Material für Presse_Erlösung

Pressematerial
Kurz vor der Erlösung
von Michael Fehr
(ausgezeichnet mit dem Literaturpreis des Kantons Bern 2013)
eine Matterhorn Produktion
Sprache als Notenmaterial - das ist die Musik, nach der die Formation
Matterhorn der Regisseurin Ursina Greuel spielt. (NZZ)
Kontakt:
Ursina Greuel
Schalerstrasse 7
4054 Basel
[email protected]
061 281 74 65
www.matterhorn.li
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Inhalt
S. 3
Besetzung, Daten
S. 4
Zur Gruppe, Zum Stück
S. 5
Kurzbiografien der Beteiligten
S. 9
Textausschnitte
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Kurz vor der Erlösung
ein Sprechoratorium zu Weihnachten
von Michael Fehr
Regie:
Ausstattung:
Licht / Technik:
Schauspiel:
Ursina Greuel
Bettina Ginsberg
Jens Seiler
Franziska von Fischer, Fabienne
Hadorn, Krishan Krone, Michael Wolf,
Markus Mathis
An den Glocken:
Gustavo Nanez (Maru Rieben musste
aus gesundheitlichen Gründen von der Produktion zurücktreten)
eine Matterhorn Produktion
in Koproduktion mit dem Gare du Nord Basel,
dem Theater Chur, dem Kleintheater Luzern,
dem Schlachthaus Theater Bern
und neuestheater.ch Dornach
www.matterhorn.li
Theater Chur
Theater Chur
26.November 2015, 20.00 Premiere
28. November 2015, 20.00
Kleintheater Luzern
2., 4., 5. Dez 2015 jeweils 20.00 Uhr
Gare du Nord Basel
9.,10. und 12.Dez jeweils um 20.00
13.12. 2015 um 17.00 Uhr
Schlachthaus Theater Bern
18.,19. Dez jeweils um 20.30 Uhr
20. Dez um 16.00 Uhr
23. Dez 2015 um 19.00 Uhr
neuestheater.ch Dornach
19., 21. Mai 2016 um 20.00 Uhr
22. Mai 2016 um 18.00 Uhr
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Zur Gruppe
Schon immer hatten die «Matterhorn»-Produktionen von Ursina Greuel diesen
Zauber zwischen Schauspiel, Kabarett und Musikperformance. (Basler Zeitung)
Matterhorn Produktionen um die Regisseurin Ursina Greuel sind ein Kreis von
experimentierfreudigen SchauspielerInnen und MusikerInnen, die seit 2001
kontinuierlich zusammenarbeiten.
Sie sind bekannt für ihren konsequent musikalischen Arbeitsansatz, der gesprochene
Sprache als klanglich-rhythmisches Element behandelt. Immer wieder überzeugten sie
durch hochmusikalische und humorvolle Umsetzungen verschiedenster Texte und
überraschten dadurch, wie sie mit der Kraft der Sprache Bilder entstehen lassen.
Mit der aktuellen Arbeit knüpft die Gruppe an ihre radikal sprachkonzertanten Arbeiten
an wie DAS MATTERHORN IST SCHÖN und NACH ADDIS ABEBA von Beat Sterchi
(2001 und 2007) oder STOTTERN UND POLTERN von Guy Krneta (2009).
Zum Stück
FASZINATION SPRACHE
Der Text KURZ VOR DER ERLÖSUNG ist Michael Fehrs erste Veröffentlichung und der
Text beeindruckt durch seine Eigenwilligkeit, seine Musikalität und seine sprachliche
Dichte. Er ist erschienen im Luzerner Verlag "Der Gesunde Menschenversand". Als
Mitherausgeberin der Edition Spoken Script lernte die Regisseurin Ursina Greuel den
Text zu einem frühen Stadium kennen und war fasziniert.
Michael Fehrs Schreibmethode – aufgrund einer angeborenen Sehschwäche schreibt er
hörend statt sehend - hat im Text ihre Spuren hinterlassen. Das lustvolle Ausprobieren
der Wörter und ihres Klanges bleibt hörbar und ist ein wesentlicher Bestandteil der
„Suche“. Der Suche nach der richtigen Formulierung und der Suche nach der „Erlösung“.
