Ein Dorf entstanden zwischen Sülz und Lennefe

Christian Herse
Ein Dorf entstanden
zwischen Sülz und Lennefe
Vom urzeitlichen „Lintlo“ zum steinreichen Lindlar
Gemütlich eingebettet zwischen Bergen
liegt die Gemeinde Lindlar, umflossen von
Sülz und Lennefe. Historisch erstmalig
erwähnt wurde das damalige „Lintlo“ im
Jahr 1109 in einer Urkunde des Erzbistums Köln an die heimatliche Kirche, in
der vertraglich eine Verminderung des
Abgabesatzes von einem Pfund auf zehn
Schillinge vereinbart wurde. Doch schon
weit vorher mussten Siedler sich in diesem, damals dicht bewaldeten Gebiet
niedergelassen haben. Funde von Stein-
Die Kirche in Lindlar gesehen von der
Pollerhofstraße, 1910.
Foto: Rheinischer
Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz.
54 – Heimat und Geschichte
beilen und Steinartefakten, deren Herstellung auf den Zeitraum 5500 bis 2000
v. Chr. datiert wird, lassen darauf schließen, dass bereits weit vor der bergischen
Rodung sich Menschen im Bereich des
heutigen Lindlar niedergelassen haben.
Umgeben wird der Ort von seinen fünf
Kirchdörfern
Frielingsdorf,
Linde,
Schmitzhöhe, Hartegasse/Kapellensüng
und Hohkeppel. Letzteres wurde bereits
im Jahr 958 n. Chr. urkundlich genannt
und ist somit älter als die Gemeindestadt. Demnach schenkten zwei Brüder
aus ihrem Eigenbesitz die Kirche „Kaldenkapelle“, heutiges Hohkeppel, dem
Severinsstift in Köln. Des Weiteren wurden während Renovierungsarbeiten der
Kirche St. Laurentius unter dem historischen Fußboden aus dem 12. Jahrhundert Fundstücke gefunden, die belegen, dass dem heutigen Kirchenschiff ein
Vorgängerbau vorausging, der zeitlich
aber nicht genau beziffert werden kann.
In den darauffolgenden Jahrhunderten
wechselten immer wieder die Besitzer
der Landgüter, was eine entsprechende
Grenzverschiebung von Lindlar zur
Folge hatte. Im Jahr 1363 gehörte die
Gemeinde zum Amt Steinbach im Herzogtum Berg, zudem unter anderem
Karte des Gebietes um Lindlar, 1660.
auch Wipperfeld, Bechen, Kürten, Overath oder Wipperfürth gehörten. Der
französische Kaiser Napoleon erhob das
Bergische Herzogtum 1806 und teilte
das Amt in zwei Kantone auf. Lindlar
wurde dem Arrondissement Mülheim
überschrieben, was bis zum Jahr 1931
Bestand hatte, ehe der heutige Kölner
Stadtteil und der Kreis Wipperfürth
zum Rheinisch-Bergischen Kreis vereinigt wurden. Im Jahr 1828 waren 5 430
Menschen in Lindlar beheimatet.
Während des Zweiten Weltkrieges
stand das Gemeindeleben größtenteils
still. Die NSDAP setzte den bisherigen
Gemeinderat ab und stellte sich selbst
auf. Das städtische Wappen ersetzten
sie durch ein neues, da der preußische
Adler nicht mehr verwendet werden
durfte. Straßennamen wurden umbenannt und existieren mit der „Korbstraße“ oder der „Schwarzenbachstraße“
auch heute noch. Nach heftigen Artillerieattacken und Luftbombardements
Heimat und Geschichte – 55
haus“ eingetragene Gebäude. Deswegen
nahm Dr. Wilhelm Meinerzhagen die
Geschicke selbst in die Hand und entsandte einen Boten mit einem in Englisch verfassten Brief zum Militärstützpunkt nach Eichholz-Burg. Er war sich
dabei im Klaren darüber, dass, sollte der
Mann abgefangen werden, allen Beteiligten die Todesstrafe drohte. Doch
schon zwei Stunden nach Weggang
wurde der Beschuss des Krankenhauses
und des ganzen Ortes eingestellt und
zwei amerikanische Offiziere erschienen
in Lindlar. Durch dieses Handeln hat der
Chefarzt entscheidend dazu beigetragen,
dass der Ortskern und insbesondere das
Hospital von größerer Kriegszerstörung
durch Bomben verschont wurden.
