Hilfen für Griechenland

Hilfen für
Griechenland
Hintergrundinformationen
Hilfen für Griechenland
Hintergrundinformationen
Am 19. August 2015 hat der Deutsche Bundestag in einer Sondersitzung ein neues Hilfspaket für Griechenland beschlossen. Damit kann das Land schrittweise bis zu 86 Milliarden
Euro neue Hilfsgelder erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass Athen weitere Reformschritte unternimmt, auf die sich Griechenland verpflichtet hat.
Die Umsetzung dieser Reformschritte wird eng überwacht. Die CDU-geführte Bundesregierung steht dafür, dass mit Blick auf Griechenland das Prinzip „Hilfe und Solidarität nur
gegen Reformen“ aufrechterhalten wird. Der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang
Schäuble, betont: „ Diese Reformen müssen jetzt Punkt für Punkt umgesetzt werden. Darauf
werden wir achten.“
Die Hilfsgelder kommen dann aus dem Euro-Rettungsschirm ESM. Zudem ist zu erwarten,
dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt. Die Chefin des IWF, Christine
Lagarde, hat signalisiert, dass sich der IWF in Griechenland weiterhin engagieren werde. Es
ist wichtig, dass sich der IWF auch zukünftig beteiligt, denn er ist weltweit die Institution
mit der größten Erfahrung, wenn es um die Umsetzung von Hilfsprogrammen wie in Griechenland geht.
Wie kam es zum dritten Hilfspaket?
Die griechische Regierung hat am 8. Juli 2015 beim ESM um neue Finanzhilfen gebeten.
Der ESM-Vertrag spricht hier eine deutliche Sprache: Finanzhilfen kann es nur im Gegenzug zu Reformen geben. Mit ihrer Bitte um Hilfe hat die Regierung in Athen diesen Grundsatz anerkannt.
Für einen offiziellen Antrag auf ein neues Hilfspaket genügte dieser erste Schritt aber noch
nicht. Nach den Regeln des ESM-Vertrags musste die griechische Regierung einen glaubwürdigen Plan für Reformen vorlegen. Sie musste sagen, wie sie ihre Verwaltung effizienter machen will, wo sie sparen und wo sie investieren will. Nach intensiven Beratungen
hatten die Staats- und Regierungschefs der Euroländer am 12. Juli Ziele und Eckpunkte für
ein drittes Hilfsprogramm mit Griechenland vereinbart.
1 Daraufhin hatte sich der Deutsche Bundestag am 17. Juli 2015 dafür ausgesprochen, dass
die zuständigen europäischen Institutionen gemeinsam mit dem IWF Verhandlungen mit
Griechenland aufnehmen. Ziel dieser Verhandlungen war es, eine detaillierte Vereinbarung (Memorandum of Understanding – MoU) zwischen den Geldgebern und Athen auszuarbeiten. Das MoU legt die Spar- und Reformvorgaben für Griechenland konkreter und
ausführlicher fest als die im Juli erzielte Übereinkunft.
Die Finanzminister der Eurogruppe haben am 14. August entschieden, dass das MoU die
Voraussetzungen schafft, um Griechenland ein neues Hilfsprogramm zu geben. Denn das
MoU bietet einen Rahmen, damit Griechenland wirtschaftlich wieder auf eigenen Beinen
stehen kann. Zudem hat die Eurogruppe die Forderungen des MoU in einigen Punkten
noch weiter konkretisiert.
Das aktuelle, dritte Hilfsprogramm hat eine Laufzeit bis August 2018. Die Bedingungen,
die Griechenland nun im Gegenzug für weitere Hilfen erfüllen muss, sind strenger als bei
allen bisherigen Programmen.
Welche Vorleistungen musste Athen erbringen?