Die Sprache tastet sich heran, umkreist und umspielt. Wendungen werden lustvoll auf
ihre Bedeutungsvielfalt hin erforscht, Laute zwanglos wiederholt. Der Mond wird vom
«müden» zum «faden / also faulen / also matten / also blassen / also bleichen / also
weissgoldenen Mond», und «das modifizierte / also frisierte / also präparierte / also
aufgemotzte» Jagdgewehr ist einfach «mit dem neuesten Nachtsichtzielfernrohr»
ausgestattet. Es entstehen stark rhythmisierte, repetitive Wortkaskaden.
Der Text ist voll von solchen Spielereien, die in ihrer Dringlichkeit etwas Wahnhaftes
bekommen. Alle Figuren versuchen, sich sehr genau auszudrücken, suchen nach den
richtigen Worten, ringen darum, ändern, umschreiben, präzisieren.
Der Text macht Lust auf eine musikalsiche Umsetzung auf der Bühne und ist sogleich
eine Herausforderung für das Theaterteam.
Gilt es doch, die beim stillen Lesen abstrakt wirkenden Kunst-Wort-Kaskaden auf der
Bühne zu erden und zum Leben zu erwecken.
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WAS IST ERLÖSUNG?
KURZ VOR DER ERLÖSUNG erzählt die Weihnachtsgeschichte in siebzehn Sätzen
neu. Es werden Menschen und Gruppen in einem Reigen von Wörtern mäandernd auf
die Suche nach der Erlösung geschickt.
Da ist der Bauer, der Müller und der Scheinbare Fischer und wirkliche Säufer, dort singt
der Männerchor und die Kantorei – und was das unterschiedliche Figurenkabinett
miteinander verbindet sind die Glocken der Kathedrale, die sie alle gleichzeitig hören,
unabhängig davon, wo sie sich gerade befinden: in der Wüste, auf dem Schlachtfeld
oder am Stammtisch. Denn es ist der immergleiche nächtliche Moment, in welchem
sich die Erzählung ereignet – der Moment kurz vor der Erlösung.
Und mit dem Schlusssatz wird es auf den Punkt gebracht: Der Pastor findet die Tonika
nicht. Also die musikalische Auflösung einer Kadenz. Es kann mitunter qualvoll sein,
eine musikalische Abfolge nicht harmonisch beenden zu können, weil die Tonika fehlt.
So wie der Pastor den Akkord nicht auflösen kann, können die Figuren keinen
Abschluss, keine harmonische, befriedigende Auflösung ihrer Situation finden, da hilft
alles Halleluja-Singen nichts. Man stellt sich die Frage, ob die Tonika vielleicht gar nicht
existiert. Die Erlösung wird nicht erreicht. Am Schluss bleibt der Gesang. Und es stellt
sich die Frage, ob der Gesang die Erlösung sein könnte?
Wenn aber die Tonika nicht existiert - wird der Gesang vielleicht zum ewigen Gesang,
da er keinen Abschluss finden kann. Ist das dann die Erlösung? Oder eher ein Fluch?
Und was wäre eine mögliche Alternative zum Modell der Erlösung?
Zum Team
Bei KURZ VOR DER ERLÖSUNG haben wir das Team versammelt, mit dem wir viele
Jahre gemeinsame erfolgreiche Arbeit verbinden. Die bei dieser Produktion
Mitwirkenden haben die Bühnensprache von Matterhorn Produktionen mitgeprägt und
gemeinsam mit Ursina Greuel weiterentwickelt. In dieser Produktion wird das Sprechen
als künstlerisches Handwerkszeug bis zum Äussersten getrieben. Das in jahrelanger
Zusammenarbeit gewachsene künstlerische Vertrauen des Ensembles in die Kraft der
Sprache bietet hierfür die Voraussetzung.
Kurzbiografien der Mitwirkenden
Ursina Greuel, Regie
Geboren 1971, studierte Regie und Schauspiel an der ZHdK. Sie arbeitet seit bald
zwanzig Jahren als Regisseurin, wobei sie sich mit der zeitgenössischen Dramatik
auseinandersetzte. 1999 – 2004 Ko-Leitung der Autorenreihe «Antischublade» im
Basler Raum33, sowie des Nachfolgeprojekts «primadrama» am Vorstadttheater Basel.