Dr. Wilhelm Meinerzhagen war maßgeblich
am Kriegsende in Lindlar beteiligt.
Abbildung aus: Biografie von Dr. Wilhelm
Meinerzhagen von Elisabeth Broich.
wurde die Bürgermeisterei Lindlar am
13. April von den Alliierten befreit.
Eine herausragende Persönlichkeit stellte in der Zeit der Chefarzt des HerzJesu-Krankenhauses Dr. Wilhelm Meinerzhagen dar. Er kümmerte sich nicht
nur während der Nazizeit um Verfolgte
des Regimes und gewährte ihnen
Schutz, sondern hatte auch maßgeblichen Anteil daran, dass Lindlar von den
meisten Bombenangriffen verschont
blieb. Obwohl auf dem Dach des Lazaretts ein rotes Kreuz zu sehen war,
beschossen die Tiefflieger immer wieder
das bei den Amerikanern als „Gemeinde-
56 – Heimat und Geschichte
Aufgrund des enormen Zustroms protestantischer Flüchtlinge wurde 1950 eine
eigenständige Kirchengemeinde im stark
katholisch geprägten Lindlar gegründet.
1954 konnten sie bereits in der evangelischen Jubilatekirche im Ort und in der
evangelischen Rogate-Kirche in Frielingsdorf ihre Messen abhalten. Jedoch
musste letzteres Gotteshaus aufgrund
mangelnder Gemeindemitglieder im Jahr
2006 geschlossen und verkauft werden.
Den ausführlichen Bericht über die
Geschichte von Lindlar lesen Sie im
neuen Bergischen Kalender Ausgabe
2009.
Ursula Schmidt-Goertz
Von der Pike auf stets zielbewusst geklettert
Der Sportreporter Herbert Watterott aus Bensberg und die Tour de France
Es hat ihm dann doch nicht die Karriere verhagelt. Dieses verflixte „Sch...“
war sein letztes Wort – und es ging voll
über den Äther, ausgerechnet bei seiner
allerersten Live-Übertragung!
Der Studio-Regisseur und der Kollege
am Tonmischpult hatten den Film
dazu, der inzwischen beendet und ins
„Schwarze“ gelaufen war, auf Sendung
gehalten, weil beide auf den vorher
angesagten Schlusssatz warteten. Der
kam nicht, denn der junge Reporter
hatte das Blatt, auf dem dieser stand,
zu früh weggezogen, und seine TVPremiere blieb unvollendet. Was für
eine Blamage nach den ersten 55
Direktsendeminuten seines Lebens!
Herbert Watterott versank in Abgründe. Aus diesen holte ihn sein mit
menschlichem Pech erfahrenen Sportchef Ernst Huberty jedoch mitfühlend
wieder heraus.
Wie gut, wenn solche Pannen gleich zu
Beginn einer beruflichen Laufbahn die
Bäume nicht in den Himmel wachsen
lassen, wo sie den Stürmen des Lebens
vielleicht nicht standhalten. Zumal der
junge Mann seinen Weg in den Traumberuf bisher mit Bedacht, immer
wachen Initiativen und Zähigkeit aufgebaut hatte. Bäume müssen wurzeln
und langsam wachsen.
2006 – Selbst zum „Star“ geworden: Nach
vier Jahrzehnten Reporterleben wird Herbert
Watterott für seine 41. und letzte TourBegleitung ein Gelbes Trikot übergestülpt.
