Ersticken, Tod im Wasser Dr. med. Diana Boy Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock Direktor: Prof. Dr. Andreas Büttner Rostock, 30.10.2015 Wichtiger Hinweis 2 Es ist nicht gestattet, während der Vorlesung zu fotografieren oder zu filmen! Universitätsmedizin Rostock Inhalt 3 1. Kasuistik – Exkurs: Suizid 2. Erstickung – Grundlagen 3. Strangulation: Erhängen, Erdrosseln, Erwürgen 4. Sonderformen: Bolus, Burking, autoerotische Unfälle, etc. 5. Ertrinken und Tod im Wasser Universitätsmedizin Rostock Kasuistik 4 • 47 Jahre alt gewordene Frau • Depression bekannt – Antidepressiva selbständig abgesetzt – „Nervenzusammenbruch“ 5 Tage vor dem Tod à Klinik (Selbstentlassung) – weiterer Klinikaufenthalt à Selbstentlassung 1 Tag vor Tod • aktuell Trennung vom Partner Universitätsmedizin Rostock Obduktion 5 …auf dem Bett im Schlafzimmer Universitätsmedizin Rostock Obduktion 6 Universitätsmedizin Rostock Diagnose 7 Todesursache: Polytrauma (nach Sturz aus der Höhe) Nebenbefunde: Amputation der linken Hand Toxikologie: negativ Nicht-natürlicher Tod Universitätsmedizin Rostock Suizid 8 vom Lateinischen „sui caedes“: Tötung seiner selbst Synonyme: Selbstmord, Freitod, Selbsttötung Universitätsmedizin Rostock Suizid 9 Statistik: Deutschland, 2013 § insgesamt 10076 vorsätzliche Selbstbeschädigungen Anzahl Suizide 2013 Deutschland § 1,1 % aller Todesursachen 1 200 1 072 § männlich : weiblich à 3 : 1 1 007 1 000 920 906 811 796 800 600 498 648 628 487 482 428 400 337 165 200 90 > 0 5 -8 0 -9 85 80 5 -7 0 -8 75 70 -7 5 65 0 -6 5 -6 60 55 0 -5 50 -5 5 45 0 -4 40 5 -4 35 0 -3 5 -3 30 25 0 -2 20 -2 5 -1 2 15 0 10 -5 -1 5 1 1 18 < Anzahl 662 Altersgruppen Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2012 Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2014 42,5 % Universitätsmedizin Rostock Dunkelziffer 10 TU „Drogen, Verkehrsunfall, unklar“ à eventuell nicht erkannte Suizide weitere Fehlerquellen: o Datenübermittlung o unterschiedliche Dokumentationsmethoden à „Schätzung“ des Stat. Bundesamtes dürften mind. 25 % höher liegen Universitätsmedizin Rostock Suizid 11 ausgewählte Todesursachen bei vorsätzlicher Selbstbeschädigung (2013) 18% 22% Medik., Drogen, Gase Erhängen, Ersticken Ertrinken 9% Schuss Sturz in die Tiefe 3% sonstige 3% 45% Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2014 Universitätsmedizin Rostock Erscheinungsformen 12 Alterssuizid Doppelsuizid Massensuizid erweiterter Suizid komplexer Suizid Suizid als Protest oder militärische Taktik Beihilfe zum Suizid Universitätsmedizin Rostock Komplexer Suizid 13 Definition: …ist die Kombination verschiedener Suizidmethoden, die auch einzeln zum Tod führen können. • geplant • ungeplant Universitätsmedizin Rostock Ungeplanter komplexer Suizid 14 § Anwendung nacheinander § Erstmethode: oft Verletzungen durch Schneiden, v. a. „Pulsaderschnitte“ § Methodenwechsel, weil Erstmethode… … versagt hat … zu schmerzhaft war … zu langsam zum Tod führt § Folgemethode: oft Erhängen oder Sturz in die Tiefe Universitätsmedizin Rostock Geplanter komplexer Suizid 15 § simultane Anwendung § Minimierung/Ausschluss des Versagens der