2000 – 2005 Kuratorin für die Schweiz beim internationalen Jungdramatikertreffen
INTERPLAY. Gemeinsam mit dem Autor Guy Krneta gründete sie 2002 die
Theatergruppe Matterhorn-Produktionen. Jurypräsidentin beim ZKB Förderpreis des
Zürcher Theaterspektakels (2005), beim Zentralschweizer Theatertextwettbewerb (2007,
2010) und 2001 für die Werkbeiträge der Stadt Bern. 2009 – 2011 absolvierte sie das
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Masterstudium „Scenic Arts Practice“ an der Hochschule der Künste Bern. Sie
präsidierte von 2006 bis 2015 den Berufsverband der Freien Theaterschaffenden ACT.
Ursina Greuel ist Mitherausgeberin der «edition spoken script». 2013 initiierte sie das
Basler Kulturparlament. 2015 lancierte sie das Langzeitprojekt STÜCKBOX
(www.stückbox.ch).
letzte Arbeiten (Auswahl):
Die Mannigfalte – ein algebraisches Varieté, Projekt zu Mathematik, 2011
Ursle – eine musikalische Geschichte, Krneta/Löffler, 2012
Single des Tages, ein Stück Ernüchterung in Mundart und Jazztönen, Krneta, 2013
Nach Lampedusa – Wandererfantasien, dokumentarisch-romantischer Abend, 2014
Preise - premio 2000 Förderpreis für Junges Theater (für das Projekt "Antischublade")
- Kulturpreis des Kantons Zürich (für die Inszenierung "A. ist eine andere"), 2002
- Kulturpreis der hibou-Stiftung für das Projekt STÜCKBOX, 2015
Michael Fehr, Text
Geboren 1982, wuchs in Gümligen bei Bern auf. Studium am Schweizerischen
Literaturinstitut und an der Hochschule der Künste Bern (Master in Contemporary Arts
Practice). KURZ VOR DER ERLÖSUNG in der «edition spoken script» ist seine erste
Buchpublikation. Michael Fehr ist Schweizer Kurator für Babelsprech zur Förderung
junger deutschsprachiger Poesie und Poetologie. Michael Fehr ist Schweizer Gastgeber
des open mike, internationaler Wettbewerb junger deutschsprachiger Prosa und Lyrik.
Michael Fehr ist Juror für Treibhaus, Literaturwettbewerb.
Preise Literaturpreis des Kantons Bern 2013 für KURZ VOR DER ERLÖSUNG
2. Preis an den diesjährigen Klagenfurter Ingeborg Bachmann Tagen für
SIMELIBERG.
Jens Seiler, Licht / Technik
Geboren 1972 in Basel. Ausbildung als Elektroingenieur. 1999 – 2004 feste
Zusammenarbeit als technischer Leiter der Antischublade im Raum33 Basel. Er hat eine
Teilstelle als Beleuchter am Theater Basel und arbeitet regelmässig als Lichtdesigner
und kreativer Kopf für Matterhorn Produktionen und andere Freie Gruppen. Lebt in
Basel.
Gustavo Nanez, Musik
Geboren 1963. Aufgewachsen in Lima, Ciudad de Dios. Studierte zunächst
Flugzeugmechaniker und klassische Gitarre an der Escuela de Musica Johann
Sebastian Bach in Lima. Später folgte eine Schauspielausbildung an der Universidad
Catholica Peru. Seit 1991 lebt er in Zürich, wo er ein Gesangs- und Perkussionsstudium
an der Jazzschule Zürich absolvierte. 2000 Gründung der Theatergruppe Kolypan
zusammen mit Fabienne Hadorn. Er arbeitet heute als Musiker, Theaterschaffender und
Songwriter und komponiert Musik für Theater, Tanz und Film.
Franziska von Fischer, Schauspiel
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Geboren 1973 in Lachen (SZ), wuchs in Zürich auf. 1993-1997 studierte sie Schauspiel
an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Nach der Ausbildung folgten drei
Jahre Festengagement am Landestheater Tübingen. Seit 2000 ist sie als freischaffende
Schauspielerin tätig. Sie spielte u.a. in zahlreichen Uraufführungen zeitgenössischer
Dramatik mit und ist fester Gast bei Matterhorn Produktionen. Sie hat in diversen
Hörspielen und Hörbüchern mitgewirkt und arbeitet regelmässig als Sprecherin für
Radio und Fernsehen SRF.
