Zweiwöchentliche Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Republik Chi China Herausgeber: David Wei-Ta Chang, Redaktion: Helga Doppler & Dr. Svenja Weidinger Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Büro München - Presseabteilung Sonnenstraße 25, 80331 München, Tel: 089-271 19 58, Fax: 271 32 02 Email:[email protected], Internet: www.taiwanembassy.org.de Präsident Ma appelliert an Japan Taifun verursacht hohe Schäden in der Landwirtschaft Mehr Lohn für ausländische Hausangestellte Politik Präsident Ma appelliert an Japan Er glaube an die Bereitschaft Japans, seine Rolle im Zweiten Weltkrieg zu reflektieren, erklärte Präsident Ma Ying-jeou. Doch Japans Regierung sollte konkretere Schritte ergreifen, besonders was ehemalige Trostfrauen sowie eine Reihe weiterer Fragen betreffe. Präsident Ma machte diese Aussagen am Samstag, den 15. August 2015, in der Academia Historica im Rahmen der Eröffnung einer Sonderausstellung anlässlich des 70. Jahrestages des Sieges der Republik China im Widerstandskrieg gegen Japan. Der Begriff “Trostfrauen“ ist eine euphemisierende Bezeichnung für die Zwangsprostituierten, die während des Zweiten Weltkriegs von der japanischen Armee in Taiwan und anderen Regionen rekrutiert worden waren. Nr. 623 15.08.2015 23. Jahrgang ISSN 0945-618X Ma sagte in Hinblick auf die Rede des japanischen Premierministers Shinzo Abe vom Freitag, den 15. August 2015, Japans Aggression habe Leid und Verluste unvorstellbaren Ausmaßes über die unschuldige Zivilbevölkerung gebracht. Die 2 Menschen in der Republik China hätten am schlimmsten unter der brutalen Vorgehensweise der Japaner während des Zweiten Weltkriegs zu leiden gehabt. Japans Premierminister Abe hatte in seiner Rede im Einklang mit den Standpunkten früherer Premierminister Reue gezeigt und die Bereitwilligkeit Japans, seine Rolle im Zweiten Weltkrieg zu überdenken, angesprochen. Präsident Ma sagte weiter: "Wir hoffen sehr, dass Japans Regierung in Zukunft die Tatsachen der Geschichte anerkennt und mit noch größerer Aufrichtigkeit und mehr Verantwortungsbewusstsein konkrete zukunftsweisende Maßnahmen ergreift, um eine wahre Versöhnung mit den Nachbarländern zu erreichen und freundschaftliche und kooperative Beziehungen zu entwickeln. Wir werden ebenfalls auf dieser Basis weiterhin die besondere partnerschaftliche Beziehung mit Japan vorantreiben, um gemeinsam den Frieden und den Wohlstand in der Region zu bewahren. Die Taten der Vergangenheit können zwar vergeben, aber nicht vergessen werden.“ Aus Anlass des 70. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges und des Sieges im Widerstandskrieg gegen Japan wurden in Taiwan mehrere Gedenkveranstaltungen abgehalten. Dazu gehörte auch die am Samstag, den 15. August 2015, eröffnete Sonderausstellung mit dem Titel “Vom Krieg zum Frieden“. Die Ausstellung, die in der Academia Historica und dem Museum der Streitkräfte in Taipeh zu sehen ist, wurde gemeinsam vom Verteidigungsministerium und vom Bildungsministerium konzipiert. Auch Bürgerrechtsgruppen forderten zum Jahrestag bei einer Demonstration eine explizite Entschuldigung Japans bei den früheren Zwangsprostituierten. Mehrere Gruppen waren am Freitag, den 14. August 2015, zu einer Protestveranstaltung in der Nähe des japanischen Vertretungsbüros in Taipeh zusammen gekommen, um an das Leid der sogenannten Trostfrauen zu erinnern. Sie forderten eine auch nach 70 Jahren noch nicht erfolgte, offizielle Entschuldigung von der japanischen Regierung, die während des Zweiten Weltkriegs 2 000 Frauen aus Taiwan an unterschiedliche