European Skippers’ Organisation Organisation Européenne de Bateliers Europese Schippersorganisatie Europäische Schifferorganisation Sint Anna Business Centre Sint Annadreef 68B B-1020 Brussels www.eso-oeb.org [email protected] Der europäische Reservefonds für die Binnenschifffahrt Geschichte und Entwicklungen. Die Binnenschifffahrt hat noch einen Topf mit Geld, den sogenannten Reservefonds. Manchmal wird der Fonds auch „Abwrackfonds“ genannt. Aber was ist das für ein Fonds? Wo kommt das Geld her? Und wem gehört es eigentlich? Um das zu erklären, müssen wir zuerst mal in die Zeit zurück. Mitte der 89er Jahre des letzten Jahrhunderts befand sich die europäische Bischi in einer gehörigen Krise. Die Flotte war stark veraltet, die Zukunftserwartungen sahen nicht gut aus und unter den Kleintonnagen herrschte beträchtliche Überkapazität. Nach vorherigen nationalen Abwrackregelungenwurde 1989 mit der europäischen Sanierungsregelung bestehend aus (1) einer Abwrack- und (2) einer “Alt-für-Neu”-Regelung begonnen. Zweck der Sanierungsregelung war durch eine Abwrackprämie, (1) alte und überflüssige Schiffe aus dem Markt wegzuhohlen und zugleich durch (2) Neubauabgaben auch unkontrollierte Expansion der Flotte zu vermeiden. Sowohl Prämie als auch Abgabe basierten auf der Schiffstonnage. Abwrackrunden hat es 1989 - 1998 mehrere gegeben. Das Abwrackprämiengeld bestand aus (1) einem Abwrackbeitrag aktiv Fahrender, (2) AfN-Bußen von Neubauten lancierenden Unternehmenden und (3) einem Beitrag vom EU und betreffenden Mitgliedstaaten. Abwrackprämie, AfN-Abgabe und Abwrackbeitrag basierten auf Schiffstonnage. Angewandt wurde dabei das Tonnagen-Gleichwertigkeitsprinzip. Durchschnittlich hat ein grösseres Schiff höhere Umlaufsgeschwindigkeit und beansprucht damit grösseres Kapazitätsvolumen als ein Kleinschiff. Beispielsweise nahm von 1500 auf 600t der Tonnagen-Gleichwertigkeitsfaktor von 100 auf 70% ab. Die Höhe des Abwrackbeitrags wurde berechnet durch Teilung der Summe der Abwrackprämien (minus eventueller AfN-und Staatsbeiträge) durch die Gesamttonnage der aktiven Flotte. Gab es an Abwrackprämien also 100 Mio., und betrug die aktive Flotte noch 10 Mio.t, so belief xich der Abwrackbeitrag auf durchschnittlich 10 €/t. Durchschnittlich deshalb, weil, abhängig von der Flottenzusammensetzung, der Beitrag z.B. 12€/t bei einem Schiff von 1500 t, und 8,10 bei einem Schiff von 600t betragen konnte. Der Sektor hat grossenteils seine eigene Sanierung bezahlt und davon natürlich auch profitiert. Nach Ablauf der letzten Abwrackrunde, 1998, war die Trockenladungsflotte von 10,6 auf 8,6 Mio. Tonnen, die Tankfahrt von 2 auf 1,6 Mio. Tonnen gesunken. Gesetzliche Basis Gesetzliche Basis war für die strukturelle Sanierung der Bischi die Verordnung (EWG) 1101/1989. Ihre Wirkungsdauer, 10 Jahre, zeigt unter anderem schon, dass Sanierung als befristete Massnahme gemeint war. Politisch gab es (auch damals schon) keine Tragfläche für einen permanenten Kapazitätskurs. Seinerzeit hat man sich lange darüber gezankt, ob die 1101/89 eine Fortsetzung bekommen müsse oder nicht. Letztendlich wurde Anfang 1999 einen Kompromiss gefunden: Verordnung (EG) 718/1999. secretariat Vasteland 12e, 3011 BL Rotterdam (NL) tel.: 0031 (0) 10 206 06 02 fax: 0031 (0) 10 414 75 84 1 bankaccount : KBC te Brugge nr. 435-2256201-61 iban: BE 62 4352 2562 0161 bic: KREDBEBB administration & postal address Sint-Pieterskaai 74, B-8000 Brugge (B) tel. : 0032 (0) 50 47 07 20 fax : 0032 (0) 50 33 53 37 Das Wesen der letzten Verordnung ist allmähliger Abbau der