Letzte Arbeiten (Auswahl):
Die Mannigfalte – ein algebraisches Varieté, Projekt zu Mathematik, Regie: Ursina
Greuel, 2011
Ursle – eine musikalische Geschichte, Krneta/Löffler, Regie: Ursina Greuel, 2012
In meinem Hals steckt eine Weltkugel, Gerhard Meister, Regie: Strütt/van Ooyen,
2013
Gut gegen Nordwind, Daniel Glattauer, Regie: Thomas Guglielmetti, 2013
Salon Erika, Paul Steinmann, Regie: Paul Steinmann, 2014
Krishan Krone, Schauspiel
Geboren 1960 in Kiel, aufgewachsen in Paris, Rom und Lima. Arbeitet seit 1982 als
Schauspieler in den unterschiedlichsten Formationen. Er prägte 10 Jahre lang die Arbeit
des Theater Coprinus mit, spielte regelmässig mit dem Theater hora und war von 1997
bis 1999 Ensemblemitglied des Theater Kanton Zürich. 2001 Mitbegründer der Lucky
Artist Company. Seit 2007 führt Krishan Krone auch Regie. Er arbeitet als Dozent und
Regisseur an der Zürcher Hochschule der Künste. Zudem ist er als Sprach- und
Rhetorikcoach und als Übersetzer von Theatertexten (it – de) tätig.
Letzte Arbeiten als Schauspieler:
Amphytrion, Heinrich von Kleist, Freilichtspiele Zürcher Oberland, Regie: Jan von
Rennenkampff, Rolle: Sosias, 2014
Petopia, Theater Tuchlaube und andere, Regie: Anna Papst, Rolle: Camus, 2013
Vor die Hunde, Ivana Radmilovic, Regie: Magdalena Nadolska, Rolle: Lorenz, Zürich,
2013
Michael Wolf, Schauspiel
Geboren 1966 in Aarau. 1986-1989 Studium an der Schauspiel-Akademie Zürich.
Seither als Schauspieler tätig u. a. am Stadttheater Konstanz, Schauspiel Bonn,
Schauspielhaus Zürich, Theater an der Winkelwiese, Luzerner Theater, Theater KLARA
Basel, Matterhorn Produktionen, Kraut_produktionen Zürich. Seit 1990 Initiant diverser
eigener Theaterprojekte.
Letzte Arbeiten (Auswahl):
Single des Tages von Guy Krneta – Regie: Ursina Greuel, 2013
Woher die kleinen Kinder kommen - Regie: Michel Schröder, Zürich Fabriktheater,
2013
Fabienne Hadorn, Schauspiel
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Geboren am 1975 in Muri (AG). 1994 Handelsdiplom, 1998 Diplom der Theaterhochschule
Zürich. Seither als Schauspielerin, Sängerin, Texterin und Tänzerin tätig an versch. Häusern
und Festivals (u.a. am Theater Basel, Schauspielhaus Zürich, Schauspiel Köln, Salzburger
Festspiele, Seelisberg Rütli Festival) und im Freien Theater (Club 111, Mass & Fieber,
400ASA u.a.). Mit ihrer eigenen Gruppe Kolypan arbeitet sie seit über 10 Jahren al
Schauspielerin und Regisseurin. Arbeiten in Film und TV u.a. mit Xavier Koller, Bettina
Oberli, Stefan Haupt, Lutz Konermann, sowie TV-Comedy bei Viktors Spätprogramm, Punkt
CH, Edelmais und Co., Genial Daneben und Giacobbo/Müller. Zudem Arbeiten als
Sprecherin und Sängerin für Radio, Installationen, Dokumentarfilme und den Hörbuchverlag
Kein & Aber und den Literaturclub.
letzte Arbeiten (Auswahl):
Sturm auf Patumba (R: N. Helbling, Zürcher Festspiele, Villa Patumba), 2015
Frisches Blut (R. Meret Matter, Schlachthaus Theater Bern), 2014
Rock'n'Revolt (F. Hadorn/M. Steiner/M.Matter, Fabriktheater Zürich), 2014
Preise
Oprecht- und Migros Förderpreise 1998/99
Impulse-Preis 1999
ZKB Annerkennungspreis am Theaterspektakel 2002
Eidgenössischer Theaterpreis "Herausragende Schauspielerin" 2014
Markus Mathis, Schauspiel
Geboren 1967 in Flums. Er besuchte die Kaufmännische Berufsschule in Walenstadt,
arbeitete in verschiedenen Berufen in Zürich und Paris bevor er von 1991 – 1995 ein
Schauspielstudium an der Hochschule für Theater Bern absolvierte. 1995 folgte ein
Festengagement am Stadttheater Bern. Seither arbeitet er in der Freien Schweizer
Szene in verschiedenen Konstellationen unter Anderem mit Nils Torpus, Norbert
Klassen, Robert Hunger-Bühler, Ursina Greuel, Thom Luz und Anderen. Gemeinsam mit
