/sites/eltis/files/trainingmaterials/12_presto_infrastruktur_fahrradparkpltze
_und_abestellmglichkeiten.pdf, zuletzt aufgerufen: 11.12.2015, abgebildet auf Seite 7
E-Radschnellwege:
http://www.metropolregion.de/pages/organisation___themen/themen/verkehr___elektromobilitaet/radverkehr/index.html#prettyPhoto[syn_gallery_17770]/1/, zuletzt aufgerufen: 20.12.2015, abgebildet auf Seite 6
Bike-Sharing:
http://blog.randmcnally.com/wp-content/uploads/2009/01/bike-sharing.jpg, zuletzt aufgerufen:
16.12.15, abgebildet auf Seite 8
Mobiler Einkaufswagen:
http://www.noz.de/media/2015/09/11/dsc-0606_full.jpg, zuletzt aufgerufen: 17.12.15, abgebildet auf Seite 11
18