Einzelmethode § gängige, „bewährte“ Methoden kombiniert: – Medikamenteneinnahme, Erhängen, Erschießen, Sturz aus der Höhe § ungewöhnliche Kombinationen: à Erschießen beim Autofahren à gleichzeitiges Schießen mit zwei Waffen à Selbstverbrennen und Sturz aus der Höhe à „lebende Fackel“ Universitätsmedizin Rostock Ersticken 16 • Fotos aus eigenen Kasuistiken • Lehrinhalte nach: Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Grundlagen 17 Definition 1. Ersticken ist der Todeseintritt infolge von Sauerstoffmangel 2. Primäres Erfolgsorgan aller Arten des Erstickens ist das Gehirn (größte O2-Mangel-Empfindlichkeit) 3. Wesentlicher pathophysiologischer Faktor = zerebrale Durchblutungsstörung Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Grundlagen 18 Ursachen 1. Atembehinderung (Luftröhrenkompression, Aspiration, Behinderung der Atemexkursionen) 2. Verminderte zerebrale Durchblutung (Kompression der hirnversorgenden Gefäße, Reflexmechanismen, Erhöhung des Thoraxinnendruckes) 3. Beeinträchtigung der Atmung durch Faktoren der Umgebungsluft (O2-Mangel in der Atemluft, Störung der O2-Aufnahme, -Bindung und -Abgabe im Gewebe) Universitätsmedizin Rostock Einteilung der Erstickungen nach Ursachen und pathophysiologischen Folgen (nach Opitz) 19 aus: Madea, Rechtsmedizin, 3. Aufl., 2015, Springer, S. 264 Universitätsmedizin Rostock Einteilung der Asphyxie unter forensischen Gesichtspunkten (nach Sauvageau) 20 aus: Madea, Rechtsmedizin, 3. Aufl., 2015, Springer, S. 264 Universitätsmedizin Rostock Ersticken 21 Äußeres Ersticken atmosphärisch Inneres Ersticken mechanisch Höhentod restriktiv O2-Transportstörung obstruktiv O2-Verwertungssörung Rückatmung in kleine Vol (enge Räume) Hämato-/Pneumothorax Verschluss Atemöffnung Einatmung O2armer Gase (CO, Helium) instabiler Thorax Knebelung Atemmuskellähmung Bolus Thoraxkompression Strangulation Aspiration Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Grundlagen 22 Äußeres Ersticken: • Absinken des Sauerstoffpartialdruckes in der Atemluft • Verlegen der Atemöffnungen • Verlegung der Atemwege • Behinderung der Atemexkursionen • Behinderung der alveolären O2 – Diffusion und Perfusion Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Grundlagen 23 Inneres Ersticken: • Blockierung des O2 – Transportes (z.B. CO – Intoxikation) • Blockierung der Enzyme der Atmungskette und Behinderung der O2-Abgabe im Gewebe (z.B. Intoxikation durch Zyanide) Universitätsmedizin Rostock Atmungsregulation 24 Atemzentrum (Medulla oblongata): • stärkster Atemanreiz ist die Hyperkapnie/ CO2 – Anreicherung mit dem Gefühl der Atemnot Chemorezeptoren (Carotissinus): • reagieren auf Sauerstoffmangel, jedoch KEIN Gefühl der Atemnot, KEIN Erstickungsgefühl Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Grundlagen 25 Primär hyperkapnisches Ersticken: • O2 – Mangel UND CO2 – Anstieg im Blut mit quälender Dyspnoe/Atemnot und Erstickungsangst (bei den meisten Formen des „äußeren Erstickens“) Primär hypoxisches/hypoxämisches Ersticken: • O2 – Mangel der Atemluft ohne wesentliche Dyspnoe, Abatmung von CO2 weiterhin möglich (CO, Helium, Plastiktüte etc.) ggf. Euphorisierung