Die griechische Regierung muss liefern: Sie muss das Vertrauen wieder aufbauen, das sie
in den vergangenen Monaten zerstört hat. Deshalb musste sie zunächst erste Ergebnisse
vorlegen, bevor offizielle Verhandlungen beginnen konnten. Bis zum 15. Juli 2015 mussten
erste Reform-Beschlüsse im griechischen Parlament gefasst werden. Dazu gehörten insbesondere:
 die Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems und die Erhöhung der Luxussteuern
 sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems als Teil eines umfassenden Programms zur Rentenreform
 die Sicherstellung der vollen rechtlichen Unabhängigkeit des griechischen statistischen
Amtes ELSTAT
 die vollständige Umsetzung der maßgeblichen Bestimmungen des Fiskalpaktes
Auch während die Verhandlungen für das dritte Hilfspaket liefen, musste Griechenland
weitere Reformen durchführen. Dabei ging es nicht in erster Linie um „Sparpolitik“, son-
2 dern um die dringend erforderliche Modernisierung des Staatswesens. Bis zum
22. Juli 2015 musste Griechenland:
 die Zivilprozessordnung reformieren, damit Gerichtsverfahren deutlich schneller und
kostengünstiger werden
 wie alle anderen Mitgliedstaaten die EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von
Banken umsetzen
Am 14. August hat das Parlament in Athen ein Reformprogramm beschlossen, das Rentenkürzungen und Steuererhöhungen vorsieht. Nach der Zustimmung des Deutschen Bundestags und der zuständigen Gremien der anderen Euro-Länder wird damit nun – nach der
abschließenden Entscheidung der zuständigen ESM-Gremien – die erste Tranche von 26
Milliarden Euro an Griechenland ausgezahlt.
Was muss Athen jetzt leisten?
Die genannten und die für die Zukunft vereinbarten Reformen – zum Beispiel im Arbeitsmarkt, Gesundheitswesen, im Steuer- und Wettbewerbsrecht – müssen sich auch im griechischen Haushalt niederschlagen. Der Vorgängerregierung in Athen war es bereits 2014
gelungen, im griechischen Haushalt einen positiven Primärsaldo zu erreichen – also einen
positiven Haushalt ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen. Nach den Turbulenzen der
letzten Monate ist dieser Erfolg in diesem Jahr nicht wiederholbar. Für 2015 wurde Griechenland daher ein Primärsaldo von -0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zugestanden. 2016 soll ein positiver Primärsaldo von 0,5 Prozent erreicht werden. Für 2017 ist ein
Plus auf 1,75 angestrebt. 2018 soll das Plus 3,5 Prozent betragen.
Die Finanzminister der Eurozone haben Griechenland über das MoU hinausgehend darauf
verpflichtet, noch in diesem Jahr einen Privatisierungsfonds einzurichten. Dieser Fonds
wird von europäischen Institutionen beaufsichtigt. Damit soll die Privatisierung von Unternehmen in Staatsbesitz Fahrt aufnehmen. Hierbei soll darauf geachtet werden, dass es
nicht zu einem Ausverkauf von Staatsbesitz – und damit von Eigentum der griechischen
Bürgerinnen und Bürger – zu Schleuderpreisen kommt. Ziel ist, insgesamt 50 Milliarden
Euro an Privatisierungserlösen zu erzielen. Eine somit verantwortungsvoll umgesetzte Privatisierung kann helfen, die Wirtschaft zu stärken und die Schuldenlast Griechenlands zu
senken.
3 Auch nach der Verabschiedung des dritten Hilfspakets bleibt die Linie der CDU klar: Solidarität nur bei Solidität. Die griechische Regierung muss die dringend notwendigen Reformen erfolgreich umsetzen. Damit die griechische Politik nachhaltig bleibt, werden die
weiteren Auszahlungen an die Reformfortschritte gekoppelt.
Wird die griechische Regierung den Reformkurs fortsetzen?
Nachdem die griechische Regierung im ersten Halbjahr 2015 einen verheerenden Konfrontationskurs gefahren ist, hat sie zuletzt einen klaren Politikwechsel vollzogen. Die Eurogruppe hat deshalb das zuletzt große Engagement der griechischen Regierung gewürdigt:
Die Art und Weise der Zusammenarbeit Athens mit den Institutionen Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und IWF hat sich normalisiert, die Verhandlungen über
das dritte Hilfspaket wurden rasch und entschlossen geführt. Dies gibt Hoffnung für die
Zukunft.
