Wenn die
Zellzahl zählt
Was machen Betriebe mit niedrigen Zellzahlen
anders? Diese und weitere Fragen zum Thema
Eutergesundheit haben wir für Sie an Dr. Wilfried
Wolter gestellt.
Milch auf. rn deren Milch sind keine
pathogenen Mikroorganismen nachweisbar.
In einer eutergesunden Milchvieh-
herd e haben zwei Drittel der Kühe
weni ger als 100.000 Zellen in 1 ml
Milch. Maximal ein Viertel der Kühe
weist Zellzahlen zwischen 100.000 bis
200.000 Zelle n/ mi auf. m aximal ein
Zwölftel der Tiere 200.000 bis 400.000
Zellen/mI Lind nur einige wenige Kühe
verzeichnen Zellzahlen über 400.000
Zellen/mi Milch. Eine Herde mit solch
einer Verteilung der Einzelkuhzellzahl
weist eine Tankmilchzellzahl von etwa
100.000 bis maximal 150.000 Zellen/ mi
auf.
Wann sollten Landwirte handeln?
Wolter: Die Zell zahl der Anlieferllngsmilch ist ein sehr ungenauer und später
Indikator für Hand lungsentscheidungen
hinsichtlich einer Mastitisbekämpfung.
Sinnvoller ist ein fortlaufendes Con trolling der Färsen in den ersten Laktationsmonaten; diese soll ten immer
unter 100.000 Zellen/ mi liegen.
Genauso ist dringender Handlungs-
bedarf gegeben. wenn die Nellinfekti onsrate in der Laktation oder Trockenstehzeit deutlich ansteigt. Diese
Parameter werden zukünftig monatlich
in den Milchkontrollrückberichten
ausgewiesen.
Von Dr. Wilfried Wolter
• Als Indikato r für die Eutergesundheit
einer Herde ist die Zellzahl der Anlieferungsmilch oft ungenau und kommt
zu spät.
• Kosten beziehungsweise entgangener Gewinn wegen Minderleistung,
die durch Tiere mit hohen Zellzahlen
entsteht, werden oft unterschätzt.
• In einer als eutergesund eingestuften
Herde soHten mindestens zwei Drittel
der Kühe unter100.000 Zeilen/mi in
der Milchkontrolle haben.
14 dlz primus Rind
JULI 201S
Zellzahlen: Was ist gesund und was
ist krank?
Walter: Eine scharfe Grenze zwischen
gesund und krank ist für das Eute r ebenso wenig möglich wie für jedes andere
Organ. Dennoch müssen für die Beurteilung des Gesundheitszustands Grenzen
Welche Informationen erhält man
aus de rTankmilchzellzahl und wann
s ind die Zellzahlen der Einzeltiere
relevant?
Wolter: Anhand der TankmilchzeUzahl
lässt sich die Eutergesundheitssituation
einer Herde nur unzureichend beurteilen
und auch nur unter der Voraussetzung.
dass alle Tiere in den Tank gemolken wur-
festgelegt werden. Bezüglich des Milchzellgehalts werden nach derzeitigem
den. Der Zellgehalt der HerdensammelKenntnisstand bis zu 100.000 ZeUen/ml
milch als Hinweis auf Eutergesundheitsauf Einzeltierebene als physiologischer . • störungen wird in drei Stufen eingeteilt:
Normalbereich definiert. AufViertelebeunter 125.000 ZeUenltnl = gesund. von
ne weisen gesunde Viertel einen Zellgehalt
126.000 bis 250.000 Zellen/rn! = verdächvon oft weit unter 100.000 Zellen/ mi
tig und über 250.000 ZeUen/ ml = krank.
Was kosten Tiere mit zu hoh e n Ze llzahlen den Milchviehhalter7
Wolter: Die Kosten werden deutlich
unterschätzt. Der durchschnittliche
Erzeugerbet rieb (m it im Mittel 50 Kühen) büßt zwischen 5.000 und
9.000 Euro durch mastitisbedingte
Minderproduktion ein. Allerdings werden hierbei die Kosten für die vorzeitigen Abgänge und die dadurch erforderlich werdenden Bestandsergänzungen
oft nicht ausreichend berücksichtigt.
Was machen Betriebe mit niedrigen
Zellzahlen besser?