ohne Abwehr- oder Fluchtreaktion, plötzlicher Bewusstseinsverlust Universitätsmedizin Rostock Phasen des Erstickens 26 1. Dyspnoe: Erhöhung der Atemfrequenz, des Pulses und des Blutdruckes à Bewusstlosigkeit 2. Krampfstadium (tonisch-klonische Krämpfe): beginnende Dezerebration, Adrenalinausschüttung, evtl. Urin – und Kotabgang 3. Präterminale Atempause: vorübergehende Apnoe, Blutdruck fällt, Pulsfrequenz bleibt hoch 4. Terminale Schnappatmung 5. Apnoe: Irreversibler Atemstillstand bei evtl. noch erhaltener Herz – Kreislauffunktion Dauer: Jede Phase etwa 1-2 Minuten, gesamter Erstickungsvorgang etwa 3 – 8 Minuten Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Morphologie 27 Allgemeine Erstickungszeichen: • Petechien/ petechiale Blutungen à Blutdrucksteigerung + Pressatmung à Venöse Stauung à Hypoxischer Kapillarschaden à Lokalisation: Augenbindehäute, Gesichtshaut, Augenlider, Mundvorhof, Kopfschwarte, Faszien der Schläfenmuskulatur, Epikard, Thymuskapsel Universitätsmedizin Rostock Petechiale Blutungen 28 Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Morphologie 29 Allgemeine Erstickungszeichen: • Petechien/ petechiale Blutungen • Tardieu´sche Flecken: à grobfleckige, konfluierte Petechien unter der Pleura visceralis Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Morphologie 30 Allgemeine Erstickungszeichen: • Petechien/ petechiale Blutungen • Tardieu´sche Flecken • Akutes Lungenemphysem: à blutarme, trockene Lungen bei schnellen Erstickungsvorgängen Universitätsmedizin Rostock Akutes Lungenemphysem 31 Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Morphologie 32 Allgemeine Erstickungszeichen: • Petechien/ petechiale Blutungen • Tardieu´sche Flecken • Akutes Lungenemphysem • Zyanose (Gesicht), Stauung und Aufdunsung (oberhalb venöser Kompression) àVerlegung des venösen Abflusses Universitätsmedizin Rostock Gesichtszyanose und Dunsung der Gesichtsweichteile 33 Universitätsmedizin Rostock Allgemeine Erstickungszeichen 34 • Petechien/ petechiale Blutungen • Tardieu´sche Flecken • Akutes Lungenemphysem • Zyanose (Gesicht), Stauung und Aufdunsung • akute Rechtsherzdilatation • Entspeicherung der Milz Erstickungszeichen sind auch bei natürlichem Tod möglich Erstickungstod = häufig Ausschlussdiagnose Universitätsmedizin Rostock Formen des Erstickens mit forensischer Relevanz 35 1. Strangulation (Erhängen, Drosseln, Würgen, Halskompressionen) = Zusammendrücken des Halses unter Einsatz körperlicher Kräfte/ des Körpergewichtes oder unter Zuhilfenahme von Werkzeugen oder Vorrichtungen Universitätsmedizin Rostock Erhängen - Leichenschaubefunde 36 1. Strangmarke 2. Vitalitätsmerkmale – hyperämischer Randsaum – Zwischenkammblutungen 3. Tränen- und Speichelfluss (Druck auf die Speicheldrüsen etc. ) 4. Selbstrettungsspuren 5. Anschlagverletzungen 6. Totenflecke in den abhängenden Körperpartien 7. Blutaustritt aus Mund/ Nase (Stauung der Venenplexus z.B. der Nasenschleimhaut) 8. Hervortreten der Zunge Universitätsmedizin Rostock Strangmarke 37 Universitätsmedizin Rostock Speichelabrinnspur und Gesichtszyanose 38 Universitätsmedizin Rostock Differentialdiagnose