AfN-Regelung bis Null (keine Neubauabgabe mehr) und ausschliesslich eventuelle Aktivierung von (Kapazitäts-)Massnahmen bei schwerer Marktstörung. Verordnung 719/1999 zwang die Mitgliedstaaten auch zur Errichting eines Reservefonds mit drei getrennten Konten: Trockenladung, Tankfahrt und Schubboote (Artikel 3 Absatz 1, 2 und 3). Die Gelder dieses Fonds sollten bestehen aus: 1) Eventuellen Überschüssen aus finanziellen Beiträgen der Bischi zu unter (der alten) VO 1101/89 (Abwrackbeiträge und AfN) organisierten Sanierungsaktionen. Schätzungsweise betrug dieser Überschuss aus der Periode vor April 1999 ca. 6 bis 7 Mio. Euro. Man hat damals noch erwogen, ihn zurück zu „geben“. Wegen hoher Durchführungskosten, der geringen Beträge je Empfänger und des Verteilungsproblems (wer bekommt was und wieviel?) hat das dann nicht stattgefunden. 2) „Alt-für-Neu”-Beiträgen ab April 1999. Diese Beiträge hat es gegeben bis zum 20. April 2003. Von dann an untersagte es die Verordnung. Übrigens hatten damals Unternehmer, die ein neues Schiff bauen liessen, auch die Wahl zwischen Einlieferung von Alttonnagen zum Abwrack, oder Bezahlung an den Fonds. Manche haben bezahlt, andere haben Schiffe gekauft und abwracken lassen. Auch Kombination kam vor. 3) Eventuellen Beiträgen (Staat, Betriebe) im Rahmen schwerer Marktstörung. Diese Beiträge hat es aber nicht gegeben. Schließlich ist es nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 nicht zu einer Anerkennung der Krise in der Binnenschifffahrt gekommen. Verfügbare Beträge in den verschiedenen Nationalfonds Trockenladung Österreich Schubbootte Tankfahrt insgesamt 90.706,00 2.327,00 83.830,00 176.863,00 Belgien 1.044.411,96 205.843,40 4.244.401,18 5.494.656,54 Deutschland 2.237.885,00 30.963,00 3.721.791,00 5.990.639,00 172.000,00 43.000,00 207.000,00 422.000,00 9.829.841,00 398.964,00 11.552.659,00 21.781.464,00 Frankreich Niederlande insgesamt 13.374.843,96 681.097,40 19.809.681,18 33.865.622,54 Diese Tabelle ist die offizielle Übersicht der Europäischen Kommission vom 28.02.2008. Eventuelle Renten oder Inflationsvergütungen gehören nicht zum Reservefonds. Sie werden national bestimmt und verwendet. VO 718/1999 erklärt, worauf sich das Geld verwenden lässt (Artikel 3 Absatz 4 und 5). Die Verordnung ist was das angeht 2014 ergänzt worden. Nachfolgend die Verwendungsmöglichkeiten: a) Krisenmassnahmen. b) Massnahmen nach VO-Artikel 8: • Frühpensionierung oder Umschulung von Bischi-Unternehmern • Umschulung von Arbeitnehmern • Bildung kommerzieller Zusammenschlüsse • Anpassung von Schiffen zur Verbesserung von Arbeits- und Sicherheitsumständen • Weiterbildung von Binnenschiffern/Unternehmern • Innovation und Vergrünung • Verstärkung europäischer Bischi-Unternehmerverbánde Verwendung der Gelder auf Krisenmassnahmen ist heute wohl kaum realistisch. An diesem Punkt sind Einigkeit und politisches Wollen schwer zu finden. Weiter kann festgestellt werden, dass 13 Mio. für die Trockenladung und 20 für die Tankfahrt nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist, wenn es um Kapazitätsabnahme geht. Fonds-Benutzung nach (b) setzt voraus, dass die europäischen binnenschifffahrtsvertretenden Organisationen (ESO und EBU) sie gemeinsam beanträgen (oder sich einig sind über die Verwendung), und Durchführung des Ganzen auf Gemeinschaftsebene verlauft (als Teil eines europäischen Programms). secretariat Vasteland 12e, 3011 BL Rotterdam (NL) tel.: 0031 (0) 10 206 06 02 fax: 0031 (0) 10 414 75 84 2 bankaccount : KBC te Brugge nr. 435-2256201-61 iban: BE 62 4352 2562 