Walter: Im Bereich der Fütterung ist
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die Grundfutterqualität und damit die
Leistung aus dem Grundfutter in Betrieben mit niedrigen Zellzahlen überdurchschnittlich. Zudem sind die Liegeflächen
trocke n , sa uber und komfo rta b el,
die Laufgänge überdurchschnittlich
breit, der Stall sehr hell, gut belüftet und
nicht überbelegt. Beim Melken achten
diese Betriebe darauf, dass die Melkanlage regelmäß ige (zweimal pro Jahr)
überprüft w ird und da ss die Melkhygiene mit Vorm elken in einen Vormelk becher, einem Tuch für eine Kuh
und der Zitzendesinfektion mit zugelassenen und geprüften Zi tzen desinfektionsmitteln nach Abnahme des Melkze ugs. gut ist.
Beim Management werten sie rege lmäßig die Kontrollberichte der Milchleistungsprüfung (MLP) aus und haben
ein sehr gutes Herdenm anagement. Die
erfolgreichen Betriebsleiter ken nen alle
ihre Kühe beim Namen oder anhand
der Nummer. Zudem liegt d ie Zwische nkalbezeit deutlich unter 400 Ta-
gen. Von allen klinischen Euterentzünd ungen werden vor der Behand lung
antiseptisch Milchproben zur Untersuchun g in einem spezialisier ten Mastitislabor entnomme n, genauso wie von
Kühen mit erhöhten Zell zahlen gegen
Ende der Laktation . Ein interner Zitzenversiegler wird für alle Kühe zu m
Schutz vor Neu infektionen in der Trockenperiode hyg ien isch einwandfrei
verabreicht. Ein antibiotischer Trockensteiler wird dort nur im Bedarfsfall bei
ausgewäh lten Kühen zusätzlich appli ziert.
ZUR PERSON
Dipl.-Ing. agr. Univ.lDr. med. veto
Wilfried Wolter Ist Fachtierarzt
für Milchhyg iene.
Aufgewachsen ist er auf einem
Welche Rolle spielt die jahreszeit?
Wolter: Im Sommer steigen die ZeIlzahlen regelmäßig deutlich an, genauso wie
die Rate an klinischen Mastitiden. Liegen
die Zellzahlen in den Wintermonaten
der h ess ischen Anlieferungsmilch bei
etwa 160.000 Zeilen/mi, steigen sie regelmäßig in den heißen Sommermonaten auf knapp 200.000 Zellen/m i oder
darüber an. Dies zeigt, dass in vielen
Betrieben sowohl hinsichtlich der Haltungsbedingungen, wie saubere Liegeund Lauffiächen, als auch bei der Belüftung Verbesse rung sm ögli chkeiten
bestehen. Eine weitere Ursache mag auch
die starke Arbeitsbelastung durch Erntearbeiten sein .
Gibt es Unterschiede zw ischen Roboter- und konventionell melkenden Betriebe n?
Wolter: Hessische Auswertungen zeigen,
dass die durchschnittliche MLP- Herdenzellzahl der mit autom atischen Melksystemen (AMS) melkenden Betriebe genauso hoch ist wie der hessische
obe rbayerischen Milchviehbetrieb.
Nach der landwirtschaftlichen Lehre
studierte Dr. Wi lfried Wolter Agrarwissenschaften an der TU München Weihenstepha n und absolvierte ein
zweites Studium der Tiermedizin
an der FU Be rlin. Darauf folgte eine
Tätigkeit als praktischer Tierarzt in
der Schweiz und in Oberbayern. Seit
1995 arbeitet er als Milchhygienetierarzt beim RP Gießen mit den Arbeitsschwerpunkten Eutergesundheit
Epidemiologie von Mastitiserregern
und Bestandsmedizin.
Durchschnitt aller an der MLP teilnehmenden Betriebe. Unterschiede zeigen
sich allerdings bei der abgelieferten Milch,
bei der Bewertung nach Milchgüteverordnung. Hier ist die durchschnittliche
Zellzahl der mit AMS melkenden Betriebe etwa 20.000 Zeilen/ mi höher. Die
Ursache liegt wahrscheinlich darin, dass
eine automatische Separation im AMS
nicht erfolgt und somit erst bei Kontrolle der Warn listen gehandelt wird.
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8ioZldprodukte vorsichtig verwenden.
Vor Gebf.U(h stets Etikett und
Produktinformationen lesen.