Strangmarke - Totenfleckaussparung 39 Universitätsmedizin Rostock Erhängen - Obduktionsbefunde 40 • Einblutungen der Halsmuskulatur • Ursprungsblutungen der Mm. sternocleidomastoidei (subperiostal) • Intimarupturen der A. carotides • Frakturen von Kehlkopf und Zungenbein • Blutungen in Zwischenwirbelscheiben • Blutungen unter vorderes und/oder hinteres Längsband der Wirbelsäule Universitätsmedizin Rostock Einblutungen in die Halsmuskulatur 41 Universitätsmedizin Rostock Blutungen in Zwischenwirbelscheiben 42 Zerrungsblutungen in die Disci Intervertebrales à sog. „Simon´sche Blutungen“ Universitätsmedizin Rostock Zungenbein und Schildknorpelfortsätze - Anatomie 43 Universitätsmedizin Rostock Brüche des Zungenbein – und Kehlkopfskelettes 44 Universitätsmedizin Rostock Erhängen – seltene Obduktionsbefunde 45 • Fraktur des Dens axis – „hangmans fracture“ meist nur bei forciertem „Springen/Fallen in die Schlinge“ und Position des Knotens in Nackenmitte Universitätsmedizin Rostock Erhängen – seltene Obduktionsbefunde 46 Enthauptung/ Dekapitation Universitätsmedizin Rostock Erhängen - Situationen 47 Typisches Erhängen • Freie Suspension ohne Bodenberührung der Füße • Symmetrisch um den Hals verlaufendes, nach hinten ansteigendes Strangwerkzeug • Verknotung des Strangwerkzeuges genau in Nackenmitte • (Steighilfe in der Nähe des Leichnams) à Das typische Erhängen kommt in der Praxis nur selten vor! Universitätsmedizin Rostock Erhängen - Situationen 48 Atypisches Erhängen • Leichnam hängt, sitzt oder liegt, Füße oder andere Körperregionen haben Kontakt zum Boden • Verknotung des Strangwerkzeuges nicht in Nackenmitte à 95% aller Auffindesituationen Universitätsmedizin Rostock Erhängen - Situationen 49 Bereits das Gewicht des eigenen Kopfes ist für die Kompression der Halsgefäße ausreichend (Arterienverschluss ab 3-5 kg effektivem Gewicht, Venenverschluss ab 2 kg effektivem Gewicht) Universitätsmedizin Rostock Erdrosseln/Erwürgen 50 Definition: Tödliche Halskompression durch Einwirkung eines Werkzeuges oder der Hände Untersuchungsbefunde: • Drosselmarke • Würgemale • Stauungssyndrom (ähnlich wie beim Erhängen…) Universitätsmedizin Rostock Erdrosseln - Strangulation durch Muskelkraft/ Zug 51 o Asphyktisches Ersticken (> 20 sec. Handlungsunfähigkeit) o Horizontaler Verlauf der Drosselmarke o Tiefere Anordnung als beim Erhängen (häufig unter Kehlkopf) o Petechiale Blutungen, Stauungssyndrom (nach Lage und Zug des Drosselwerkzeuges) o Nebenverletzungen möglich – Stumpfe Gewalt (Angriffshandlung / Gegenwehr des Opfers) – Würgemale Universitätsmedizin Rostock Erdrosseln/Erwürgen - Innere Befunde 52 • Einblutungen der Halsmuskulatur • Einblutungen der Nackenmuskulatur / autochtonen Rückenmuskulatur • Blutungen der Muskulatur des Zungengrundes • Umblutete Abbrüche der Zungenbeinhörner (Cornua majora) und der oberen Schildknorpelfortsätze (Proc. superiora) • Petechiale Blutungen von Glottis, Pleura, Perikard Universitätsmedizin Rostock Erdrosseln/Erwürgen - Obduktion 53 • Obduktion in sog. Blutleere • Bei Dominanz der Carotissinusreflexe/ Vagustod können innere Befunde fehlen Erwürgen: Blutungen