K. Krone und F. von Fischer prägte die Anfänge von Matterhorn Produktionen mit.
Letzte Arbeiten (Auswahl):
Herzwerk (Autorin/Regie: Eveline Ratering, Theater am Kirchplatz Schaan, GZ Buchegg
Zürich), 2014
Vor die Hunde von Ivana Radmilovic (Regie: Magdalena Nadolska, Reithalle Bern /
Theater am Bahnhof Dornach / Remise Lagerstrasse Zürich), 2013
Die Fledermaus nach Johann Strauss (Regie: Jonas Knecht, Theater Chur / Rote
Fabrik Zürich / Sophiensaele Berlin / Schlachthaus Bern), 2012
Die verlorene Kunst, ein Geheimnis zu bewahren (Autor/Regie: Thom Luz, Rote
Fabrik Zürich / Schlachthaus Bern / Theater Schwere Reiter München / Oldenburgisches
Staatstheater), 2010
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Textausschnitte
Erster Satz
Der Bauer
Und nach mucksmäusleinstillem Anschleichen
er täselte der Hauswand entlang
er lief also eilig auf Zehenspitzen
so gut als er es in den stabilen Stiefeln vermochte und fast ohne Reserve
und sodann ein Stück der Stallwand entlang
wo sich die Akustik ziemlich veränderte gegen das Hohle hin
wodurch sie vernehmlicher wurde und warum er sich noch mehr
bemühte leise zu machen und gänzlich aus der Reserve kam
um das Haus herum lag Schnee
um das heilige Haus lag Schnee
in stiller Nacht
das heisst ausserhalb des Streifens
auf dem er sich redlich bemühte
eilig und leise zu machen
ausserhalb des Streifens entlang des Hauses
der vom grossen und weiten Dach gedeckt wurde
lag Schnee
der half
die eiligen Schritte wieder gegen das Hohle in der Akustik abzudämpfen
und ihn akustisch zu decken
mit einem Ruck hatte er sofort die lützele
also lottrige
lodelige
also lose
sperzige
also widerspenstige
also schwergängige
gierige
also quietschende Stalltüre aufgeschlagen
also den separaten oberen und den separaten unteren Teil der Türe auf
einen Schlag
der gedrungene
also kompakte
also kleine und zähkräftige
schlaue
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sogar gewitzte
misstrauische
argwöhnende
von Natur aus grantige
also säuerliche
stobere
also missmutige Bauer
in militärgrünen Gummistiefeln
in marineblauer Überhose
in anthrazitgrauem Wollpullover und unter kardinalsroter Kappe
in der einen Hand eine Laterne
historische Pfunzel mit dumpfem Schein
in der anderen Hand eine Taschenlampe
moderne Pfunzel mit grellem Strahl
wozu hatte der Liebgott dem Bauer zwei feste Hände gemacht
wenn nicht zum Anpacken und Handhaben von zweierlei Geräten
früher
also historisch
eher mechanische Werkzeuge
unterdessen
also jetzt
vermehrt elektrische Apparate
handhabte seine zweierlei Geräte
das mechanische und das elektrische Gerät
und gab dem Inneren des Stalles mit der lumieren Laterne einen
ungefähren Anschein und zündete mit
der anderen Hand in die Ecken
leuchtete also mit der halogenen Taschenlampe die Winkel aus
stöberte dergleichen mit dumpfem Schein und grellem Lichtkegel im
Inneren des Stalles umher
stöberte dann plötzlich auf
zog das Gesicht zusammen
schaute witzig
misstrauisch
argwöhnend
grantig
stober
vereinte die Leuchtquellen
stutzte
liess also das Gesicht los
wurde dann stoberer und stoberer
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saurer und saurer
zog also das Gesicht wieder zusammen
brauste dann auf und wurde richtig tauben
geriet also in Rage
schlug einen gegen sonst ausnehmend hohen und lauten Ton an
glich darin einer Alarmsirene und meldete als einer solchen Ähnlicher dem
Wohnteil des Hauses zu
Fahriaho
fahr mir aus
Satanas
es graust mich
dies ist mir eine Bescherung
Himmelheilandherrgottsternenhagel
Zigeuner
Zigeuner
dies ist mir ein lustiges Leben