Der WDR hat dieses Foto als Autogrammkarte
gedruckt.
So lange Herbert Watterott überhaupt
zurückdenken kann, wollte er Sportreporter werden. Wie er darauf gekommen ist? Das 1941 in Bensberg geborene Kriegskind lernte als Jugendlicher
am Anfang der Fünfzigerjahre die
ersten Schwarz-Weiß-Fernsehgeräte
kennen und hockte sich an Wochen-
Menschen und Unternehmen – 157
1963 – Deutsches Turnfest in Essen. Moderator im Studio Heinz Maegerlein. Als Kabelträger
(rechts) lernt mal wieder von der Pike auf: Herbert Watterott im jungen Alter von 22 Jahren.
enden, wenn Freunde der Eltern zu Mittag aßen, in deren „TV-Zimmer“, wo er
die ersten Direktübertragungen von
Fußballspielen der Oberliga genoss.
EIN VHS-KURS LIEFERTE
DAS RÜSTZEUG
Bald wollte er seine Vorbilder am
Mikrofon nachahmen und erwarb ein
altes Grundig-Tonbandgerät. Mit der
„großen Kiste“ nahm er Reportagen auf,
um sie selbst nachzusprechen und ein
gutes Hochdeutsch zu lernen. In einem
VHS-Kursus für Freie Rede holte er sich
in Bergisch Gladbach das Rüstzeug für
eigene Reportagen, die er sich ausdachte und im Sprechen übte.
Anders als viele Jugendliche heute, saß
er nicht nur an seinen technischen
158 – Menschen und Unternehmen
Apparaten, sondern trieb fleißig und
nicht ohne Ehrgeiz Sport. Leichtathletik
und Fußball waren seine Favoriten in
rheinisch-bergischen Vereinen in Bensberg und Overath, mit denen er an
Spielen und Wettkämpfen im gesamten
Bergischen Land teilnahm.
Nach Progymnasium in Bensberg und
Realschule in der Kreisstadt wollte ihm
die Familie „die Flausen aus dem Kopf
treiben“: „Du lernst etwas Ordentliches.“ Also begann der Junge eine Lehre als Lebensversicherungskaufmann
beim Gerling-Konzern in Köln und hielt
sie konsequent bis zur Abschlussprüfung durch. Ein Jahr Praxis schloss er
noch an. Dann hielt der inzwischen
Zwanzigjährige die Zeit für gekommen,
in die Welt hinauszustreben, sein nicht
nur geheimer Wunsch seit Langem. Wie
oft war er doch während seiner Lehrjahre in den Mittagspausen zum
Hauptbahnhof gelaufen, um bei den in
der Domstadt aus allen Himmelsrichtungen ankommenden und abfahrenden Zügen internationale Atmosphäre
zu schnuppern. Über verwandtschaftliche Beziehungen lernte er in Zürich in
der Werbeabteilung eines großen
Schweizer Kaufhauses das wahre Leben
der Reklamewelt kennen – von den
Ideen geplanter Motive über die fotografische Ausführung des Wie und Wo,
das Recherchieren für die erforderlichen
Texte, das Herstellen von Katalogen: Zu
Beginn mit Hilfsarbeiten und Anlernen,
schließlich Selbstbeteiligung am jeweiligen Prozess. Dieser stetige Weg auf der
Berufsleiter war der erste und blieb
nicht der einzige. Er wiederholte sich
noch einige Male.
Die Schweiz war ja auch nicht die ganze Welt. Aber wie wird man Sportreporter? Keine Ahnung, wie’s geht, bewarb
sich Herbert Watterott ganz kühn bei
der Sportredaktion des Schweizer Fernsehens. Die nahmen jedoch einen
Landsmann. Dann schrieb er an alle
Sportchefs der ARD-Rundfunkanstalten
und an Robert E. Lembke, der damals
erster Sportkoordinator des Deutschen
Fernsehens war und durch seine
Berufsratesendung „Was bin ich?“
bekannt war. Ebenfalls bewarb er sich
beim neu gegründeten Zweiten Deutschen Fernsehen/ZDF in Mainz. Als dieses dem Nachwuchstalent eine vage
Hoffnung machte, kündigte er die Stel-
lung in Zürich – und „hing plötzlich in
der Luft“, als aus „Mainz“ nichts wurde.