der rückwärtigen Abschnitte des Kehlkopfes Universitätsmedizin Rostock Selbsterdrosseln (Ausnahme) 54 Unterfüttertes Strangwerkzeug Universitätsmedizin Rostock Erwürgen 55 Erwürgen – Pathophysiologie: o Bei Gegenwehr häufig asphyktisches Ersticken o Mechanische Kompression der Halsweichteile häufig o Reflexmechanismen über Kehlkopf und Carotissinus Äußere Befunde o Kratzerartige bzw. kommaförmige Würgemale, Hämatome o Bei Frontalposition von Täter und Opfer: Rechtsbetonung o Nebenverletzungen häufig (auch Mund- und Nasenöffnungen) o Verletzungsintensität am größten (Erhängen< Erdrosseln<Erwürgen) Universitätsmedizin Rostock Überlebtes Drosseln/ Würgen 56 o Schluckstörungen und Heiserkeit o HNO-Untersuchung veranlassen (Späteffekte/ Schwellung) o MRT – Einblutungen in die Halsmuskulatur o Retrograde Amnesie / postasphyktisches Zustandsbild Universitätsmedizin Rostock Ersticken - Sonderformen 57 • Bolustod • Ersticken unter Plastiktüte • Ersticken durch Heliumeinatmung • Ersticken durch CO - Einatmung • Ersticken durch absinkende Gase (Silo: CO2, Methan etc.) • „Burking“ (Thoraxkompression, Zuhalten von Mund / Nase) • Perthes´ sche Druckstauung (Verschüttung, Massenpanik) • Ersticken unter weicher Bedeckung • Autoerotische Unfälle Universitätsmedizin Rostock Bolustod 58 Mechanismus I: Reflextod durch die mechanische Reizung der Rachenhinterwand und die dortigen Nervengeflechte, Blutdruckabfall und Kreislaufstillstand Mechanismus II: asphyktisches Ersticken bei festsitzendem Bolus Betroffene Personen: • Kinder • Alte • Alkoholisierte Personen, • Patienten mit neurologischen oder hirnorganischen Vorerkrankungen Universitätsmedizin Rostock Ersticken unter Plastiktüte 59 • Hypoxämischer Erstickungsvorgang – Abatmen von CO2 weiterhin möglich • Keine Atemnotssymptomatik • „Exit Bag“ Universitätsmedizin Rostock Ersticken durch Heliumeinatmung 60 • Verdrängung des Sauerstoffes aus der Atemluft durch Helium • Hypoxämischer Erstickungsvorgang ohne Atemnotssymptomatik • Schneller Bewusstseinsverlust • neuartige Suizidform Universitätsmedizin Rostock Ersticken durch Kohlenmonoxideinatmung 61 = Inneres Ersticken durch Blockade des Sauerstofftransportes am Hämoglobin (CO hat hohe Sauerstoffbindungskapazität) • Bewusstseinsverlust ab 30 % CO-Hb • Tödliche Konzentration (absolut) 70 % CO-Hb Untersuchungsbefunde: • Hellrote Totenflecke, kirschrotes Blut • Lachsfarbene Muskulatur • Akute Hyperämie innerer Organe Universitätsmedizin Rostock Ersticken durch Thoraxkompression 62 Burking nach Thomas Burke, Edinburgh à Mordserie im 19. Jahrhundert Burke soll mehrere Menschen durch Sitzen auf dem Brustkorb und gleichzeitiges Verschließen von Mund und Nase getötet haben, um ihre Leichen an das anatomische Institut zu verkaufen (er wurde dafür öffentlich gehängt…) Perthes/ Druckstauung Thoraxkompression vor allem in Unfallsituationen mit Einklemmung des Opfers primär ohne Verschluss der Atemöffnungen Universitätsmedizin Rostock „Burking“/ Perthes 63 Zwischen Maschinenteilen eingeklemmt – ausgeprägtes Stauungssyndrom Universitätsmedizin Rostock Autoerotische Erstickungsunfälle 64 • fast ausschließlich