Kriegsschauplätze verschleppt oder mit falschen Versprechungen angeworben hatte, um sie dann als Zwangsprostituierte im japanischen kaiserlichen Heer zu missbrauchen. Kang Shu-hua, Direktorin einer Stiftung für die Wahrung der Rechte von Frauen mit Sitz in Taipeh, erklärte bei der Veranstaltung: “Es gibt nur noch sehr wenige überlebende damalige Zwangsprostituierte und wir hoffen, dass sich die japanische Regierung offiziell bei ihnen entschuldigen wird“. Die Worte der Entschuldigung von Japans Premierminister seien zu vage ausgefallen, er habe nicht einmal das Wort “Zwangsprostituierte“ erwähnt. Die Stiftung bemüht sich seit mehreren Jahren darum, dass die betroffenen Frauen eine finanzielle Entschädigung von der japanischen Regierung erhalten, bisher jedoch ohne Erfolg. Zum Ende der Veranstaltung folgte eine Schweigeminute zum Gedenken an die versklavten Frauen. (cp/rti) TAIWAN AKTUELL Nr. 623 15.08.2015 3 Wirtschaft Taifun verursacht hohe Schäden in der Landwirtschaft Der Taifun Soudelor hat in Taiwans Landwirtschaft Schäden in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro verursacht. Nach ersten Angaben der Kabinettskommission für Landwirtschaft hat die zerstörerische Kraft des Taifuns in Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Aquawirtschaft und Viehwirtschaft sowie an landwirtschaftlichen Einrichtungen Schäden in Höhe von fast 3,6 Milliarden NT$, umgerechnet ca.103 Millionen Euro, verursacht. Wie die Kabinettskommission bekannt gab, beziehen sich diese Zahlen auf den Stand der Berechnungen von Freitagabend, den 14. August 2015. Am schwersten betroffen sind die Städte und Landkreise Chiayi, Yunlin, Kaohsiung, Changhua, Yilan, Tainan, Pingdong, Taichung und Hualien. Die Landwirte in den betroffenen Regionen können für die Ertragsausfälle und den Wiederaufbau landwirtschaftlicher Einrichtungen finanzielle Unterstützung vom Staat beantragen. Die Verluste bei den Agrarprodukten belaufen sich auf über 267 Millionen NT$, umgerechnet etwa 77 Millionen €. In dieser bisherigen Gesamtsumme sind auch die Schäden eingerechnet, die in der Imkereiwirtschaft Taiwans entstanden sind. Sie machen 27 Prozent der Gesamtverluste aus. Der Taifun hat Schäden an Agrarflächen von insgesamt 50 182 Hektar angerichtet. Am schlimmsten betroffen sind die Bananenplantagen mit Verlusten in Höhe von 505,5 Millionen NT$, umgerechnet 14,5 Millionen €. Auch weitere Agrarprodukte wurden durch den Taifun größtenteils vernichtet, darunter Obstsorten wie Guaven, Papayas und Pomelos sowie Bambussprossen. In der Viehwirtschaft betragen die Verluste 22,66 Millionen NT$, umgerechnet 632 300 €. In der Aquawirtschaft sind Verluste in Höhe von 86,01 Millionen NT$, umgerechnet 2,4 Millionen €, zu beklagen, in der Forstwirtschaft waren es 56,36 Millionen NT$, umgerechnet 1,6 Millionen €, und an landwirtschaftlichen Gebäuden und anderen Einrichtungen sind Schäden in Höhe von 742,14 Millionen NT$ entstanden, das entspricht knapp 21 Millionen €. Der Taifun Soudelor war am Samstag, den 08. August 2015, mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 237 Kilometern pro Stunde über Taiwan und später Festlandchina hinweggefegt und sorgte für heftige Regenfälle. Allein in Taiwan kostete er sechs Menschen das Leben, unter ihnen ein achtjähriges Mädchen und seine Mutter, die von einem Strand an der Ostküste der Insel ins Meer gespült wurden. Ein Mann wurde von einer Werbetafel erschlagen, zudem kam ein Feuerwehrmann ums Leben. Vielerorts kam es zu Überschwemmungen, zahlreiche Bäume knickten um. Tausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen. In der nördlichen Region, im Landkreis Taoyuan TAIWAN AKTUELL Nr. 623 15.08.2015 4 wurden zehn Häuser unter einer Schlammlawine begraben. Die Bewohner des abgelegenen Dorfes waren jedoch von der Feuerwehr rechtzeitig evakuiert und in Sicherheit gebracht worden. Die Behörden zählten 101 Verletzte und mehr als drei Millionen Haushalte, die zwischenzeitlich von der Stromversorgung abgeschnitten waren. Auch im Flug- und Zugverkehr kam es zu erheblichen Behinderungen. Sämtliche 279 Inlandsflüge sowie 37 internationale Verbindungen mussten gestrichen werden. (eB) Gesellschaft Mehr Lohn für ausländische Hausangestellte Das Arbeitsministerium Taiwans hat am Samstag, den 15. August 2015, bekannt gegeben, dass die monatlichen Gehälter für ausländische Hausangestellte auf 17 000 NT$, umgerechnet ca. 475 €, anzuheben seien. Als Grund für die Erhöhung wude genannt, dass die Löhne seit 18 Jahren nicht mehr angepasst worden seien. Als Vertreter seines Ministeriums erklärte der stellvertretende Arbeitsminister Hau Feng-ming, Ende des Monats würden Beamte seiner Behörde mit Vertretern aus Indonesien, den Philippinen und anderen Ländern, aus denen Arbeitskräfte nach Taiwan kommen, zusammen treffen, um über die Angelegenheit zu beraten. “Ich habe in letzter Zeit fast täglich mit den zuständigen Stellen in den betreffenden Ländern gesprochen“, sagte Hau. Die Vertreter der Herkunftsländer der ausländischen Arbeitskräfte in Taiwan hätten einen rigiden Standpunkt eingenommen und forderten eine Anhebung der Gehälter auf 17 500 NT$, ca. 490 €, so Hau. Er fügte hinzu, er habe Beamte aus Indonesien, den Philippinen, Vietnam und Thailand deshalb zu Gesprächen eingeladen. Weiterhin erklärte er, dass bei der Berechnung und Anhebung der Monatslöhne die Kosten für Verpflegung und Unterbringung, die von den Arbeitgebern gestellt würden, mit einbezogen werden müssten. Hau präsentierte zwei Optionen, die die Regierung für eine Anhebung der Löhne habe: Eine Möglichkeit sei, den gesetzlichen monatlichen Mindestlohn in Taiwan zugrunde zu legen abzüglich der Kosten für Essen und Unterbringung. Die zweite Variante sei, die Löhne auf 17 000 NT$, umgerechnet 475 €, anzuheben. Der landesweite gesetzliche Mindestlohn war im vergangenen Monat von 19 273 NT$, umgerechnet ca. 539 €, auf 20 008 NT$, umgerechnet ca. 560 €, angehoben worden. Ausländische Arbeitskräfte haben davon jedoch nicht profitiert, da ihre Löhne nicht dem Arbeitsgesetz Taiwans unterliegen. Die Monatsgehälter der 220 000 ausländischen Hausangestellten liegen seit 18 Jahren unverändert bei 15 840 NT$, umgerechnet ca. 443 €. TAIWAN AKTUELL Nr. 623 15.08.2015 5 Falls eine Lohnerhöhung eingeführt werde, erhielten neu ankommende ausländische Arbeitnehmer diesen sofort, für die bereits im Land beschäftigten Personen würden die zukünftigen Lohnzahlungen mit den Arbeitgebern verhandelt. Danach befragt, was geschehe, wenn die Verhandlungen scheiterten, erklärte Hau, das Ministerium würde dann in Erwägung ziehen, die Anzahl der ausländischen Arbeiter zu verringern bzw. neue Möglichkeiten von Anwerbung von Ausländern prüfen. (tt) Kurzmeldungen Taiwan hat seine Mangoexporte mehr als verdoppelt. Dies gab die Landwirtschafts- und Lebensmittelbehörde (AFA) Taiwans Anfang August bekannt. Taiwan habe in der ersten Hälfte dieses Jahres 3 607 Tonnen Mangos exportiert. Somit gab es einen Anstieg von 107 Prozent im Vergleich mit dem gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Der Wert dieser Lieferungen belief sich auf 12,86 Millionen US$, eine Zunahme der