0161 bic: KREDBEBB administration & postal address Sint-Pieterskaai 74, B-8000 Brugge (B) tel. : 0032 (0) 50 47 07 20 fax : 0032 (0) 50 33 53 37 Erster Schritt Mittlerweile haben es ESO und EBU erreicht, einen Plan zur gemeinsamen Errichtung einer Plattform (einer europäischen Bischi-Plattform) zu entwickeln. Sie wählen damit zuerst für die letztgenannte Möglichkeit, Verstärkung europäischer Bischi-Unternehmerverbände. Schaut man sich Eisenbahn und Strassentransport an, ist es absolut notwendig, Bischi-Vertretung und Bischi-Lobby gut und professionell zu gestalten. Heute zwingen begrenzte Finanzmittel und Personalstärke zu vieler Mühe und Not. ESO und EBU sind der Ansicht, für eine gut funktionierende Plattform jährlich 600.000 Euro zu brauchen. Inhaltlich wird sich die Plattform unter anderem auf Stimulierung der Professionalisierung / Weiterbildung von Unternehmern, auf Innovationen, Vergrünung und Nachhaltigkeit richten. Obiges heisst auch, dass ESO und EBU betreffend andere bei (b) genannte Punkte zunächst noch keine Wahloder Verwendungsentscheidung getroffen haben. Beabsichtigt wird aber, die verbleibenden 27 Mio. E. als Katalysator für europäische Gelder einzusetzen (in Form von Kofinanzierung, wie von Brüssel aus stets öfter verlangt). Frühpensionierung ist passé. Umschulung ist wegen des Arbeitsmarkts nicht nötig und die weitaus meisten Schiffe sind derart modernisiert, dass die Arbeitsumstände auch gut und sicher sind. Hinsichtlich Bildung kommerziellen Zusammenschlüsse ist die Tür nicht zu, sondern ist eher auf gute und lebensfähige Initiativen zu warten. Konklusion Wir hoffen mit dieser Darlegung erklärt zu haben, was der Fonds ist und wo das Geld herkommt. Grösstenteils (zu mehr als 80%) ist das Geld von Unternehmern eingebracht worden, die in der Periode von April 1999 bis April 2003 ein neues Binnenschiff (oder Tonnage-Vergrösserung, wie Verlängerung) in die Fahrt brachten. Weiter beträgt die Verteilung auf Tankfahrt und Trockenladung ca 60 und 40%. Die Frage, wem das Geld gehöre, lässt sich beim blossen Betrachten von Fakten und Gesetzesbestimmungen einfach beantworten. Gehört es denjeningen, die einmal einen Abwrackbeitrag bezahlt haben? Nein, das wurde 1999 abgeschlossen und sowieso wäre nicht mehr herauszufinden, wem diese Beträgen gehören. Gehört es denn denjenigen, die einmal einen AfN-Beitrag bezahlten? Nein, bestimmt nicht, denn das war ja eine Art Buße, wovon man im Voraus wusste, dass man sie bezahlen musste. Das Geld gehört eigentlich niemandem, aber die Binnenschifffahrt kann darüber verfügen. Verfügungsrecht und -Initiative haben ESO und EBU, die zwei Bischi-Organisationen auf europäischen Niveau. Dabei stehen beide unter Aufsicht der Europäischen Kommission. Das sind die Fakten. Es wird Zeit , dass über sinnvolle Verwendung des Geldes die Binnenschifffahrt sich endlich einig wird. ESO und EBU werden der ganzen Bischi und der Europäischen Kommission gegenüber Rechenschaft ablegen. Sollte es wegen Uneinigkeit oder sonst was auch diesmal nicht gelingen, konkludieren wir dann, dass es besser wäre, das Geld auf einen guten Zweck, wie z.B. Ärtzte ohne Grenzen, zu verwenden. Brussel, October 2015 secretariat Vasteland 12e, 3011 BL Rotterdam (NL) tel.: 0031 (0) 10 206 06 02 fax: 0031 (0) 10 414 75 84 3 bankaccount : KBC te Brugge nr. 435-2256201-61 iban: BE 62 4352 2562 0161 bic: KREDBEBB administration & postal address Sint-Pieterskaai 74, B-8000 Brugge (B) tel. : 0032 (0) 50 47 07 20 fax : 0032 (0) 50 33 53 37
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