Wird sich der Internationale Währungsfonds IWF auch künftig an der GriechenlandHilfe beteiligen?
Die IWF-Direktorin, Christine Lagarde, hat sich sehr positiv über das mit Griechenland erzielte Verhandlungsergebnis geäußert. Vor einer Beteiligung des IWF verlangt sie allerdings noch Schuldenerleichterungen für Griechenland, damit die Schuldenlast für Athen
tragfähig ist. Sie fordert ausdrücklich keinen Schuldenerlass, der mit den Europäischen
Verträgen nicht vereinbar wäre. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat bereits signalisiert, dass Deutschland und die anderen Euro-Staaten Griechenland bei den Zinsen – also
bei deren Höhe und Laufzeit – weiter entgegenkommen könnten. Damit wäre die Forderung von Christine Lagarde erfüllt. Im Herbst wird sich der IWF dann formell festlegen.
Bundeskanzlerin Merkel ist hier zuversichtlich: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass das, was
Frau Lagarde jetzt gesagt hat, dann auch Realität wird.“
Ist die CDU mit ihrem Kurs zur Euro-Rettung erfolgreich?
Ganz klar: Ja! Alle anderen Euroländer, die Finanzhilfen bekommen haben, stehen heute
wieder deutlich besser da. Denn sie haben die versprochenen Reformen umgesetzt: Irland,
Spanien und Portugal haben die Hilfsprogramme erfolgreich abgeschlossen und können
wieder eigenständig Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen. Spanien hat gewährte Hilfen
bereits vorzeitig zurückbezahlt, Portugal hat die letzte Tranche des Hilfspaketes gar nicht
4 erst in Anspruch genommen. Auch das Hilfsprogramm für Zypern ist erfolgreich. Das Land
macht bei der Umsetzung der Reformen große Fortschritte, die Wirtschaft wächst wieder.
Diese Entwicklungen zeigen: Unsere Politik der solidarischen Hilfe zur Selbsthilfe ist richtig. Die Eurozone als Ganzes hat sich wieder stabilisiert. Die Probleme in Griechenland
sind vor allem Probleme dieses Landes, viel weniger der Eurozone als Ganzes.
Dieses Vorgehen hatte auch in Griechenland Erfolg: Dort ging es nach harten Jahren 2014
wieder aufwärts. Die durchgeführten anspruchsvollen Arbeitsmarktreformen hatten es
Griechenland ermöglicht, im letzten Jahrzehnt verlorene Wettbewerbsfähigkeit aufzuholen. Durch Bürokratieabbau wurden die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert.
Nach sechs Jahren Rezession gab es deshalb 2014 erstmals wieder Wirtschaftswachstum.
Die Arbeitslosigkeit ging zurück. Auch der Staatshaushalt hatte begonnen, sich zu erholen.
In der Wirtschaft wuchs auch außerhalb des Landes die Bereitschaft, in Griechenland wieder zu investieren. Leider hatte die Syriza-geführte griechische Regierung gleich nach
Amtsantritt wichtige Reformen zurückgenommen, ohne zunächst neue, eigene Reformen
auf den Weg zu bringen.
Wie steht Deutschland nach den Verhandlungen nun in der Europäischen Union da?
Die CDU-geführte Bundesregierung, vor allem Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang
Schäuble und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, haben in den Verhandlungen mit Griechenland eine strenge Linie vertreten. Bundeskanzlerin Merkel hat klargemacht, warum:
„Und es hilft doch auch nichts, wenn wir jetzt alle nett miteinander sind und in zwei, drei Jahren ist es noch schlechter, als es heute schon ist. Die Eurokrise dauert schon zu lange, und sie
muss Schritt für Schritt überwunden werden.“ Um die Krise in Griechenland nicht nur aufzuschieben, sondern zu überwinden, sind einschneidende Reformen unumgänglich.