Einnahmen um 135 Prozent. Die Gesamtmenge der Mangoexporte könnte dieses Jahr 10 000 Tonnen erreichen, also fast doppelt soviel wie letztes Jahr, als nur knapp über 60 00 Tonnen der Früchte exportiert wurden. Taiwan liefert seine Mangos an Festlandchina, nach Japan, Südkorea und Singapur, insgesamt werden 90 Prozent der in das Ausland verkauften Menge in diese Länder exportiert. In Taiwan haben Studenten und andere Demonstrierende in den vergangenen Wochen mehrmals gegen eine Reform der Lehrplände und die Einführung neuer Unterrichtsbücher protestiert, die ihrer Ansicht nach eine pro-chinesische Anschauung verbreiten sollen. Hunderte Protestierende setzten sich über Barrikaden rund um das Bildungsministerium hinweg. Etwa 200 Demonstranten hielten Teile des Gebäudes besetzt. Eskaliert war die Situation auch, als sich einer der Schüler, die an den ersten Protesten beteiligt gewesen war das Leben genommen hat. Bildungsminister Wu Se-Hwa stellte sich den Dmonstranten und verteidigte die Lehrplanreform, außerdem, so erklärte er, seine die Bücher bereits gedruckt. Keine Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst. Die Gehälter von Beamten, Soldaten und Lehrern in Taiwan werden im nächsten Jahr nicht erhöht. Das Kabinett hatte beraten, ob die Gehälter im öffentlichen Dienst erhöht werden sollen und entsprechende Analysen durchführen lassen. Kabinettssprecher Sun Lih-chyun erklärte dazu, es seien im Haushalt keine Gehaltserhöhungen für den öffentlichen Dienst vorgesehen. Begründet wurde diese Entscheidung mit den rückläufigen Trends der Wirtschaftsindikatoren. Die Behörde für Statistik hatte vergangene Woche die Wirtschaftswachstumsprognose für dieses Jahr auf 1,56 Prozent nach unten korrigiert. Im Mai hatte die Behörde noch mit 3,28 Prozent Wachstum gerechnet. Für das Jahr 2016 hat die Statistikbehörde ebenfalls das prognostizierte Wirtschaftswachstum auf nur 2,70 Prozent beziffert. Veranstaltungshinweis Das preisgekrönte Ensemble “Academy of Taiwan Strings“ mit 16 Streicherinnen und Streichern ist zum ersten Mal in Bayern zu hören und dies gleich drei Mal: TAIWAN AKTUELL Nr. 623 15.08.2015 6 In München geben die Musiker ein Konzert mit Unterstüzung der Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Büro München in der Erlöserkirche Schwabing an der Münchner Freiheit, Germaniastr. 4 am Samstag, den 22. August 2015 um 18 Uhr für kleine und große Kinder, um spielerisch Instrumente und Orchester kennen zu lernen. Hauptkonzert um 19 Uhr Eintritt frei Es wird um eine Spende für die Krichenmusik der Erlöserkirche gebeten. Beim Klassikfestival SummerSerenade am Ammersee treten die Musiker zwei Mal auf: Am Premierensonntag, den 30. August 2015 um 20 Uhr, unter der Leitung von Grzegorz Kotow in der Klosterkirche Herz-Jesu von St. Ottilien, Erzabtei 1, 86941 St. Ottilien Am Montag, den 31. Augut 2015 um 20 Uhr interpretiert das Orchester aus Taiwan gemeinsam mit dem jungen Percussionisten und ARD-Preisträger Alexej Gerassimez Sibelius, Haydn und Mieczyslaw Karlowicz in Herrsching im Haus Bayr. Landwirtschaft, Rieder Str. 70, 82211 Herrsching a. A. Karten und Infomationen: www.ammerseerenade.de Academy of Taiwan Strings Abkürzungen: (cp) China Post; (cna) Central News Agency; (cht) China Times (tn) Taiwan News; (tt) Taipei Times; (ten) Taiwan Economic News; (taito) Taiwan Today; (rti) Radio Taiwan International; (fotai) Focus Taiwan; (tnen) Taiwan New Economy Newsletter; (eB) eigener Bericht; (udn) United Daily News TAIWAN AKTUELL Nr. 623 15.08.2015
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