männliche Personen • Versuch des dosierten Sauerstoffmangels zur sexuellen Stimulation • Problem: bei vollständiger Kompression der Karotiden rasch eintretende Bewusstlosigkeit und Verlust der Möglichkeit zur Selbstrettung • Todeseintritt und Auffindesituation meist in bizarren Vorrichtungen und Fesselungssituationen Universitätsmedizin Rostock Autoerotische Unfälle 65 Auffindesituation bei Leichenschau … Universitätsmedizin Rostock Ertrinken - Systematik 66 Universitätsmedizin Rostock Tod im Wasser 67 • Ertrinken • sog. Badetod – Reflexmechanismen in Wasser • plötzlicher Tod im Wasser aus natürlicher Ursache • plötzlicher Tod im Wasser aus Wasser-unabhängiger nicht-natürlicher Ursache • Tod beim Tauchen Universitätsmedizin Rostock Tod im Wasser 68 • meist Unfall • seltener Suizid • Tötungsdelikt als Rarität • häufigste Todesursache: ERTRINKEN Universitätsmedizin Rostock Klassisches Ertrinken - Phasen 69 • Inspiration • Apnoe mit CO2 - Anstieg • Dyspnoe (Hustenstadium) • Krampfstadium • Atemlähmung à Dauer: 3-5 Minuten Universitätsmedizin Rostock 70 Schaumpilz feinblasig stabil Universitätsmedizin Rostock 71 Schaumpilz mit hämorrhagischer Komponente Universitätsmedizin Rostock Ertrinken - Schaumpilz 72 Verquirlung von - Luft - Wasser - Ödemflüssigkeit - hypersezerniertes Bronchialsekret Universitätsmedizin Rostock Emphysema aquosum 73 Universitätsmedizin Rostock Ertrinken – Innere Befunde 74 aufgehobenes Retraktionsvermögen Universitätsmedizin Rostock Pathophysiologie beim Ertrinken 75 Universitätsmedizin Rostock Ertrinken - Innere Befunde 76 Weißlicher Schaum Wässrige Phase feste Nahrungsbestandteile à Wydler-Zeichen Dreischichtung des verwässerten Mageninhaltes (WYDLER) Universitätsmedizin Rostock Ertrinken - Innere Befunde 77 Magenschleimhautrisse (SEHRT) Universitätsmedizin Rostock Ertrinken – Innere Befunde 78 Paltauf´sche Flecke Universitätsmedizin Rostock Ertrinken – Innere Befunde 79 - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen Universitätsmedizin Rostock Fremdmaterial in den Atemwegen 80 Universitätsmedizin Rostock Ertrinken – Innere Befunde 81 - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen - Svechnikov: Flüssigkeit in Keilbeinhöhlen Universitätsmedizin Rostock Ertrinken – Innere Befunde 82 - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen - Svechnikov: Flüssigkeit in Keilbeinhöhlen - Ödema aquosum Universitätsmedizin Rostock Oedema aquosum 83 Universitätsmedizin Rostock Ertrinken – Innere Befunde 84 - Fremdmaterial wie Pflanzenbestandteile oder Sandkörnern in Atemwegen - Svechnikov: Flüssigkeit in Keilbeinhöhlen - Oedema aquosum - Blutfülle innerer Organe (Leber, Nieren) - Ausnahme: Milz (Entspeicherung) - flüssiges Leichenblut - akute Dilatation des rechten Herzens Universitätsmedizin Rostock sog. Badetod 85 wasserinduzierte vagale Reflexe Universitätsmedizin Rostock sog. Badetod - Pathophysiologie 86 Reflektorische Depression von Herz- und Lungenfunktion: • EBBECKE- oder „dive“-Reflex (Gesichtshaut) • Reizung N. laryngeus superior (Kehlkopfeingang) • occulocardialer Reflex (ASCHNER) • Kretschmer-HERING-Reflex (Nasenschleimhaut) • GOLTZ`scher