Da lockte die Schilderung eines Bettnachbarn im Bensberger VinzenzPallotti-Krankenhaus, der Konditor auf
dem deutschen Passagierschiff „hanseatic“ war. Die fuhr im Liniendienst
Cuxhaven–New York und zweimal im
Jahr auf Kreuzfahrt. Immer zwei Tage
vor Ankunft in Deutschland meldete sie
freie Stellen auf dem Luxus-Liner – und
dann wurde das Personal angeheuert.
Wegen der notwendigen Impfungen
wurde es aber für Herbert Watterott bis
zur nächsten Abreise über den Atlantik
zu knapp. Für eine spätere Fahrt bewarb
sich der junge Mann sicherheitshalber
noch einmal persönlich beim Heuerbüro in der Hamburger Admiralitätstraße.
Wieder zu Hause und um nicht in Unsicherheit warten zu müssen, wanderte er
einfach mal zum Westdeutschen Rundfunk/WDR nach Köln, damals die Sportredaktion noch in der Hohe Straße
untergebracht, wo ja schon eine Bewerbung lag. Daran wollte er erinnern. Wie
das Schicksal es wollte, brachte die Post
am selben Tag aus Hamburg und Köln
die Zusage, dass man es mit ihm versuchen werde. Wie sollte er sich entscheiden? Aufs „weite Meer“ oder auf die
andere Rheinseite nach „nebenan“?
Mehr über die „Stimme der Tour de
France“ erfahren Sie in der neuen
Ausgabe des Bergischen Kalenders
2009.
Menschen und Unternehmen – 159
Hans Dieter Hilden
Spurensuche: Böden, Steine, Erze
Ein Spaziergang „mit Tiefgang“ durch den Königsforst
Ausgangspunkte eines etwa 10 km langen Rundweges durch den östlichen
Königsforst sind der Parkplatz am Forstamt Broichen in Bensberg (Kaule) oder
der Wanderparkplatz an der L 288 am
Ortsrand von Forsbach. Dieser ist auch
mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut
erreichbar, und zwar mit der Buslinie
423 vom Busbahnhof Bergisch Gladbach
(Anschluss S 11) über Bensberg (Anschluss Stadtbahn-Linie 1) und Rösrath
(Anschluss RB 25) nach Köln-Königsforst
(Anschluss Stadtbahn-Linie 9). Die Haltestelle Holzmarkt liegt unmittelbar am
Parkplatz in Forsbach. Auf beiden Parkplätzen informieren Schautafeln über
den Lehrpfad. Wenn man in Forsbach
startet, muss man allerdings diesen Artikel rückwärts lesen. Denn die folgende
Wegbeschreibung beginnt am Forstamt
Broichen. Irgendwie muss man ja einen
Anfang finden.
Im Herbst 2007 hat der Geologische
Dienst NRW gemeinsam mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW im
Grenzbereich der Städte Köln, Bergisch
Gladbach und Rösrath im Ostteil des
Königsforstes einen Bodenlehrpfad mit
sechs Stationen angelegt. Eine kostenlose Broschüre mit Erläuterungen zum
Bodenlehrpfad Königsforst gibt es beim
Forstamt Broichen und beim Geologischen Dienst Nordrhein Westfalen
([email protected]).
WOZU EIN BODENLEHRPFAD
IM KÖNIGSFORST?
Hier geht’s lang. Der vorgeschlagene
Rundweg ist blau eingetragen. Die rot hinterlegten Wege verbinden die Standorte 1–6 des
Bodenlehrpfades auf direktem Wege. Als
Grundlage diente mit freundlicher Genehmigung des Geologischen Dienstes NRW
der Lageplan des Lehrpfades.