das Zigeunerleben
aber ich bin witziger
habe ich doch von der fernen Kathedrale her die Glocke anschlagen gehört
untrüglich hell und klar läuten
wo ich es doch sonst nie läuten höre
habe ich doch aufgemerkt und es für ein untrügliches Zeichen genommen
habe ich mich doch angeschlichen und mich redlich bemüht zu schleichen
und habe ich sie doch zur Vergeltung aufgestöbert
Zigeuner
lustige Zigeuner
Magdalena
Magdalena
im Stall hocken Zigeuner auf dem blutten Boden
also auf dem nackten Fussboden
und haben praktisch nichts an
sind also fast nackt
sie führen ein lustiges Lotterleben
hocken ab
wo es ihnen passt
Magdalena
wir wollen schiessen
rüste dich
armiere dich
Alarm
ich schlage Alarm
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ich alarmiere dich
rüste das Armierungseisen
also das Schiesseisen
also das Schiessgewehr
mach die Patronen heiss
rüste das Karabinergewehr
welches wir vom Krieg her noch aufbewahren
lade also das Gewehr
erstelle also Feuerbereitschaft
wir wollen schiessen und denen Gräuseln
also derben Zigeunern
Feuer unter dem Hintern machen
und unter dem Türgereise
wo der Bauer in leiser Eile gerade die Küchentüre offen gelassen hatte
prompt erschien männiglich ein Schatten
der das Gereise völlig auszufüllen drohte
dahinter war aber breites Licht
welches der taugliche Schatten füglich zu verdrängen sich anstellte
und dieses trat nunmehr beidseits der Türe zu den Küchenfenstern aus und
hauchte die Schneeflocken ausserhalb des weit herabhängenden Daches
an
und im Licht stoben so die leisen Schneeflocken
stoben und wirbelten wie Flaum
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Zehnter Satz
Die traute Familie
Und zur gleichen Zeit
im ganzen Land
wie auch in vielen ferneren
fremden Landen
in vielen Daheimen
wieder einmal daheim in der trauten Stube vor dem kostspieligen Fernseher
zusammengekommen
der schneeweiss und militärgrün wie auch kardinalsrot in die Stube
ausstrahlte und des Weiteren vollauf
musikalisch auf die Stube einklang
hinter kostspieligen Tellern zusammengekommen
auf denen wieder einmal ungewohntes Fleisch lag
welches kostspieliger zu stehen gekommen war als gewöhnlich
aber deswegen nicht köstlicher auf die Teller gekommen war
weil der Umgang mit kostspieligem Fleisch in vielen Küchen gewöhnlich
ungewohnt war oder ganz fehlte
nichtsdestotrotz dem Fernseher die Freude abgewinnend
weil dem Fleisch nicht köstlich die Freude abgewinnend
weil aber Freude nun einmal sein musste
einander wieder einmal gespielt versöhnlich ansehend
weil Versöhnung nun einmal sein musste
in das Fleisch auf dem Teller schneidend und des Weiteren es gespielt
geniesserisch kostend
weil Genuss nun einmal sein musste
wie auch einander die Teller reichend und des Weiteren in das Fleisch
schneidend und des Ferneren
kostend
einander gespielt gewinnend anstrahlend
weil der Einklang miteinander gewöhnlich ungewohnt war oder gänzlich
fehlte
die traute Familie
wieder einmal zusammengekommen
gewahrte des Fernsehers
der vollauf musikalisch klang und silbern glitzernd und funkelnd auf die
Stube einstrahlte
gewahrte nichtsdestotrotz aber auch den Vielklang der Glocken
die in der Kathedrale in der Hauptstadt hellauf anklangen
weswegen nun auf einmal wahre Freude umging in der Familie
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genoss das Daheim
gewann wahrlich Freude aneinander
stand auf einmal auf
reichte einander wahrlich versöhnlich die Hände und fehlte nicht und
melodierte vollauf und modulierte
hellauf und harmonierte
Allelujah
Allelujah
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