Reflex (Plexus solaris) • Laryngospasmus • Kälteurtikaria à Alkohol verstärkt Vaguseffekte Universitätsmedizin Rostock sog. Badetod - Pathophysiologie 87 • EBBECKE-Reflex kaltes Wasser → Gesichtshaut → N. trigeminus → Schluckreflex, Bradykardie, Apnoe • ASCHNER-Reflex Druck auf Bulbus → reflektorische Bradykardie • HERING-Reflex thermische Reizung der Nasenschleimhaut → reflektorische Bradykardie Universitätsmedizin Rostock Plötzlicher Tod im Wasser aus natürlicher Ursache 88 • Herz-Kreislauferkrankungen • Epilepsie Universitätsmedizin Rostock Plötzlicher natürlicher Tod 89 Tod beim Ausflug im 1. Schuljahr Universitätsmedizin Rostock Tod im Wasser aus wasserunabhängiger nicht-natürlicher Ursache 90 • v. a. Suizide (Tabl.intox., Pulsaderschnitte, Strom, …) • in gefüllter Badewanne realisiert Universitätsmedizin Rostock Tod beim Tauchen 91 Der Tauchunfall Erschöpfung Hypothermie Hindernisse, Strömungen Panik vorbestehende Erkrankungen fehlender Druckausgleich Tiefenrausch Gasembolien Vereisung Erhöhter Gasverbrauch … Universitätsmedizin Rostock Gischt 92 Rheinfall bei Schaffhausen Universitätsmedizin Rostock Leichenveränderungen im Wasser 93 o natürliche Veränderungen o Veränderungen durch Wassertiere o Treibverletzungen o Bergungsverletzungen o sonstige Veränderung Universitätsmedizin Rostock Zeichen für Aufenthalt im Wasser 94 Waschhautbildung Universitätsmedizin Rostock Zeichen für Aufenthalt im Wasser 95 Waschhautbildung Universitätsmedizin Rostock Leichenveränderungen / Wasserzeit 96 Waschhautbildung o Fingerspitzen o Ausdehnung auf Hohlhand o Oberhaut elfenbeinartig o Oberhautablösung (Beginn) o Oberhautablösung (vollständig, auch Fingernägel) sonstige Befunde o Postmortale Hautdefekte (Flohkrebse) o Leichnam aufgebläht o Leichnam verfärbt 3 Stunden 6 Stunden 3 Tage 6 Tage 3 Wochen 9 Stunden 9 Tage 12 Tage Universitätsmedizin Rostock Fäulnis 97 CASPER à 1(Luft) : 2(Wasser) : 8(Erde) Universitätsmedizin Rostock heißes Badewasser 98 Universitätsmedizin Rostock Veränderungen durch Wasser oder wassernahe Tiere 99 Universitätsmedizin Rostock Algenbewuchs 100 Universitätsmedizin Rostock Treibverletzungen 101 Universitätsmedizin Rostock Treibverletzungen 102 • bei starker Strömung vollständige Entkleidung möglich • ebenso Aufprall an Brückenpfeilern, Felsbrocken, Treibgut … • Hängen bleiben in Schleusentoren, an Wehren • Eingeklemmt werden zwischen Wasserfahrzeugen und feststehenden Objekten • … Universitätsmedizin Rostock Treibverletzungen 103 Abschliffverletzungen Universitätsmedizin Rostock Fettwachs (Adipocire) 104 Adeps =Fett cera oder cire = Wachs • eigentlich höhere Fettsäuren • Fettsäurekonservierung oder postmortale Fetthärtung • Fettwachsröhren um die Röhrenknochen bei durch Fäulnis zerstörter Muskulatur • begünstigend wirken: Sauerstoffmangel, Feuchtigkeit, Masse des Fettgewebes, hohe Temperatur • bei Wasserleichen nach 3-6 Monaten à Erhalt von Verletzungen, Strangmarken, Narben, Tätowierungen!! Universitätsmedizin Rostock Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! 105 Universitätsmedizin Rostock
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