232 – Natur
Der Königsforst ist seit 1997 zu zwei
Drittel Waldnaturschutzgebiet. Als
geschlossenes Waldgebiet von ca. 2 500
ha Größe ist er das Naherholungsgebiet
für etwa zwei Millionen Menschen in
den angrenzenden Städten. Schon die
bergischen Herzöge suchten hier ihre
Kurzweil – allerdings etwas anders als
die heutigen Besucher des Königsforstes.
Für sie war er Jagdrevier und Fleischkammer – sehr zum Verdruss der heimischen Bevölkerung; denn das Wild war
eine schlimme Plage für die Bauern, aber
auch für den Wald. Der Lehrpfad will den
Erholungssuchenden von heute ihren
Wald noch ein Stück näherbringen.
Ein Bodenlehrpfad macht den Boden
erlebbar. Der Bodenlehrpfad Königsforst
erklärt den Aufbau der Erdschichten. An
jeder Station ist ein Querschnitt durch
den Boden aufgegraben. Damit wird
dem Besucher ein kleiner Einblick in die
Vielfalt der Bodenausbildung vermittelt
und gezeigt, wie der Boden als Waldstandort genutzt wird und ob die richtigen (standortgerechten) Bäume auf
ihm wachsen. Der Lehrpfad will dazu
beitragen, dass man den Boden nicht
als Dreck unter den Füßen ansieht, sondern ihn als Voraussetzung für die
menschliche Existenz begreift. Sein
Schutz ist ebenso wichtig wie der von
Wasser und Luft. Würde man die Erde
ringsherum um nur 2 m schälen, würde
das gesamte höher entwickelte Leben
nicht mehr existieren können. Bodenschutz setzt aber Bodeninformation
voraus. Denn nur wer den Boden kennt,
wird die Einsicht haben und die Notwendigkeit erkennen, ihn zu schützen.
Der Boden ist Lebensraum. Er gibt den
Pflanzenwurzeln Halt und versorgt sie
mit Wasser, Luft und Nährstoffen. Er
Die Schautafel am Forstamt Broichen in
Bensberg gibt erste Informationen zum
Bodenlehrpfad Königsforst. Identische
Schautafeln stehen am Wanderparkplatz
Forsbach und am Waldeingang in Rath.
beherbergt zahllose Lebewesen. Unglaublich: in einer Handvoll Boden existieren mehr Lebewesen als Menschen
auf der Erde. Jedes dieser Lebewesen hat
seine spezielle Aufgabe und Funktion.
Der Boden ist Schadstofffilter. An kleinsten Bodenteilchen, etwa an Tonteilchen
oder Humuspartikeln werden Nähr- aber
auch Schadstoffe angelagert. Der Boden
wirkt wie ein Filter, indem er Schmutzund Schadstoffe festhalten kann.
Mikroorganismen im Boden können
zudem Schadstoffe zu unschädlichen
Stoffen abbauen. Bodenschutz ist auch
Trinkwasserschutz.
Der Boden ist Produktionsfaktor. Aufgrund seiner natürlichen Fruchtbarkeit
ist der Boden Produzent landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher
Erzeugnisse, wobei die Erträge je nach
Bodengüte
unterschiedlich
sind.
Machen wir uns nun auf den Weg. Vom
Forstamt geht es zunächst durch eine
Natur – 233
Das Pilgerzeichen an der Brüderstraße weist
den Weg über Köln nach Santiago de
Compostela.
verliesartige, wenig einladende Unterführung unter der Autobahn hindurch.
Dahinter ist nach wenigen Schritten die
historische Brüderstraße erreicht.
WEG DER JAKOBSPILGER
Die Brüderstraße war ein bedeutender
früh- bis spätmittelalterlicher Handelsweg, der als Höhenweg in nahezu
geradlinigem Verlauf bei nur wenigen
Talquerungen Köln mit Siegen verband.