Mit dieser Haltung war Deutschland in der EU nicht allein. Die meisten Länder der Eurozone verfolgen den gleichen Ansatz wie die Bundesregierung: Hilfe nur bei Reformanstrengungen. Nicht zuletzt haben Länder wie Spanien, Portugal und Irland, die ebenfalls harte
Reformprogramme durchlaufen haben, sehr sorgfältig geschaut, ob die Reformbedingungen davon abhängig sein können, wer ein Land regiert und wie eine Regierung auftritt. Um
falsche Signale in andere Euro-Länder zu vermeiden, war es wichtig, dass die Hilfsbedingungen für Griechenland jetzt so sind, wie sie bei allen anderen Ländern auch waren.
5 Warum musste Griechenland nicht einfach den Euro-Raum verlassen?
Es gibt keinen derartigen Automatismus in den EU-Verträgen. Gegen ihren Willen können
Länder nicht aus dem Euro gedrängt werden. Griechenland ist weiterhin Mitglied der Eurozone und der Europäischen Union. Es liegt an Griechenland und seiner Regierung, so zu
handeln, dass das auch so bleiben kann.
Außerdem wäre ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone auch ein verheerendes
politisches Signal gewesen. Das Vertrauen in den Zusammenhalt der Europäischen Union
wäre erschüttert worden. Bei allen finanz- und haushaltspolitischen Fragen darf auch dies
nicht übersehen werden: Wir brauchen ein einiges und starkes Europa, wenn wir auch zukünftig in der Welt Gehör finden und unsere europäischen Werte verteidigen wollen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir Europäer zusammenhalten.
Warum ist ein stabiler Euro so wichtig für uns?
Der Euro ist eine weltweit nachgefragte Währung: Zwei Drittel aller deutschen Exporte in
Länder außerhalb der EU werden in Euro bezahlt. Die Eurozone selbst ist für unsere Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung. Knapp 40 Prozent der deutschen
Exporte gehen in die Länder der Eurozone. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen
bedeutet das eine enorme Erleichterung bei internationalen Geschäften. Sie müssen sich
Dank des Euro nicht mehr mit einer unübersichtlichen Anzahl von Wechsel- und Umrechnungskursen beschäftigen und keine komplizierten Geschäfte zur Absicherung der Währung betreiben. Unsere Unternehmen können sich damit auf das Wesentliche konzentrieren: hervorragende Produkte herzustellen, die weltweit gefragt sind. Dadurch schaffen sie
sichere Arbeitsplätze und tragen entscheidend zum Wohlstand unseres Landes bei. Ein
starker und verlässlicher Euro ist also im Interesse Deutschlands. Außerdem sind die Preise
in Deutschland seit Einführung des Euro stabiler, als zu Zeiten der Deutschen Mark.
Hat die Eurozone seit 2010 etwas aus der Staatsschuldenkrise gelernt?
Die Eurozone ist heute wesentlich stabiler als zu Beginn der Staatsschuldenkrise im Jahr
2010. Als damals das tatsächliche Ausmaß der griechischen Staatsverschuldung klar wurde, steckte die weltweite Wirtschaft noch mitten in einer der größten Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten hundert Jahre. Einzelne Länder der Eurozone gerieten – aus unterschiedlichen Gründen – ebenfalls ins Straucheln. Zur damaligen Zeit war nicht klar, wie
stabil und überlebensfähig die Eurozone als Gesamtkonstrukt ist.
6 Heute ist das anders:

Es gibt eine strengere Überwachung der Haushaltspolitik und der wirtschaftlichen
Entwicklung sowie die Verpflichtung zur Einführung nationaler Schuldenbremsen.

Wir haben eine Europäische Bankenaufsicht geschaffen und diese zur Europäischen
Bankenunion weiterentwickelt – mit einer europäischen Bankenabgabe und strengeren
Regeln für die Finanzmärkte.

Mit dem europäischen Stabilitätsmechanismus ESM haben wir heute außerdem ein
anerkanntes und handlungsfähiges Instrument für Euro-Staaten, die in Finanzkrisen
geraten.

Zudem wurden auf EU-Ebene zahlreiche Programme für mehr Wettbewerbsfähigkeit
und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit beschlossen.

Bis auf Griechenland haben alle Euroländer die Zeit seit 2010 genutzt, um sich wettbewerbsfähiger aufzustellen. Die Eurozone insgesamt wurde dadurch stabiler.
Stand: 19. August 2015
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