Sie war die wichtigste Verbindung des
Oberbergischen Landes mit dem Siegerland und dem Rhein. Sie war zudem
Teilstück einer alten Handelsstraße zwischen West- und Osteuropa, die mindestens seit der La-Tène-Zeit (späte Eisenzeit, ca. 400 v. Chr.) quer durch den
Kontinent führte. Erst nachdem 1834
die Köln-Olper Chaussee als sogenannte „Kunststraße“ fertiggestellt war, verlor die Brüderstraße ihre Bedeutung.
Das spanische Santiago de Compostela,
wo der Apostel Jakobus der Ältere nach
234 – Natur
der Überlieferung seine letzte Ruhestätte fand, zählt seit dem 10. Jahrhundert zu den großen Pilgerzielen der
christlichen Welt. Schon in der ersten
Blütezeit der Pilgerfahrt „zum heiligen
Jakobus“ im 12./13. Jahrhundert machten sich Pilger aus allen sozialen
Schichten auf den Weg zum Apostelgrab. Sie nutzten dabei die Infrastruktur
des europäischen Handelswegenetzes.
Pilger, die auf ihrem Weg nach Santiago so bedeutsame Pilgerstätten wie
Marburg mit dem Grab der heiligen Elisabeth und Köln mit den Gebeinen der
Heiligen Drei Könige oder auch das
Grab des heiligen Anno in Siegburg
besuchten, waren auf der Brüderstraße
unterwegs. In Siegen, in der Propstei
Cyriax bei Overath, in Brück, Deutz und
Köln gab es für sie Pilgerunterkünfte.
Wir folgen der Brüderstraße ein kurzes
Stück nach rechts, halten uns dann links.
Auf dem Jagdweg geht es vorbei am
Kettners Weiher. Wir überqueren den
Kleinen Wahlbach und halten uns rechts.
EISZEITLICHE STAUBSTÜRME
Nach 200 m liegt rechts des Weges die
erste Station des Bodenlehrpfads (1).
Was gibt es hier zu sehen? Eigentlich
nicht mehr viel bis auf den braunen
sandigen Oberboden. Daher muss man
mit dem Foto auf der Informationstafel
vorlieb nehmen. Der Boden entstand
aus einem Flugsand, der im späten Eiszeitalter – etwa vor 12 000 Jahren – bei
starkem Westwind aus den damals
vegetationsarmen Schotterfluren am
Rhein ausgeblasen wurde und sich hier
am Bergischen Höhenrand absetzte. Er
kann von den Bäumen gut durchwurzelt werden. Bodenwasser steht reichlich zur Verfügung. Hier treffen wir
einen für den Königsforst charakteristischen Baumbestand an, einen EichenBuchen-Kiefern-Mischwald mit einzelnen, recht alten Fichten.
Geht man auf dem breiten Weg weiter,
zweigt bald ein grasbewachsener Weg
spitzwinklig nach links ab. An diesem
Weg liegt die zweite Station des Lehrpfades (2). Dort trifft man einen gänzlich anderen Bodentyp an, nämlich
einen Staunässeboden mit ganzjähriger
Vernässung des Oberbodens. Das Wasser steht bis an die Oberfläche der Aufgrabung. Daher kann man sich den
Abstecher zu dieser Station sparen. Den
Bodenaufbau an dieser Stelle zeigt das
Foto, das während der Aufgrabung aufgenommen wurde. Der Vergleich der
beiden Stationen macht aber deutlich,
dass im Königsforst die Bodeneigenschaften schon auf kurze Entfernungen
wechseln. Und das liegt am geologischen Untergrund.
Den vollständigen „Spaziergang“ durch
den Königsforst lesen Sie in der neuen
Ausgabe des Bergischen Kalender
2009.
Trockenen Fußes erreicht man über Zugangswege die Standorte des Bodenlehrpfades.
Natur – 235